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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.01.2009, RV/2913-W/08

Wiederaufnahmeantrag

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Stingl-Top Audit GmbH StbG&Co KG, Rechtsanwaltskanzlei, 1100 Wien, Laxenburger Straße 83, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Zurückweisung der Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs 4 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 1989 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass mit ein gem. § 295 Abs. 1 BAO abgeänderter Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 1989 erging.

Mit Anbringen vom , eingelangt am , beantragte der Bw. die Wiederaufnahme des gem. § 295 abgeänderten Einkommensteuerbescheides 1989. Zur Begründung führte er an, es sei mit Bescheid vom festgestellt worden, dass der dem Einkommensteuerbescheid 1989 zugrunde liegende Bescheid bezüglich der Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO der "X.AGRNFderB.BeteiligungsGmbHundMitges." vom mangels gültigem Bescheidadressaten der Bescheidcharakter fehle und dieser somit keine normative Kraft entfalten könne. Es handle sich um einen Nichtbescheid (). Die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid stelle eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar und sei als tauglicher Wiederaufnahmegrund zu qualifizieren.

Den Wiederaufnahmewerber treffe kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes. Diese Rechtsansicht werde durch eine Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom , welche dem Antrag beigelegt wurde, geteilt.

Weiters wies der Bw. darauf hin, dass die Wiederaufnahme des rechtskräftigen Verfahrens (auf Basis der Feststellungen einer Betriebsprüfung) zu einem abgeänderten Einkommensteuerbescheid 1989 führe.

Der Bw. wies selbst darauf hin, dass der strittige Feststellungsbescheid vom zuerst mit Berufung und dann am mittels Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft worden sei. Diese Beschwerde sei mit Beschluss vom zurückgewiesen worden ( 200211310224). Daraufhin habe das Finanzamt Wien 6/7/15 mit einen Bescheid erlassen, mit dem es die diesbezügliche Berufung vom mangels gültigem Bescheidadressaten als unzulässig zurückgewiesen habe.

Die vorgenommene Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1989 gem. § 295 BAO sei somit auf Basis eines Nichtbescheides erfolgt und entspreche damit nicht den gesetzlichen Erfordernissen.

Das Finanzamt wies den Wiederaufnahmeantrag mit dem angefochtenen Bescheid vom zurück und begründete dies ausschließlich damit, dass der Antrag nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Der Antrag sei erst nach Ablauf der 5-Jahresfrist gem. § 304 lit. b BAO eingebracht worden. Der letzte Einkommensteuerbescheid 1989 sei mit ergangen. Der Antrag hätte somit binnen einer Frist von fünf Jahren erfolgen müssen.

In der Berufung vom bestritt der Bw. den Eintritt der Verjährung hinsichtlich der Einkommensteuer für 1989.

Er stützte sich darauf, am sei eine einheitliche und gesonderte Feststellungserklärung der Mitunternehmerschaft abgegeben worden, über die am erklärungsgemäß abgesprochen worden wäre.

Nach Durchführung einer Wiederaufnahme des Verfahrens sei dieser Bescheid durch den - schon oben beschriebenen - Feststellungsbescheid vom ersetzt worden, zu dem nun mit Bescheid vom (Zurückweisung) festgestellt worden wäre, dass er nichtig gewesen sei. Grund für die nichtigen Bescheide seien Fehler in der Adressierung gewesen. Insbesondere seien in dem einheitlich und gesonderten Feststellungsbescheid bereits verstorbenen Personen angeführt worden. Diesbezüglich sei zu beachten, dass auch in dem (Erst)Bescheid vom bereits verstorbene Personen angeführt worden seien. Somit sei auch dieser Bescheid als Nichtbescheid zu qualifizieren, womit über die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte vom bis zum heutigen Tag nicht bescheidmäßig abgesprochen worden sei. Damit sei gem. § 209a Abs. 2 BAO Verjährung für 1989 noch nicht eingetreten, weil die Einkommensteuerveranlagung mittelbar von der Erledigung der einheitlich und gesonderten Feststellung-Erklärung abhängig wäre (Ritz, BAO, Tz 7 zu § 209a).

Überdies müsse die Behörde auf Grund der Zurückweisungsbescheide gem. § 295 BAO neue abgeleitete Bescheide erlassen, da sie den abgeleiteten Bescheid rechtswidrig auf Grund eines Nichtbescheides neu erlassen habe. Zwingendes Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens wäre somit die Neufassung abgeleiteter Einkommensteuerbescheide für 1989. daher sei auch wegen mittelbarer Abhängigkeit des Verfahrens von Erledigung einer Berufung in Anwendung des § 209a BAO keine Verjährung eingetreten.

Lange Verfahrensdauern dürften nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen gehen, vor allem dann nicht, wenn diese die Finanzverwaltung auf Fehler (Erlassung von Nichtbescheiden) im Rahmen des Berufungsverfahrens sogar aufmerksam gemacht hätten.

Die Berufung wurde - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - an den Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aus der Berufung des Bw. und dem Akteninhalt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Auf Grund einer Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1989 - 1991 bei der X.AGRNFderB.BeteiligungsGmbHundMitges. erließ das zuständige FA am einen geänderten Grundlagenbescheid für 1989, welcher mittels Berufung vom 17. April bekämpft wurde.

Von diesem Grundlagenbescheid abgeleitet erließ das für die Einkommensteuererhebung des Bw. zuständige FA am einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1989, welcher unstrittig noch im Jahr 1997 ein Monat nach Zustellung in formelle Rechtskraft erwuchs.

In der gegen die den Grundlagenbescheid betreffenden abweisende Berufungsentscheidung vom zu Zl 2002/13/0225 eingebrachten und mit Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesenen VwGH-Beschwerde vom , stellt der Bw. durch seinen ausgewiesenen Vertreter dar, dass der Feststellungsbescheid 1989 (Grundlagenbescheid) vom falsch adressiert gewesen sei.

Wörtlich wird ausgeführt: "Wie oben nachgewiesen, sind die Feststellungsbescheide [...], die infolge der Betriebsprüfung [...] erlassen wurden, nicht rechtswirksam ergangen, da die Voraussetzungen [...] hinsichtlich der korrekten Benennung des Bescheidadressaten nicht erfüllt sind."

Auf Grund des Zurückweisungsbescheides des betreffend die Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung vom , wies das für die Erlassung des Grundlagenbescheides zuständige FA6/7/15 die den Grundlagenbescheid bekämpfende Berufung vom mit Bescheid vom als unzulässig zurück, weil dem bekämpften Schriftstück mangels gültigem Bescheidadressaten kein Bescheidcharakter zukomme.

Aus der oben zitierten Formulierung der VwGH-Beschwerde vom ist eindeutig erkennbar, dass das FA mit der Zurückweisung der Berufung gegen den Grundlagenbescheid vom lediglich einen Mangel bestätigte, der dem Bw. bzw. seinem Vertreter schon spätestens am bekannt und bewusst war.

Ein Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich Einkommensteuer 1989 wurde vom Bw. vor dem streitgegenständlichen Antrag vom nicht gestellt.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag hinsichtlich Einkommensteuer 1989 ist nur zulässig, wenn betreffend dieses Verfahrens nicht bereits Verjährung eingetreten ist.

Gem. § 304 der Bundesabgabenordnung (BAO) ist nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein

a) innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2) von sieben Jahren zulässig wäre, oder

b) vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides

eingebrachter Antrag gem. § 303 Abs. 1 BAO zugrunde liegt.

1) Eintritt der Verjährung

Um die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens und damit des auf diese Maßnahme gerichteten Antrages beurteilen zu können, ist zuerst zu prüfen, ob die Verjährung hinsichtlich der Einkommensteuer für 1989 bereits eingetreten ist.

Nach § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO). Der Abgabenanspruch der veranlagten Einkommensteuer entsteht nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO insbesondere mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 1 BAO schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabepflicht im Lauf eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht.

Bei der veranlagten Einkommensteuer für des Jahres 1989 ist mit Ablauf des Jahres 1999 die absolute Verjährung eingetreten. Am Eintritt der absoluten Verjährung ändert auch der Umstand nichts, dass die absolute Verjährungsfrist erst mit dem Steuerreformgesetz 2005, BGBI. 12004/57 ab von fünfzehn auf zehn Jahre verkürzt wurde, trat doch die absolute Verjährung der Einkommensteuer 1989 selbst nach Maßgabe einer fünfzehnjährigen absoluten Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004 ein.

Zum Vorbringen des Bw., dass nach Maßgabe des § 209a Abs. 2 BAO die Verjährung nicht eingetreten sei, ist entgegenzuhalten:

§ 209 a Abs. 1 und 2 BAO lauten:

"(1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer

Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (( 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde. "

Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen ergibt sich, dass diese den Eintritt der Verjährung nicht verhindern, sondern unter den dort genannten Voraussetzungen eine Abgabenfestsetzung trotz des Eintrittes der Verjährung zulassen. Damit unterliegt der Bw. insoweit einem Irrtum, als er davon ausgeht, dass die Verjährung noch nicht eingetreten sein kann.

Für den gegenständlichen Wiederaufnahmsantrag kommt die Bestimmung des § 209a Abs. 2 BAO nicht zur Anwendung, da dieser nicht vor Eintritt der Verjährung eingebracht wurde. Der Umstand, dass allenfalls die Abgabenfestsetzung noch auf Grund anderer noch nicht erledigter Anträge trotz Eintritt der Verjährung zulässig sein könnte, bedeutet noch nicht, dass die Abgabenfestsetzung auf Grund des gegenständlichen Wiederaufnahmeantrages zulässig sein muss.

Die in einer Einzelerledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom vertretene Rechtsansicht, wonach die Wiederaufnahme auch dann zu bewilligen sei, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines neuerlichen Änderungsbescheides entgegensteht, kann für den Unabhängigen Finanzsenat nicht bindend sein. Nach § 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den unabhängigen Finanzsenat (UFSG) besteht keine Bindung an Weisungen der Mitglieder des unabhängigen Finanzsenates bei Besorgung der ihnen nach den Abgabenvorschriften (§ 3 Abs. 3 BAO) zukommenden Aufgaben. Aus diesem Grunde hat die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfragen anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen.

2) Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 304 lit. a BAO:

Für die Bewilligung der Wiederaufnahme (= Wiederaufnahme auf Antrag) sieht § 304 BAO Ausnahmen von der grundsätzlich maßgebenden Befristung durch die Verjährung vor.

Die Siebenjahresfrist des § 304 lit. a BAO ist unterbrechbar (bzw. ab 2005: verlängerbar) und hemmbar. Die absolute Verjährungsfrist (§ 209 Abs. 3 BAO) begrenzt auch die Frist des § 304 lit. a BAO (vgl. Ritz, BAO3, § 304 Tz. 5 unter Hinweis auf Ellinger ua., BAO3, § 209 Anm. 20 und § 304 Anm. 2).

Für den gegenständlichen Wiederaufnahmsantrag ist ausschlaggebend, dass dieser nicht vor Eintritt der absoluten Verjährung, welche mit eingetreten ist, eingebracht wurde. Aus diesem Grund ist die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund des gegenständlichen Antrages nach § 304 lit. a BAO nicht zulässig.

3) Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 304 lit. b BAO:

Bei der Fünfjahresfrist des § 304 lit. b BAO ist unter Rechtskraft die formelle Rechtskraft zu verstehen (Ritz, ÖStZ 1995, 120; Ellinger ua, BAO3, § 304 Anm. 5).Diese Frist ist vor allembedeutsam, wenn die Frist des § 304 lit. a BAO im Zeitpunkt der Stellung des Wiederaufnahmsantrages bereits abgelaufen ist (somit insbesondere für nach Ablauf der so genannten absoluten Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO gestellte Wiederaufnahmsanträge).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht bestritten, dass die formelle Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides für 1989 vom bereits im Jahr 1997 eingetreten ist. Daraus ergibt sich, dass der nunmehr am eingebrachte Wiederaufnahmsantrag nicht innerhalb der Fünfjahresfrist des § 304 lit. b BAO eingebracht wurde.

Damit ist dem Finanzamt zuzustimmen, wenn aus diesem Grund der gegenständliche Wiederaufnahmsantrag zurückgewiesen wurde.

4) Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 und 2 BAO:

Wäre der Wiederaufnahmeantrag iSd § 209a iVm § 304 BAO als rechtzeitig anzusehen, ist anhand der Kriterien des § 303 Abs. 1 BAO die Rechtmäßigkeit zu prüfen.

Gemäß § 303 Abs. 1b BAO - worauf sich der strittige Antrag in seiner Begründung ausdrücklich und ausschließlich stützt - ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß Abs. 2 leg. cit. binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Die oben zitierte Dreimonatsfrist beginnt mit Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes und nicht erst mit dessen Beweisbarkeit zu laufen und ist nicht verlängerbar (Ritz, BAO3, § 303 Tz 27f unter Verweis auf ). Der Berufungswerber hat sich dabei auch die Kenntnis seines Vertreters zurechnen zu lassen. Er hat gegenüber der Abgabenbehörde nämlich nicht nur seine eigenen Handlungen und Unterlassungen, sondern auch die derjenigen Personen zu vertreten, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient ().

Ein verspätetet geltend gemachter Wiederaufnahmegrund ist zurückzuweisen ().

Im Wiederaufnahmeantrag beruft sich der Berufungswerber ausdrücklich darauf, die Qualifizierung des Grundlagenbescheides sei eine neu hervorgekommeneTatsache.

Dazu hat das Höchstgericht in ständiger Rechtssprechung (vgl. etwa ) ausgesprochen, dass Tatsachen im Sinn des § 303 Abs. 1 lit. b BAO ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände seien, also Elemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften.

Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - gleichgültig, ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden - sind danach keine neuen Tatsachen.

Nur neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel - das sind solche, die schon vor Erlassung des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden haben, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt wurden (nova reperta) - kommen als tauglicher Wiederaufnahmegrund im Sinne des Neuerungstatbestandes in Betracht. Erst nach Erlassung des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides entstandene Tatsachen oder Beweismittel (nova producta) sind daher keine tauglichen Wiederaufnahmegründe.

Die Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache stellt weder eine neue Tatsache ( mwN), noch ein (neu hervorgekommenes) Beweismittel im Sinn des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar, sondern basiert vielmehr selbst auf Tatsachen bzw. Beweismitteln ().

Damit kann zusammenfassend festgestellt werden, dass im Rahmen des Neuerungstatbestandes nicht - wie vom Berufungswerber ins Treffen geführt - die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung vom sondern ausschließlich die Tatsachen und Beweismittel zu beurteilen sind, die zu dieser Entscheidung geführt haben (). Die Entscheidung selbst kann schon deshalb nicht herangezogen werden, da es sich bei ihr um ein nach Erlassung des letztgültigen Einkommensteuerbescheides neu entstandenes Faktum (novum productum) handelt.

Die Tatsache sowie die Gründe der Falschadressierung des Feststellungsbescheides vom wurden vom Berufungswerber jedenfalls im Rahmen seiner VwGH -Beschwerde vom 12. Dezember 2002vorgebracht. Diese Tatsache und die entsprechenden Beweismittel waren dem Berufungswerber daher spätestens an diesem Tag bekannt und bewusst.

Der strittige Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989, datiert mit , wurde damit mehr als fünf Jahre nach der nachweislichen Kenntniserlangung der dafür behaupteten Gründe gestellt, womit dieses Anbringen aus Sicht des Neuerungstatbestandes jedenfalls als verspätet zu beurteilen ist. Der Wiederaufnahmeantrag war daher vom Finanzamt zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Wiederaufnahmeantrag
Verjährung
Rechtsmittelverfahren
Nichtbescheid
Grundlagenbescheid
Einkommensteuer

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at