Nachträgliche Herabsetzung des Pachtentgeltes bei Bestandvertrag.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1812-W/03-RS1 | Sind der Urkunde Umstände, die für die Gebührenbemessung bedeutsam sind, nicht deutlich zu entnehmen, so ist gemäß §17 Abs.2 GebG 1957 der Partei Gelegenheit zur Erbringung eines Gegenbeweises zu geben. |
RV/1812-W/03-RS2 | Einschränkende Nachträge können, wenn die Gebührenpflicht für den ursprünglichen Vertrag bereits entstanden war, im Sinne des §17 Abs.5 GebG 1957 keine Berücksichtigung finden. |
RV/1812-W/03-RS3 | Zusätze oder Nachträge sind nur im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.
Eine nachträgliche Änderung des Rechtsgeschäftes ändert jedoch nichts mehr an der für das ursprüngliche Rechtsgeschäft bereits entstandenen Gebührenschuld. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A., -, gegen den Bescheid des Finanzamtes A. vom , St.Nr.x, betreffend Rechtsgebühr entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die Gebühr wird gemäß §33 TP5 Abs.1 Z1 GebG 1957 mir Euro 11.713,98 (1% von Euro 1,171.397,72) festgesetzt.
Die Festsetzung erfolgt endgültig gemäß § 200 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO).
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am / schlossen der Berufungswerber (Bw) als Pächter und "X-AG" als Verpächter einen Pachtvertrag über "eine im 2. OG des X gelegene Pachtfläche im Ausmaß von rund 375 m² laut Plan (Beilage./1)" ab.
Pachtbeginn war der . Der Pachtzins wurde mit monatlich 10% vom Nettoumsatz, mindestens jedoch ATS 500,-/m² im ersten, zweiten und dritten Pachtjahr und ab dem vierten Pachtjahr ATS 550,-/m² festgesetzt.
Weiters wurden 5% Wertsicherung und Nebenkosten in Höhe von ATS 65,- pro m² bedungen, sowie ein Werbekostenbeitrag in Höhe von 2% vom monatlichen Nettoumsatz.
Mit vorläufigem Bescheid vom wurde die Gebühr gemäß §33 TP5 Abs.1 Z1 GebG 1957 mit 1% von einer Bemessungsgrundlage von Schilling 15,295.800,00 mit gerundet Schilling 152.958,00 (entspricht Euro 11.115,89) festgesetzt. Der endgültige Bescheid sollte nach Bekanntgabe des tatsächlichen umsatzabhängigen Pachtentgeltes ergehen.
Mit Schreiben vom gab der Steuerberater im Namen des Bw - unter Vorlage diverser Unterlagen - bekannt, dass sich die zu zahlenden Pachtzinse, Betriebskosten und Werbekostenbeiträge auf Grund mehrerer Vereinbarungen nicht unbeträchtlich vermindert hätten und ersuchte, den vorläufigen Bescheid vom entsprechend zu berichtigen.
Unter anderem wurde eine Vertragsergänzung vom zum Pachtvertrag vom / vorgelegt, welche nicht nur eine Reduzierung des Pachtentgeltes und eine Verkürzung der Pachtdauer sondern auch eine Vergrößerung der Pachtfläche um rund 92,27 m² enthielt.
Mit endgültigem Bescheid vom wurde die Bemessungsgrundlage auf Schilling 16,799.837,44 (entspricht Euro 1.220.891,80) erhöht und die Gebühr mit Euro 12.208,89 festgesetzt, was eine Nachforderung von Euro 1.093,00 ergab.
Die Berechnung wurde folgendermaßen vorgenommen:
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Berechnung der endgültigen Gebühr für 370
m²
| ||
Miete für 58 Monate | Euro 974.455,04 | Mindestmiete laut Vertrag |
Betriebskosten für 60 Monate | Euro 130.729,20 | lt. Angaben |
Werbekosten für 60 Monate | Euro 35.792,40 | Lt. Angaben |
Gesamt | Euro 1,140.976,64 | = ATS 15,700.180,86 |
+ Berechnung für | Erf.Nr. 384.038/2001 für 92,27 m² | |
Miete für 35 Monate | Euro 61.045,32 | Inkl. USt lt. Angaben |
Betriebskosten für 35 Monaten | Euro 18.869,84 | Inkl. USt lt. Angaben |
Gesamt | Euro 79.915,16 | = ATS 1,099.656,58 |
Erf.Nr. 302.875/2000 und 384.038/2001
zusammen | ATS 16,799.837,44 |
Fristgerecht wurde mit folgender Begründung Berufung eingebracht:
"Begründung:
Pachtzins
In der Vertragsergänzung vom , angezeigt am wurde im Pkt. III. der Pachtzins auf ATS 250,-- pro m2 reduziert. Weiters wurde im Punkt IV. das Pachtverhältnis auf beschränkt. Es wird daher ersucht die Bemessungsgrundlage für den Pachtanteil wie dargestellt mit € 478.796,84 anzusetzen.
Betriebskosten
In der beiliegenden Aufstellung wurden die tatsächlich angefallenen Betriebskosten bis Dezember 2002 und die voraussichtlichen Betriebskosten bis zum Ende des Pachtvertrages Februar 2004 aufgelistet. Es wird ersucht die Bemessungsgrundlage für den Betriebskostenanteil wie dargestellt mit € 112.391,38 anzusetzen.
Werbekosten
Auf Grund der Anrechnung der Eigenwerbung auf den Werbekostenbeitrag gemäß Pkt 3.8 des Pachtvertrages ist es lediglich im Jahr 2000 in Höhe von ATS 12.876,10 und im Jahr 2001 in Höhe von ATS 50.918,68 zur Zahlung eines Werbekostenbeitrages gekommen. Im Jahr 2002 wurde kein Beitrag geleistet. Auch für die Restdauer des Pachtvertrages wird mit keinem Werbekostenbeitrag mehr gerechnet. Ich ersuche daher die Bemessungsgrundlage für den Werbekostenanteil mit € 4.636,14 anzusetzen.
Zusammen mit der Erf.Nr. 384.038/2001 ergibt sich somit eine Bemessungsgrundlage von € 675.739,52."
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab:
"Gem. § 17 (1) GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.
Gem. § 17 (5) GebG heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf.
In dieser Vorschrift kommt der Grundsatz zum Ausdruck, dass die einmal entstandene Gebührenpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann (VwGH v. 2. und v. , 3. 1992, ZI. 91/15/0109, v. , ZI. 92/16/0160, Zlen. 2001/16/0490, 0516). Es ist unmaßgeblich, ob das beurkundete Rechtsgeschäft in weiterer Folge aufrechterhalten und ob oder wie es ausgeführt wird ( ZI. 89/15/0140, v. , ZI. 90/15/0101, v. , ZI. 91/15/0140, v. , ZI. 92/16/0159, v. , Zlen. 94/16/0045, 0104, und v. , ZI. 2001/16/0606). Die in der Berufung eingewendete Reduzierung des Pachtzinses und der Laufzeit des Pachtvertrages hat auf die entstandene Gebührenschuld keinen Einfluss. Eine Berücksichtigung der tatsächlichen Zahlungen kommt daher nicht in Betracht. Die Anrechnung der Eigenwerbung auf den Werbekostenbeitrag lässt die bertraglich vereinbarte Verpflichtung unberührt. Sie ist sohin nicht zu berücksichtigen."
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde nochmals auf die Ausführungen in der Berufungsschrift vom verwiesen, wonach insbesondere im Bescheid vom für den Werbekostenbeitrag eine Bemessungsgrundlage von Euro 35.792,40 (ds ATS 492.514,16) angesetzt worden sei. Tatsächlich seien jedoch nur ATS 63.794,78 an Werbekostenbeiträgen bezahlt worden, da entsprechend dem Bestandvertrag ein Beitrag vom Umsatz zu bezahlen sei, wenn nicht Eigenwerbung in geeigneter Höhe nachgewiesen werde (Punkt 3.8 des Bestandvertrages).
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß §33 TP5 Abs.1 Z1 GebG 1957 (GebG) beträgt die Gebühr für Bestandverträge (§§1090ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, 1 v.H. nach dem Wert.
Eine Vergebührung nach dem III. Abschnitt (Gebühren für Rechtsgeschäfte) des GebG setzt voraus, dass ein gültig zustande gekommenes Rechtsgeschäft vorliegt und darüber eine Urkunde errichtet wurde (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 38 zu § 15, samt Judikaturhinweisen).
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass mit dem gegenständlichen Pachtvertrag dem Bw. gegen Entgelt Nutzungsrechte an einer näher umschriebenen, unverbrauchbaren Sache für einen bestimmten Zeitraum eingeräumt worden sind und darüber eine Urkunde errichtet wurde. Damit ist grundsätzlich der Tatbestand des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG verwirklicht worden.
Gemäß §16 Abs.1 Z1 lit. a GebG entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.
Gemäß § 17 Abs.1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Gemäß § 17 Abs. 2 GebG wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Aus den Bestimmungen des §17 Abs.1 und 2 GebG folgt, dass ein zustande gekommenes Rechtsgeschäft bei eindeutigem Urkundeninhaltdiesem Urkundeninhalt entsprechend zur Gebührenbemessung heranzuziehen ist. Im Abs.1 des §17 GebG ist damit als Prinzip - Urkundenprinzip - festgelegt, dass für die Beurteilung der Gebührenschuld der schriftlich festgelegte Inhalt der Urkunde maßgebend ist. Der Abs.2 des §17 GebG sieht jedoch als Milderung des im Abs.1 verankerten Urkundenprinzips eine widerlegbare gesetzliche Vermutung derart vor, dass die Beweislast den Abgabenpflichtigen trifft (vgl. hiezu Fellner, Stempel und Rechtsgebühren, 10. Auflage, zu § 17 GebG).
Voraussetzung für die Anwendung des §17 Abs.2 GebG ist, dass der Urkundeninhalt nicht deutlich ist. Die Rechtsvermutung des §17 Abs.2 GebG kommt also nur bei unklaren Textierungen des Urkundeninhaltes bzw. dessen Undeutlichkeit oder Mehrdeutigkeit in Betracht (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I zu §17 GebG samt Judikaturhinweisen).
In §17 Abs.5 GebG ist angeordnet, dass die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht aufheben (, , 89/15/0140).
Hinsichtlich der Höhe des Pachtzinses ist laut Urkundeninhalt ein Mindestbetrag für das erste, zweite und dritte sowie ab dem vierten Pachtjahr eindeutig bestimmt, und kommt insofern Abs.5 des §17 GebG zur Anwendung, wonach eine nachträgliche Abänderung an der entstandenen Gebührenschuld nichts zu ändern vermag. Das gleiche gilt hinsichtlich der Vertragsdauer. In diesem Sinne war der Pachtvertrag vom 22.10./ seinem Vertragsinhalt entsprechend zu bemessen.
Hinsichtlich der Höhe der Betriebskosten sowie des Werbekostenbeitrages ergeben sich im Lichte der Berufungsausführungen Unschärfen, die nach Meinung der Berufungsbehörde als Undeutlichkeiten iSd. §17 Abs.2 GebG einen Gegenbeweis nach der zitierten Norm zulässig machen.
Sind der Urkunde Umstände, die für die Gebührenbemessung bedeutsam sind, nicht deutlich zu entnehmen, so ist gemäß §17 Abs.2 GebG 1957 der Partei Gelegenheit zur Erbringung eines Gegenbeweises zu geben.
Auf Grund der im Berufungsverfahren dargelegten Umstände sowie der vorgelegten Unterlagen ergibt sich somit folgende Berechnung:
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Berechnung der endgültigen Gebühr für 370
m²
| ||
Miete für 58 Monate | Euro 974.455,04 | Mindestmiete laut Vertrag |
Betriebskosten | Euro 112.391,38 | lt. Berufung |
Werbekosten | Euro 4.636,14 | lt. Berufung |
Gesamt | Euro 1,091.482,56 | = ATS 15.019.127,47 |
+ Berechnung für | Erf.Nr. 384.038/2001 für 92,27 m² | |
Miete für 35 Monate | Euro 61.045,32 | Inkl. USt lt. Angaben |
Betriebskosten für 35 Monaten | Euro 18.869,84 | Inkl. USt lt. Angaben |
Gesamt | Euro 79.915,16 | = ATS 1,099.656,58 |
Erf.Nr. 302.875/2000 und 384.038/2001 zusammen Euro
1,171.397,72 | ATS 16.118.784,05 | |
Euro 1,171.397,72 x 1% = Euro 11.713,97 | ATS 161.187,84 |
§21 GebG bestimmt, dass, werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, dieser Zusatz oder Nachtrag im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig ist.
Diese Bestimmung soll bewirken, dass nachträgliche Änderungen nur im Unfang dieser Änderung oder Ergänzung und nicht zur Gänze neuerlich der Gebühr unterzogen werden.
Eine nachträgliche Änderung des Rechtsgeschäftes ändert aber nichts mehr an der für das ursprüngliche Rechtsgeschäft bereits entstandenen Gebührenschuld (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I zu §21 GebG samt Judikaturhinweisen).
Die Vertragsergänzung vom ist daher lediglich im Ausmaß der erfolgten Erweiterung der Gebühr zu unterziehen.
Dem Berufungsbegehren war daher im obigen Sinne teilweise zu entsprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 17 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Pachtvertrag Gebührenschuld Nachtrag Herabsetzung der Gegenleistung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at