Haftung für Kapitalertragsteuer betreffend Differenz zwischen linearer und progressiver Ermittlung bei Stückzinsen sowie Depotentnahmen gem § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 370/10 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0162 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Six, Mag. Ralf Artner und Gottfried Haselmayer über die Berufung der A-AG, Adresse, vertreten durch B-GmbH, sowie der der Berufung gemäß § 257 Abs. 1 BAO beigetretenen Partei C, vertreten durch D, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 23. Bezirk, vertreten durch Hofrätin Mag. Anneliese Kolienz, vom betreffend Kapitalertragsteuer für die Monate Juni bis Oktober sowie Dezember 1997, Jänner bis Mai 1998, Juli und August 1999 sowie Mai 2000 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Der Berufung wird hinsichtlich der Monate Juni, Juli, September, Oktober und Dezember 1997 teilweise stattgegeben. Die Kapitalertragsteuer für die die Bw. zur Haftung herangezogen wird, wird wie folgt festgesetzt:
Hinsichtlich des Monates August 1997 wird der Berufung stattgegeben. Die Bw. wird für diesen Monat nicht zur Haftung für Kapitalertragsteuer herangezogen.
Hinsichtlich der Monate Jänner bis Mai 1998, Juli und August 1999 sowie Mai 2000 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Höhe der Kapitalertragsteuer, für die die Bw. zur Haftung herangezogen wird, bleibt unverändert und beträgt:
Entscheidungsgründe
Die A-AG (im folgenden Bw.) ist ein Kreditinstitut und war im berufungsgegenständlichen Zeitraum kuponauszahlende Stelle (§95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988) für sogenannte Nullkuponanleihen (Zerobonds).
Über die gegenständliche Berufung hat der Unabhängige Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , Zl. RV/3942-W/2002 bereits einmal entschieden. Hauptstreitpunkte des Verfahrens waren, ob die Berechnung der Kapitalertragsteuer bei Nullkuponanleihen nach einer linearen oder progressiven finanzmathematischen Methode zu erfolgen hat, die Steuerpflicht von Depotentnahmen sowie die Frage, ob das Finanzamt die Bw. für in diesem Zusammenhang festgestellte Nachforderungen an Kapitalertragsteuer zur Haftung heranziehen durfte. Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wurden von der Bw. und der der Berufung beigetretenen Partei C zunächst Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher die Behandlung der Beschwerden unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , B 1575/03 mit Beschlüssen vom , Zln. B 286/04 und B 1813/03 ablehnte. Der Verwaltungsgerichtshof hob aufgrund einer Sukzessivbeschwerde die Berufungsentscheidung in weiterer Folge aber mit Erkenntnis vom , 2005/13/0073 teilweise wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Somit ist im fortgesetzten Verfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz neuerlich über die Berufung zu entscheiden.
Eine Nullkuponanleihe stellt eine Anleiheform dar, die eine Nominalverzinsung von Null aufweist. Anstatt der jährlichen Zinszahlungen fällt der gesamte Zahlungsstrom, bestehend aus Kapitaltilgung und Zinserträgen, am Ende der Laufzeit an. Die gesamte Verzinsung kommt in der begebenen Anleihe in einem hohen Disagio zum Ausdruck, wobei das Nominale mit einem laufzeitadäquaten Kapitalmarktzins abgezinst wird (Schiestl, Nullkuponanleihen in Österreich, ÖBA 1991, 114).
Wird eine Nullkuponanleihe vor dem Ende der Laufzeit veräußert so werden im Kaufpreis auch anteilige Kapitalerträge abgegolten.
Gemäß § 95 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ist von der kuponauszahlenden Stelle grundsätzlich im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge aber auch bei Zufließen anteiliger Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen. Abs.7 Z 1 leg.cit (idF BGBl I Nr. 65/2008) sieht unter den dort näher angeführten Voraussetzungen vor, dass bei Übernahme eines Wertpapiers zur Verwahrung und Verwaltung von einer kuponauszahlenden Stelle eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer zu erfolgen hat, wenn für die Kapitalerträge ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist.
Durch diese Regelung wird erreicht, dass, soweit ein Wertpapier bei einer kuponauszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet wird, ohne großen Aufwand für die kuponauszahlende Stelle, eine der Dauer des Besitzes des Wertpapiers entsprechende Belastung mit Kapitalertragsteuer auch bei einem Eigentümerwechsel während der Laufzeit des Wertpapiers sichergestellt ist.
Diese Abgrenzungstechnik führt aber auch dazu, dass der Erwerber einer Nullkuponanleihe auch dann eine Gutschrift erhält, wenn anlässlich des Erwerbsvorganges vom Voreigentümer keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde, was etwa regelmäßig beim Erwerb aus dem Ausland gegeben ist.
Um zu gewährleisten, dass jede Gutschriftserteilung auch wiederum zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt, hat der Gesetzgeber in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 besondere Umstände (u.a Beendigung der Steuerpflicht, Entnahme aus dem Depot) angeführt, deren Eintreten ebenfalls zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt.
Die Regelungen betreffend die Gutschriftserteilung in § 95 Abs. 7 und 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 und die Steuerpflicht der Depotentnahme wurden mit BGBl. I Nr. 65/2008 in Reaktion auf das Erkenntnis des geschaffen und im Hinblick auf die bis zum Ergehen des oben zitierten Erkenntnisses von Lehre und Verwaltungspraxis mit der nunmehr geschaffenen Regelung im wesentlichen identen Vorgangsweise der Kreditinstitute und Finanzämter gemäß § 124b Z144 und 145 EStG 1988 rückwirkend mit in Kraft gesetzt.
Im Erkenntnis vom , 2005/13/0075 stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis weder der Bestimmung des § 95 Abs. 6 EStG 1988 eine Gutschrifterteilung entnommen werden könne noch der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 65/2008 ein Kapitalertragsteuerabzug bei einer Depotentnahme.
Da in der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom die Steuerpflicht von Depotentnahmen aufgrund der Rechtslage vor der Novellierung der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 bejaht worden war, hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2005/13/0073 schon deshalb die Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.
Anlass für das gegenständliche und andere Verfahren war, dass im Jahr 2000 vom Finanzamt für den 23. Bezirk im Hinblick auf ungewöhnlich hohe Kapitalertragsteuergutschriften in den Kapitalertragsteueranmeldungen mehrerer Banken Prüfungen gemäß § 151 BAO veranlasst wurden. Dabei stellte sich heraus, dass diese hohen Gutschriften im Zusammenhang mit dem Verkauf von bestimmten Nullkuponanleihen standen.
Die Ursache für diese hohen Gutschriften war auf eine von den Kreditinstituten angewendete vereinfachte Art der Berechnung der Kapitalertragsteuer zurückzuführen, die während bestimmter Phasen der Laufzeit von "hochverzinsten" langfristigen Nullkuponanleihen zwischenzeitig im Vergleich mit einer den wirtschaftlichen Verhältnissen eher entsprechenden progressiven Ermittlung zu unangemessen hohen Gutschriften an Kapitalertragsteuer beim Erwerb dieser Papiere führte.
Diese vereinfachte Art der Berechnung hatte das Bundesministerium für Finanzen mit Erlass vom , GZ. 14 0602/1-IV/14/93, Pkt. 5. (1) bzw. Pkt. 4. 5 (2), im Zusammenhang mit der Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf 22% bei Einlagen bei Banken und Forderungswertpapieren ab gestattet. Sie sah vor, dass im Hinblick auf die Abgrenzung der Zinsen für Zeiträume vor und nach dem für die Ermittlung des Kapitalertragsteuerabzuges einfachheitshalber die Berechnung des monatlichen Kapitalertrages durch eine lineare Verteilung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Ausgabewert und dem Einlösungswert auf die gesamte Laufzeit erfolgen konnte.
Bei kurzen Laufzeiten der Anleihen und kleinen Zinssätzen sind dabei die Unterschiede während der Laufzeit zu einer progressiven Berechnung nur gering.
Bei "hochverzinsten" und langfristigen Nullkuponanleihen führt die lineare Verteilung der Zinsen auf die gesamte Laufzeit in bestimmten Zeiträumen der Laufzeit zu hohen Abweichungen zu einer progressiven Berechnung der einzubehaltenden oder zu erstattenden Kapitalertragsteuer.
Bei Kauf einer Nullkuponanleihe, auf die diese Kriterien zutrafen, hatten die Erwerber aufgrund der Art der Verrechnung, nämlich dass die Bw. sofort die Gutschrift erteilte und in der konkreten Abwicklung des Geschäftes auf einen Teil des ihr zustehenden Kaufpreises verzichtete, nur mehr die (oft geringe) Differenz auf den Kaufpreis aufzuzahlen. Bei einer der Nullkuponanleihen, einer langfristigen Zlotyanleihe (WPK 230 525), führte dies während einer bestimmten Phase der Laufzeit sogar dazu, dass der Erwerber der Anleihe eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer erhielt, die höher war als der Kaufpreis, ohne dass dies auf einen durch wirtschaftliche Gründe bedingten geringen Kurs dieser Anleihe zurückzuführen gewesen wäre. Da die Papiere von den Kreditinstituten im Ausland besorgt wurden, kam es aber andererseits in diesen Fällen zu keinem korrespondierenden Kapitalertragsteuerabzug.
In weiterer Folge wurden von einigen Kunden die erworbenen Wertpapiere regelmäßig kurz nach dem Erwerb körperlich aus den Depots entnommen, wobei bei der Entnahme keine Kapitalertragsteuer den Kunden angelastet wurde. Diese Wertpapiere wurden nach der Depotentnahme teils ins Ausland verbracht und dort steuerfrei verkauft, teils bei anderen österreichischen Kreditinstituten, die die Kapitalertragsteuer bei derartigen Anleihen nach einer progressiven Methode ermittelten, verkauft. Dadurch verblieb die beim Kauf erhaltene Kapitalertragsteuergutschrift bzw. der Differenzbetrag zwischen hoher linear ermittelter KESt-Gutschrift beim Ankauf und niedrigerem KESt-Abzug beim Verkauf dem Kunden als endgültiger Vorteil.
Im Zuge der Prüfung bei der Bw. wurde von der Betriebsprüfung bei folgenden hochverzinsten und langfristigen Nullkuponanleihen die Ermittlung der Kapitalertragsteuer abweichend von der linearen Ermittlung durch die Bw. aufgrund einer kalkulatorischen Berechnungsmethode durchgeführt.
Als Begründung wurde angeführt, dass die vereinfachende Ermittlung gemäß Punkt 5.1. des Erlasses des Z 14 0602/1/1-IV/14/93 nicht anwendbar sei, weil die so ermittelten rechnerischen Zinsen im Ergebnis unverhältnismäßig hoch von den tatsächlichen wirtschaftlichen Zinsen abweichen (zwischen 35% und 94% gegenüber der finanzmathematischen Ermittlung).
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Wertpapierkennnummer | Wertpapierbezeichnung | Laufzeit in Jahren | Kürzung in % rund |
---|---|---|---|
190777 | Europ. Bk.Recon & Dev | 30 | 90 |
190978 | Bank Austria Zero Coupon Medium-Term-Notes | 10 | 47 |
191715 | Europ. Bk. Recon & Dev | 30 | 88 |
193713 | Finisch Export Credit Ltd. Zero Cpn. Notes | 20 | 72 |
193960 | Electricity Supply Comm | 30 | 89 |
19448 | Electricity Supply Comm | 35 | 90 |
196402 | Europ. Bk. Recon & Dev | 20 | 78 |
196405 | Weltbank Zero Coupon Medium-Term-Notes | 31 | 88 |
230525 | Intl Bk Recon & Develop | 30 | 94 |
230808 | Europarat Zero Coupon Medium-Term-Notes | 12 | 56 |
231317 | Weltbank Zero Coupon Medium-Term-Notes | 27 | 83 |
405371 | British Gas Intl Finance | 30 | 63 |
407285 | LKB Baden-Württenberg Finance Zero Cpn. | 20 | 35 |
Weiters wurde festgestellt, dass in einigen Fällen die oben angeführten, von den Kunden erworbenen Wertpapiere aus den Depots entnommen wurden. Hinsichtlich der genauen Zusammensetzung der Beträge (Differenzen zwischen linear- progressiv finanzmathematischer Stückzinsenermittlung, Vorschreibung aufgrund Entnahme aus dem Depot) wird auf die Darstellung in der Niederschrift der Betriebsprüfung vom verwiesen.
Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für den 23. Bezirk die aufgrund der abweichenden finanzmathematischen Berechnung der Erwerbe und Verkäufe und der als steuerpflichtig angesehenen Ausfolgungen von Wertpapieren resultierende Kapitalertragsteuer wie folgt fest und zog die Bw. dafür zur Haftung heran.
Die Bw. erhob Berufung und beantragte die Aufhebung der Haftungs- und Abgabenbescheide und die erklärungsgemäße Festsetzung der Kapitalertragsteuer.
In weiterer Folge trat C mit Schreiben vom gemäß § 257 Abs. 1 BAO der Berufung bei:
Mit Schreiben vom wurde die Berufung von der Bw. hinsichtlich der Monate Jänner 1998, März 1998, April 1998, Juli 1999, August 1999 und Mai 2000 auf den sich aus den dem Schreiben vom angeschlossenen Aufstellungen ergebenden Umfang eingeschränkt. Dazu wurde erläuternd ausgeführt, dass einige Kunden mittlerweile im Vertrauen auf die in den angefochtenen Bescheiden zum Ausdruck kommende nunmehrige Rechtsauffassung der Finanzverwaltung disponiert hätten und mit den auf sie entfallenden Beträgen aus der Berufung herausgenommen werden wollten.
Zur Begründung ihres eingeschränkten Berufungsbegehrens führten die Bw. sowie die der Berufung beigetretene Partei C zusammengefasst folgendes aus:
1. Lineare oder finanzmathematische (progressive) Stückzinsenberechnung
Die maßgebende gesetzliche Vorschrift, anhand der zu beurteilen sei , nach welcher Methode die Kapitalerträge bei Null-Kuponanleihen für Zwecke der Kapitalertragsteuer abzugrenzen sind, sei die Vorschrift des § 93 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, die wiederum an § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 anknüpfe. Nach § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch "Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert eines Wertpapiers und dem im Wertpapier festgelegten Einlösungswert, wenn diese 2% des Wertpapiernominales überstiegen. Im Falle des vorzeitigen Rückkaufes trete an die Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis." Nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 seien "Unterschiedsbeträge gemäß § 27 Abs. 2 Z 2" auch kapitalertragsteuerpflichtig.
Der Wortlaut der erwähnten Vorschriften bringe nicht gerade deutlich zum Ausdruck, nach welcher Formel der Kapitalertrag zu ermitteln sei. Der Umstand, dass der Wortlaut alleine noch nicht zu einem zwingenden Interpretationsergebnis führe, könne aber nicht dazu führen, den Interpretationsvorgang bereits abzubrechen. Vielmehr sei nach systematischen, teleologischen und historischen Argumenten zu fragen, die geeignet sein könnten, den Wortlaut zu erhellen. Aus systematischer Sicht sei es nahe liegend, andere ertragsteuerliche Vorschriften zu betrachten. Im Steuerrecht stelle sich nämlich häufig die Frage, ob eine Abgrenzung linear vorgenommen werden solle oder vielmehr den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechend erfolgen solle. Eine Analyse zahlreicher steuerrechtlicher Vorschriften zeige, dass das Ertragsteuerrecht eine Präferenz für die lineare Abgrenzung habe und dabei in Kauf nehme, dass diese Abgrenzungsmethode nicht immer mit den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten im Einklang stehe. Dies zeige sich beispielsweise in den Regelungen über die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 f EStG 1988. Nach § 7 Abs. 1 EStG 1988 seien die Anschaffungs- oder Herstellungskosten "gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen". Die gleichmäßige Verteilung sei unabhängig davon vorzunehmen, ob eine höhere Abschreibung am Anfang oder in späteren Perioden die wirtschaftlich zutreffendere Vorgangsweise wäre. Ebenso normiere § 7 Abs. 2 EStG 1988, dass dann, wenn das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als 6 Monate genutzt werde, der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen sei, sonst die Hälfte dieses Betrages. Der Gesetzgeber nehme daher beispielsweise in Kauf, dass bei einer Nutzung eines Wirtschaftsgutes, die in den letzten Wochen eines Wirtschaftsjahres beginne, noch die Hälfte des auf das Wirtschaftsjahr entfallenden Betrages abzusetzen sei.
Die lineare Verteilung ziehe sich als Prinzip auch durch § 8 EStG 1988. So seien in § 8 Abs. 1 EStG 1988 Verteilungsregeln vorgesehen, die eine Absetzung für Abnutzung in der Höhe von 2%, 2,5% und 3% - je nach dem um welche Arten von Gebäuden es sich handle - vorsehen. § 8 Abs. 2 EStG 1988 sehe dann eine Verteilung "gleichmäßig auf 10 Jahre" vor. Der Firmenwert sei bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und bei Gewerbebetrieben ebenfalls gleichmäßig verteilt auf 15 Jahre abzusetzen.
Ähnliche Regelungen, die zu einer linearen Verteilung führten, gebe es beispielsweise in § 14 EStG 1988, der die Vorsorge für Abfertigungen, Pensionen und Jubiläumsgelder regle. Nach § 14 Abs. 3 EStG 1988 sei bei erstmaliger Bildung der Rückstellung das prozentuelle Ausmaß der Rückstellung festzulegen. Dieses Ausmaß sei gleichmäßig auf fünf aufeinander folgende Wirtschaftsjahre verteilt zu erreichen. § 14 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 normiere ausdrücklich, dass eine Änderung dieses Ausmaßes unzulässig sei.
Darüber hinaus existierten noch zahlreiche andere Regelungen, die ebenfalls eine lineare Verteilung vorsehen würden. Beispielhaft erwähnt werde nur § 29 Abs. 1 Umgründungssteuergesetz, der vorsehe, dass die dort geregelten Ausgleichsposten gleichmäßig verteilt auf 15 Wirtschaftsjahre abzusetzen oder aufzulösen seien. Nach § 19 Abs. 3 EStG 1988 seien die dort erwähnten Vorauszahlungen "gleichmäßig auf den Zeitraum der Vorauszahlung" zu verteilen. Eine lineare Verteilung sehe auch § 26 Hypothekenbankgesetz vor. All diese Regelungen zeigten deutlich auf, dass der Gesetzgeber eine Präferenz dafür habe, Abgrenzungen nicht nach den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten vorzunehmen, sondern pauschal in linearer Form. Dafür seien offenbar Gründe der Praktikabilität maßgebend. Im Rahmen einer systematischen Interpretation strahle dieses Ergebnis auch auf die kapitalertragsteuerrechtlichen Vorschriften aus. Aufgrund der sonst einwandfrei nachweisbaren Gesetzessystematik sei daher auch für kapitalertragsteuerliche Zwecke davon auszugehen, dass - mangels gegenteiliger Regelung - die lineare Abgrenzungsmethode zu wählen sei.
Neben systematischen Argumenten würden auch teleologische Argumente dafür sprechen, dass die lineare Abgrenzung bei der Kapitalertragsteuer die einzig richtige Methode sei: Die kapitalertragsteuerlichen Vorschriften seien im Wesentlichen nicht vom Fiskus, sondern von Dritten zu administrieren. Die Einhaltung der kapitalertragsteuerlichen Vorschriften werde durch die Haftungsbestimmungen sichergestellt. Da der Fiskus auf diese Weise die Erhebung der Steuern weitgehend auf Dritte verlagere, müsse sichergestellt sein, dass die Steuererhebung auch einfach administriert werden könne. Wenn daher selbst bei steuerlichen Vorschriften, die von den Finanzämtern zu vollziehen seien, lineare Verteilungsmöglichkeiten zum Zwecke der Vereinfachung vorgesehen seien, sei erst recht davon auszugehen, dass diese vereinfachenden Regelungen auch und gerade dann zum Tragen kommen, wenn die Steuervorschriften nicht in erster Linie von der Finanzverwaltung selbst, sondern eben von Dritten zu vollziehen seien. Daher sei dem Gesetz zu unterstellen, eine möglichst einfache Form der Berechnung der zu erhebenden Steuer gewählt zu haben. Dies spreche ganz eindeutig dafür, den gesetzlichen Vorschriften, die für die Kapitalertragsteuer gelten, die lineare Verteilungsmethode als zwingend zu unterstellen.
Aus teleologischer Sicht spreche nicht nur die einfache Administrierbarkeit, sondern auch die Notwendigkeit einer klaren und eindeutigen Regelung dafür, die lineare Abgrenzungsmethode als dem Gesetz entsprechend anzusehen: Schließlich könne dem Haftungsverpflichteten nicht zugemutet werden, eine äußerst unbestimmte Regelung zunächst anzuwenden, deren Anwendung dann aber von der Verwaltung nachgeprüft werde, sodass der Haftungspflichtige letztlich dann das Risiko tragen müsste, dass die Finanzverwaltung den unbestimmten Gesetzesbegriff eben anders verstehe. Dieses teleologische Argument spreche dafür, der Regelung jedenfalls ein eindeutiges Verständnis beizumessen. Aus diesem Blickwinkel sei es undenkbar, der Regelung zu unterstellen, ein Auswahlermessen einzuräumen, da dieses Ermessen zwar zunächst vom Haftungspflichtigen ausgeübt, aber dann letztlich von der Finanzverwaltung im Rahmen der Geltendmachung einer Haftung zu beurteilen sei. Aufgrund des Umstands, dass es nicht eine richtige finanzmathematische Methode gäbe, sondern die Finanzmathematik unterschiedliche Möglichkeiten der Berechnung offen lasse, könne daher dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, sich ohne jede Präzisierung für die Anwendung finanzmathematischer Methoden ausgesprochen zu haben. Die einzige Auslegungsmöglichkeit, die vor diesem Hintergrund bleibe, sei die lineare Abgrenzung.
Die Notwendigkeit einer Regelung, die völlig klar und eindeutig sei, werde auch deutlich, wenn man sich vor Augen halte, welche Auffassungen offenbar die Finanzverwaltung aus dem Gesetz ableite. Die in der Niederschrift enthaltene Begründung sehe offenbar die "Unverhältnismäßigkeit" als entscheidungserhebliches Abgrenzungskriterium: Wenn das Ergebnis "verhältnismäßig" sei , wäre demnach die lineare Methode anwendbar, sonst die finanzmathematische Ermittlung. Irgendein Anhaltspunkt dahingehend, was als verhältnismäßig anzusehen sei, lasse sich jedoch nicht finden. In eine ähnliche, aber im Detail etwas andere Richtung gehe Niescher (Kapitalertragsteuer beim Erwerb von Nullkuponanleihen (Zero-Bonds) während der Laufzeit, ÖStZ 2001, 102, 103), der offenbar dem Gesetz entnehme, dass die lineare Methode "bei eher kurzen Laufzeiten und kleinem Zinsfuss" anzuwenden sei, sonst aber die finanzmathematische Methode. Er gäbe aber keinen Anhaltspunkt, was er unter einer "eher kurzen Laufzeit" und einem "kleinen Zinsfuss" verstehe. Dem Gesetz könnten diese Unbestimmtheiten, die dann letztlich auf dem Rücken des Haftungspflichtigen auszutragen wären, wohl nicht unterstellt werden. Eine derart unbestimmte Rechtslage, die der Haftungspflichtige auszubaden hätte, würde das Gesetz wohl verfassungswidrig erscheinen lassen. Auch dies spreche somit ganz klar dafür, dem Gesetz zu entnehmen, dass die lineare Methode bei Nullkuponanleihen generell - und zwar ohne Ausnahme - anzuwenden sei.
Schließlich würden auch noch die historischen Argumente ganz eindeutig dafür sprechen von der linearen Abgrenzungsmethode auszugehen: Die Gesetzesmaterialien zum EStG 1988 würden nämlich an verschiedenen Stellen klar und zweifelsfrei zum Ausdruck bringen, dass die Regelungen über die Kapitalertragsteuer vom seinerzeitigen Zinsertragsteuergesetz und vor allem den dazu ergangenen Zinsertragsteuerrichtlinien (AÖFV 30/1984) geprägt seien (vgl z.B. 621 BlgNR, XVII. G P, 92, 93). Daher sei auch für Fragen der zeitlichen Abgrenzung auf die Zinsertragsteuerrichtlinien zurückzugreifen. Dies würden auch die Erläuterungen zum Ministerialentwurf unzweifelhaft zum Ausdruck bringen: "Den Beginn der Kapitalertragsteuerpflicht regle § 128. Abgrenzungsfragen seien nach den Grundsätzen der Zinsertragsteuerrichtlinien zu lösen" (ÖStZ 1988, 132). Diese Richtlinien würden wiederum in ihrem Punkt 15 vorsehen, dass sich der zu aliquotierende Zinsertrag nach derselben Formel berechne, die sich auch in den Kapitalertragsteuerrichtlinien finde, also linear. Eine finanzmathematische Abgrenzung sei nach den Zinsertragsteuer-Richtlinien nicht vorgesehen (Schönstein, SWK 2001 S 404). Die Abgrenzungsregeln der Zinsertragsteuer-Richtlinien dienten im damaligen Kontext der zeitlichen Abgrenzung von Einlagenzinsen, die in den Anwendungsbereich der eingeführten Zinsertragsteuer fallen sollten. Die Bezugnahme auf § 128 EStG in der damaligen Entwurfsfassung mache deutlich, dass diese Regelung im Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes auch für die Abgrenzung der Kapitalertragsteuer auf Wertpapierzinsen gelte. Es sei nicht anzunehmen, dass für die zeitliche Zurechnung von Zinsen für individuelle Besitzzeiten andere Regelungen anzuwenden seien als jene, die für die Ermittlung von Zinsenanteilen gelten, die in den Anwendungsbereich der Kapitalertragsteuer oder in einen bestimmten Steuersatz fielen. Dies zeige, dass nicht nur systematische und teleologische Argumente, sondern auch die historische Interpretation dafür spreche, dass dem Gesetz letztlich ausschließlich die lineare Abgrenzung entnommen werden könne.
Hier sei auch zu beachten, dass in der Zeit der Geltung des ZEStG und auch noch bei Einführung der KESt in vielen Fällen eine nicht automationsunterstützte KESt-Abgrenzung "händisch" durchgeführt werden musste, in der eine finanzmathematische Abgrenzung größte Hemmnisse bedeutet hätte. In den Erlässen zur KESt sei aus diesen Gründen daher auch zugestanden worden, dass die KESt-Abgrenzung nicht auf Tagesbasis erfolgen müsse, sondern dass auch eine Abgrenzung pro Monat ausreiche.
Dazu komme noch, dass man nicht von einer finanzmathematischen Methode, die als Alternative zur linearen Abgrenzung in Betracht käme, sprechen könne. Vielmehr gäbe es eine Reihe von verschiedenen finanzmathematischen Abgrenzungsformen (vgl. die Beispiele bei Schönstein, SWK 2001 S 404). Abgesehen von der erlaubten Berechnungsbandbreite in der neu gefassten Rz 6186 der EStR 2000 sei vor allem der einjährige Kapitalisierungszeitraum fraglich, da verschiedene laufend verzinste Emissionen in verschiedenen Währungen häufig oder üblicherweise kürzere als einjährige Zinszahlungszeiträume vorsehen würden. Denkbar seien weiters z.B. Laufzeitstreckungen (Rückbeziehungen der Laufzeit auf den Beginn von Rechnungsperioden) oder Verfahren mit kundgemachten Emissionsrenditen. Hätte der Gesetzgeber daher eine bestimmte finanzmathematische Abgrenzung vor Augen gehabt, wäre es ihm wohl auch zuzusinnen gewesen, Anhaltspunkte dafür anzugeben, welche Form der finanzmathematischen Abgrenzung heranzuziehen sei (Schönstein, SWK 2001 S 404).
Aus all diesen Gründen verwundere es daher nicht, dass auch die Finanzverwaltung immer die lineare Form der Abgrenzung als die sich aus dem Gesetz ergebende Interpretation betrachtet habe. Dies zeige sich beispielsweise bei Quantschnigg/Schuch (Einkommensteuer-Handbuch, 1993, § 95 Tz 9.4). Quantschnigg/Schuch gingen ganz klar davon aus, dass die lineare Abgrenzungsmethode die Methode sei, die dem Gesetz zu entnehmen sei. Eine alternative Abgrenzungsmöglichkeit würden die beiden Autoren nicht einmal andiskutieren. Auch die Kapitalertragsteuer-Richtlinien seien dann selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Kapitalertrag bei Nullkuponanleihen nach der in Punkt 5.1. Abs. 1 dargestellten Formel, die eine lineare Methode vorsehe, abgegrenzt werden könne. Die lineare Abgrenzung sei als völlig unbestrittener Gesetzesinhalt angesehen worden, bis die Finanzbehörde begonnen habe, in Erlässen und Richtlinien eine neue Auffassung zu vertreten. Diese neue Auffassung sei aber überhaupt nicht begründet, sondern sei vielmehr lediglich als taktische Maßnahme -abseits und jenseits des Gesetzes - zu verstehen, um die derzeit anhängigen Betriebsprüfungen und Rechtsmittelverfahren "vorzubereiten".
Der hier bekämpfte Bescheid gehe im Übrigen sogar selbst davon aus, dass die lineare Methode jene Methode sei, die sich aus dem Gesetz ergeben würde. Die Behörde erachte diese Methode im konkreten Fall nur deshalb nicht "anwendbar, da das Ergebnis unverhältnismäßig von der finanzmathematischen Ermittlung abweiche". Somit gehe die Behörde offenbar davon aus, dass im Regelfall die lineare Methode und im Ausnahmefall die finanzmathematische Methode zur Anwendung käme. Ein derartiges Regel-Ausnahmeverhältnis sei aber dem Gesetz keinesfalls entnehmbar. Wenn es - wie die Behörde offenbar annehme - zutreffend sei, dass aus dem Gesetz zumindest im Regelfall die lineare Abgrenzung abgeleitet werden könne, müsse dies generell gelten, da eben kein Anhaltspunkt dafür bestehe, unter welchen Voraussetzungen eine andere Methode zum Tragen kommen solle. Selbstverständlich bringe es die lineare Methode als ein pauschales und einfaches Verfahren der Abgrenzung mit sich, dass das Ergebnis der Abgrenzung nicht in allen Fällen den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu 100% entspreche. Es liege eben im Wesen einer linearen Abgrenzung der zeitanteiligen Kapitalerträge, die ein pauschales, den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht immer völlig entsprechendes Verfahren darstelle, dass es im Einzelfall zu Vorteilen für den Abgabepflichtigen, im Einzelfall aber auch zu Vorteilen für den Fiskus kommen könne. So sei beispielsweise die Kapitalertragsteuerbelastung bei Besitzzeiten, die in die erste Laufzeithälfte einer über mehrere Jahre laufenden Nullkuponanleihe fielen, bei linearer Abgrenzung in der Regel höher als bei einer finanzmathematischen Abgrenzung. Der Gesetzgeber nehme dieses Ergebnis in Kauf, in dem er eben keine - wie auch immer geartete - finanzmathematische Methode vorgeschrieben habe, sondern von der Maßgeblichkeit der linearen Abgrenzung ausgehe. Genauso, wie es der Fiskus akzeptiere, wenn die lineare Methode für ihn zu Vorteilen führe, habe er es daher im Einzelfall auch hinzunehmen, wenn sich die lineare Methode als nachteilig erweise.
Die Bw. habe für die Abgrenzung von Zinserträgen sowohl für gewöhnliche Anleihen wie auch für Nullkuponanleihen Jahre lang und einheitlich die lineare Berechnungsmethode verwendet. Die lineare Abrechnungsmethode sei von der Bw. im Vertrauen auf die KESt-Richtlinien 1993 auf die ESt-Richtlinien 1984 des Bundesministeriums für Finanzen angewendet worden. In diesen Richtlinien (insbesondere in Punkt 4.5. in Verbindung mit Punkt 5.1. des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom , Z 14 0602/1/1.IV/14/93) werde die lineare Abgrenzungsmethode bei den Nullkuponanleihen und auch bei anderen Anleihen mit einer ähnlichen Abgrenzungsproblematik ausdrücklich als zulässig erklärt. Das Bundesministerium für Finanzen habe diese Rechtsansicht mit Erlass vom (Erlassrundschau RdW 2000/696), bestätigt und nochmals ausdrücklich festgehalten, dass eine Berechnung der anteiligen Kapitalerträge bei Veräußerung eines Wertpapiers vor dem Ende der Laufzeit ebenso nach der finanzmathematischen Methode wie auch nach der in Punkt 5.1. der oben erwähnten KESt-Richtlinien dargestellten linearen Abgrenzungsmethode zulässig sei.
2. Steuerpflicht von Entnahmen gemäß § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008
a) Monate Juni bis Oktober sowie Dezember 1997
Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 2005/13/0075 generell die Anwendbarkeit des § 95 Abs. 6 EStG 1988 auf beim Kauf eines Forderungswertpapiers abgerechnete Stückzinsen verneint. Darüber hinaus habe er aber auch ausgeführt, dass die Belastung mit KESt anlässlich einer Depotentnahme ebenfalls unter dem Aspekt der Rückverrechnung der anlässlich des Erwerbs der Nullkuponanleihe erteilten Gutschrift zu sehen sei. Erweise sich der Erteilung einer KESt-Gutschrift an den Erwerber zum Zeitpunkt der Anschaffung der Nullkuponanleihe als rechtlich nicht gedeckt, dann sei auch die von der Behörde vertretene Meinung, die Belastung mit KESt anlässlich der Depotentnahme sei auch unter dem Aspekt der Rückverrechnung der erteilten Gutschrift zu sehen, nicht mehr stichhältig.
Nach den eindeutigen Aussagen des VwGH führe der Erwerb einer Nullkuponanleihe zu keiner KESt-Gutschrift und eine Depotentnahme zu keiner KESt-Abzugspflicht. Für die betreffenden Monate sei damit sowohl die für Erwerbe festgesetzte KESt-Gutschrift als auch die für Depotentnahmen festgesetzte KESt-Pflicht entsprechend zu korrigieren. Im Ergebnis habe somit der UFS der Rechtsprechung des VwGH folgend für die Zeiträume aus dem Jahr 1997 die im Zuge von Depotentnahmen vorgeschriebene KESt rückzuerstatten und die in finanzmathematischer Höhe beim Erwerb angefallene KESt-Gutschrift der Bw. vorzuschreiben. In Summe ergebe sich laut der der Stellungnahme vom angeschlossenen Beilage für Zeiträume im Jahr 1997 aus der Differenz zwischen rechtswidrig vorgeschriebener KESt für Depotentnahmen und der erteilten Gutschriften im Zuge von Erwerben ein positiver Saldo zu Gunsten der Bw. im Höhe von € 215.553,48.
b) Monate Jänner bis Mai 1998, Juli und August 1999 sowie Mai 2000
Nach der neuen Rechtslage würden Depotentnahmen rückwirkend für Zeiträume ab als Veräußerung gelten und der zum Abzug Verpflichtete habe somit im Entnahmezeitpunkt KESt abzuführen. Beim Erwerb von Nullkuponanleihen habe im Gegenzug dazu nun auch eine KESt-Gutschrift zu erfolgen.
Von der beteiligten Partei C wurde dazu vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach die im Jahr 2008 geschaffene gesetzliche Neuregelung der Steuerpflicht von Depotentnahmen im Hinblick auf die ihr vom Gesetzgeber beigegebene, mehr als zehn Jahre umfassende, rückwirkende Kraft, verfassungswidrig sei.
Darüber hinaus seien nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit Teil der Gemeinschaftsordnung. Sie müssten deshalb von den Gemeinschaftsorganen, aber auch von den Mitgliedstaaten beachtet werden.
Durch die rückwirkende Erlassung dieser Bestimmung nach § 124b Z144 EStG 1988 i.d.F BGBl. I Nr. 65/2008 seien diese Grundsätze verletzt worden.
Weiters wurde vorgebracht, dass die Besteuerung von Wertpapierdepotentnahmen gegen die Niederlassungs-, die Dienstleistungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße.
§ 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 beeinträchtige als Wegzugsbesteuerung die durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten der Kunden.
Aber auch ausländische Finanzdienstleister würden dadurch beeinträchtigt, dass im Ergebnis in Österreich ansässige Steuerpflichtige davon abgehalten würden, sich ihre Nullkuponanleihen ausfolgen zu lassen und bei Finanzdienstleistern zu deponieren, die in einem anderen Staat ansässig seien. Durch den sofortigen Steuerabzug, ohne dass der Anleger über Kapitalerträge verfüge, werde die Depotübertragung an im Ausland ansässige Finanzdienstleister völlig unattraktiv.
In diesem Zusammenhang wurde von der beteiligten Partei C angeregt die Vereinbarkeit der Bestimmungen der §§ 124 b Z 144 und 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 i.d.F BGBl. Nr. 65/2008 mit dem Gemeinschaftsrecht durch ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH zu klären.
3. Haftungsinanspruchnahme
Das Prinzip von Treu und Glauben werde verletzt, wenn die Behörde von einer einmal vertretenen und dem Haftungspflichtigen bekannt gegebenen Auffassung wieder abgehe. Dies gelte umso mehr, wenn es im konkreten Fall nicht um die Erfüllung der eigenen Steuerpflichten gehe, sondern um solche, die der Steuergläubiger an einen am Steuerschuldverhältnis grundsätzlich nicht Beteiligten "ausgelagert" habe und die Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung mit einer Haftungsbestimmung gesichert habe. Um das Haftungsrisiko des Haftungspflichtigen zu begrenzen, sei der Steuergläubiger (die Finanzverwaltung) verpflichtet, dem Haftungspflichtigen Leitlinien für die Auslegung der von ihm anzuwendenden abgabenrechtlichen Bestimmungen zu geben. Unterlasse er dies, wäre der Haftungspflichtige einem unverhältnismäßig hohen und verfassungsrechtlich verpönten Haftungsrisiko ausgesetzt.
Da eine zur KESt-Abfuhr verpflichtete Bank im Gegensatz zu den Finanzbehörden für Fehlbeträge hafte, müsse ihr ein besonderes Interesse an Rechtssicherheit zugebilligt werden. Um diese Rechtssicherheit zu erreichen, sei es für eine zum KESt-Abzug verpflichtete Bank folgerichtig und logisch, sich an die in den Richtlinien enthaltenen Auslegungen zu halten.
Vor Erlass der ESt-Richtlinien 2000 sei es unumstritten herrschende Meinung gewesen, dass die lineare Berechnungsmethode für Stückzinsen zulässig sei und zwar ohne Einschränkung der Genauigkeit der Abbildung der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Ein Abgehen von der linearen Berechnungsmethode zugunsten der finanzmathematischen Berechnungsmethode für zurückliegende Zeiträume verstoße aber gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und sei daher rechtswidrig.
Dem Grundsatz von Treu und Glauben komme im Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art 18 B-VG insofern Bedeutung zu, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden sei und ihr somit ein Vollzugsspielraum zukomme ( sowie , 99/17/0004). Gerade das bei in Anspruchnahme einer Haftung nach § 20 BAO zustehende Ermessen befreie die Abgabenbehörde von der Bindung an zwingendes Recht und lasse einen Ermessensspielraum zu. Da ein erlassgetreues Verhalten im Rahmen der Ermessensausübung bei der Erlassung eines Haftungsbescheides mit zu berücksichtigen sei () und die Zugrundelegung der linearen Berechnungsmethode jahrelanger Verwaltungspraxis und dem Richtlinientext entsprochen habe, sei das Ermessen im konkreten Fall im Sinne der eindeutigen Ablehnung einer Haftung der Bw. für einen Kapitalertragsteuereinbehalt auf Basis einer erst nachträglich von der Finanzverwaltung eingeforderten Berechnungsmethode auszuüben.
Die Erlassregelung des BMF habe eindeutig und unzweifelhaft eine lineare KESt-Berechnung ermöglicht und die Bw. habe ihre Dispositionen danach eingerichtet. Nur durch das willkürliche Abgehen des Finanzamtes vom Erlass habe die Bw. einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten (vgl. ; , 2003/14/0114). Festzuhalten sei, dass der VwGH in den beiden zitierten Erkenntnissen Aussagen zu Gunsten des Abgabepflichtigen getroffen habe, die umso mehr für den Haftenden gelten würden. Rein auf den Haftenden stelle das Erkenntnis des ab:
"Auch wenn dem Beschwerdeführer durch derartige Erlässe nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ..... keine subjektiven Rechte eingeräumt werden, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass im Rahmen der Ermessensausübung eine erlassmäßige Regelung mitzuberücksichtigen ist...."
Unter dem Aspekt von Treu und Glauben sei auch zu erwähnen, dass dem BMF die Problematik der linearen Berechnungsmethode von Bankenvertretern schon jahrelang vorgehalten worden war. Dem BMF war bekannt, dass es durch die uneingeschränkte Aufrechterhaltung der KESt-Richtlinien einen qualifizierten Vertrauenstatbestand setzte. Dieser umfassende Wissenstand des BMF im Mai 1999 gehe auch aus einem Zeitungsausschnitt hervor (Wirtschaftsblatt vom ), in dem eine Stellungnahme vom damaligen Finanzminister Edlinger abgedruckt ist:
"Wird von der steuerschonenden Methode häufig Gebrauch gemacht, werden wir sofort reagieren und eine der zwei Methoden zwingend vorschreiben...Bei Bedarf ändern wir per Wochenfrist den betreffenden Erlass"
Als im März 1999 dem Leiter der Steuerabteilung einer Bank auffiel, dass bei bestimmten lang laufenden Rand-Nullkupon-Anleihen durch Anwendung der von allen Kreditinstituten als einzig zulässig betrachteten linearen KESt-Berechnungsmethode eine KESt-Arbitrage durch den Kunden möglich ist, hätten Bankenvertreter mit diesem Wissen Herrn MR Dr. E konfrontiert, der festgestellt habe, dass sowohl die lineare Berechnung wie auch deren Ergebnis systemkonform sei.
Auf Anfrage eines stellvertretenden Abteilungsleiters eines Kreditinstitutes habe MR Dr. F bestätigt, dass Kreditinstitute beide für die Nullkupon-KESt-Berechnung vorgesehenen Methoden (linear/progressiv) trotz der angesprochenen Problematik der Ausnutzung der sich ergebenden KESt-Differenzen durch Kauf/Verkauf nach verschiedenen Methoden risikolos anwenden könnten. In diesem Gespräch sei von MR Dr. F auch ausdrücklich betont worden, dass die Bank die näheren Umstände auf der Seite der Kunden hinsichtlich Depotüberträgen, Rücknahmen mit Verkaufsabsicht etc. nicht zu prüfen hätte. Diese Rechtsansicht sei von MR Dr. F bis Herbst 2000 verschiedenen Anfragenden gegenüber aufrechterhalten worden.
Am abends hätten Bankenvertreter im Rahmen eines Gesprächstermins im BMF zum Thema Budgetbegleitgesetz ausdrücklich eine Änderung bzw. Adaptierung des Erlasses für die Zukunft reklamiert. Dabei habe MR Dr. E den steigenden Unmut der Finanzbehörde über die massiven KESt-Gutschriften aus Nullkuponanleihen, vornehmlich Zloty-Anleihen zum Ausdruck gebracht, dabei jedoch festgestellt, dass es sich um die Ausnützung von Gesetzeslücken, nicht jedoch um Steuervergehen handle. Er habe den Anwesenden mitgeteilt, dass die Behörde bereits den Auftrag habe, so rasch als möglich mittels Erlass oder Verordnung die überzogene Nutzung der bestehenden Erlassregelung zu unterbinden. Diese - erkennbar nur für die Zukunft gedachte - Regelung sei jedoch unterblieben. Die Gedanken der Finanzverwaltung vom stünden somit im Widerspruch zur Aussage des (RdW 2000/696) wonach die Berechnung der anteiligen Kapitalerträge zwar grundsätzlich finanzmathematisch zu erfolgen habe, die KESt-Richtlinien jedoch eine vereinfachte Berechnung anhand der in Punkt 5.1. dargestellten Formel (=lineare Methode) erlaubten.
Am habe MR Dr. E in einer Gesprächsrunde im BMF erstmals die lineare Methode als Schätzmethode bezeichnet und ihre Anwendung bei Fällen mit ins Gewicht fallender Abweichung als nicht zulässig erklärt.
Generell stelle sich die Frage, ob die Abgabenbehörde im Hinblick auf die dem Empfänger fälschlicherweise zuviel gewährte Gutschrift nur auf den zum Abzug Verpflichteten, oder auch auf den Empfänger der Einkünfte greifen könne.
Rücke man den Wortlaut des § 95 Abs. 5 EStG 1988 in den Vordergrund, entstehe der Eindruck, dass die Behörde im Regelfall den Haftenden in Anspruch nehmen müsse und nur "ausnahmsweise" auf den Empfänger der Einkünfte als Steuerschuldner greifen könne, nämlich wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 EStG 1988 erfüllt seien. Die in § 95 Abs. 5 EStG 1988 umschriebenen Tatbestände müssten dann taxativ verstanden werden. In allen in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnten Fällen bliebe der Behörde keine andere Wahl, als sich ausdrücklich an den zum Abzug der Kapitalertragsteuer Verpflichteten zu halten. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass im Falle einer in zu hohem Ausmaß gewährten KESt-Gutschrift die Behörde nur auf den zum Abzug der Kapitalertragsteuer Verpflichteten, nicht aber auf den Empfänger der Kapitalerträge als Steuerschuldner greifen dürfe.
Dies würde allerdings verkennen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, den Fall in dem der zum Abzug Verpflichtete "die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat", anders zu behandeln als jenen Fall, in dem der Betrag der an den Empfänger der Einkünfte weiter gereichten KESt-Gutschrift zu hoch ist. In beiden Fällen werde der Empfänger der Einkünfte ungerechtfertigt bereichert. Ebenso werde dem Fiskus ihm zustehendes Kapitalertragsteueraufkommen vorenthalten. Vor dem Hintergrund gleichheitsrechtlicher Überlegungen wäre nicht einzusehen, ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach vergleichbare Gestaltungen unterschiedlich zu behandeln und nur im erstgenannten Fall den Zugriff auf den Steuerschuldner zuzulassen und in den zweitgenannten - wirtschaftlich vergleichbaren - Fällen dies nicht zu gestatten. Andere verfassungsrechtliche Wertungen würden ebenfalls dafür sprechen, den Zugriff auf den Steuerschuldner nicht bloß in den in § 95 Abs. 5 EStG 1988 ausdrücklich genannten Fällen zuzulassen: Würde man § 95 Abs. 5 EStG 1988 nämlich als taxativ umschriebenen Katalog von Fällen der Inanspruchnahme des Empfängers der Einkünfte verstehen, bestünde die Gefahr, dass das Risiko fast völlig vom Steuerschuldner weg auf den Haftenden verlagert würde. Dies könnte verfassungsrechtliche Bedenken wecken, da die Inanspruchnahme Dritter als Haftende nicht nur der sachlichen Rechtfertigung, sondern insbesondere in Hinblick auf Umfang und Höhe der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedürfe. Eine verfassungskonforme und dem Zweck der Vorschrift des § 95 Abs. 5 EStG 1988 berücksichtigende Interpretation lasse es geboten erscheinen, auch Fälle bei denen eine übermäßig hohe Gutschrift gewährt wird, unter diese Regelung zu subsumieren. Es liege somit im Ermessen der Abgabenbehörde zu hoch gewährte Gutschriften dem Steuerschuldner oder dem Haftenden vorzuschreiben.
Die steuerrechtlichen Haftungsvorschriften stünden unter den Anforderungen des verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatzes: Sie müssten sich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtfertigen lassen. Der VfGH gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die sachliche Rechtfertigung von Haftungsregelungen für Abgaben einerseits aus dem öffentlichen Interesse und der Sicherung der Einbringlichkeit öffentlich rechtlicher Ansprüche und andererseits aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und des Haftungspflichtigen ergebe (vgl. VfSlg 6903/1972, 11478/1987). Gleichheitswidrig seien nach des Rechtsprechung des VfGH Regelungen, die dem Haftenden eine Haftung auch für Abgabenbeträge auferlege, die er weder kennen, noch voraussehen, noch beeinflussen konnte (Doralt/Ruppe, Grundriss II Rz 393).
Die Behörde habe sich bei der Erlassung der Haftungsbescheide von unsachlichen Gesichtspunkten leiten lassen und somit einen Ermessensmissbrauch begangen (Ritz, BAO § 20 Rz 10). Die Bw. habe sich bei der Berechnung der KESt-Gutschriften genau an die vom BMF vorgegebenen Richtlinien gehalten und sich die Anwendung dieser Berechnungsmethode auch von hochrangigen Finanzbeamten bestätigen lassen. Dem Erlass des Haftungsbescheides liege somit ein Ermessensmissbrauch zu Grunde, weil aufgrund des eindeutigen Richtlinientextes, der jahrelangen gängigen Verwaltungspraxis und Bestätigung durch die Ministerialräte Dr. E und Dr. F eine rückwirkende Änderung der Verwaltungspraxis nicht vorhersehbar gewesen sei.
4. Anwendung des § 117 BAO
Auf die Darstellung des Vorbringens auf den Seiten 14 bis 18 in der Beschwerdeschrift vom wird verwiesen.
In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung verwiesen die Vertreter der Bw. auf die bisherigen schriftlichen Ausführungen und führten ergänzend folgendes aus:
Seit Einführung der linearen Methode sei von allen Beteiligten an dieser festgehalten worden und selbst bei den ersten Vorstellungen der Finanzbehörden eine progressive Berechnung heranzuziehen, sei nicht konkretisiert worden, wie diese progressive Berechnung auszusehen hätte. Es sei also in der ersten Zeit überhaupt keine Alternative zur Verfügung gestanden, weil die finanzmathematische Methode gebe es nicht. Es gebe verschiedene Berechnungsformeln, die mehr oder weniger einer realen Entwicklung gleich kommen und aus Sicht eines Finanzmathematikers genauer seien als eine lineare Methode. Aber diese seien auch nur Schätzungen. Die Bank habe sich daher darauf verlassen dürfen, dass die von ihr angewandte lineare Methode ebenso akzeptiert werde, wie andere Schätzmethoden. Auch dass in späterer Zeit bei verschiedenen Banken unterschiedliche Berechnungen angewandt wurden, sei nach Ansicht der Bw. kein Argument für sondern gegen die Auffasssung der Finanzverwaltung, weil die Banken erst diese Berechnungen durch neue Softwareprogramme aufsetzen und ausprobieren mussten.
Wenn zusammengefasst jetzt zwischen der angeblich zu grob vereinfachenden linearen Methode und der ganz genauen finanzmathematischen Methode die Rede sei, sei das insofern verkürzend, als es sich bei solchen Berechnungen immer nur um eine vereinfachende Methode handle, weil es allgemein auch nicht nur eine, sondern sehr viele Anleihen und Laufzeiten und Zinsen, die vierteljährlich, jährlich oder in anderen Abständen ausgeschüttet oder nicht ausgeschüttet würden, gebe.
Aus Sicht insbesondere eines Haftenden sei es daher nicht rechtmäßig, jedenfalls aber unbillig im Sinne des Grundsatzes von Treu und Glauben, für eine - in der nachträglichen Sicht der Finanzverwaltung - falsche Schätzmethode, die im Vorhinein aber durch Erlass und durch Kommunikation als die Richtige angesehen wurde, zur Haftung herangezogen zu werden.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei nach Ansicht der Bw. auch zu berücksichtigen, dass zwischen den Abgabenzeiträumen und den erstinstanzlichen Bescheiden zwischen drei und fünf Jahre vergangen seien und dass es deshalb in den Fällen, die weiterhin Gegenstand des Berufungsverfahrens wären, nicht möglich war, die Nachforderungen von Kunden einträglich zu machen. Sowohl aus rechtlichen Gründen (Verjährung) als auch aus wirtschaftlichen Gründen, weil die den Kunden erteilten KESt-Gutschriften von den Kunden bereits ausgegeben worden seien.
Weiters wurde auf die gemeinschaftsrechtliche Problematik des Steuerabzuges hinsichtlich der anzuwendenden rückwirkenden neuen gesetzlichen Bestimmungen in § 95 EStG 1988 hingewiesen.
Der der Berufung gemäß § 257 Abs. 1 BAO beigetretene C brachte zunächst vor, dass die Inanspruchnahme der Bw. schon deshalb ermessenswidrig erfolgt sei, weil schon vor Inanspruchnahme der Bw. gegen ihn am ein Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO erlassen worden sei, mit dem die Abgabenbehörde (Anm. Finanzamt für den 1. Bezirk) die Sicherstellung von KESt im Zusammenhang mit dem Ankauf und der Depotentnahme von Nullkuponanleihen in sein verwertbares Vermögen angeordnet habe. Bei der Sicherstellung seines unbeweglichen Vermögens sei von der Abgabenbehörde neben einer gerichtlichen Exekution zur Sicherstellung auch die grundbücherliche Vormerkung gemäß § 38 lit. c GBG 1955 durchgeführt worden. Die Abgabenbehörde habe sich damit den Pfandrang für die nachfolgende aufgrund des Rückstandausweises gemäß § 229 BAO zu führende Exekution zur Einbringung bereits im Mai 2001, also viele Monate vor Erlass der Haftungsbescheide gegen die Bw. gesichert. Diese Möglichkeit zur Befriedigung des Abgabengläubigers durch sein verwertbares Vermögen habe die Abgabenbehörde (Anm. Finanzamt für den 23. Bezirk) aber im Zeitpunkt der erst Monate später erfolgenden Erlassung der Haftungsbescheide nicht genutzt, sondern ermessenswidrig Haftungsbescheide gegen die Haftungspflichtigen erlassen. Die aushaftenden Abgabenschulden hätten von ihm, als der Abgabenbehörde namentlich bekannten Eigenschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten aus dem gemäß § 232 BAO sichergestellten inländischen unbeweglichen Vermögen rasch eingebracht werden können. Über Befragen der Vertreter der Bw. gab C an, dass er die entnommenen Wertpapiere ins Ausland gebracht habe und dass der Erlös aus dem Verkauf im Jahr 2002 noch vorhanden gewesen sei, weil er ja später an die Bw. entsprechende Zahlungen geleistet habe.
Er habe als Journalist die Nullkuponanleihen in Österreich ab 1986, als die 30 Jahre Nullkuponanleihe der Republik Österreich begeben wurde, aus nächster Nähe verfolgt und schon damals die Verantwortlichen im BMF auf die wesentlich höhere Steuerbelastung durch die lineare Methode hingewiesen. Seinen Einwendungen sei entgegnet worden, dass es sich insgesamt um ein "Nullsummenspiel" handle. Es komme für den Staat das Gleiche raus. Es seien nur Zeitverschiebungen.
Er selbst habe niemals Nullkuponanleihen in Zloty oder Rand erworben, sondern British Gas in US-Dollar, von einem Emittenten aus der EU. Die Anleiheemission sei am erfolgt, also weit mehr als ein Jahr vor dem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 140602/I-IV/14/93. Die Anleihekonditionen seien dem BMF zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Erlasses bekannt gewesen.
An Hand einer Grafik über eine 10 jährige Anleihe (Ausgabewert 50, Einlösungswert 100) erläuterte C seinen Standpunkt, dass lineare und progressive Methoden wirtschaftlich völlig gleichwertig seien. Bei Annahme fiktiver jährlicher Kapitalerträge, würden diese zunächst bei progressiver Berechnung (Zinssatz 7,18%) unter den Werten der linearen Berechnung liegen, zur Hälfte der Laufzeit seien die jährlichen Kapitalerträge gleich und in weiterer Folge die progressiv ermittelten Kapitalerträge höher als die linear ermittelten. Es liege lediglich eine Zeitverschiebung vor, je nach dem wo man ansetzt. Seitens der Finanzverwaltung habe man übersehen, dass bei der linearen Methode auch die KESt-Gutschrift anfangs höher sein muss. Jahrelang habe man aber zuvor davon profitiert, dass alle Banken linear berechnete KESt abgeführt hätten.
Es habe für die Banken kein Grund bestanden sich nicht gemäß dem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 140602/I-IV/14/93 erlassgetreu zu verhalten. Zudem habe es bei den Banken auch Betriebsprüfungen gegeben, wobei die KESt-Gutschriften immer anerkannt worden seien. Auch dieser Umstand sei für die Beurteilung der Frage des Vertrauensschutzes heranzuziehen.
Die Haftungspflichtige habe auch keine objektive Pflichtverletzung begangen, auf welche der Tatbestand der Haftung für Kapitalertragsteuer nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 abstelle, da ihr wohl nicht ernsthaft als objektive Pflichtverletzung vorgeworfen werden könne, dass sie die rückwirkenden Bestimmungen des BGBl. I Nr. 65/2008 nicht beachtet habe, zehn Jahre bevor diese überhaupt bekannt waren. Darüber hinaus werde auf das Erkenntnis des , verwiesen, wonach für auferlegte Steuerabzugspflichten klare gesetzliche Regelungen zu fordern seien.
Weiters erläuterte die beigetretene Partei C nochmals ihre Anregung, die Vereinbarkeit der Bestimmungen der §§ 124 b Z 144 und 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 i.d.F BGBl. Nr. 65/2008 mit dem Gemeinschaftsrecht im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH zu klären, wobei von der beigetretenen Partei vier Fragen samt Begründungen ausformuliert vorgelegt wurden.
Für die Zeiträume betreffend das Jahr 1997 beantragte C die gesamte Nachzahlung in Höhe von € 4.007.207,31 der Bw. gutzuschreiben und nicht nur den von der Bw. in ihrer Stellungnahme vom geforderten Betrag in Höhe von € 215.553,48, resultierend aus der Differenz zwischen Vorschreibungen für Depotentnahmen und den erteilten Gutschriften, Durch die Erteilung von Gutschriften im Jahr 1997 habe die Bw. keine objektive Pflichtverletzung begangen.
Die Vertreter der Bw. schlossen sich diesem Antrag insoweit an, als sie beantragen, jedenfalls, die eindeutig rechtswidrig vorgeschriebene KESt bei Depotentnahmen zurückzuerstatten (lt. Seite 4 der Stellungnahme). Unter Berufung auf die Ausführungen zu Treu und Glauben beantragten sie weiters, die bislang berechnete KESt-Gutschrift in finanzmathematischer Höhe in der Gesamtsumme von € 1.408.080,40 weiterhin gutzuschreiben, sowie unter Berufung auf die Ausführungen einerseits zu Treu und Glauben und andererseits zur Zulässigkeit der linearen Abrechnung, die weitere in der dritten Spalte der Aufstellung ausgewiesene Differenz zwischen linearer und finanzmathematischer Berechnung.
Die Vertreterin des Finanzamtes betonte insbesonders, dass in allen Angelegenheiten von Unklarheiten in Bezug auf das Steuerrecht sich die Banken regelmäßig an das zuständige Finanzamt wenden würden, wenn sie einen Schutz aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben anstrebten, hier aber nicht. Gegenständlich sei das Finanzamt durch die hohen Gutschriften auf die Problematik der Kapitalertragsteuerberechnung aufmerksam geworden.
Der Unabhängige Finanzsenat geht bei seiner Entscheidung zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:
Die Bw. hat die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 Abs. 7 EStG idF BGBl I Nr. 65/2008 ab zu erteilende Gutschrift an Kapitalertragsteuer bei den hier berufungsgegenständlichen Transaktionen mit Nullkuponanleihen nach der so genannten linearen Methode ermittelt. Für die vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung liegenden Monate des Jahres 1997 hat die Bw. Gutschriften ohne gesetzliche Grundlage beim Finanzamt geltend gemacht.
Bei kurzen Laufzeiten der Anleihen und kleinen Zinssätzen sind dabei die Unterschiede während der Laufzeit zu einer progressiven Berechnung nur gering.
Bei "hochverzinsten" und langfristigen Nullkuponanleihen führt die lineare Verteilung der Zinsen auf die gesamte Laufzeit in bestimmten Zeiträumen der Laufzeit zu hohen Abweichungen im Vergleich zu einer progressiven Berechnung der einzubehaltenden oder zu erstattenden Kapitalertragsteuer.
Bei Kauf einer Nullkuponanleihe, auf die diese Kriterien zutrafen, hatten die Erwerber aufgrund der Art der Verrechnung, nämlich dass die Bw. sofort die Gutschrift erteilte und in der konkreten Abwicklung des Geschäftes zunächst auf einen Teil des ihr zustehenden Kaufpreises verzichtete, nur mehr die (oft geringe) Differenz auf den Kaufpreis aufzuzahlen. Bei einer der Nullkuponanleihen, einer langfristigen Zlotyanleihe (WPK 230 525), führte dies während einer bestimmten Phase der Laufzeit sogar dazu, dass der Erwerber der Anleihe eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer erhielt, die höher war als der Kaufpreis, ohne dass dies auf einen durch wirtschaftliche Gründe bedingten geringen Kurs dieser Anleihe zurückzuführen gewesen wäre. Da die Papiere von den Kreditinstituten im Ausland besorgt wurden, kam es aber andererseits in diesen Fällen zu keinem korrespondierenden Kapitalertragsteuerabzug.
In weiterer Folge wurden von einigen Kunden die erworbenen Wertpapiere regelmäßig kurz nach dem Erwerb körperlich aus den Depots entnommen, wobei bei der Entnahme keine Kapitalertragsteuer den Kunden angelastet wurde. Die Wertpapiere wurden nach der Depotentnahme teils ins Ausland verbracht und dort steuerfrei verkauft, teils aber auch bei anderen österreichischen Kreditinstituten, die die Kapitalertragsteuer bei derartigen Anleihen nach einer progressiven Methode ermittelten verkauft. Dadurch verblieb die beim Kauf erhaltene Kapitalertragsteuergutschrift bzw. der Differenzbetrag zwischen hoher linear ermittelter KESt-Gutschrift beim Ankauf und niedrigerem KESt-Abzug beim Verkauf dem Kunden als endgültiger Vorteil.
Das BMF hat im Erlass vom Zl. 14 0602-IV/14/93 die Ansicht vertreten, dass die Ermittlung von Stückzinsen in vereinfachter Form zulässig sei, und diese Ansicht in verschiedenen Anfragebeantwortungen bzw. in nachfolgenden Erlässen und Besprechungen mit Bankenvertretern, wenn auch teilweise einschränkend aufrechterhalten.
Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich hinsichtlich der Verwendung der linearen Methode und der Nichtvornahme eines Steuerabzuges bei Depotentnahmen auf den diesbezüglich unbestrittenen Feststellungen in der Niederschrift der Betriebsprüfung vom . Die Feststellung, dass Wertpapiere nach deren Entnahme im Ausland verkauft wurden, geht aus dem Inhalt des gerichtlichen Strafaktes (XXXHVXXX/XX) des der Berufung beigetretenen Partei C hervor. Die vom BMF vertretene Ansicht zur Berechnung der Kapitalertragsteuer ergibt sich aus dem Inhalt der veröffentlichten Erlässe und der von der Bw. in der Stellungnahme vom zusammengestellten Übersicht über diesbezügliche Auskünfte des BMF aber auch u.a aus der Anfragebeantwortung des GZ. P92/1-IV/14/96.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (idF vor dem BGBl. I Nr. 71/2003) auch Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert eines Wertpapiers und dem im Wertpapier festgelegten Einlösungswert, wenn diese 2 % des Wertpapiernominales übersteigen. Im Falle des vorzeitigen Rückkaufes tritt an die Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis.
Mit der Regelung des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ordnet das Gesetz allgemein einen von vornherein festgelegten Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabekurs und dem Einlösekurs eines Wertpapiers dem Bereich der Fruchtziehung zu (vgl. ).
Entsprechend der Anordnung des § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2 leg. cit.) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3 leg. cit.) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Kapitalertragsteuerpflichtig sind nach § 93 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 auch Unterschiedsbeträge gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988.
§ 95 EStG 1988 regelt die "Höhe und Einbehaltung der Kapitalertragsteuer".
Die Kapitalertragsteuer beträgt 25 % (§ 95 Abs. 1 EStG 1988).
Nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist der Empfänger der Kapitalerträge der Schuldner der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (§ 95 Abs. 3 EStG 1988) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 ist zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet:
1. Bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2 EStG 1988) der Schuldner der Kapitalerträge.
2. Bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (§ 93 Abs. 3 EStG 1988) die kuponauszahlende Stelle. Kuponauszahlende Stelle ist das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt, der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt.
3. Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 4 gewährt.
Nach § 95 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 hat der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:
1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung ...
2. Bei Einkünften aus der Beteiligung ...
3. Bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge und im Zeitpunkt des Zufließens (§ 19 EStG 1988) anteiliger Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers oder des Wertpapierkupons. Die Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), die Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz, die Entnahme aus dem Depot oder die Übertragung auf ein anderes Depot, ausgenommen auf ein inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut gilt als Veräußerung.
Gemäß § 124b Z 144 tritt § 95 Abs. 4 Z 3 idF BGBl. I Nr. 65/2008 mit in Kraft. Depotübertragungen im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 vor dem gelten nicht als Veräußerung.
Nach § 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 hat eine Gutschrift von Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge im Sinne des Abs. 4 Z 3 durch die kuponauszahlende Stelle (Abs. 3 Z 2) in folgenden Fällen zu erfolgen:
1. Bei Übernahme eines Wertpapiers durch eine in Abs. 3 Z 2 erster und zweiter Teilstrich genannte Institution zur Verwahrung und Verwaltung, sofern es sich bei dieser nicht um einen Drittverwahrer im Sinne des § 3 Depotgesetz handelt, und wenn für die Kapitalerträge ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist. Eine Gutschrift steht bei Depotübertragungen von einem inländischen Depot auf ein anderes inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut nicht zu.
2. Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht begründen.
Gemäß § 124b Z 145 tritt § 95 Abs. 7 idF BGBl. I Nr. 65/2008 mit in Kraft. Für Depotübertragungen im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 vor dem steht eine Gutschrift nicht zu.
Der zum Abzug Verpflichtete hat nach § 96 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 bei Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 3 leg. cit. - also bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren - die in einem Kalendermonat einbehaltenen Steuerbeträge abzüglich gutgeschriebener Beträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" spätestens am 15. Tag nach Ablauf des folgenden Kalendermonates abzuführen.
Gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn
1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder
2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
Die Bestimmungen des § 95 Abs. 4 Z 3 und Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 traten rückwirkend mit in Kraft (§ 124b Z 144 und 145 EStG). Nachdem als Grundregel im Verwaltungsrecht gilt, dass eine Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat (, VwSlg 9.315/A; , 11.237/A; ), ergibt sich für den streitgegenständlichen Fall aus der nunmehr gegebenen, auf den strittigen Zeitraum zurückwirkenden Gesetzeslage unweigerlich, dass zum einen die Erwerbe der strittigen Nullkuponanleihen in den berufungsgegenständlichen Jahren 1998 bis 2000 gemäß § 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 Kapitalertragsteuergutschriften begründeten und zum andern die unmittelbar in zeitlicher Nahebeziehung anschließenden Entnahmen der strittigen Nullkuponanleihen aus dem Depot als (fiktive) Veräußerungen iSd § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 eine Verpflichtung der Bw. zum Kapitalertragsteuerabzug bewirkten.
1. Lineare oder progressive Stückzinsenberechnung
Strittig ist im gegenständlichen Fall zunächst, ob in den Fällen des § 95 Abs. 4 und 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 die für einen Kapitalertragsteuerabzug oder eine zu erteilende Kapitalertragsteuergutschrift erforderliche Berechnung zeitanteiliger Kapitalerträge (Stückzinsen) nach einer linearen oder nach einer progressiven finanzmathematischen Berechnungsmethode zu erfolgen hat.
Schon vor der mit BGBl. I Nr. 65/2008 erfolgten Einfügung eines Abs. 7 in § 95 EStG 1988 gingen Verwaltungspraxis und Lehre (vgl. Doralt ESTG4 () Tz 53 zu § 95) davon aus, dass der Erwerber eines Forderungswertpapiers aufgrund der im Kaufpreis enthaltenen anteiligen Kapitalerträge eine Kapitalertragsteuergutschrift erhält. Es wurde dies als ein Fall des § 95 Abs. 6 EStG 1988 angesehen.
Durch diese Gutschriftserteilung, verbunden mit dem Kapitalertragsteuerabzug, wird erreicht, dass, soweit ein Wertpapier bei einer kuponauszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet wird, ohne großen Aufwand für die kuponauszahlende Stelle, eine der Dauer des Besitzes des Wertpapiers entsprechende Belastung mit Kapitalertragsteuer auch bei einem Eigentümerwechsel während der Laufzeit des Wertpapiers sichergestellt werden kann.
Diese Abgrenzungstechnik führt aber auch dazu, dass der Erwerber einer Nullkuponanleihe auch dann eine Gutschrift erhält, wenn anlässlich des Erwerbsvorganges vom Voreigentümer keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde, was etwa regelmäßig beim Erwerb aus dem Ausland gegeben ist.
Um zu gewährleisten, dass jede Gutschriftserteilung auch wiederum zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt, hat der Gesetzgeber in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 besondere Umstände (u.a Beendigung der Steuerpflicht, Entnahme aus dem Depot) angeführt, deren Eintreten ebenfalls zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt.
Die Regelungen betreffend die Gutschriftserteilung in § 95 Abs. 7 und die Steuerpflicht der Depotentnahme in 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 wurden mit BGBl. I Nr. 65/2008 in Reaktion auf das Erkenntnis des geschaffen. Im Hinblick darauf, dass die neu geschaffenen Regelungen mit der bis zum Ergehen des oben zitierten Erkenntnisses geübten und auch in der Literatur als zutreffend angesehenen Verwaltungspraxis übereinstimmen, wurden diese Regelungen gemäß § 124b Z144 und 145 rückwirkend mit in Kraft gesetzt.
Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerabzug oder eine Gutschrift sind die erzielten Kapitalerträge. Wird nun ein endfälliges Wertpapier vor Ablauf der Laufzeit veräußert oder ist ein Abzug oder eine Gutschrift aufgrund einer Fiktion des § 95 EStG 1988 vorzunehmen oder zu erteilen, ergibt sich das Erfordernis der Ermittlung kalkulatorischer Zinsen. Dabei handelt es sich um ein Problem der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen.
Wenn in weiterer Folge von kalkulatorischen Zinsen gesprochen wird, ist damit auch ein kalkulatorisch zu ermittelnder Unterschiedsbetrag im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gemeint.
Der Ausgabekurs einer Nullkuponanleihe ist nicht beliebig festgesetzt, sondern ergibt sich aus der Anwendung des jeweiligen Marktzinssatzes über die Laufzeit der Anleihe. Dies entspricht auch der allgemein anerkannten Definition der Nullkuponanleihe, nach der die Verzinsung dieser Wertpapiere durch ein hohes Disagio zum Ausdruck kommt , wobei der Nominalbetrag über die Laufzeit mit einem laufzeitadäquaten Kapitalmarktzinssatz abgezinst wird (Moritz in SWK 2001, S. 361f mit den dort angeführten Verweisen). Die Berechnung von Abzinsungen erfolgt herkömmlich nach finanzmathematischen Methoden.
Dass bei der Berechnung von Zinserträgen grundsätzlich progressive finanzmathematische Methoden verwendet werden ist allgemein bekannt und dem Bankengeschäft - hier im Besonderen dem Wertpapiergeschäft - geradezu immanent. Auch in der Rechtsprechung finden sich Beispiele für die Anwendung derartiger progressiver finanzmathematischer Methoden. So judizierte der VwGH bereits mit Erkenntnis vom , 292/58, Slg 2271/F, dass bei der Verteilung von Kapitalzahlungen auf mehrere Jahre eine Zerlegung in einen steuerfreien Tilgungsanteil und steuerpflichtigen Zinsanteil zu erfolgen hat, wobei die Zinsen durch Errechnung des Barwertes der gesamten Teilbeträge mit Hilfe der Rentenformel (Berechnung von Zinseszinsen) zu ermitteln sind.
Das Abgabenrecht knüpft im Bereich des Kapitalertragsteuerabzuges bei Forderungswertpapieren an diesen wirtschaftlich geprägten Begriff des Kapital(Zins)ertrages an. Die kalkulatorischen Zinsen für den Kapitalertragsteuerabzug sind daher grundsätzlich nach progressiven finanzmathematischen Methoden zu ermitteln.
Dem Einwand, systematische und teleologische Gründe würden für eine lineare Verteilung der Zinsen sprechen, ist entgegenzuhalten, dass spezielle bzw. ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen über die Ermittlung von Zinserträgen für Forderungswertpapiere - im besonderen von Stückzinsen bei vorzeitigen Verkäufen, wie sie beispielsweise §§ 7 und 8 EStG für den Bereich der Absetzung für Abnutzung vorsehen - nicht bestehen.
Die Bw. stützt ihre Ansicht, dass die kalkulatorischen Zinsen durch eine lineare Verteilung auf die Laufzeit des Wertpapiers zu ermitteln seien auf Pkt. 4. 5 (2) bzw. Pkt. 5.1. (1) des Erlasses des GZ. 14 0602/1-IV/14/93 (KESt-Richtlinien).
Pkt. 4.5 (2) lautet:
Wird ein Wertpapier vor dem Ende der Laufzeit verkauft, dann ist für den zeitanteiligen Kapitalertrag des Veräußerers im Zeitpunkt der Veräußerung Abzugspflicht gegeben. Es bestehen keine Bedenken, wenn der zeitanteilige Kapitalertrag unter sinngemäßer Anwendung der in Pkt. 5.1 dargestellten Formel ermittelt wird. ........
Pkt. 5.1 (1) lautet:
Der Abzugspflicht von 22% unterliegen erst Kapitalerträge, die als Entgelt für die Überlassung von Kapital für die Zeit ab anzusehen sind. Bei Kapitalerträgen aus Einlagen, die mit abgeschlossen werden, besteht erst für die Kapitalerträge aus Abschlüssen nach dem eine Abzugspflicht von 22%. Bei Sparbriefen, Kapitalsparbüchern, Termineinlagen und Festgeldern kann der auf die Zeit ab dem anfallende Kapitalertrag einfachheitshalber nach folgender Formel berechnet werden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einlösungswert abzüglich Ausgabewert | = monatlicher Kapitalertrag |
Anzahl der vollen Monate zwischen Ausgabe und Einlösung |
Während des gesamten berufungsgegenständlichen Zeitraumes sei diese Regelung in Kraft gewesen. Weiters wurde auf die Argumente von Schönstein, SWK 2001 S 403, 571 verwiesen, wonach Abgrenzungsfragen nach den Grundsätzen der Zinsertragsteuerrichtlinie zu lösen seien.
Die Zinsertragsteuerrichtlinien vom , Z 13 950/1-IV/13/83 sahen unter VII. Übergangsbestimmungen Pkt. 15. (1) folgendes vor.
Der Zinsertragsteuer unterliegen im Bereich der Zinserträge aus Einlagen bei Kreditunternehmungen sowie sonstigen Forderungen gegenüber Kreditunternehmungen nur Kapitalerträge, die als Entgelt für die Zurverfügungstellung von Kapital nach dem anzusehen sind. Bei Zinserträgen aus Spareinlagen sowie aus Sichteinlagen wird es dabei zu keinen Abgrenzungsschwierigkeiten kommen. Bei Sparbriefen, Kapitalsparbüchern, Termineinlagen und Festgeldern errechnet sich der auf Zeiträume nach dem entfallende Zinsertrag nach folgender Formel:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einlösungswert abzüglich Ausgabewert | = monatlicher Zinsertrag x Anzahl der vollen Kalendermonate bis zum Auflösungszeitpunkt = steuerpflichtiger Zinsertrag |
Anzahl der vollen Monate zwischen Ausgabe und Einlösung |
Nach den Einkommensteuerrichtlinien 2000 liegen beim Veräußerer Kapitaleinkünfte in Höhe der Differenz zwischen dem Ausgabewert und dem "inneren Wert" der Anleihe im Veräußerungszeitpunkt vor; dieser "innere Wert" errechne sich durch Aufzinsung des Ausgabepreises mit dem Renditezinssatz. Wenn sich keine wesentlichen Abweichungen zu dem durch Aufzinsung des Ausgabepreises ermittelten Zinsertrag ergeben, bestünden keine Bedenken, den anteiligen Zinsertrag nach der "linearen" Formel zu berechnen (EStR 2000 Rz 6186). Mit Erlass des BM für Finanzen AÖF Nr. 145/2001 wurde diese Aussage in der Rz 6186 der Einkommensteuerrichtlinien 2000 dahingehend geändert bzw. ergänzt, dass keine Bedenken bestehen, wenn anlässlich von steuerpflichtigen Vorgängen, die vor dem gelegen sind, der innere Wert nach der linearen Methode pauschal berechnet werde. Diese Art der Schätzung sei jedoch nur zulässig, wenn keine wesentliche Abweichung zum Ergebnis nach der Zinseszinsformel bestehe und somit das Schätzungsergebnis dem tatsächlichen Ergebnis nahe komme. Als wesentliche Abweichung sei eine Abweichung um mehr als 25 %, mindestens aber um 10.000 S anzusehen.
Zunächst ist festzustellen, dass Erlässe weder für den VwGH noch für den Unabhängigen Finanzsenat maßgebende Rechtsquellen darstellen. Sie begründen weder objektive Rechte noch subjektive Ansprüche des Steuerpflichtigen (vgl. etwa die VwGH-Erkenntnisse vom , 2006/14/0002, und - ausdrücklich zu den ESt-Richtlinien - vom , 2002/14/0139). Ein im Einzelnen erlassgetreues Verhalten ist allerdings gegebenenfalls im Rahmen der Ermessensübung zur Erlassung eines Haftungsbescheides mit zu berücksichtigen (vgl. etwa das zu den mit den §§ 93 und 95 EStG 1988 insoweit vergleichbaren Bestimmungen der §§ 99 und 100 EStG 1988 ergangene Erkenntnis des ).
Wie bereits dem Text der KESt-Richtlinien 1993 zu entnehmen ist, handelt es sich bei der "linearen Berechnung" um eine vom BMF getroffene Maßnahme zur Vereinfachung der Abgrenzung der Zinserträge im Zusammenhang mit der Erhöhung der Kapitalertragsteuer von 10 % auf 22% ab . Diese vereinfachte Abgrenzung wurde schon einmal zuvor im Zusammenhang mit der Einführung der Zinsertragsteuer im Jahr 1983 erlassmäßig zugelassen.
Die lineare Abgrenzung war unter den damaligen EDV-Verhältnissen die einzige Möglichkeit, dass alle - auch kleinere Kreditinstitute - den damals übertragenen Steuereinbehaltungsaufgaben nachkommen konnten. Sie entspricht aber nicht der wirtschaftlich getreuen Abbildung der auf die einzelnen Zeiträume entfallenden Zinsenanteile und ist gesetzlich auch nicht vorgesehen.
Die Argumentation Schönsteins (SWK 2001 S 403) in diesem Zusammenhang, dass in den Gesetzesmaterialien bei der Einführung der Kapitalertragsteuer hinsichtlich der Abgrenzung zeitlicher Natur bei Forderungswertpapieren auf die Grundsätze der Zinsertragsteuerrichtlinien verwiesen werde, (diese enthalten dieselbe Formel wie nun die KESt-Richtlinien - nämlich eine lineare Berechnung) und solcherart die zwingende Anwendung einer linearen Abgrenzungsmethode in den Bereich der Kapitalertragsteuer übergegangen sei und eine finanzmathematische Abgrenzung ausschließe, wird nicht geteilt. Gesetzesmaterialien sind zwar grundsätzlich zu einer teleologisch/historischen Interpretation einer gesetzlichen Regelung heranzuziehen. Gegenständlich handelt es sich aber auch bei dieser Formel um eine durch die damaligen Gegebenheiten bedingte technisch-pragmatische Erleichterung bei der Umsetzung des Gesetzes aus der aber für die Frage der richtigen Ermittlung kalkulatorischer Zinsen nichts gewonnen werden kann. Auf die obigen Ausführungen zum wirtschaftlich geprägten Begriff des Kapital(Zins)ertrages wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Im Übrigen spricht gegen eine lineare Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen auch, dass - folgte man der Ansicht der Bw. - ein originärer Erwerber einer der berufungsgegenständlichen Nullkuponanleihen bei einem Verkauf vor dem Ende der Laufzeit in vielen Fällen mit einem unverhältnismäßig von den wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichenden Kapitalertragsteuerabzug endgültig belastet würde.
Dass eine lineare Berechnung einfacher durchzuführen ist, als eine progressive Berechnung liegt in der Natur der Sache. Die in Nullkuponanleihen enthaltene "Zinskomponente" muss für Zwecke der Kapitalertragsteuer(gutschriften) berechnet bzw. geschätzt werden. Jede Schätzung muss zum Ziel haben, ein Näherungsergebnis zu erreichen, das der Wirklichkeit weitestmöglich entspricht (Stoll, BAO, Band 2, S. 1905). Dazu ist eine geeignete Schätzungsmethode zu wählen. Eine finanzmathematisch progressive Berechnungsmethode ist zweifellos zur Ermittlung der im Kaufpreis von Nullkuponanleihen enthaltenen Zinsen geeignet. Vereinfachend wird in vielen Fällen auch die lineare Methode zu einem Näherungswert führen, der dem "inneren Wert" noch soweit entspricht, dass die Schätzung rechtmäßig bleibt. Bei den hier strittigen Berechnungen ist dies angesichts der aufgezeigten Differenzen zu einer (genaueren) progressiven Berechnung jedoch nicht mehr der Fall. Dieser Umstand erlaubt es aber nicht, auch dann eine, von den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichende, lineare Berechnung aus Vereinfachungsgründen vorzunehmen, wenn dies in den einzelnen Abgabengesetzen nicht vorgesehen ist.
Der Wortlaut in den KEST-Richtlinien 1993, dass "keine Bedenken" gegen die sinngemäße Anwendung der in Punkt 5.1 dargestellten linearen Vereinfachungsformel bestehen würden, lässt nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht die Schlussfolgerung zu, wie sie die Bw. zieht, nämlich dass für die Abgrenzung zeitanteiliger Kapitalerträge von Nullkuponanleihen ausschließlich die lineare Methode heranzuziehen sei. Es handelt sich dabei um keine Verpflichtung, sondern ein bloßes Dürfen, sofern sich die Ergebnisse im gesetzlichen Rahmen bewegen. Entsprechend der Formulierung des Erlasstextes handelt es sich bei der pauschalen bzw. vereinfachten linearen Ermittlung der Stückzinsen um eine zulässige Schätzungsmethode. Dies wird durch die Ausführungen in Rz 6186 der EStR 2000 insofern bestätigt, als es dort heißt:".......... Diese Art der Schätzung ist jedoch nur zulässig........". Grundsätzliches Ziel einer Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (Ritz ², Bundesabgabenordnung Rz 3 zu § 184 BAO). Selbst wenn eine vereinfachte lineare Berechnung in vielen Fällen den Anforderungen an eine Schätzung entsprechen mag, kann den Ausführungen in den KESt-Richtlinien 1993 kein Anspruch auf deren ausschließliche Anwendung unterstellt werden, wenn daraus , wie dies für den Berufungsfall aus den oben dargestellten Tabellen hervorgeht, absolut realitätsfremde Ergebnisse resultieren.
Bei den erheblichen Differenzen zwischen den Berechnungsmethoden (insgesamt betragen die nach der Linearmethode ermittelten KEST-Gutschriften ein Vielfaches der nach der progressiven finanzmathematischen Berechnung ermittelten Beträge) kann wohl nicht angenommen werden, dass die lineare Methode vom Gesetzgeber generell gewollt und deshalb wie von der Bw. vorgebracht "unstrittigen" Gesetzesinhalt darstellt.
Selbst seitens des BM für Finanzen wurde in einer Anfragebeantwortung die Auskunft erteilt, dass eine exakte Berechnung der zeitanteiligen Kapitalerträge möglich ist und die im Erlass dargestellte vereinfachende Abgrenzung hinter eine angestrebte genaue Berechnung zurückzutreten hat (vgl. zitiert in Schönstein, KESt und Zero-Bonds, SWK 2001 S 403).
Der Einwand, dass das Aufkommen an Kapitalertragsteuer für den Fiskus ohnehin immer gleich sei, egal ob die Kapitalertragsteuer linear oder progressiv berechnet wird, übersieht, dass, wenngleich das Endergebnis gleich ist, während der Laufzeit Phasen auftreten, wo es krasse Unterschiede zwischen der linearen und progressiven Ermittlung gibt, die im Verhältnis zum inneren Wert zu ungerechtfertigt hohen Gutschriften aber auch Abzügen führen.
Das von der beigetretenen Partei C in der mündlichen Berufungsverhandlung angeführte Berechnungsbeispiel über eine 10 jährige Nullkuponanleihe vergleicht die Unterschiede zwischen linearer und progressiver Berechnung bezogen auf einen fiktiven jährlichen Kapitalertrag. Tatsächlich ist aber die Basis für den jeweiligen KESt-Abzug oder die jeweilige KESt-Gutschrift bei einer Nullkuponanleihe die Summe der fiktiven Kapitalerträge bis zum maßgeblichen Berechnungszeitpunkt und umfasst somit den aufsummierten Kapitalertrag oft mehrerer Jahre. Dadurch kommt es aber -wie bereits oben ausgeführt- zu erheblichen Abweichungen zur progressiven Ermittlung. Entgegen der Darstellung der Partei liegt der progressiv ermittelte Kapitalertrag während der gesamten Laufzeit regelmäßig unter dem linear ermittelten Kapitalertrag. Erst im Einlösungszeitpunkt führen beide Berechnungsmethoden zum selben Ergebnis. Sinn und Zweck der linearen Methode war nur die vereinfachte Berechnung der Kapitalerträge. Die Anwendung der linearen Methode kann daher nur bei geringen nicht ins Gewicht fallenden Abweichungen zulässig sein.
Dass bei einem etwa durch wirtschaftliche Schwierigkeiten des Anleiheschuldners bedingten extremen Kursverfall ebenfalls das Phänomen auftreten kann, dass die Gutschrift beim Erwerb über dem kursbedingt niedrigen Kaufpreis liegen kann (arg. Parmalat Anleihe) mag zutreffen. Das hat aber nichts mit der Frage zu tun, ob die Stückzinsen linear oder progressiv zu ermitteln sind.
Der Unabhängige Finanzsenat ist daher der Ansicht, dass für die Ermittlung der fiktiven zeitanteiligen Kapitalerträge für einen Kapitalertragsteuerabzug oder Erteilung einer Kapitalertragsteuergutschrift eine progressive finanzmathematische Methode allein sachgerecht und angemessen ist.
2. Steuerpflicht von Entnahmen gemäß § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008
a) Monate Juni bis Oktober sowie Dezember 1997
Im Hinblick auf das Erkenntnis vom , 2005/13/0075, in dem der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, dass der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 65/2008 eine Verpflichtung zu einem Kapitalertragsteuerabzug bei einer Depotentnahme nicht entnommen werden kann, war der Berufung diesbezüglich stattzugeben. Hinsichtlich der Beträge wird auf die Darstellung im Spruch des Bescheides verwiesen.
b) Monate Jänner bis Mai 1998, Juli und August 1999 sowie Mai 2000
Der Gesetzgeber hat durch die Änderung des § 95 Abs. 4 Z 3 iVm § 124b Z 144 EStG 1988 (im Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz und die Bundesabgabenordnung geändert wird, BGBl. I Nr. 65/2008, ausgegeben am ) gesetzlich ausdrücklich angeordnet, dass eine Entnahme aus dem Depot rückwirkend zum als Veräußerung gilt, welche eine Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug begründet. Der neuen Rechtslage zufolge versteuert der Veräußerer eines Forderungswertpapiers Stückzinsen pro rata temporis gemäß § 27 Abs. 2 EStG, welche nach § 95 Abs. 4 Z 3 EStG der KESt unterliegen.
Die Regelung des § 95 Abs. 4 EStG bestimmt den Zeitpunkt des Abzuges bzw. der Einbehaltung der KESt; weiters auch die Entstehung des Abgabenanspruches im Sinne des § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO. Für "Zwecke der KESt" legt der Katalog des § 95 Abs. 4 EStG besondere - teilweise vom allgemeinen Zufluss abweichende - Zuflusszeitpunkte fest. Die Zuflussbestimmungen des § 95 Abs. 4 EStG gehen als lex specialis sowohl § 19 EStG als auch den Realisationsbestimmungen im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleiches gemäß §§ 4f EStG 1988 vor. Für das Regime der Kapitalertragsteuer ordnet § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 insofern eine so genannte Surrogatbesteuerung an, als für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer die Kapitalerträge bereits im Zeitpunkt des Zufließens (§ 19 EStG) anteiliger Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers oder des Wertpapierkupons - in Form des Veräußerungspreises des Wertpapiers, in dem auch die Stückzinsen enthalten sind - als zugeflossen gelten (Fuchs, Abgrenzung Kapitalertrag und Substanz im Ertragsteuerrecht, in FS Doralt, Ertragsteuern in Wissenschaft und Praxis, Wien 2007, S 84).
Die Stückzinsen sind im Zeitpunkt ihres (fiktiven) Zufließens kapitalertragsteuerpflichtig. Die Entnahme eines Wertpapiers aus einem Depot gilt gemäß § 95 Abs. 4 Z 3 2. Satz EStG idF BGBl Nr. I 65/2008 "als Veräußerung" und führt als Austritt des Wertpapiers aus dem KESt-Kreislauf zum Abzug von KESt auf die Stückzinsen (Jakom/Marschner, EStG, 2009, § 95, Rz. 31)
Kuponauszahlende Stelle ist demnach nach § 95 Abs. 3 Z. 2 erster Teilstrich EStG 1988 auch das Kreditinstitut, das anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt.
c) Rückwirkung
Gemäß § 124b Z 144 Satz 1 EStG 1988 tritt die Neuregelung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 mit rückwirkend in Kraft.
Dazu wurde vorgebracht, dass im Zeitpunkt der Verwirklichung der körperlichen Entnahme der Wertpapiere keine Steuerpflicht der Kunden bestanden habe und demzufolge auch keine Einbehaltungspflicht seitens der Bw. . Eine bis über zehn Jahre rückwirkend eingeführte Steuerpflicht könne aus verfassungsrechtlicher Sicht nie dazu führen, dass ein Dritter unter dem Titel der Einbehaltungspflicht für die rückwirkend festgelegte Steuerpflicht rechtens zur Haftung herangezogen wird. Keine ausreichende Rechtfertigung wäre auch das Bedürfnis nach Behebung von im Gesetzgebungsprozess unterlaufenen Redaktionsversehen oder Fehlern.
Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes führen gesetzliche Vorschriften, die nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition der Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern, zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht besondere Umstände eine besondere Rückwirkung verlangen (VfGH Slg 12.186/1989, 12.673/1991).
In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2005/13/0075 nicht nur ausgesprochen hat, dass ein Kapitalertragsteuerabzug bei Entnahme von Wertpapieren aus dem Depot gesetzlich nicht vorgesehen sei, sondern auch darüber hinaus ausdrücklich festgestellt hat, dass auch die Erteilung von Kapitalertragsteuergutschriften der Bestimmung des § 95 Abs. 6 EStG 1988 nicht entnommen werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Gutschriftserteilung und Kapitalertragsteuerabzug hergestellt.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Hinblick darauf, dass bisher in Lehre und Rechtsprechung die Gutschriftserteilung aufgrund der Bestimmung des § 95 Abs. 6 EStG 1988 nicht strittig war, unerwartet gekommen, bildete doch das System von Gutschriftserteilung und nachfolgendem Abzug eine verwaltungsökonomische und vermeintlich auch gesetzlich gedeckte Abgrenzungstechnik zur Verteilung der Belastung bei einem Eigentümerwechsel während der Laufzeit eines Wertpapiers.
Unzählige Geschäftsfälle im Bankenbereich sind seit Einführung der Kapitalertragsteuer im Jahr 1993 auf diese Weise abgerechnet worden. Der Wegfall dieser Abgrenzungstechnik, nämlich die Erteilung einer Gutschrift verbunden mit nachfolgender Kapitalertragsteuerbelastung in einem geschlossenen System (KESt-Kreislauf), würde logischer Weise bei einer derartigen Vielzahl von Geschäftsfällen, die im Vertrauen auf die bisherige als gesetzlich gedeckt angesehene Vorgangsweise gemacht wurden zu einer erheblichen Unsicherheit in weiten Bereichen führen und zwar überall dort wo Wertpapiergeschäfte eine Rolle spielen. So wäre anzunehmen gewesen, dass in einer Unzahl von Fällen, bereits erteilte Gutschriften wieder rückzufordern gewesen wären, was wiederum eine unabsehbare Zahl von Zivilprozessen nach sich ziehen würde.
Die durch § 124b Z 144 und 145 EStG 1988 rückwirkend erfolgte Inkraftsetzung der Neuregelung der Gutschriftserteilung in § 95 Abs. 7 EStG sowie damit im Zusammenhang stehender Abzugspflichten in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 erscheint daher im vorliegenden Fall verfassungsrechtlich geradezu geboten.
Im Unterschied zum klassischen Fall der rückwirkenden Einführung einer Steuer, die die Rechtsposition der Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtert, hat diese Regelung für nahezu alle davon betroffenen Fälle dazu geführt, dass die beim Erwerb von Wertpapieren erteilte Gutschrift nunmehr gesetzlich gedeckt ist und das bisher an sich bewährte System bestehend aus Gutschriftserteilung mit nachfolgendem Kapitalertragsteuerabzug erhalten blieb. Demgegenüber mag eine kleine Gruppe von Erwerbern von Nullkuponanleihen in ihrer unberechtigten Erwartung getäuscht worden sein, entgegen der Logik des bei der Kapitalertragsteuer angewandten Gutschrift-Lastschriftsystems, eine Gutschrift ohne nachfolgenden Abzug zu erhalten.
Dass nun durch § 124b Z 144 Satz 1 die Neuregelung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 mit rückwirkend in Kraft getreten ist führt für die gegenständlich dadurch Betroffenen daher nicht zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis, da sie nicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden.
Denn dieses Vertrauen konnte sich - beachtet man den vom Verwaltungsgerichtshof hergestellten engen Zusammenhang zwischen Gutschrift und Abzug - wohl nicht bloß einseitig auf einen nicht vorgesehenen Kapitalertragsteuerabzug bei der Entnahme beziehen, während gleichzeitig, trotz des unmittelbaren Zusammenhanges zwischen Gutschrift und Entnahme, hinsichtlich der Gutschriftserteilung offenbar keine Bedenken bestanden.
Es erscheint daher aus diesen Gründen nicht verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber rückwirkend und auch mit Wirkung für den Haftenden einen Kapitalertragsteuerabzug bei Entnahme von Wertpapieren aus dem Depot vorsieht.
d) Gemeinschaftswidrigkeit
Gegen die Anwendung der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 wurde weiters vorgebracht, dass die Besteuerung von nicht zugeflossenen Kapitalerträgen anlässlich von Entnahmen von Wertpapieren aus dem Depot gegen die Niederlassungs-, die Dienstleistungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße. § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 beeinträchtige als Wegzugsbesteuerung die durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten der Kunden von inländischen Kreditinstituten. Aber auch ausländische Finanzdienstleister würden dadurch beeinträchtigt, dass im Ergebnis in Österreich ansässige Steuerpflichtige davon abgehalten würden, sich ihre Nullkuponanleihen ausfolgen zu lassen und bei Finanzdienstleistern zu deponieren, die in einem anderen Staat ansässig seien. Durch den sofortigen Steuerabzug, ohne dass der Anleger über Kapitalerträge verfüge, werde die Depotübertragung an im Ausland ansässige Finanzdienstleister völlig unattraktiv.
Die oben angesprochenen Grundfreiheiten sind in Art 43, 49 und 56 EGV näher geregelt und sollen das Funktionieren des gemeinsamen Binnenmarktes gewährleisten. Die Grundfreiheiten enthalten in erster Linie Diskriminierungsverbote, die das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV für verschiedene Bereiche konkretisieren. Ein Binnenmarkt lässt sich nicht verwirklichen, wenn "EU-Ausländer" im Fall eines grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs schlechter als "EU-Inländer" behandelt werden. Wann eine Diskriminierung im Sinne der Grundfreiheiten vorliegt, hängt von dem zu Grunde zu legenden Vergleichsmaßstab ab. Die Grundfreiheiten beziehen sich auf Maßnahmen " zwischen den Mitgliedstaaten." Sie richten sich auf Marktzugang und nicht auf vollständige Marktgleichheit im gesamten Gemeinschaftsgebiet. Sie erfassen daher nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (z.B. EuGH, Slg 11992, I-341 - Rn 9 - Steen I) nur grenzüberschreitende Sachverhalte, wobei die hypothetische Möglichkeit eines Grenzübertrittes nicht ausreicht (siehe EuGH, Slg 1997, I-2629, Rn 16 - Kremzow).
Gegenständlich haben Kunden bei der Bw. Nullkuponanleihen gekauft und diese sich zeitnah körperlich ausfolgen lassen. Als Grund für diese eher unübliche Vorgangsweise wurde von C , dem Kunden, auf den der weitaus größte Teil der Entnahmen entfiel, ursprünglich angegeben, dass er die Depotgebühren im Hinblick auf die lange Laufzeit sparen wollte. Hinweise, dass die Entnahmen in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit einem allenfalls im Lichte der gemeinschaftsrechlichen Grundfreiheiten relevanten Wohnsitzwechsel ins Ausland stehen würden, sind nicht ersichtlich sondern wurden nur hypothetisch in den Raum gestellt.
Bei dieser Sachlage käme eine Anwendung der angesprochenen Grundfreiheiten schon mangels eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes nicht in Betracht.
Es ist aber davon auszugehen, dass aufgrund des von Kunden der Bw. tatsächlich verfolgten Zweckes, nämlich durch Lukrierung der beim Ankauf gutgeschriebenen Kapitalertragsteuer, Entnahme der Wertpapiere und Verkauf oder sonstige Verwertung ohne Kapitalertragsteuerabzug einen dauerhaften Vermögensvorteil zu erlangen, nach der Logik der Vorgangsweise ein Verkauf der Wertpapiere im Ausland erfolgt sein muss. Dies wurde von C in der mündlichen Berufungsverhandlung auch zugegeben.
Somit ist vom Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes in einem kausalen zeitlichen Zusammenhang mit der Entnahme und einer dadurch ausgelösten Steuerpflicht auszugehen.
Da die Grundfreiheiten auf grenzüberschreitende Sachverhalte anzuwenden sind, könnten diese durch den Kapitalertragsteuerabzug anlässlich der körperlichen Entnahme verletzt worden sein.
Vor einer genauen Prüfung des Tatbestandes des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 im Hinblick auf eine allfällige Verletzung von Grundfreiheiten ist festzuhalten, dass selbst wenn als Ergebnis der Prüfung eine Verletzung von Grundfreiheiten festzustellen wäre, zwar diesbezüglich das im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht stehende nationale Recht verdrängt wird, die nationale Regelung aber in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht. (siehe ).
Gemeinschaftsrechtliche Erfordernisse sind demnach in das nationale Recht hineinzulesen (Gosch, DStR 2007, 1553 (1555); zur Abzugssteuer beschränkt steuerpflichtiger Künstler; BFH , I R 87/03).
Im Wege der Verdrängung darf nur jene von mehreren gemeinschaftsrechtskonformen Lösungen zur Anwendung kommen, mit der die rechtspolitische Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt.
Soweit nun der gemäß § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 anlässlich der Entnahme vorzunehmende Kapitalertragsteuerabzug nur eine anlässlich des Kaufes erteilte Gutschrift rückgängig macht, kann Gemeinschaftsrecht nicht verletzt werden.
Die Erteilung der Gutschrift stellt an sich ja nur eine verwaltungsökonomische "Technik" für die Abgrenzung der Steuerpflicht mehrerer Besitzer des Wertpapiers während dessen Laufzeit dar. Die Rückforderung der Gutschrift ist daher, soweit ein späterer Kapitalertragsteuerabzug aus faktischen Gründen nicht mehr durchsetzbar ist, als Maßnahme zur Erhaltung der Kohärenz des Steuersystems sachlich notwendig.
Eine allfällige Beeinträchtigung der angesprochenen gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten durch den Kapitalertragsteuerabzug könnte daher nur jenen Teil der Kapitalertragsteuer betreffen, der auf den Zeitraum zwischen Kauf und tatsächlicher körperlicher Entnahme entfällt.
Tatsächlich ist der Teil der Kapitalertragsteuer, der auf den Zeitraum zwischen Erwerb und Entnahme entfällt im Verhältnis zur Gutschrift, die durch den Abzug wieder rückgängig gemacht wird bei den berufungsgegenständlichen Geschäftsfällen nur von ganz untergeordneter Bedeutung.
So beträgt etwa - repräsentativ für alle derartigen Geschäftsfälle - die beim Kauf von Nullkuponanleihen WPKN 405371 British Gas Intern Fin im Fremdwährungsnominale von USD 5,900.000,- am finanzmathematisch ermittelte Kapitalertragsteuergutschrift ATS 1.123.959,45, die im Hinblick auf die Entnahme am abgezogene Kapitalertragsteuer ATS 1.134.077,28. Die anlässlich der Entnahme vorgeschriebene Kapitalertragsteuer übersteigt somit die gewährte Gutschrift lediglich um ATS 10.117,83. Das heißt mit anderen Worten lediglich 0,9% der anlässlich der Entnahme vorgeschriebenen Kapitalertragsteuer war nicht durch die zuvor gewährte Gutschrift gedeckt.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Abzug der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum zwischen Erwerb und Entnahme bei den Kunden der Bw. in den berufungsgegenständlichen Geschäftsfällen für die Entscheidung eines Wohnsitzwechsels ins Ausland oder der Entscheidung, ob eine Verwahrung der Wertpapiere im Ausland erfolgt, keine praktische Relevanz hat.
Darüber hinaus ist auch die vorgebrachte mögliche Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit ausländischer Finanzanbieter im vorliegenden Fall lediglich hypothetischer Natur.
Neben den von der Bw. vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken wurde seitens der der Berufung beigetretenen Partei C beantragt, eine Reihe von Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, wobei nach Ansicht dieser Partei diesbezüglich eine Vorlageverpflichtung des Unabhängigen Finanzsenates bestehe.
Dazu wird folgendes ausgeführt: Der unabhängigen Finanzsenat wird vom EuGH (siehe etwa Rechtssache C-278/02 -Herbert Handlbauer) als Gericht im Sinne des Art 234 EGV angesehen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (, CILFIT, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 ff.) hat ein vorlagepflichtiges Gericht im Falle einer klärungsbedürftigen Auslegungsfrage seiner Vorlagepflicht nachzukommen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechtes stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.
Eine Vorlagepflicht trifft allerdings nur die Gerichte, gegen deren Urteile in konkreten Verfahren keine ordentlichen Rechtsmittel mehr zulässig sind. Die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates können jedoch mit außerordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden, daher liegt lediglich eine Vorlageberechtigung, und keine Vorlageverpflichtung vor. Ob eine Vorlage erfolgt oder nicht liegt daher im Ermessen der Behörde.
Der Unabhängige Finanzsenat macht von seiner Vorlageberechtigung im gegenständlichen Fall keinen Gebrauch.
Wie bereits ausgeführt, kann nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates überhaupt nur ein - im Verhältnis zur gesamten vorgeschriebenen Kapitalertragsteuer - sehr kleiner Teil der Kapitalertragsteuer überhaupt von einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit betroffen sein. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zwar mit Rückwirkung ausgestattet - zur Unbedenklichkeit der Rückwirkung wird auf die Ausführungen unter Punkt 2 c verwiesen - aber auch durch die Schaffung der Bestimmung des § 240 Abs. 2 BAO eine Möglichkeit geschaffen, eine ungerechtfertigte Belastung mit Kapitalertragsteuer vor Zufluss von Kapitalerträgen bei gemeinschaftsrechtsrelevanten grenzüberschreitenden Sachverhalten weitgehend auszuschließen. Dass die Depotentnahme als solche in § 240 Abs. 2 BAO nicht erwähnt wird ist darauf zurückzuführen, dass durch die Depotentnahme allein noch kein gemeinschaftsrechtsrelevanter grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Der Wortlauf der Bestimmung steht aber nicht der Anwendung des § 240 Abs. 2 BAO auf Depotentnahmen entgegen, die im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten wie Wohnsitzverlegung ins Ausland oder Verbringung der Wertpapiere auf ein Depot im Ausland stehen. Eine zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereiches dieser Bestimmung ist überdies dem Wortlaut des § 240 Abs. 2 BAO nicht zu entnehmen. Soweit daher, wie bei den hier berufungsgegenständlichen langfristigen Nullkuponanleihen, die Fälligkeit der Wertpapiere noch nicht eingetreten ist, kann der Regelung auch nicht von vornherein ihre Wirkung für die berufungsgegenständlichen Fälle abgesprochen werden. Aus diesen Gründen erscheint dem Unabhängigen Finanzsenat die Unvereinbarkeit der bekämpften Bestimmung mit dem Gemeinschaftsrecht nicht gegeben.
Durch die gleichzeitige Verfolgung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit und der Verfassungswidrigkeit des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 und damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen besteht für die Parteien gegenständlich ein Zielkonflikt, weil die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens schon auf Ebene des Unabhängigen Finanzsenates wiederum das Interesse der Parteien, bei einer allfälligen Aufhebung der als verfassungswidrig bekämpften Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof, in den Genuss der Anlassfallwirkung zu kommen, gefährden könnte. In Anbetracht dieses Zielkonfliktes werden die Interessen der Parteien durch die Abstandnahme des Unabhängigen Finanzsenates von einem Vorabentscheidungsersuchen gegenständlich nicht beeinträchtigt.
3. Haftungsinanspruchnahme
a) Allgemein
Der Tatbestand der Haftung für Kapitalertragsteuer nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 stellt nur auf die objektive Pflichtverletzung ab, die im Hinblick auf die Ausführungen zur Unzulässigkeit der linearen Berechnungsmethode und der nunmehr mit BGBl I Nr. 65/2008 in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ausdrücklich aufgenommenen Steuerpflicht der Depotentnahme sowohl hinsichtlich der Differenzbeträge zwischen linearer und progressiver Ermittlung der berufungsgegenständlichen KESt-Gutschriften als auch der nachgeforderten KESt für Depotentnahmen jedenfalls vorliegt.
Doch steht die Geltendmachung der Haftung nach § 224 BAO iVm § 95 Abs. 2 EStG 1988 im Ermessen der Behörde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0004, mwN, zur insoweit gleich gelagerten Bestimmung des § 82 EStG 1988 die hg. Erkenntnisse vom , 2000/13/0046, und vom , 2001/15/0152, VwSlg 7.713/F, und zur insoweit gleich gelagerten Haftung nach § 99 EStG 1988 das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0087, VwSlg 7.881/F).
Abweichend vom Regelfall der Haftung des Abzugsverpflichteten sieht § 95 Abs. 5 EStG 1988 die Inanspruchnahme des Empfängers der Kapitalerträge und daher Steuerschuldners (Abs. 2 erster Satz)- nach Ermessen der Abgabenbehörde neben oder an Stelle des Abzugsverpflichteten - nur dann vor, wenn der Haftungspflichtige die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hatte oder wenn der Steuerschuldner wusste, dass der zum Abzug Verpflichtete die einbehaltenen Steuerbeträge nicht vorschriftsmäßig abgeführt und dies der Abgabenbehörde nicht unverzüglich mitgeteilt hatte.
Demnach darf der eigentliche Steuerschuldner nur dann unmittelbar (mit Abgabenbescheid) - und nur "ausnahmsweise" im Sinne des Ermessens - in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerabzug unrichtig (zu gering oder gar nicht) vorgenommen wurde (erster Tatbestand) oder wenn dem Steuerpflichtigen die Nichtabfuhr oder nicht vollständige Abfuhr der einbehaltenen Beträge ausdrücklich bekannt war (siehe Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die, Einkommensteuer Tz 3 zu § 95).
Dass eine Inanspruchnahme des Empfängers im Ermessen der Behörde steht wird auch sonst überwiegend in der Literatur bejaht (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, 1993, Tz 11 zu § 95, Doralt/Kirchmayr, Einkommensteuergesetz (Loseblatt) § 95 Rz 44; a.A. Achatz, ÖStZ 1989, 255). In diesem Zusammenhang erscheint auch nicht unbeachtlich, dass der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass, selbst wenn § 95 Abs. 5 der Inhalt beizulegen ist, dass Fehlbeträge an Kapitalertragsteuer grundsätzlich beim Abfuhrverpflichteten und nicht beim Empfänger einzufordern sind, dies nicht verfassungswidrig wäre ().
Im Rahmen des der Behörde eingeräumten Auswahlermessens, die zu Unrecht nicht einbehaltene oder zu Unrecht gutgeschriebene Kapitalertragsteuer dem Haftungspflichtigen oder dem Empfänger der Kapitalerträge vorzuschreiben, ist auch zu beachten, dass im Hinblick auf die Formulierung des 1. Satzes des § 95 Abs. 5 die Vorschreibung gegenüber dem Schuldner der Kapitalertragsteuer nur ausnahmsweise zur Anwendung gelangen soll.
Das im ersten Satz des 95 Abs. 5 EStG 1988 verwendete "ist", muss so verstanden werden, dass eine unmittelbare Vorschreibung beim Steuerschuldner dann subsidiär vorzunehmen ist, wenn andere Maßnahmen der KESt-Einhebung, wie etwa die Haftungsinanspruchnahme, erfolglos geblieben sind (siehe Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, 1993, Tz 11 zu § 95).
Aufgrund des enormen Ausmaßes der nachzufordernden Kapitalertragsteuer kommt gegenständlich insbesonders auch im Hinblick auf das Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung von ungerechtfertigten Steuerausfällen der Frage der Einbringlichkeit eine überragende Bedeutung zu. Es liegt nun aber geradezu in der Natur der Sache, dass die Einbringlichkeit bei einer Bank in sehr hohem Ausmaß gewährleitstet ist, während die Einbringung bei den Kunden der Bw, insbesonders auch im Hinblick auf die Verbringung von Wertpapieren ins Ausland, in hohem Ausmaß mit Unsicherheiten belastet ist. Demgegenüber treten das im Hinblick auf Billigkeitserwägungen unter dem Aspekt von Treu und Glauben auch zu beachtende Verhalten des BMF und der Kunden der Bw. in den Hintergrund (siehe dazu auch die Ausführungen zu den Unterpunkten b) und c)).
Soweit die Kunden der Bw. der Behörde nicht bekannt sind, scheidet ein Auswahlermessen schon aus faktischen Gründen aus.
Soweit von dem der Berufung beigetretenen Kunden C vorgebracht wurde, dass gegen ihn persönlich vom Finanzamt für den 1. Bezirk am ein Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO für einen Teil der später der Bw. vorgeschriebenen Kapitalertragsteuerbeträge erlassen worden sei und sich das Finanzamt überdies den Pfandrang für eine Exekution bei seinem unbeweglichen Vermögen sichern habe lassen, so ist dem entgegenzuhalten, dass einerseits der Sicherstellungsauftrag die Abgaben einer anderen Bank und nicht solche der Bw. betraf, eine Vorschreibung dieser Abgaben an C nicht erfolgt ist und aufgrund einer Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag, dieser mit Berufungsvorentscheidung vom ersatzlos aufgehoben wurde. Dazu kommt, dass C die Wertpapiere nach eigenen Angaben ins Ausland verbracht hat und das unbewegliche Vermögen allein nach den vorliegenden Grundbuchsauszügen und Bewertungsunterlagen bei weitem nicht ausgereicht hätte, die Abgabenschuld abzudecken. Dass C im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Strafverfahrens im Jahr 2007 an die Bw. Zahlungen geleistet hat, bedeutet nicht, dass das Finanzamt damals auf diese nach Angabe des C im Ausland befindlichen Vermögenswerte zugreifen hätte können.
In Abwägung dieser Umstände ist daher die Entscheidung, gegenständlich nicht die Kunden sondern die Bw. für die zu Unrecht nicht einbehaltene oder zu Unrecht gutgeschriebene Kapitalertragsteuer heranzuziehen, gerechtfertigt.
b) Differenzbeträge zwischen linearer und progressiver Berechnung der Kapitalertragsteuer
Dadurch. dass das Zl. 14 0602-IV/14/93 die "Ansicht vertreten hat", dass die Ermittlung von Stückzinsen in vereinfachter Form zulässig sei, und diese Ansicht in verschiedenen Anfragebeantwortungen bzw. in nachfolgenden Erlässen, wenn auch teilweise einschränkend aufrechterhalten hat wurde kein derartiger Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sich die Bw. im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen kann.
Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt grundsätzlich nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit von Rechtsauffassungen, die in Erlässen der Finanzverwaltung vertreten werden, wenn in diesen Erlässen - wie das auch bei den KESt-RL 1993 der Fall ist - darauf hingewiesen wird, dass über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten dadurch nicht begründet werden (vgl. z.B. VfSlg. 6928/1972, 8858/1980, 14.674/1996). Besondere Umstände, die es allenfalls geboten erscheinen lassen könnten, den in den Erlässen geäußerten Rechtsauffassungen zur Anwendbarkeit der linearen Berechnungsmethode vertrauensbegründende Wirkung beizumessen, kann der UFS nicht erkennen.
Erlässen oder Richtlinien ist überdies unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht eine vergleichbare Wirkung beizumessen wie einer verbindlichen Zusage oder Auskunft für den Einzelfall, weil der Grundsatz von Treu und Glauben ein konkretes Verhältnis zwischen dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde voraussetzt, bei dem allein sich eine Vertrauenssituation bilden kann (vgl. ; , 97/15/0005, und Zorn, Schutz des Abgabepflichtigen durch den Grundsatz von Treu und Glauben, in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg.), Soft Law in der Praxis, Wien 2005, 91).
Die konkreten berufungsgegenständlichen Geschäfte waren nicht Gegenstand einer vom zuständigen Finanzamt erfolgten Auskunftserteilung an die Bw, sodass diesbezüglich eine Berufung auf Treu und Glauben in Hinblick auf eine Auskunftserteilung ausscheidet.
Soweit die der Berufung beigetretene Partei C vorbringt, es habe bei den Banken ja wohl Betriebsprüfungen gegeben, wo offenbar die Gutschriften nicht beanstandet worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass, selbst wenn derartige Geschäftsfälle geprüft worden wären, wofür es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, der Grundsatz von Treu und Glauben keine Bindung an eine allfällige Beurteilung durch die vorangegangene Betriebsprüfung bewirken kann (). Der Umstand, dass eine in der Vergangenheit erfolgte Überprüfung durch die Behörde, eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, hindert die Behörde nicht, diese Vorgangsweise als rechtswidrig zu beurteilen ()
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in den Erkenntnissen vom , 2005/15/0052 und vom , 90/13/0156, zum Ausdruck gebracht, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (siehe hiezu auch Lang/Schuch/Staringer, Soft Law in der Praxis, Wien 2005, 89) die Behörde nicht hindert, von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung später abzugehen. Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wurde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen (vgl C- 181/04 bis 183/04, Elmeka) Abgabenbehörde zu berücksichtigen (vgl Ritz, BAO3, § 114 Tz 11).
Soweit die Bw. über Kontakte zu anderen Bankenvertretern über Auskunftserteilungen des BMF zur Anwendung der linearen Methode Bescheid wusste, ist dazu auszuführen, dass kurze Anrufe bzw. Gespräche am Rande von Veranstaltungen bzw. auch die Vorlage eines Beispielfalles durch einen Bankenvertreter wohl kaum ausreichen, um einen Vertrauenstatbestand zu derartig komplexen Fragestellungen zu begründen, insbesondere weil offenbar auch der tatsächliche Umfang dieser Geschäfte dem BMF nicht bekannt war (siehe Stellungnahme des BM Edlinger im Wirtschaftsblatt).
Die wiederholten Anfragen zeigen auch, dass den Banken aufgrund der von ihnen getätigten Geschäfte sehr wohl bewusst war, dass die Anwendung einer linearen Methode bei den berufungsgegenständlichen hochverzinsten und besonders langfristigen Nullkuponanleihen zu ungerechtfertigt hohen Gutschriften führt und die Auskunftserteilungen des BMF, die lineare Methode könne weiterhin angewendet werden, ihre diesbezüglichen Bedenken nicht zerstreut hat. Im Hinblick auf diese besonderen Umstände wäre es aber zumutbar gewesen, entweder bei diesen Geschäftsfällen eine progressive Ermittlung der zeitanteiligen Kapitalerträge vorzunehmen, wie dies ohnehin andere Banken bereits machten (siehe etwa Schönstein SWK 2001 S 404 3. Absatz) oder aber entsprechende Sicherheiten mit den Kunden für den Fall einer Rückforderung seitens des Finanzamtes zu vereinbaren.
Soweit vorgebracht wurde, dass der Fiskus jahrelang durch die Anwendung der linearen Methode bei der Veräußerung von Wertpapieren insgesamt einen enormen Vorteil erzielt habe und es auch deshalb unzulässig sei, jetzt einseitig zu hohe Gutschriften rückzufordern, so ist dem entgegenzuhalten, dass soweit Veräußerer und Erwerber beide unbeschränkt steuerpflichtig sind, die Veräußerung für den Fiskus erfolgsneutral bleibt. Nur wenn der Erwerber nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, könnte der Fiskus überhaupt erfolgswirksam KESt vereinnahmen, Bei monatlicher oder jährlicher Vorschreibung von Kapitalertragsteuer sind zudem die Differenzen der linearen zur progressiven Methode in der Regel vernachlässigbar. Wären derartige gravierende Fälle wie bei der Gutschrifterteilung aufgetreten, so wäre zu erwarten gewesen, dass die Betroffenen die lineare Berechnungsmethode bekämpft hätten. Derartige Fälle kamen aber deshalb kaum vor, weil ein KESt-Abzug bei den berufungsgegenständlichen Nullkuponanleihen nach der linearen Methode offenbar regelmäßig durch Depotentnahme und Veräußerung bei einer progressiv abrechnenden Bank oder Verkauf im Ausland vermieden wurde.
Die Bw. wurde vom Finanzamt, bezogen auf die Gesamtzahl aller Geschäftsfälle, in denen eine Ermittlung der Kapitalertragsteuer nach der linearen Methode erfolgte, nur in einer sehr kleinen Zahl von Fällen zur Haftung herangezogen. Das waren eben diese Geschäftsfälle, bei denen einem mit Wertpapiergeschäften vertrauten Kreditinstitut die Widersinnigkeit einer linearen Berechnungsmethode zu Ermittlung von zeitanteiligen Kapitalerträgen auffallen hätte müssen. Es hätte auffallen müssen, dass diese Berechnungsmethode dazu führte, dass Steuerbeträge gutzuschreiben waren, die in einer unverhältnismäßigen Relation zum inneren Wert des Wertpapiers standen oder in Einzelfällen sogar den Kaufpreis überschritten ("Zlotyanleihe") , ohne dass dies auf einen durch wirtschaftliche Gründe bedingten geringen Kurs des Wertpapiers zurückzuführen war, wie auch solche Fälle auffallen mussten, wo Käufe mit Gutschriftserteilungen mit zeitnahen Depotentnahmen im Zusammenhang standen und wo erkennbar war, dass durch die Entnahme ein Kapitalertragsteuerabzug am Laufzeitende nicht mehr gesichert war und durch die höhere lineare Gutschrift noch größere Vermögensvorteile für die so handelnden Kunden entstanden. Es handelte sich dabei keineswegs um Geschäftsfälle, die im Alltagsgeschäft völlig untergehen, war doch schon die Depotentnahme an sich unüblich und wurden ja auch Absprachen über die Entrichtung des Kaufpreises unter Vorabanrechnung der erwarteten KESt-Gutschrift getroffen.
Da sich Banken aufgrund ihrer spezifischen Geschäftstätigkeit regelmäßig gegen Risiken absichern, erscheint es auch bei den gegenständlichen Geschäften nicht unzumutbar, mit Hilfe von Vertragsgestaltungen eine Risikolimitierung zu erreichen, zumal in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken Schad- und Klaglosstellungen für abgabenrechtliche Haftungsinanspruchnahmen nicht unüblich sind.
Dazu kommt, dass die Bw. bei den gegenständlichen Fällen nicht mit Abzugspflichten belastet war, sondern zu Lasten eines Dritten (des Abgabengläubigers) ihren Kunden Gutschriften erteilte (d.h. in der konkreten Abwicklung nach den Angaben der Bw. auf einen Teil des ihr zustehenden Kaufpreises verzichtete). Im Hinblick auf die ungewöhnliche Höhe von Gutschriften in diesen Fällen kann sowohl eine Zurückbehaltung der Gutschriften (diesfalls wäre der Betrag für eine Steuerabfuhr jedenfalls zur Verfügung gestanden) als auch eine Vereinbarung von Rückforderungsrechten nicht als ein die Geschäftsbeziehung zerstörender Vertrauensbruch angesehen werden, da der Kunde bei derartigen Geschäften auch bei Konkurrenzbanken mit derartigen Vorgangsweisen hätte rechnen müssen bzw. ja den Kunden auch bekannt war, dass andere Banken die Stückzinsen aufgrund progressiver finanzmathematischer Berechnungsmethoden ermittelten.
Im Hinblick auf die oben angeführten Umstände erscheint es insgesamt im Rahmen des Ermessens nicht unbillig die Bw. zur Gänze für die Differenz zwischen linear bzw. progressiv ermittelter Kapitalertragsteuergutschrift heranzuziehen.
c) Depotentnahmen
Überwiegende Teile der Literatur gingen bereits vor Änderung der Rechtslage bzw. Aufnahme einer derartigen Rechtsansicht in Rz 7764 mit davon aus, dass bei Depotentnahmen ein KESt-Abzug zu erfolgen habe (Quantschnigg/Schuch Einkommensteuer-Handbuch Tz 9.3 zu § 95, Doralt, Est-Kommentar4, Rz 39 zu § 95, Marschner, ÖStZ 2002/381).
Der Bw. ist zwar zu Gute zu halten, dass sie, wie der VwGH im Erkenntnis vom , 2005/13/0075, davon ausging, dass ein Steuerabzug anlässlich einer Depotentnahme gesetzlich nicht vorgesehen war. Allerdings hat der VwGH in diesem Zusammenhang auch ausgesprochen, dass das seit Einführung der Kapitalertragsteuer praktizierte Gutschrift-Lastschrift-System bei der Verrechnung von Stückzinsen insgesamt keine rechtliche Deckung hatte, also auch die Erteilung von Gutschriften unzulässig war.
Demgegenüber hat die Bw. die gesetzlichen Bestimmungen in der Weise ausgelegt, einerseits den Kapitalertragsteuerabzug bei Depotentnahme zu verneinen, andererseits aber Gutschriften zu gewähren, obwohl dies dem Gesetzgeber schon aus logischen und systematischen Gründen nicht unterstellt werden konnte. Eine derartige Interpretation bedeutet, dass es eine Gutschrift von Kapitalertragsteuer geben kann, ohne dass in weiterer Folge ein Kapitalertragsteuerabzug folgt. Da aber bei dem bei der Kapitalertragsteuer angewandten Gutschrift-Lastschrift-System systemimmanent der "KESt-Kreislauf" geschlossen sein muss, stellt die nunmehrige Rückwirkung der Bestimmung des 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 in Anbetracht der vorhin geschilderten Umstände keinen Grund dar, der im Rahmen der Billigkeitserwägungen bei Ausübung des Ermessens zu Gunsten der Bw. heranzuziehen ist. Bezüglich der Möglichkeiten einer Risikoabsicherung wird auf die Ausführungen unter b) verwiesen.
d) Gutschrift für die Monate Juni bis Oktober sowie Dezember 1997
Soweit zudem die Bestimmung des 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 nicht rückwirkend erlassen worden ist, so ist in konsequenter Umsetzung der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , 2005/13/0075, wonach eine Gutschriftserteilung überhaupt unterbleiben hätte müssen, die Bw. für die gesamte Gutschrift und nicht nur für den Unterschiedsbetrag zwischen "linearer und finanzmathematischer Berechnung" der demnach zu Unrecht geltend gemachten Kapitalertragsteuergutschrift heranzuziehen. Hinsichtlich der Beträge wird auf die Darstellung im Spruch des Bescheides verwiesen. Bezüglich der Möglichkeiten einer Risikoabsicherung wird auf die Ausführungen unter b) verwiesen.
4. Anwendung des § 117 BAO
Die Bestimmung des § 117 BAO ist mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 95/04 u.a., VfSlg 17.394, aufgehoben worden; die Kundmachung im BGBl. I Nr. 2/2005 erfolgte am . Nach dem ausdrücklichen Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes ist § 117 BAO auch in anderen als den Anlassfällen nicht mehr anzuwenden (siehe auch ; 2003/13/0139); dies auch dann, wenn sich diese Nichtanwendung für die Abgabepflichtigen als nachteilig erweist. Der Verweis auf die Schutzwirkung des § 117 BAO kann sohin der Berufung zu keinem Erfolg verhelfen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 95 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Nullkupon Depotentnahme |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at