Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 30.11.2010, RV/0954-W/09

Schätzungsbefugnis aufgrund von (un)geklärten Privateinlagen?


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Miterledigte GZ:
RV/0955-W/09
RV/0956-W/09
RV/0957-W/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Barbara Straka, Erich Sagmeister und Reinhold Haring über die Berufung des Bw., vertreten durch Interaccount WTH GmbH, 1010 Wien, Stubenring 6, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vertreten durch Hofrätin Mag. Anna Holper, vom betreffend Wiederaufnahme des Umsatzsteuer- und des Einkommensteuerverfahrens gemäß § 303 Abs 4 BAO sowie betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2005 nach der am in 7400 Oberwart, Prinz Eugen-Straße 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Umsatzsteuer- und des Einkommensteuerverfahrens 2005 werden aufgehoben.

Die Berufung betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2005 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist Baumeister. Der Einkommen- und der Umsatzsteuerbescheid 2005 ergingen zunächst erklärungsgemäß. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass der Bw. im Jahr 2005 in die Kassa seines Einzelunternehmens Privateinlagen von 207.800 € getätigt habe, wobei der Bw. die Herkunft eines Betrages von 185.100 € nicht nachweisen habe können. Die Privateinlagen im Jahr 2004 von 37.663,06 € und im Jahr 2006 von 9.400 € habe der Bw. glaubhaft nachgewiesen.

Für den strittigen Betrag von 185.100 € habe der Bw. einen Darlehensvertrag vom mit A.B. vorgelegt. Laut Vertrag sei dem Bw. ein Betrag von 200.000 € zur Verfügung gestellt worden. Die Rückzahlung inklusive 2% Zinsen sei beginnend mit bis Ende 2007 in Teilbeträgen vereinbart worden. Der Darlehensvertrag sei neben den beiden Vertragsparteien auch von zwei Zeugen unterfertigt.

Mit Zusatzvereinbarung vom sei abweichend vom ursprünglichen Vertrag die Rückzahlung drei Jahre nach Darlehenshingabe, somit spätestens ab , und eine Laufzeit von fünf Jahren festgelegt worden. Die Verzinsung beginne ab .

Der Darlehensgeber habe am selbst einen Abstattungskreditvertrag bei der Raiffeisenbank über 250.000 € mit 192 monatlichen Rückzahlungsraten von 1.804,94 € aufgenommen. Die Sollzinsen betragen 4,25%, die Verzugszinsen 5%, dazu komme eine Bearbeitungsgebühr von 1% und eine Kreditgebühr von 0,8%. Als Sicherheit dienen zwei Deckungswechsel.

Die steuerliche Vertreterin habe Bestätigungen vom über die Auszahlung von 30.000 € an den Bw., vom über die Auszahlung von 90.000 € und vom über die Auszahlung von 80.000 € vorgelegt. Weiters sei die Darlehenszuzählung an A.B. in Höhe von 245.037 € am belegmäßig nachgewiesen worden.

Die steuerliche Vertreterin habe dazu erklärt, die Darlehensgewährung an den Bw. sei aufgrund langjähriger Freundschaft zustande gekommen. Dingliche Sicherheiten seien nicht gewährt worden. Es sei vereinbart, dass der Bw. im Rahmen eines Dienstverhältnisses als Bauleiter in der Firma des A.B. ab November 2008 tätig werde und daraus die monatlichen Raten abstatten werde. Eine Rückzahlung in fünf Jahren werde nicht möglich sein.

Diese Vorgangsweise sei nach Meinung des Betriebsprüfers in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich:

- der Darlehensgeber habe selbst einen Kredit aufnehmen müssen - mit dem Zeugen Ing. C.D. habe der Bw. Geschäftsverbindungen - der Bw. hätte bei den damaligen günstigen Konditionen auch ein Bankdarlehen aufnehmen können - mit den strittigen Beträgen habe der Bw. Barzahlungen an Lieferanten getätigt, obwohl der bargeldlose Verkehr im Geschäftsleben üblich sei und der Bw. sonstige Eingangsrechnungen durch Überweisung von seinem Bankkonto beglichen habe - es bestehe eine Diskrepanz zwischen dem Zinssatz, der A.B. von der Bank verrechnet werde (effektiver Jahreszinssatz von 4,6%), und dem Zinssatz, den dieser vom Bw. erhalte (2%) - der erste Teilbetrag des Darlehens von 30.000 € sei am an den Bw. zugeflossen, A.B. habe seinen Auszahlungsbetrag von 245.037 € erst am von der Bank erhalten. - der Darlehensvertrag vom habe unklare Bestimmungen, die Rückzahlungsbedingungen seien mehrmals geändert worden - ein ordentlicher Unternehmer hätte das Privatdarlehen in die Bilanz aufgenommen

Da somit die Mittelherkunft der Privateinlagen in der Kassa nicht glaubhaft gemacht werden konnte, werde den erklärten Umsätzen sowie den Einkünften aus Gewerbebetrieb jeweils ein Sicherheitszuschlag in Höhe der Einlagen (185.100 €) hinzugerechnet.

Das Finanzamt nahm in der Folge unter Verweis auf die abgabenbehördliche Prüfung eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2005 vor, gleichzeitig ergingen neue Sachbescheide.

In der Berufung gegen diese Bescheide führte die steuerliche Vertreterin aus, der Bw. habe zum damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit gehabt, selbst einen Kredit bei der Bank aufzunehmen. Er habe daher auf privater Ebene einen Darlehensgeber gesucht, um den überfälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Lieferanten nachkommen zu können. Der Nachweis der Mittelherkunft für die Privateinlagen sei lückenlos erbracht worden. Die Tatsache der nicht fremdüblichen Darlehensgewährung liege auf einer anderen Ebene, in diesem Fall auf privater Ebene, daher sei das Darlehen als Privatdarlehen gewertet worden. Da eine Barauszahlung des Darlehens erfolgt sei, seien auch die Lieferantenzahlungen in bar vorgenommen worden. Der Betriebsprüfer habe den Sachverhalt falsch gewürdigt. Die Fremdunüblichkeit einer Darlehensgewährung könne den Mittelnachweis nicht beeinträchtigen.

Das Verfahren sei von schweren Mängeln in Hinblick auf die amtswegige Ermittlungspflicht behaftet. Der Sachverhalt wäre allenfalls von amtswegen zu erheben gewesen. Es könne nicht der gesamte Nachweis der Mittelherkunft wegen fremdunüblicher Konditionen negiert werden.

Ungeachtet der unrichtigen Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages, sei die Hinzurechnung keinesfalls in der Umsatzsteuerbemessung und Einkommensteuerbasis in gleicher Höhe brutto vorzunehmen. Die an das Finanzamt abzuführende Umsatzsteuer von 30.850 € reduziere grundsätzlich die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da die Betriebseinnahmen netto zu erfassen seien. Der Bw. bilanziere nach § 4 Abs. 1 EStG und habe alle Betriebseinnahmen netto erfasst. Die Feststellungen der Betriebsprüfung beruhen auf aktenwidrigen Annahmen und seien in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen.

In einem der Berufung beigelegten Schreiben erklärt A.B., dass er mit dem Bw. am einen Darlehensvertrag über 200.000 € abgeschlossen habe, wobei die Auszahlung bar in drei Teilbeträgen erfolgt sei. Er, A.B., habe für die Finanzierung einen Kredit bei der Raiffeisenbank aufgenommen. Da dieser Kredit am ausbezahlt worden sei, habe er 30.000 €, die er an den Bw. am übergeben habe, aus eigenem Vermögen finanziert. Aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten des Bw. sei vorerst eine Verzinsung von 2% vereinbart worden. Daher seien vorerst auch keine betragsmäßig festgelegten Rückzahlungen fixiert worden, da er mit einer Rückzahlung nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten des Bw. zu rechnen hatte. Zu diesem gegebenen Zeitpunkt sollte eine Nachverhandlung der Zinsen erfolgen. Diese kulanten Bedingungen seien damals in Hinblick auf zu erwartende Zahlungseingänge aus dem Bauvorhaben des Bw. in N. in Größenordnung von 200.000 € gewährt worden.

Das Finanzamt wies die Berufung aus folgenden Gründen mit Berufungsvorentscheidung ab:

Die Schätzungsbefugnis nach § 184 BAO aus dem Grund der materiellen Mangelhaftigkeit könne auf offensichtliche Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Aufzeichnungen bei Einbuchung von Einlagen und Fremdmitteln (Darlehen) zurückzuführen sein. Werde in einem mängelfreien Verfahren ein nicht aufgeklärter Vermögenszuwachs festgestellt, sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Vermögenszuwachs aus nicht einbekannten Einnahmen stamme.

Der Betriebsprüfer habe erhoben, dass im Jahr 2005 erhebliche Privateinlagen, die nicht aus dem privaten Vermögen finanziert werden konnten, gebucht worden seien und ohne diese Privateinlagen ab bis Jahresende ein negativer Kassenstand vorgelegen wäre. Die Mittelherkunft sei vom Bw. mit einem Privatdarlehen eines Freundes ohne Beibringung von Sicherheiten erklärt worden. Das Darlehen hätte ursprünglich bei einer Verzinsung von 2% mit Ablauf 2007 getilgt sein sollen. Die ursprüngliche Darlehensvereinbarung sei inzwischen mehrfach abgeändert worden, sodass laut Aktenlage bisher keine Rückzahlungen nachgewiesen worden seien und laut Vorhaltsbeantwortung vom nunmehr eine Darlehenslaufzeit von 16 Jahren vereinbart sei.

Der Darlehensgeber habe die gegenständliche Darlehenshingabe selbst fremdfinanzieren müssen, wobei dieser an die Bank erheblich höhere Zinsen zu leisten habe, als er vom Bw. lukrieren könne. Die vom Bw. behaupteten Geldflüsse seien nicht nachgewiesen worden, da alle Vorgänge (Hingabe der Darlehensteilbeträge und Darlehensverwendung) bar abgewickelt worden seien. Auch die Zwischenfinanzierung des Teilbetrages vom durch den Darlehensgeber sei bisher nicht durch Bankbelege nachgewiesen worden.

In Bezug auf die Darlehenhingabe seien - neben den nachgereichten schriftlichen Erklärungen der am Darlehen Beteiligten sowie diesen nahestehenden Personen - keine Unterlagen vorgelegt worden, die einen Darlehensvertragsabschluss im Jahr 2005 bestätigen können. Es sei weder ein Nachweis über die Vergebührung des Darlehensvertrages noch Zahlungsbelege zu behaupteten Geldflüssen beigebracht worden bzw. Zinszahlungen und Tilgungen dokumentiert worden. Aus der Bilanz seien ebenfalls keine Fremdmittel bzw. Zinszahlungen ersichtlich, sondern weise der Bw. die Mittelzufuhr als Privateinlage aus.

Die Aufnahme und Weitergabe von Darlehen im Bekanntenkreis sei nach der Lebenserfahrung eine grundsätzlich nicht übliche Vorgangsweise. Im gegenständlichen Fall sei außerdem unter Berufung auf das freundschaftliche Naheverhältnis zum Darlehensgeber auf sonst im Rechtsverkehr zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen erforderliche Dokumentationen verzichtet worden, weshalb den Bestätigungen über den Erhalt des Privatdarlehens keine entscheidende Beweiskraft zukommen könne.

Andere Geldquellen wie zB Ersparnisse oder laufende Einkünfte seien vom Bw. zu keiner Zeit behauptet worden und seien aus der Aktenlage auch nicht ableitbar, weshalb die Herkunft der im Jahr 2005 dem Betrieb zugeführten Mittel tatsächlich nicht aufgeklärt worden sei. Die Verhängung eines Sicherheitszuschlages (der einer Schätzung nach dem Vermögenszuwachs entspreche) in Höhe des höchsten negativen Kassenstandes im Jahr 2005 sei daher rechtmäßig.

Zum Berufungseinwand, dass bei Verhängung eines Sicherheitszuschlages keinesfalls die Umsatzsteuerbemessung und die Einkommensteuerbasis brutto in gleicher Höhe angenommen werden könne, sei zu entgegnen, dass der Betriebsprüfer aufgrund der Ungereimtheiten bei der Gewinnermittlung von einem Vermögenszuwachs von 185.100 € netto ausgegangen sei und eine entsprechende Zuschätzung vorgenommen habe. Auch in den angefochtenen Bescheiden sei die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage um diesen Betrag erhöht worden und eine Umsatzsteuerdifferenz von 37.020 € vorgeschrieben worden. Bei den Einkünften seien 185.100 €, resultierend aus 222.120 € Bruttoerlös und 37.020 € passivierter Umsatzsteuer, der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet worden. Dies bedeute, dass der Betriebsprüfer von einem nicht aufgeklärten Vermögenszuwachs aus Schwarzgeschäften in Höhe von 222.120 € brutto ausgegangen sei, diesen als Sicherheitszuschlag bezeichnet habe und netto den Bemessungsgrundlagen hinzugerechnet habe.

Der Bw. beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowohl wegen Rechtswidrigkeit als auch aus verfahrensrechtlichen Gründen, da die Abgabenbehörde auf die Berufungsgründe nicht eingegangen sei.

In einem ergänzenden Schreiben vom wies die steuerliche Vertreterin des Bw. darauf hin, dass anlässlich der Betriebsprüfung keine Buchführungsmängel oder formelle Unregelmäßigkeiten des buchhalterischen Rechenwerks festgestellt worden seien. Entscheidungsrelevant sei allein die Frage der Mittelherkunft, deren Nachweis mit den beiliegenden Unterlagen nunmehr lückenlos erbracht sei.

Im Vordergrund der Darlehensgewährung sei seinerzeit die auf freundschaftlicher Basis gewährte Hilfe zur Abwendung eines Privatkonkurses gelegen. Der Bw. habe damals gedacht, dass die Rückzahlung bis Ende 2007 möglich sein werde - einerseits aus der Eröffnung neuer Geschäftsfelder, andererseits mit Mitteln von 127.000 € aus einem offenen Rechtsstreit gegen das M. N.. Diese Erwartungen seien jedoch nicht eingetroffen. Der Darlehensgeber AB als 100% Aktionär der X-Bau AG habe dem Bw. nicht nur persönliche Wertschätzung entgegengebracht, sondern habe ihn auch als Baufachmann schätzen gelernt. Er habe beabsichtigt den Bw. im Unternehmen anzustellen. Nach anfänglicher sporadischer Mitarbeit sei der Bw. seit 3/2009 durchgehend im Vorstand der Gesellschaft beschäftigt.

Dem Schreiben sind Bestätigungen des A.B. über den Erhalt von 4.368 € am und von jeweils 5.007 € am , , und als Darlehensrückzahlung beigelegt. Übermittelt wurde weiters ein vom Bw. und von A.B. unterzeichnetes Schuldanerkenntnis vom mit folgendem Inhalt: "Kapital: per incl. Zinsen von 2005 - 2008 € 211.065,--ab 2009: Verzinsung 5% p.a.monatliche Abstattung gemäß Tilgungsplan € 1.669,-- beginnend am März 2009, Laufzeit 15 Jahren (180 Monate)"

Alle Schriftstücke enthalten notariell beglaubigte Unterschriften.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom Bw. ergänzend ausgeführt, dass sein Bauunternehmen aus ihm, seinem Vater und einem weiteren Mitarbeiter bestanden habe; er habe auch Subunternehmer beauftragt. Seine Hauptaufgabe im Jahr 2004 sei der Zubau zum M. in N. gewesen. Bei der Errichtung des Rohbaus sei es allerdings schon 2004 zu Unstimmigkeiten mit dem Auftraggeber gekommen. Im März 2005 sei auch ein Schadensfall aufgetreten, der die Zahlung der offenen Rechnung durch das M. verzögert habe. Der Kontostand des betrieblichen Kontos sei so negativ gewesen, dass seine damalige Hausbank keinen Kreditrahmen mehr einräumen habe wollen. Er habe dann auch die Bank wechseln müssen. Pfändungen seien jedoch keine eingeleitet worden, die Lieferanten hätten aber die Bezahlung urgiert.

Der Bw. habe sich wegen einer Überbrückung der Zahlungsschwierigkeiten an seinen Bekannten Herrn AB gewandt, um Geld auszuleihen. Er habe vorerst dringend 30.000 € gebraucht, die am in bar ausgefolgt worden seien. Die Bank hätte wahrscheinlich das Geld zur Abdeckung der Verbindlichkeiten einbehalten, sodass keine Überweisung erfolgt sei. Die Lieferanten seien bar bezahlt worden. Der Darlehensvertrag vom sei über 200.000 € abgeschlossen worden, da er insgesamt mit etwa dieser Summe gerechnet habe. Die weiteren Zahlungen sollten erst bei konkreter Benötigung der Beträge abgerufen werden. Der Darlehensbetrag sei nie beim Finanzamt angezeigt worden.

Die Auftragssumme beim M. sei 950.000 € netto gewesen. Die Teilbeträge seien auf sein Konto geflossen, damit habe er auch die Subunternehmer, aber nicht die Lieferanten bezahlt. Der Bw. habe aufgrund eines ausständigen Betrages den Auftraggeber gerichtlich geklagt, das Verfahren wegen Aussichtslosigkeit jedoch schließlich 2009 beendet. Seinen Betrieb habe er 2006 aufgegeben.

Der Betriebsprüfer bestätigte, dass die Barbezahlung der Lieferanten aktenkundig sei.

Die steuerliche Vertreterin des Bw. führte weiters aus, dass das Darlehen wegen der privaten Veranlassung nicht in die Bücher aufgenommen worden sei. Da die Betriebsprüfung im Finanzamt durchgeführt worden sei, sei die sofortige Aufklärung hinsichtlich des Darlehens nicht möglich gewesen, zumal durch die Kanzlei jeweils Rückfragen beim Steuerpflichtigen sowie die Anforderung von Unterlagen notwendig gewesen sei. Seit Gründung der X-Bau AG im Jahr 2002 sei der Bw. im Aufsichtsrat tätig.

Bei der Vernehmung des A.B. als Zeugen bestätigte dieser, dem Bw. Geld gegeben zu haben. Der Bw. habe ihm von den Problemen auf der Baustelle des M.s und der offenen Schlussrechnung über 1,3 Mio. € erzählt. Er sei bereit gewesen, dem Bw. finanziell auszuhelfen, da er mit ihm seit 15 Jahren bekannt sei und er dem Bw. vertraut habe. Der Bw. habe gesagt, dass er zur Abwendung eines Konkurses 200.000 € brauche. Der Bw. habe gehofft, dass er das Geld mit der Schlussrechnung bekomme. Die Y habe im März 2005 einen Betrag von 1,030 Mio € anerkannt.

Das Darlehen des Zeugen an den Bw. sei ein freundschaftlicher Dienst mit einem wirtschaftlichen Hintergedanken gewesen, da er den Bw. als ausführenden Baumeister für sein Unternehmen, die X-Bau AG, gewinnen wollte. Das sei 2009 gelungen. Der vom Zeugen aufgenommene Privatkredit sei in keinem Zusammenhang mit dem Darlehen an den Bw. gestanden. Die erste Tranche von € 30.000,00 habe er am aus seinem Privatvermögen gezahlt, die weiteren Tranchen laut Akt. Er habe aber nicht so viel Geld, dass er auch sonst derartige Darlehen vergeben wollte. Er habe Kredite über 14 Mio €. Der Bankkredit über 250.000 € sei aus Liquiditätsgründen sinnvoll gewesen.

Sein Unternehmen bestehe aus einem Bauunternehmen, einer Leasingfirma und einem Ausbildungszentrum. Die Bilanzsumme betrage 15 Mio €. Seit 2009 erbringe das Unternehmen auch Bauleistungen. Es sei 2009 ein Gewinn von 194.000 € gemacht worden und das Kapital der Gesellschaft sei erhöht worden. Daraus sei ersichtlich, wie wichtig die Mitarbeit des Bw. für das Unternehmen sei.

Die Vertreterin des Finanzamtes hielt nach Abschluss der Zeugenvernehmung fest, dass sich aus den Bilanzen des Bw. eine drohende Konkursgefahr nicht entnehmen lasse. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die Herkunft der Einlagen noch immer unaufgeklärt. Es könnte auch sein, dass der Zeuge den Bankkredit für einen Grundstückskauf, der in dieser Zeit stattgefunden habe, benötigt hätte. Der Kredit sei nach der Aussage des Zeugen zwar aus Liquiditätsgründen aufgenommen worden, tatsächlich sei aber ein namhafter Betrag an den Bw. geflossen. Feststellungen über die Einkommens- und Vermögenssituation des A.B. habe das Finanzamt nicht getroffen.

Im Prüfungsverfahren sei der Kreditvertrag des Herrn AB mit der Bank vorgelegt worden, um nachweisen zu können, dass der Zeuge über entsprechende Mittel verfügt habe.

Auf den Vorwurf des Finanzamtes, der Bw. habe damals beispielsweise schusssicheres Glas angekauft, was auf weitere Bauprojekte schließen lasse, antwortete der Bw., er habe das für ein gutes Geschäft gehalten, das Glas aber ein Jahr später an die X-Bau AG weiterverkauft, wo es auf Lager liege.

Die steuerliche Vertreterin hielt abschließend fest, dass die Außenprüfung keine Mängel des Rechenwerkes feststellen konnte. Die fehlenden Mittel seien durch das Darlehen hinreichend geklärt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist nach dem zweiten Absatz dieser Bestimmung insbesondere auch, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind. Zu schätzen ist ferner (Abs. 3), wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist, wenn in einem mängelfreien Verfahren ein Vermögenszuwachs festgestellt wird, den der Abgabepflichtige nicht aufklären kann, die Annahme gerechtfertigt, dass der unaufgeklärte Vermögenszuwachs aus nicht einbekannten Einkünften stammt. Das Vorliegen des unaufgeklärten Vermögenszuwachses löst die Schätzungsbefugnis der Behörde nach § 184 Abs. 2 BAO aus, wobei eine solche Schätzung in einer dem unaufgeklärten Vermögenszuwachs entsprechenden Zurechnung zu den vom Abgabepflichtigen erklärten Einkünften zu bestehen hat ( vgl. und die dort angeführten Verweise, , , , ).Ob ein Vermögenszuwachs als aufgeklärt oder als unaufgeklärt geblieben anzusehen ist, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage.

Folgender Sachverhalt ist zu beurteilen:

Der Bw. verbuchte im Jahr 2005 in seinem Einzelunternehmen Privateinlagen von insgesamt 207.800 €. Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung gab der Bw. bekannt, dass die Einlagen von 21.600 € (), von 85.500 € () und von 78.000 € (), insgesamt also ein Betrag in Höhe von 185.100 €, mittels eines Privatdarlehens über 200.000 € finanziert worden sei. Das Finanzamt sah die Herkunft der Mittel für diese Einlagen als ungeklärt an, da die Angaben des Bw. in Zusammenhang mit dem Privatdarlehen als unglaubwürdig erachtet wurden. Die restlichen im Jahr 2005 getätigten Einlagen von kleineren Beträgen wurden vom Finanzamt nicht beanstandet. Formelle Mängel in der Buchführung konnte das Finanzamt nicht feststellen. Strittig ist nun, ob das Finanzamt zu Recht im Jahr 2005 eine Zuschätzung zu den Umsätzen und den Einkünften in Höhe von 185.100 € vorgenommen hat.

Entscheidend für die Frage der Schätzungsberechtigung ist, ob der Bw. über private Mittel für die getätigten Einlagen verfügen konnte. Als Begründung für die Herkunft der eingelegten Beträge führte der Bw. die Gewährung eines Privatdarlehens im Bekanntenkreis an. Eine Finanzierung durch eigenes Vermögen oder laufende Einkünfte hat der Bw. nicht behauptet und ist aus der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

Fest steht, dass der Bw. mit den als Einlagen verbuchten Beträgen eine Barbezahlung von Lieferantenverbindlichkeiten vorgenommen hat. Glaubwürdig ist auch, dass der Bw. im Jahr 2005 insgesamt 200.000 € von A.B. erhalten hat.

Zur Frage, ob dieser Zahlung tatsächlich ein Darlehensvertrag zu Grunde lag, ist auf folgende Beweismittel zu verweisen: - der schriftliche Darlehensvertrag mit A.B. vom über 200.000 € - von den Beteiligten und von zwei Zeugen unterschriebene Bestätigungen über die Barauszahlung von drei Teilbeträgen an den Bw. am (30.000 €), am (90.000 €) und am (80.000 €) - ein Schuldanerkenntnis vom sowie Bestätigungen über die ab März 2009 erfolgten Darlehensrückzahlungen - wobei allerdings eine konkrete Bezugnahme auf das Darlehen vom fehlt

Fest steht, dass es bei dem im Jahr 2004 vom Bw. ausgeführten Bauprojekt zu einem Schadensfall, zu Rechtsstreitigkeiten mit dem Auftraggeber und damit verbunden zu einem Ausbleiben von erwarteten Zahlungen kam. Der Bw. konnte hinreichend erklären, dass er damals auf Grund seiner schlechten finanziellen Lage von der Bank keinen Kredit zur Bezahlung der Lieferanten bekommen hätte. Nachvollziehbar ist auch, dass im Geschäftsverkehr unübliche Barzahlungen vorgenommen wurden, da andernfalls die Bank das Geld zur Abdeckung der Verbindlichkeiten einbehalten hätte.

Das Bestehen eines Darlehensvertrages konnte letztendlich nicht mit Sicherheit festgestellt werden, es sind auch andere Sachverhaltskonstellationen denkbar. In Erwägung aller Umstände kam der erkennende Senat aber in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss, dass der Zufluss von Darlehensbeträgen die größere Wahrscheinlichkeit für sich hat als der Zufluss von nicht erklärten Einnahmen. Dabei war zu berücksichtigen, dass das Finanzamt keine überzeugenden Anhaltspunkte für weitere Bauprojekte des Bw. finden konnte, zumal solches bei der damaligen Zahl der Mitarbeiter (Vater des Bw. und ein weiterer Mitarbeiter) unwahrscheinlich ist. Das Finanzamt hat auch keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass A.B. die an den Bw. übergebenen Beträge nicht aus eigenem Vermögen hätte zahlen können.

Der Senat verhehlt nicht, dass durchaus Ungereimtheiten in Bezug auf die schriftliche Dokumentation des Darlehens bestehen und auch die Rückzahlungsmodalitäten eher ungewöhnlich sind. Der Senat geht davon aus, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass A.B. den Bw. offenkundig an sein Unternehmen binden wollte und daher großzügige Konditionen gewährte. Diese Erwartungshaltung hat sich dann letztlich bestätigt - der Bw. arbeitet nunmehr für A.B..

Selbst wenn die Darlehensbedingungen als unüblich zu bezeichnen sind, wird nach der dargestellten Sachlage also davon ausgegangen, dass die strittigen Beträge dem Bw. auf Grund eines Darlehensvertrages zur Verfügung standen und insofern die Herkunft der Mittel für die Privateinlagen nicht mehr als ungeklärt anzusehen ist. Die Annahme von nicht einbekannten Einkünften des Bw. ist daher nicht gerechtfertigt, sodass auch keine Schätzungsbefugnis der Behörde nach § 184 BAO besteht.

Eine Wiederaufnahme der Verfahren von Amts wegen iSd § 303 Abs. 4 BAO war somit nicht zulässig, da anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung keine Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, deren Kenntnis im Spruch anders lautende Bescheide herbeigeführt hätte.

Der Berufung gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer war daher stattzugeben und die angefochtenen Wiederaufnahmsbescheide aufzuheben.

Durch die Aufhebung der die Wiederaufnahme verfügenden Bescheide tritt das Verfahren gemäß § 307 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Damit scheiden ex lege die neuen Sachbescheide aus dem Rechtsbestand aus, die alten Sachbescheide leben wieder auf (Ritz, BAO, § 307 Tz 8). Die Berufung gegen den Umsatz- und den Einkommensteuerbescheid war daher als unzulässig geworden iSd § 273 Abs. 1 lit a BAO zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at