Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 09.02.2009, RV/0716-L/04

Keine Geschäftsführerhaftung bei zeitgerecht beantragter und zu Recht bewilligter Zahlungserleichterung.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0716-L/04-RS1
Von der Uneinbringlichkeit der Abgaben im Sinne des § 9 BAO ist dann auszugehen, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären. Davon zu trennen ist die Frage, ob es durch eine andere Verrechnung der Konkursquote oder allfällige Gutschriften aus geänderten Abgabenfestsetzungen zu einer weiteren Reduktion haftungsgegenständlicher Abgaben kommen könnte.
RV/0716-L/04-RS2
Eine Zahlung des Haftungsschuldners vermindert zwar den zu entrichtenden Haftungsbetrag, ändert aber nichts an dem grundsätzlich im Haftungsbescheid (in der Berufungsentscheidung) aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht. Dies gilt auch dann, wenn die "Zahlung" in der Umbuchung entsprechender Guthaben vom persönlichen Abgabenkonto des Berufungswerbers auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin zum Zwecke der teilweisen Abdeckung haftungsgegenständlicher Abgaben besteht.
RV/0716-L/04-RS3
Wird zeitgerecht im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO die ratenweise Abdeckung des Abgabenrückstandes beantragt, und diesem Antrag stattgegeben, dann ist der Geschäftsführer nur verhalten, die gemäß dem Tilgungsplan fällig werdenden Ratenzahlungen zu leisten. Kommt er dieser Verpflichtung nach, kann er nicht für Abgaben zur Haftung herangezogen werden, die nur deshalb unberichtigt geblieben sind, weil die Gesellschaft während aufrechter Zahlungserleichterung in Konkurs gegangen ist, und aus diesem Grund keine weiteren Teilzahlungen zur Abdeckung der restlichen, von der Zahlungserleichterung umfassten Abgabenschulden mehr erfolgen konnten. Ein allfälliges Verschulden am Eintritt der Insolvenz ist für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung.
RV/0716-L/04-RS4
Allein aus der rechtmäßigen Inanspruchnahme eines Zahlungsaufschubes gemäß § 212a BAO, der erst nach Konkurseröffnung geendet hat, kann dem potenziell Haftungspflichtigen noch keine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO zur Last gelegt werden. Dies würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass zur Vermeidung allfälliger Haftungsfolgen nie die Aussetzung der Einhebung berufungsverfangener Abgaben beantragt werden dürfte. Allerdings ist bei Selbstbemessungsabgaben entscheidend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des N, eingebracht durch Rechtsanwalt Dr. Walter Rinner, 4040 Linz, Freistädter Straße 3, nunmehr vertreten durch Rechtsanwälte Bachmann & Bachmann, 1010 Wien, Opernring 8, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu StNr. 000/0000 betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten der Firma NN GesmbH & Co KG gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert, und die Haftungsinanspruchnahme auf die Lohnsteuer 11/2003 in Höhe von 16.664,06 € eingeschränkt.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber war Geschäftsführer der Firma X Gesellschaft m.b.H., die Komplementär-Gesellschafterin der Firma NN Gesellschaft m.b.H. & Co KG (Primärschuldnerin) war.

Über beide Gesellschaften wurde mit Beschlüssen des Landesgerichtes Linz vom das Konkursverfahren eröffnet.

In einem Vorhalt vom wies das Finanzamt den Berufungswerber darauf hin, dass folgende vor Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin fällig gewesene Abgabenschuldigkeiten nicht entrichtet worden wären:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag in €
Umsatzsteuer
05/03
7.362,52
Pfändungsgebühr
2003
193,63
Kosten des Vollstreckungsverfahrens
2003
0,55
Umsatzsteuer
06/03
1.377,93
Kraftfahrzeugsteuer
04-06/03
481,62
Kammerumlage
04-06/03
459,88
Lohnsteuer
07/03
12.454,81
Dienstgeberbeitrag (DB)
07/03
5.025,73
Zuschlag zum DB
07/03
424,40
Säumniszuschlag 1
2003
185,10
Säumniszuschlag 1
2003
258,93
Lohnsteuer
11/03
16.664,06
Dienstgeberbeitrag (DB)
11/03
9.771,42
Zuschlag zum DB
11/03
825,14
Lohnsteuer
2000
3.098,04
Dienstgeberbeitrag (DB)
2000
331,97
Zuschlag zum DB
2000
35,39
Summe
58.951,12

Der Berufungswerber möge darlegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die Abgaben entrichtet wurden (z.B. Fehlen ausreichender Mittel, Zessionsvereinbarung, Einstellung der Überweisungen durch die Hausbank, Weisungen der Gesellschafter usw.). Die entsprechenden Unterlagen zum Beweis seiner Rechtfertigung wären vorzulegen. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Falls nicht nachgewiesen werden könne, dass vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, möge nachgewiesen werden, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre.

Da der Berufungswerber zu diesem Vorhalt keine Stellungnahme abgab, nahm in das Finanzamt mit Haftungsbescheid vom gemäß §§ 9, 80 BAO für die im Vorhalt angeführten Abgaben in Anspruch.

Gegen diesen Bescheid wurde mit einem mit "" datierten, jedoch bereits am mit Telefax beim Finanzamt eingebrachten Schriftsatz Berufung erhoben, und darin die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bestritten. Das Finanzamt hätte feststellen müssen, in welchem Ausmaß eine Ungleichbefriedigung erfolgt sei. Die Lohnsteuer sei immer zumindest anteilig abgeführt worden, und auch sonstige Forderungen wären anteilig beglichen worden. Die diesbezüglichen Berechnungen samt Buchhaltungsunterlagen würden unverzüglich nachgereicht. Auch sonst lägen weder eine Pflichtverletzung noch eine Kausalität zwischen einer allfälligen Pflichtverletzung und der Uneinbringlichkeit der Abgaben vor. Das Ermittlungsverfahren sei insgesamt mangelhaft geblieben, insbesondere auch deshalb, weil dem Berufungswerber bislang keine Möglichkeit zur Äußerung gegeben worden sei. Eine Verständigung an ihn sei nie erfolgt, eine allfällige (dem Berufungswerber aber unbekannte) Mitteilung oder Aufforderung an die Primärschuldnerin im Wege des Masseverwalters werde wohl nicht ausreichen, auch sei ihm vom Masseverwalter nichts weitergeleitet worden. Die im Haftungsbescheid angeführten Abgabenrückstände seien überwiegend mit Bescheiden festgesetzt worden, die dem Berufungswerber noch nicht bekannt gemacht worden wären. Aus diesem Grund werde aus Vorsichtsgründen die Richtigkeit aller (an die Primärschuldnerin adressierten) Bescheide bestritten. Es sei auch derzeit nicht nachvollziehbar, ob überhaupt ein Saldo in der im Bescheid angeführten Höhe im Konkursverfahren angemeldet und anerkannt worden sei, sodass die "Überwälzung im Haftungsweg von vornherein ausscheide". Eine eventuell anfallende Konkursquote sei auch nicht berücksichtigt worden. Der angefochtene Bescheid möge daher ersatzlos aufgehoben bzw. der Haftungsbetrag auf Null herabgesetzt werden.

Am hatte das Finanzamt im Konkursverfahren der Primärschuldnerin Abgabenforderungen in Höhe von 206.003,03 € (darin enthalten die haftungsgegenständlichen Abgaben) angemeldet, die vom Masseverwalter anerkannt wurden.

Das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde erst mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom nach Schlussverteilung aufgehoben. An das Finanzamt war mit Wirksamkeit eine Konkursquote in Höhe von 29.491,64 € überwiesen worden, die mit den aufgrund einer Anfechtung von Zahlungen durch den Masseverwalter wieder aufgelebten Abgabenforderungen in Höhe von 20.000,00 € (Anfechtungsvergleich vom , konkursgerichtlich genehmigt mit Beschluss vom ), einem Zuschlag zum DB 2000 in Höhe von 23,29 €, Aussetzungszinsen 2002 in Höhe von 125,44 €, einer Pfändungsgebühr 2003 in Höhe von 193,63 € und Lohnsteuer 07/2003 in Höhe von 9.149,28 € verrechnet wurde.

In einem Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom wurden dem Berufungswerber Ablichtungen des unbeantwortet gebliebenen Vorhaltes samt Rückschein sowie der Mitteilung über die Lohnsteuerprüfung vom mit dem Ersuchen übermittelt, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen:

"1) Das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde erst mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom aufgehoben. In diesem Verfahren waren auch die haftungsgegenständlichen Abgaben angemeldet worden. Nach Verrechnung der Konkursquote haften am Abgabenkonto der Gesellschaft derzeit von den haftungsgegenständlichen Abgaben in Höhe von ursprünglich 58.951,12 € nur mehr folgende Beträge aus:


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Abgabe
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag in €
Kraftfahrzeugsteuer
04-06/03
481,62
Kammerumlage
04-06/03
459,88
Lohnsteuer
07/03
3.305,53
Dienstgeberbeitrag (DB)
07/03
5.025,73
Zuschlag zum DB
07/03
424,40
Lohnsteuer
11/03
16.664,06
Dienstgeberbeitrag
11/03
9.771,42
Zuschlag zum DB
11/03
825,14
Summe
36.957,78

Es handelt sich bei diesen Abgaben ausschließlich um von der Gesellschaft dem Finanzamt bekannt gegebene Selbstbemessungsabgaben, hinsichtlich derer keine (die Selbstbemessung allenfalls abändernden) Bescheide im Sinne der §§ 201 und 202 BAO ergangen sind. Sollte die Richtigkeit dieser Abgaben und damit der Selbstbemessung durch die Gesellschaft dennoch weiter bestritten werden, wird um entsprechende Mitteilung und konkrete Darstellung und Glaubhaftmachung der behaupteten Unrichtigkeit ersucht.

2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze ().

Auch der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung (Differenzquote). Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (; weitere Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 9 Tz 27).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung wurden Sie bereits mit dem in Ablichtung angeschlossenen Vorhalt des Finanzamtes vom um entsprechende Nachweise ersucht. Dieser Vorhalt wurde laut Rückschein am durch Hinterlegung zugestellt, aber nicht beantwortet. Ungeachtet dessen wird Ihnen neuerlich Gelegenheit geboten, die behauptete Gleichbehandlung des Abgabengläubigers im Hinblick auf die umseits angeführten Abgabenschuldigkeiten darzustellen und glaubhaft zu machen bzw. eine allfällige Differenzquote nachvollziehbar zu ermitteln. In der Berufung wurde zwar die unverzügliche Nachreichung diesbezüglicher Berechnungen samt Buchungsunterlagen angekündigt, eine derartige Berufungsergänzung findet sich in den vorliegenden Akten jedoch nicht.

Zu den beiden haftungsgegenständlichen Lohnsteuern 07/2003 und 11/2003 wird darauf hingewiesen, dass die Nichtentrichtung der Lohnsteuer im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG nicht mit dem Fehlen der erforderlichen Mittel gerechtfertigt werden kann. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, darf der Geschäftsführer gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann. Wird dagegen die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (z.B. ). Die Löhne wurden laut Feststellung bei der anlässlich der Konkurseröffnung durchgeführten Lohnsteuerprüfung bis ausbezahlt (siehe dazu die angeschlossene Mitteilung vom ).

3) Die zum fällig gewesenen Abgaben waren Gegenstand einer mit Bescheid vom bewilligten Zahlungserleichterung (Ansuchen der USAB Unternehmenssanierungs- und Ausgleichsberatungs- Kanzlei GmbH vom ). Demnach wäre der zu diesem Zeitpunkt aushaftende Rückstand von rund 40.000,00 € in zehn Raten zu je 4.000,00 € beginnend ab abzudecken gewesen. Daneben waren die laufend neu anfallenden Selbstbemessungsabgaben termingerecht zu entrichten.

Tatsächlich wurden nur mehr drei Raten entrichtet, die laufend neu angefallenen Selbstbemessungsabgaben wurden bis einschließlich der am fälligen Abgaben zur Gänze entrichtet, woraus jedenfalls das Bemühen ersichtlich ist, den abgabenrechtlichen Zahlungspflichten nachzukommen. Der Nachweis der Nichtbenachteiligung des Abgabengläubigers im Hinblick auf die am fällig gewesenen haftungsgegenständlichen Abgaben sollte daher zu erbringen sein, wobei nochmals darauf hingewiesen werden muss, dass die Lohnsteuer 07/2003 vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen ist.

4) Am waren Selbstbemessungsabgaben in Höhe von 30.289,58 € fällig (Lohnabgaben 11/2003 und Umsatzsteuer 10/2003). Mit Wirksamkeit wurde ein Betrag von 3.028,96 € (exakt 10 % der fälligen Abgaben) entrichtet. Auch hinsichtlich der zum fälligen haftungsgegenständlichen Lohnabgaben (Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag) wäre daher der Nachweis zu erbringen, dass es zu keiner Benachteiligung des Abgabengläubigers kam (somit auch die anderen Gläubiger keine höhere Quote mehr erhalten haben) bzw. eine allfällige Differenzquote zu ermitteln. Hinsichtlich der Lohnsteuer wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass diese vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen ist. Sollte daher insgesamt gesehen der Nachweis der Gleichbehandlung gelingen, würden von den eingangs angeführten haftungsgegenständlichen Abgaben nur mehr die beiden Lohnsteuern 07/2003 und 11/2003 verbleiben.

5) Schließlich wird um Mitteilung gebeten, ob der in der Berufung gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Hinblick darauf, dass im Zuge des gegenständlichen Vorhalteverfahrens der entscheidungsrelevante Sachverhalt ohnehin erschöpfend ermittelt werden sollte, weiter aufrecht erhalten wird."

Nach gewährter Fristerstreckung wurde dazu in einer Stellungnahme vom ausgeführt, dass sich die offene Lohnsteuer 11/03 in Höhe von 16.664,06 € durch die Quotenzahlung reduziert haben müsste. Weiters wurde eine Aufstellung der Verbindlichkeiten per und (Konkurseröffnung) vorgelegt, der zu entnehmen ist, dass sich in diesen Zeitraum die Verbindlichkeiten von 3.828.552,64 € auf 3.612.401,62 € reduziert haben, was einer Quote von 5,64 % entspricht. An das Finanzamt sei am eine Quote von 10 % geleistet worden, woraus eine Besserbehandlung des Finanzamtes von 4,36 % folge. Weiters wurden die Verbindlichkeiten per und verglichen, und eine Reduktion um 19,05 % ermittelt. Der Rückstand gegenüber dem Finanzamt sei in diesem Zeitraum (wie näher dargestellt wurde) um 30 % vermindert worden. Es liege daher auch hinsichtlich der am fällig gewesenen Abgaben eine Besserbehandlung des Finanzamtes vor. Berücksichtige man, dass die neu angefallenen Abgaben bis einschließlich der am fälligen Abgaben zur Gänze entrichtet wurden, so zeige sich eine wesentlich bessere Behandlung des Finanzamtes gegenüber den anderen Gläubigern. Dieser Umstand möge auch bei der Lohnsteuer, die bekanntlich eine andere Grundlage habe, berücksichtigt werden. Bezüglich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer wies der Berufungswerber ferner darauf hin, dass Zahlungen nach den allgemeinen Verrechnungsregeln auf die beschwerlichste Schuld anzurechnen wären, welche im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers die Lohnsteuer darstelle. Die (von der Gesellschaft) geleisteten Raten von 12.000,00 € (drei Raten zu je 4.000,00 €) sowie die (im Vorhalt erwähnte) weitere Zahlung von 3.028,96 € mögen daher der Lohnsteuer 07/03 sowie 11/03 in Anrechnung gebracht werden. Auch die oben aufgezeigte Besserbehandlung des Finanzamtes möge eventualiter der Haftung des Geschäftsführers aus Lohnsteuer in Anrechnung gebracht werden. Schließlich möge auch berücksichtigt werden, dass näher dargestellte Guthaben aus Veranlagungen des Berufungswerbers zur Einkommensteuer in Höhe von insgesamt 3.442,66 € vom Finanzamt im Hinblick auf eine allfällige Haftung offenbar einbehalten wurden. Ferner wurde eine Eingabe der Primärschuldnerin vom vorgelegt, in der um Rücküberweisung von Kraftfahrzeugsteuer für das Jahr 2003 in Höhe von 1.936,80 € ersucht wurde. Mit dem in Ablichtung vorgelegten Bescheid vom sei die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2003 in Höhe von 1.936,80 € festgesetzt worden (gegenüber den bereits gebuchten Kraftfahrzeugsteuern ergab sich eine Nachforderung von 484,20 €). Bei Durchsicht der Akten sei festgestellt worden, dass bereits über die Versicherung die motorbezogene Versicherungssteuer für die Fahrzeuge eingehoben worden sei. Schließlich verzichtete der Berufungswerber noch auf die beantragte mündliche Verhandlung und gab zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen an, dass er für drei Kinder unterhaltspflichtig sei, und ihn Haftungen aus der Insolvenz treffen würden, etwa gegenüber der Allgemeinen Sparkasse aus einem vollstreckbaren Urteil wegen 150.000,00 € zuzüglich Zinsen und Kosten. Es werde die Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Bei einer GmbH & Co KG, bei welcher die KG durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer vertreten wird, haben diese Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG betreffen, zu erfüllen. Sie haften bei schuldhafter Pflichtverletzung für die Abgaben der KG (z.B. ; ; , 2006/13/0053). Der Berufungswerber war im haftungsrelevanten Zeitraum Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft und daher für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin verantwortlich.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben sind bei der Gesellschaft uneinbringlich. Von der Uneinbringlichkeit der Abgaben im Sinne des § 9 BAO ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann auszugehen, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (z.B. ; weitere Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 9 Tz 5). Das Konkursverfahren über das Vermögen beider Gesellschaften wurde nach Schlussverteilung aufgehoben. Es ist daher kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden, welches zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben herangezogen werden könnte, sodass Uneinbringlichkeit vorliegt.

Davon zu trennen ist die Frage, ob es durch eine andere Verrechnung der Konkursquote oder allfällige Gutschriften aus geänderten Abgabenfestsetzungen zu einer weiteren Reduktion haftungsgegenständlicher Abgaben kommen könnte.

Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftungspflichtigen und der Abgabenbehörde darüber, ob eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, sind nicht im Haftungsverfahren, sondern im Verfahren auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO zu klären ( mit Hinweis auf ). Der Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto ist somit in dem in § 216 BAO normierten Verfahren auszutragen und es ist ein solches auch auf Antrag des Haftungspflichtigen durchzuführen ( mit Hinweis auf Stoll, BAO, 2353).

Die Einwände in der Stellungnahme vom hinsichtlich der Richtigkeit der Verrechnung der Konkursquote bzw. der von der Gesellschaft geleisteten Ratenzahlungen sind daher im gegenständlichen Verfahren nicht zu erörtern, sondern wären gegebenenfalls vom Berufungswerber in einem Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides näher zu präzisieren und in einem solchen Abrechnungsverfahren zu prüfen. Informativ und unpräjudiziell für ein solches Verfahren sei jedoch darauf hingewiesen, dass (aufgrund des bisherigen diesbezüglichen Vorbringens des Berufungswerbers) keine fehlerhafte Verrechnung der Konkursquote bzw. der angesprochenen Zahlungen erkennbar ist. Der zivilrechtliche Grundsatz, dass Zahlungen auf die beschwerlichste Schuld anzurechnen sind, wird auch in den Verrechnungsvorschriften des § 214 BAO berücksichtigt, wobei allerdings zu beachten ist, dass Zahlungen der Primärschuldnerin gemäß § 214 Abs. 1 BAO selbstverständlich auf die ältesten Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin zu verrechnen sind, die aber nicht mit den ältesten haftungsgegenständlichen Abgaben ident sein müssen. Sollte es in einem allfälligen Abrechnungsverfahren dessen ungeachtet zu einer Verminderung der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer kommen, reduziert sich damit naturgemäß auch die vom Berufungswerber noch zu entrichtende Haftungsschuld, was aber nichts an dem in der gegenständlichen Entscheidung auszusprechenden Umfang der Haftungsinanspruchnahme ändert (vgl. auch dazu das unten zitierte VwGH-Erkenntnis vom , 97/15/0191).

Gleiches gilt auch für die vom Berufungswerber ins Treffen geführten Einkommensteuergutschriften auf seinem persönlichen Abgabenkonto. Eine Zahlung des Haftungsschuldners vermindert zwar den vom Berufungswerber zu entrichtenden Haftungsbetrag, ändert aber nichts an dem grundsätzlich im Haftungsbescheid (bzw. in der Berufungsentscheidung) aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht (). Dies gilt auch, wenn die "Zahlung" in der Umbuchung entsprechender Guthaben vom persönlichen Abgabenkonto des Haftungsschuldners auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin zum Zwecke der (teilweisen) Abdeckung haftungsgegenständlicher Abgaben besteht. Im gegenständlichen Fall wurden mit dem in der Stellungnahme vom angeführten Guthaben in Höhe von insgesamt 3.442,66 € folgende, im erstinstanzlichen Haftungsbescheid noch enthalten gewesenen Abgaben abgedeckt: Lohnsteuer 2000 in Höhe von 3.098,04 €, Dienstgeberbeitrag 2000 in Höhe von 331,97 €, Zuschlag zum DB 2000 in Höhe von 12,10 € und Kosten des Vollstreckungsverfahrens 2003 in Höhe von 0,55 €. Da mit der gegenständlichen Berufungsentscheidung die Haftungsinanspruchnahme jedoch auf die Lohnsteuer 11/2003 eingeschränkt wird, erweist sich die Verwendung der Guthaben für die angeführten Abgabenschuldigkeiten als nicht mehr rechtmäßig. Diese Guthaben sind vielmehr von der verbliebenen Haftungsschuld (Lohnsteuer 11/2003) in Abzug zu bringen, sodass die offene Haftungsschuld derzeit nur mehr 13.221,40 € (16.664,06 € abzüglich 3.442,66 €) beträgt. Wie bereits erwähnt, ändert dies aber nichts an dem in der gegenständlichen Berufungsentscheidung auszusprechenden Umfang der Haftungsinanspruchnahme (Lohnsteuer 11/2003 in Höhe von 16.664,06 €).

Eine weitere Reduktion der tatsächlich noch zu entrichtenden Haftungsschuld könnte sich bei einer aus einem entsprechenden Abgabenbescheid resultierenden allfälligen Gutschrift der in der Stellungnahme vom angesprochenen Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2003 nur dann ergeben, wenn eine solche Gutschrift (zumindest teilweise) mit der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer 11/2003 zu verrechnen sein sollte, wovon nach derzeitigem Stand des Abgabenkontos jedoch nicht auszugehen ist. Es wird darauf hingewiesen, dass der in Ablichtung vorgelegte "Bescheid" vom nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Nichtbescheid zu qualifizieren ist, da er an die Primärschuldnerin zu Handen des Masseverwalters gerichtet wurde (z.B. ; ). Eine bescheidmäßige Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2003 erfolgte daher (bisher) nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze (z.B. ).

Die im Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates angeführten Abgabenschulden weisen nur mehr zwei Fälligkeitstermine aus ( und ). In der dazu abgegebenen Stellungnahme wurde ausreichend dargelegt, dass es im Hinblick auf diese Abgaben zu keiner Schlechterbehandlung des Finanzamtes gekommen ist, das Gleichbehandlungsgebot also beachtet wurde. Nicht unberücksichtigt bleiben darf in diesem Zusammenhang, dass die im September, Oktober und November 2003 fällig gewordenen Selbstbemessungsabgaben wieder in voller Höhe (somit zu 100 %) entrichtet worden sind. Auch dies spricht für die Verantwortung des Berufungswerbers, dass im gegenständlichen Fall der Abgabengläubiger insgesamt gesehen wesentlich besser bedient wurde als die übrigen Gläubiger. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin Forderungen in Höhe von insgesamt rund 4,8 Mio. € angemeldet worden waren (lt. Stand des Anmeldeverzeichnisses vom ).

Eine Haftungsinanspruchnahme für die am fällig gewesenen Abgaben kommt aber auch aus folgendem Grund nicht in Betracht: Durch die am fällig gewordenen Selbstbemessungsabgaben (darin enthalten auch die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben 07/2003) ergab sich ein Abgabenrückstand von insgesamt 40.225,10 €. Noch am Fälligkeitstag wurde mit dem Finanzamt Kontakt zur Regulierung dieses Rückstandes aufgenommen, und dabei vereinbart, dass ab Oktober monatliche Teilzahlungen von 4.000,00 € zu leisten sind, und daneben ab September die laufenden Selbstbemessungsabgaben (vollständig und termingerecht) zu entrichten sind. Die Vereinbarung gelte nur solange wie sie auch eingehalten werde. Der Inhalt dieser Vereinbarung wurde auch in der Eingabe der USAB Unternehmenssanierungs- und Ausgleichsberatungs- Kanzlei GmbH vom wiedergegeben. Diese Eingabe wurde vom Finanzamt als formelles Zahlungserleichterungsansuchen gewertet. Mit Bescheid vom wurden daher - wie bereits zuvor "vereinbart" - zur Abdeckung des aushaftenden Rückstandes monatliche Raten in Höhe 4.000,00 € bewilligt. Die Ratenbewilligung wurde praktisch bis zur Konkurseröffnung eingehalten. Die am fällige Rate wurde zwar im Hinblick auf die am erfolgte Konkurseröffnung nicht mehr entrichtet, allerdings gilt gemäß § 212 Abs. 2 BAO im Falle eines Terminverlustes der Zahlungsaufschub erst im Zeitpunkt der Ausstellung eines Rückstandsausweises als beendet. Ein solcher wurde jedoch laut Aktenlage vor Konkurseröffnung nicht mehr ausgestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , 90/13/0087 ausgeführt, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO ausgeschlossen sein könne, wenn für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe tatsächlich zu Recht eine Zahlungserleichterung in Anspruch genommen worden sei (vgl. auch und -G/07). Keinesfalls entschuldige es den Geschäftsführer jedoch, wenn er eine Zahlungserleichterung mit der Behauptung erwirke, die Einbringlichkeit der Abgabe werde durch den Aufschub nicht gefährdet, obwohl diese Behauptung nicht zutreffe. Habe er doch dann eine Zahlungserleichterung trotz Nichtvorliegens eines Tatbestandselementes herbeigeführt, welche das Gesetz (§ 212 Abs. 1 BAO) aus gutem Grund normiere: Das bereits bestehende Risiko für die Einbringlichkeit der Abgabe soll durch den Zahlungsaufschub nicht noch erhöht werden. Für eine "gefährdete Abgabe" komme daher eine Zahlungserleichterung nicht in Betracht, sie sei sofort zu entrichten bzw. sei dem Abgabengläubiger - durch Verweigerung der Zahlungserleichterung - die Möglichkeit zu sofortigen Einbringungsmaßnahmen zu wahren. Würden dagegen Abgaben unbezahlt bleiben, weil ihre Bezahlung trotz gefährdeter Einbringlichkeit im Wege einer Zahlungserleichterung hinausgeschoben werden konnte, dann habe der Geschäftsführer, der eine solche Gefährdung in Abrede stellte, ein Verschulden am Abgabenausfall zu verantworten.

Im gegenständlichen Fall finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Berufungswerber durch unzutreffende Angabe zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben zu Unrecht die Zahlungserleichterung erwirkt hätte. Die Ratenvereinbarung wurde eingehalten, und es wurden auch die laufend neu anfallenden Selbstbemessungsabgaben im September, Oktober und November 2003 wieder termingerecht und vollständig entrichtet, sodass es tatsächlich zu einem Rückstandsabbau gekommen ist. Gerade diese Umstände dokumentieren, dass im Zeitpunkt der Stellung des Zahlungserleichterungsansuchens noch keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben bestand.

In der Entscheidung vom , 2007/15/0282, hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass Entstehung, Inhalt und Erlöschen der Abgabenschuld einschließlich des diesbezüglichen Verfahrens und der diesbezüglichen Rechtsformen hoheitlichen Handelns - entsprechend dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenverwaltung - ausschließlich durch das Gesetz geregelt seien. Das Gesetz sehe nicht vor, dass die Abgabenschuld ungeachtet der Verwirklichung des Abgabentatbestandes im Fall einer gegenteiligen vertraglichen Vereinbarung zwischen Abgabenschuldner und Abgabengläubiger nicht entstünde oder zum Wegfall gelangte. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei daher eine Abmachung zwischen den Organwaltern des Abgabengläubigers und dem Abgabenschuldner über den Inhalt der Abgabenschuld ohne abgabenrechtliche Bedeutung. Abmachungen über den Inhalt einer Abgabenschuld stünden - soweit sie nicht im Gesetz ausdrücklich zugelassen seien - im Widerspruch zu dem aus Art. 18 B-VG abzuleitenden Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung der Abgabenvorschriften. Das gelte in gleicher Weise für Vereinbarungen über Zahlungserleichterungen iSd § 212 BAO.

Im beschwerdegegenständlichen Fall waren die haftungsgegenständlichen Abgaben bereits vor dem Zeitpunkt der "Vereinbarung" mit dem Finanzamt fällig gewesen. Eine zeitlich später erfolgte Genehmigung von Ratenzahlungen stand daher der Annahme, dass die Entrichtung bei Eintritt der Fälligkeit auf Grund einer schuldhaften Pflichtverletzung unterblieben ist, nicht entgegen.

Im gegenständlichen Fall waren jedoch die hier in Rede stehenden Abgaben erst im Zeitpunkt der "Vereinbarung" mit dem Finanzamt fällig. Wird aber zeitgerecht im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO (somit vor Ablauf des Fälligkeitstermins) die ratenweise Abdeckung des Abgabenrückstandes beantragt, und diesem Antrag stattgegeben, ist der Geschäftsführer nur verhalten, die gemäß dem Tilgungsplan fällig werdenden Ratenzahlungen zu leisten. Kommt er dieser Verpflichtung nach, kann er nicht für Abgaben zur Haftung herangezogen werden, die nur deshalb unberichtigt geblieben sind, weil die Gesellschaft während aufrechter Zahlungserleichterung in Konkurs gegangen ist, und aus diesem Grund keine weiteren Teilzahlungen zur Abdeckung der restlichen, von der Zahlungserleichterung umfassten Abgabenschulden mehr erfolgen konnten. Ein allfälliges Verschulden am Eintritt der Insolvenz ist für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung (Ritz, BAO³, § 9 Tz 10 mit Hinweis auf und ). Da auch die Lohnsteuer 07/2003 von der Zahlungserleichterung umfasst war, kann eine Haftungsinanspruchnahme auch für diese Abgabe nicht mehr aufrechterhalten werden.

Eine ähnliche Betrachtung gilt auch hinsichtlich der Haftung für die oben genannten, im Erstbescheid enthalten gewesenen Lohnabgaben für das Jahr 2000 (die durch die erwähnten Umbuchungen von Einkommensteuerguthaben des Berufungswerbers abgedeckt worden sind und daher grundsätzlich für eine Haftungsinanspruchnahme noch in Betracht kämen). Zunächst ist festzustellen, dass gegen den diese Abgaben vorschreibenden, im Anschluss an eine Lohnsteuerprüfung ergangenen Haftungs- und Abgabenbescheid vom fristgerecht Berufung erhoben und die Aussetzung der Einhebung der Nachforderungen beantragt worden war. Das Finanzamt bewilligte auch die Aussetzung der Einhebung. Das Berufungsverfahren wurde erst nach Konkurseröffnung beendet, und auch der Ablauf der Aussetzung der Einhebung nach diesem Zeitpunkt verfügt. Die Berufung war vom Finanzamt nicht als wenig erfolgversprechend qualifiziert worden (in diesem Fall hätte der Aussetzungsantrag gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO abgewiesen werden müssen), der Zahlungsaufschub wurde daher zu Recht in Anspruch genommen. In einem solchen Fall kann dem Berufungswerber aber allein aus der rechtmäßigen Inanspruchnahme eines derartigen Zahlungsaufschubes, der dann erst nach Konkurseröffnung geendet hat, noch keine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinn des § 9 BAO zur Last gelegt werden. Dies würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass zur Vermeidung allfälliger Haftungsfolgen nie die Aussetzung der Einhebung berufungsverfangener Abgaben beantragt werden dürfte.

Allerdings ist bei Selbstbemessungsabgaben maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden (vgl. Ritz, BAO³, § 9 Tz 10 und die dort zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes). In einem solchen Fall ist daher zu prüfen, aus welchen Gründen der potenziell Haftungspflichtige die Lohnabgaben nicht im vollen Umfang offen gelegt und gesetzmäßig entrichtet hatte, das heißt, ob allenfalls darin eine schuldhafte Pflichtverletzung zu erblicken ist. Davon kann im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden. Wie dem Prüfbericht vom zu entnehmen ist, sind die Nachforderungen zum einen darauf zurückzuführen, dass bei der Berechnung eines Sachbezuges für die private Nutzung eines Firmen-Pkw durch einen Arbeitnehmer "irrtümlich von falschen Anschaffungskosten ausgegangen" wurde, und zum anderen der Sachbezug für den vom Berufungswerber benutzten PKW anstelle mit 1,5 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Fahrzeuges mit nur 0,75 % angesetzt wurde, obwohl kein Nachweis (in Form eines Fahrtenbuches) dafür erbracht worden war, dass die monatlichen Privatfahrten unter 500 Kilometer lagen (vgl. dazu ).

Für eine Haftungsinanspruchnahme verbleibt daher im gegenständlichen Fall nur mehr die Lohnsteuer 11/2003. Hinsichtlich der übrigen zum fällig gewesenen Abgaben wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes glaubhaft gemacht worden war.

Zur Lohnsteuer 11/2003 wurde bereits im Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates ausgeführt, dass die Nichtentrichtung dieser Abgabe im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG nicht mit dem Fehlen der erforderlichen Mittel gerechtfertigt werden kann. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, darf der Geschäftsführer gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann. Darauf, dass das Finanzamt bei "ordnungsgemäßer" - fiktiver - Reduktion der Löhne auch nicht "die volle Lohnsteuer" erhalten hätte, kommt es dabei nicht an (). Wird dagegen die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (z.B. ).

Die Löhne wurden laut Feststellung bei der anlässlich der Konkurseröffnung durchgeführten Lohnsteuerprüfung bis ausbezahlt. Gründe, warum die Lohnsteuer von den ausbezahlten Löhnen nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wurde bzw. warum beim Fehlen ausreichender Mittel nicht ein entsprechend niedrigerer Betrag an Löhnen zur Auszahlung kam, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden konnte, wurden nicht vorgebracht. Hinsichtlich der Lohnsteuer 11/2003 wurde auch keine Zahlungserleichterung mehr beantragt bzw. bewilligt. Es ist auch nicht möglich, die vom Berufungswerber aufgezeigte Besserbehandlung des Finanzamtes bei der Haftung für diese Lohnsteuer "in Anrechnung" zu bringen, da dies im Ergebnis auf eine Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes auch bei der Lohnsteuer hinauslaufen würde. Insgesamt gesehen war daher hinsichtlich der Lohnsteuer 11/2003 vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO auszugehen. In diesem Fall spricht nach der ständigen Rechtsprechung eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung ( mit Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049). Es wurden keine Gründe vorgebracht, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden; solche sind auch nicht aktenkundig. Die lapidare Behauptung in der Berufung, dass weder eine Pflichtverletzung noch eine Kausalität zwischen einer allfälligen Pflichtverletzung und der Uneinbringlichkeit der Abgaben vorlägen, genügt dazu nicht.

Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. In diesem Zusammenhang wurde in der Stellungnahme vom vorgebracht, dass der Berufungswerber für drei Kinder unterhaltspflichtig sei, und ihn Haftungen aus der Insolvenz treffen würden, etwa gegenüber der Allgemeinen Sparkasse aus einem vollstreckbaren Urteil wegen 150.000,00 € zuzüglich Zinsen und Kosten. Mit diesem Vorbringen allein wurde aber nicht dargelegt, dass die verbliebene Haftungsschuld von 16.664,06 € beim Berufungswerber zur Gänze und auf Dauer uneinbringlich wäre. Wie bereits oben ausgeführt, sind die vom persönlichen Abgabenkonto des Berufungswerbers umgebuchten Guthaben aus Veranlagungen zur Einkommensteuer zur teilweisen Abdeckung der Haftungsschuld zu verwenden. Abgesehen davon darf die Haftung keineswegs etwa nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden (; ). Die Geltendmachung der Haftung könnte selbst dann zweckmäßig sein, wenn die Haftungsschuld im Zeitpunkt der Geltendmachung uneinbringlich ist, da dies nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (; , 2006/14/0044). Der Berufungswerber ist 44 Jahre alt (geb. ) und damit noch geraume Zeit erwerbsfähig. Insgesamt gesehen war die Haftungsinanspruchnahme daher zweckmäßig. Ein Teil der Haftungsschuld kann wie bereits erwähnt mit den erwähnten Einkommensteuerguthaben abgedeckt werden. Billigkeitsgründe, welche die angeführten Zweckmäßigkeitsgründe überwiegen würden, und eine Abstandnahme von der Geltendmachung der Haftung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Uneinbringlichkeit
Umfang der Haftungspflicht
Zahlungen des Haftungsschuldners
Zahlungserleichterung
Aussetzung der Einhebung
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2009, 117

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at