Ungekürzte Gebührenfestsetzung trotz Abschluss eines Sanierungsplans
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Miterledigte GZ: |
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RV/0505-W/11 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., Adr., vertreten durch Dr. Wolfgang Mekis, 1060 Wien, Gumpendorferstraße 5, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Gebühr und Erhöhung entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Befund vom gab die MA I des Magistrates Y bekannt, dass für eine Eingabe vom bzgl. Maßnahmen gemäß StVO, GZ XY, keine Gebühr entrichtet worden sei.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien die Eingabengebühr und eine Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG 1957 fest.
Gegen diese Vorschreibung wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass mit Beschluss vom das Handelsgericht X über das Vermögen der Berufungswerberin (Bw.) das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet habe. Mit Beschluss des Gerichtes vom sei der Sanierungsplan bestätigt und das Insolvenzverfahren aufgehoben worden. Bei den Gebühren handle es sich um solche, welche vor der Eröffnung des Sanierungsverfahrens entstanden seien und diese wären im Sanierungsverfahren anzumelden gewesen und könnten nach § 156 Abs. 1 IO nicht mehr geltend gemacht werden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung unter Hinweis auf ein VwGH-Judikat mit der Begründung abgewiesen, dass ein rechtskräftig bestätigter Sanierungsplan der bescheidmäßigen Festsetzung nicht entgegensteht.
Im Vorlageantrag wurde festgehalten, dass die Gebühr bei Eröffnung des Sanierungsverfahrens bereits fällig war, die Erhöhung aber erst mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzt worden sei. Diese sei rechtswidrig festgesetzt, weil die Gebühr wegen Versäumung der Anmeldung im Insolvenzverfahren auf Grund § 156 IO nicht mehr geschuldet werde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist nicht die Entstehung und Höhe der Abgabenansprüche, sondern die Zulässigkeit ihrer bescheidmäßigen Vorschreibung. Die Bw. sieht in der Tatsache, dass nach Entstehung der Gebührenschuld ein Sanierungsverfahren eingeleitet und abgeschlossen worden ist, ein Hemmnis für die Vorschreibung der Abgabe und beruft sich dabei auf die Insolvenzordnung.
Wird eine feste Gebühr, wie die für Eingaben (§ 14 TP 6 GebG 1957), nicht vorschriftsmäßig entrichtet, so ist nach § 203 BAO iVm § 3 Abs. 2 GebG 1957 ein Abgabenbescheid zu erlassen. Die Nichtentrichtung der Eingabengebühr bildet damit einen Fall für die Erlassung eines Abgabenbescheides nach § 203 BAO als Akt der Abgabenbemessung. Die Art der Abgabe wandelt sich damit in eine Festsetzungsabgabe. Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben (§ 9 Abs. 1 GebG 1957).
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass das Recht bzw. die Pflicht der Abgabenbehörde, Abgabenansprüche im Abgabenfestsetzungsverfahren bescheidmäßig geltend zu machen, durch einen Zwangsausgleich nicht berührt wird (; ; ). Diese Aussage ist sinngemäß auch auf das nunmehr im Sinne des IRÄG 2010 (die Novelle ist mit in Kraft getreten und damit beim gegenständlichen Fall zu beachten) durchzuführende Sanierungsverfahren anzuwenden, weil die Bestimmung des § 156 Abs. 1 KO (Rechtswirkungen des Ausgleiches) nahezu wortgleich für den rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan in § 156 Abs. 1 Insolvenzordnung (IO) übernommen wurde.
Das im Abgabenfestsetzungsbescheid enthaltene Leistungsgebot betrifft stets den materiell-rechtlichen Abgabenfestsetzungsanspruch, welcher Gegenstand der Abgabenfestsetzung ist. Die Prüfung der Frage, ob und in welcher Höhe der Abgabenanspruch zum Zeitpunkt der Festsetzung noch aushaftet bzw. inwieweit er bereits durch Zahlungen erfüllt worden ist, erfolgt nicht im Abgabenfestsetzungsverfahren, in dem die Abgabenverrechnung unberücksichtigt bleiben muss, sondern im Abgabeneinhebungsverfahren (siehe auch Stoll, BAO, 2141). Ein Zahlungsplan entfaltet seine Rechtswirkungen somit nur im Abgabeneinhebungsverfahren, nicht jedoch im Festsetzungsverfahren (vgl. -I/04; ; ; ; ).
Daraus folgt, dass das Finanzamt bei der Abgabenfestsetzung im Sinne der ständigen Rechtsprechung auf das Insolvenzverfahren nicht Bedacht nehmen musste und die nicht entrichtete Eingabengebühr samt der Erhöhung zu Recht ungekürzt vorgeschrieben hat. Einwendungen auf Grund des durchgeführten Insolvenzverfahrens sind im Abgabeneinhebungsverfahren, nicht aber im Abgabenfestsetzungsverfahren zu klären.
Aus den angeführten Gründen waren die Berufungen als unbegründet abzuweisen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 156 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 203 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | StExp 2012/400 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at