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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 18.02.2008, RV/0522-I/06

Vorliegen eines einheitlichen Gebäudes


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Miterledigte GZ:
RV/0523-I/06

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0156 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0522-I/06-RS1
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Frage, ob ein einheiltiches Gebäude oder mehrere Gebäude vorliegen, nach bautechnischen Kriterien zu lösen. Maßgebend ist, ob die Gebäude unmittelbar aneinander grenzend angebaut bzw ineinander integriert bzw aufeinander errichtet sind oder mit entsprechendem räumlichen Abstand voneinander ().

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Baldauf und Eberle Wirtschaftstreuhandgesellschaft OEG, Steuerberatungskanzlei, 6600 Reutte, Claudiastraße 7, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Einkommensteuer 2000 sowie Anspruchszinsen entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber ist praktischer Arzt. Mit Kaufvertrag vom veräußerte er eine Liegenschaft samt den darauf errichteten baulichen Anlagen, wobei der Kaufpreis laut Kaufvertrag einerseits auf Garten und Wohnung, andererseits auf Ordination und Büroräumlichkeiten sowie auf mitübernommenes Inventar aufgeteilt wurde.

Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung, die Jahre 2000 bis 2004 umfassend, wurde hiezu unter Tz 1 folgende Feststellung getroffen:

"Im Jahre 2000 wurde das Privathaus und die Ordination verkauft. Dieser Vorgang war bisher in keiner Weise aufgezeigt und gewürdigt worden.

Die BP ermittelt anhand des Kaufpreises - (Kaufvertrag) einen Entnahmewert. Der Kaufpreis wurde auf die verschiedenen Gebäude sowie auf die Einrichtung aufgeteilt. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um zwei getrennte Gebäude.

Das Wohnhaus wurde 1940 errichtet, die Ordination lt. Bewertung in den 60iger Jahren bzw ein weiterer Zubau 1981.

Schon aufgrund des zeitlichen Abstandes kann davon ausgegangen werden, dass die Bauweise völlig unterschiedlich erfolgt ist und auch die äußerlich erkennbare Optik der beiden Gebäude eine völlig andere ist. Sie sind nicht mit den Mauern aneinander gebaut, sondern nur durch einen Durchgang (Gartenbereich) verbunden. Die Ordination hat einen eigenen Eingang auf der gegenüberliegenden Seite. Das Wohnhaus ist ein normales Einfamilienhaus mit Fensterläden und Obergeschoss. Die Ordination wurde als Bungalow errichtet und hat nur ein Parterre und keine Fensterläden. Auch die Ausführung der Fassade und des Daches ist eine völlig verschiedene.

Die BP vertritt daher die Auffassung, dass es aufgrund dieser Betrachtungen um zwei getrennte Gebäude handelt, weshalb die 20 % Grenze bei der Entnahme nicht zu beachten ist."

In weiterer Folge wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2000 mit Bescheid vom wiederaufgenommen und der Einkommensteuerbescheid unter Berücksichtigung eines anteiligen Entnahmegewinnes entsprechend abgeändert.

Gegen diesen Bescheid wurde seitens der steuerlichen Vertretung Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben im wesentlichen mit der Begründung, dass es sich im streitgegenständlichen Fall um ein einheitliches Gebäude und nicht um zwei getrennte Gebäude handle.

Die Berufung wurde vom Finanzamt dem Unabhängigen Finanzsenat direkt zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im streitgegenständlichen Fall wurde im Jahr 1940 ein zweigeschossiges, unterkellertes Wohnhaus mit Satteldach und in weiterer Folge im Jahr 1957 ein Zubau (streitgegenständliche Ordination) mit Pultdach errichtet, welcher im Jahr 1980 um ca. 20 m² erweitert wurde. Dabei wurde dieser Zubau nicht unmittelbar an das besehende Wohnhaus angebaut, sondern in einem Abstand von ca. einem Meter errichtet.

Die Frage, ob ein einheitliches Gebäude oder mehrere selbständige Gebäude vorliegen, ist nicht nach Gesichtspunkten der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit, sondern nach bautechnischen Kriterien zu lösen (, , 93/15/0161). Eines der bautechnischen Kriterien ist der Umstand, ob Bauwerke unmittelbar aneinandergrenzend angebaut, ineinander integriert bzw. aufeinander errichtet sind, oder mit entsprechendem räumlichem Abstand voneinander.

Hiezu ist anzumerken, dass in der Gegenäußerung der steuerlichen Vertretung zu den Prüfungsfeststellungen (Schreiben vom ) eingeräumt wird, dass die beiden Bauwerke lediglich durch eine ca. 1 Meter breite Mauer verbunden sind. Unbestritten blieb auch die Feststellung in TZ 1 des BP-Berichtes hiezu, wonach die Gebäude nicht mit den Mauern aneinander gebaut, sondern nur durch einen Durchgang zum Gartenbereich verbunden sind.

Die zwischen den beiden Gebäuden Wohnhaus und Ordination errichtete Verbindungsmauer von ca. einem Meter ist also durch einen Durchgang zum Gartenbereich durchbrochen.

Insoweit steht aber zweifelsfrei fest, dass die beiden Gebäude, wenn auch mit geringen, aber doch mit entsprechendem räumlichem Abstand (ca. 1 Meter) voneinander errichtet sind und sohin ein wesentliches bautechnisches Kriterium gegeben ist, welches das Vorliegen zweier gesonderter, eigenständiger Gebäude indiziert.

Als weiteres bautechnisches Kriterium, gilt der Umstand, ob die Bauwerke über gesonderte Eingänge verfügen. Hiezu wird auf die ebenfalls unwidersprochen gebliebene Feststellung im Bericht über die Außenprüfung verwiesen, wonach die Ordination über einen eigenen Eingang verfügt.

Ergänzend wird hiezu angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 1568/65, ausgesprochen hat, dass ein Wohnhaus und ein Werkstättengebäude, die baulich unterschiedlich gestaltet sind, selbst dann nicht notwendigerweise eine bauliche Einheit bilden, wenn sie aneinander stoßen und das Wohngebäude nur durch einen im Werkstättengebäude liegenden Vorraum betreten werden kann.

Der Berufungswerber setzt der Würdigung des Finanzamtes, wonach im streitgegenständlichen Fall kein einheitliches, sondern mehrere selbständige Gebäude vorliegen, entgegen, dass diese

  • weder auf separaten Bauparzellen errichtet worden seien,

  • noch in gesondertem Eigentum gestanden seien, und auch

  • nicht getrennt voneinander an die Versorgungssysteme (Kanal, Wasser, Strom, Telekommunikation) angeschlossen seien,

weshalb auch ein gesonderter Verkauf durch den Berufungswerber ausgeschlossen gewesen wäre, weil hiezu weder eine Teilungsbewilligung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz erteilt worden, noch der Verkauf an verschieden Käufer baurechtlich konform zu lösen gewesen wäre.

Diese Argumente sind aber nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates der Beurteilung, wonach es sich bei den beiden Baukörpern um zwei verschiedene Bauwerke und nicht um ein einheitliches Gebäude handelt, nicht abträglich, da es sich jedenfalls bei den beiden ersten Argumenten um keine solche handelt, die bautechnische Kriterien im eigentlichen Sinn zum Gegenstand haben, auch wenn der Verwaltungsgerichtshof diese Umstände (Bauwerke auf dem selben oder verschiedenen Grundstücken mit identen oder verschiedenen Eigentümern) als weitere wesentliche Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob ein einheitliches Gebäude oder mehrere selbständige Gebäude vorliegen, genannt hat (). Hiebei ist aber darauf Bedacht zu nehmen, dass diese Kriterien vom Verwaltungsgerichtshof insbesondere bei der Beurteilung der Frage, ob räumlich unmittelbar aneinander gebaute Baukörper auf verschiedenen Grundstücken (Grundbuchskörpern) und mit unterschiedlichen Eigentümern als einheitliches Gebäude oder mehrere selbständige Gebäude zu beurteilen sind, herangezogen wurden ().

Wenngleich der Umstand, dass die beiden Baukörper nicht getrennt voneinander an die Versorgungssystem angeschlossen sind (vgl. letzteres Argument) grundsätzlich ein bautechnisches Kriterium darstellt, dass für ein einheitliches Gebäude typisch ist, so ist dieser Tatsache kein solches Gewicht beizumessen, dass eine Beurteilung der beiden Baukörper als ein einheitliches Gebäude rechtfertigen würde, zumal sich die beiden Baukörper auch nach dem äußeren Erscheinungsbild nach dem im Verwaltungsakt erliegenden Photografien gänzlich unterscheiden. Während nämlich das eingeschossige Wohnhaus (unterkellert) mit einem Satteldach versehen ist, wurde das Ordinationsgebäude (ohne Unterkellerung) mit einem Pultdach errichtet.

Aufgrund der vorliegenden Umstände gelangte der Unabhängige Finanzsenat sohin zur Auffassung, dass die vorliegenden Bauwerke als zwei selbständige Gebäude zu beurteilen sind, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Hinsichtlich des Anspruchszinsenbescheides wird darauf hingewiesen, dass dieser an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden ist (Ritz, SWK 2001, S. 27 ff) und Zinsenbescheide daher nicht mit der Begründung anfechtbar sind, der zu Grunde liegende Stammabgabenbescheid sei rechtswidrig. Erweist sich nachträglich die Rechtswidrigkeit der maßgebenden (Nachforderungszinsen bedingenden) Abgabenfestsetzung, so egalisiert ein zu erlassender Gutschriftszinsenbescheid die Belastung mit Nachforderungszinsen (vgl. auch Erl. zu Art 27 Z 8 der 311 BglNR 21. GP). Die Berufung gegen den Bescheid betreffend die Festsetzung von Anspruchszinsen war daher ebenfalls abzuweisen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
einheitliches
Gebäude
bautechnisch
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at