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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 05.02.2009, RV/0254-I/07

Behauptete Verjährung des Rechtes auf Festsetzung von Aussetzungszinsen

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0254-I/07-RS1
wie RV/1512-W/05-RS1
Im Hinblick auf § 209a Abs. 2 BAO steht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () einer Festsetzung von Aussetzungszinsen die Verjährung nicht entgegen, weil die Festsetzung von Aussetzungszinsen im Hinblick auf § 212a Abs. 5 BAO zweifellos von der Erledigung einer Berufung abhängt, welche jedenfalls vor Eintritt der Verjährung eingebracht wurde.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Zur Vorgeschichte des Falles ist zunächst festzustellen, dass der Berufungswerber (kurz Bw.) mit Eingabe vom die Aussetzung der Einhebung der Umsatz- und Einkommensteuer 1988 bis 1992 im Gesamtbetrag von 2.176.395 S beantragt hat, wovon 387.715 S auf die Einkommensteuer 1989 entfielen.

Wie dieser Eingabe weiters zu entnehmen ist, war Anlass für die beantragte Aussetzung eine Berufung vom gegen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1992 vom , welche sich gegen die Nichtanerkennung einer Wohnungsvermietung in W. als Einkunftsquelle richtete.

Weiters bezog sich der Aussetzungsantrag vom auf am eingebrachte Berufungen gegen Bescheide des Finanzamtes Linz betreffend die Nichtfeststellung einheitlicher und gesonderter Einkünfte für die Beteiligten an der S. GmbH und Mitgesellschafter (St. Nr. ...) sowie für die Beteiligten an der A. GmbH und Mitgesellschafter (St. Nr. ....).

Nachdem der Aussetzungsantrag vom mit Bescheid vom im Wesentlichen abgewiesen worden war, wurde der dagegen erhobenen Berufung vom mit Berufungsvorentscheidung vom stattgegeben und die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1989 im Betrag von 385.255 S bewilligt.

Am erließ das Finanzamt eine zweite (vorläufige) Berufungsvorentscheidung betreffend die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1989, mit welcher negative Einkünfte in Höhe von -55.429 S aus der nunmehr als Einkunftsquelle anerkannten Wohnungsvermietung in Ansatz gebracht wurden.

Weiters erging am ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter (vorläufiger) Einkommensteuerbescheid 1989, mit welchem - den bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Linz vom entsprechend - negative Einkünfte des Bw. als Beteiligter an der S. GmbH und Mitgesellschafter in Höhe von -210.000 S berücksichtigt wurden.

In der Folge erging am ein weiterer gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter (vorläufiger) Einkommensteuerbescheid 1989, mit welchem - zufolge den bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Linz vom - negative Einkünfte des Bw. aus seiner Beteiligung an der A. GmbH und Mitgesellschafter im Betrag von -187.250 S in Ansatz gebracht wurden.

Ein Ablauf der Aussetzung gemäß § 212a Abs. 5 BAO erfolgte zunächst nicht. Erst mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1989 in Höhe von 11.847,64 € unter gleichzeitiger Festsetzung von Aussetzungszinsen im Betrag von 4.431,20 €.

In der gegen den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen erhobenen Berufung vom wurde ausgeführt, die Zinsenvorschreibung sei für den Bw. nicht nachvollziehbar. Allenfalls beruhten die Aussetzungszinsen auf Bescheiden, die vom Finanzamt zu Unrecht erlassen worden seien, "mit Sicherheit auf rechtswidrigen Bescheiden, die unbegründet gemäß § 200 Abs. 1 BAO erlassen wurden". Aussetzungszinsen "aus solchen Bescheiden" seien jedenfalls verjährt und unberechtigt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden

a) Berufungsvorentscheidung oder

b) Berufungsentscheidung oder

c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) nicht aus.

Nach § 212a Abs. 9 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten

a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder

b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,

Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Im Hinblick auf das Vorbringen, die Zinsenvorschreibung sei für den Bw. nicht nachvollziehbar, wird die Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen wie folgt dargestellt:


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Betrag ATS
Betrag EURO
Aussetzungsbewilligung vom
385.255
27.997,57
Minderung des ausgesetzten ESt-Betrages durch zweite Berufungsvorentscheidung vom
-27.204
-1.976,99
Minderung des ausgesetzten ESt-Betrages durch ESt-Bescheid gemäß § 295 BAO vom
-103.198
-7.499,69
Minderung des ausgesetzten AE-Betrages durch ESt-Bescheid gemäß § 295 BAO vom
-
-6.673,25
Zinsenbemessungsgrundlage laut angefochtenem Bescheid
11.847,64

Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen war die im Aussetzungsbescheid vom angeführte Abgabenschuld. Mit diesem Bescheid wurde der Betrag der ausgesetzten Einkommensteuer 1989 mit Rechtskraftwirkung festgesetzt. Gemäß § 212a Abs. 9 BAO war dieser Betrag um die nachträglichen Herabsetzungen der Abgabenschuld (durch die stattgebende Berufungsvorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 1989 und die gemäß § 295 BAO geänderten Einkommensteuerbescheide 1989 vom bzw. ) zu vermindern (vgl. ).

Der Zinsenberechnungszeitraum vom bis beginnt mit der vom Finanzamt angenommenen Zustellung des Bewilligungsbescheides vom (fünf Werktage später) und endet mit dem Tag der Ausfertigung des Bescheides über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung. Dabei gelangte die für den Bw. günstigere Bestimmung des § 212a Abs. 9 BAO in der Fassung vor BGBl. 818/1993 zur Anwendung, wonach Aussetzungszinsen nur für die Dauer des sich aus dem Aussetzungszinsenbescheid ergebenden Zahlungsaufschubes zu entrichten waren, nicht jedoch bereits für die Zeit, in der nach § 230 Abs. 6 BAO aufgrund des Aussetzungsantrages Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden durften. Aus den Akten ergibt sich dazu, dass diese für den Bw. vorteilhafte Verwaltungspraxis auf alle Fälle Anwendung fand, in denen ein Aussetzungsantrag vor der (zum Stichtag erfolgten) EDV-technischen Umsetzung der Novellierung des § 212a Abs. 9 BAO durch BGBl. 818/1993 eingebracht wurde. Der Unabhängige Finanzsenat sieht sich nicht veranlasst, hievon zu Ungunsten des Bw. abzugehen.

Die im Berechnungsblatt zum angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Zinssätze ergeben sich aus dem für den Berechnungszeitraum jeweils gültigen Basiszinssatz bzw. Zinsfuß für Eskontierungen der Österreichischen Nationalbank, an dessen Stelle der Basiszinssatz getreten ist (vgl. BAO-Novelle BGBl. I 2002/97). Vor der ab dem wirksam gewordenen Zinserhöhung durch das AbgÄG 2004, BGBl. I 2004/180, betrug die Zinshöhe ein Prozent über dem Basiszinssatz (vgl. Ritz, BAO3, § 212a, Tz 32).

Aussetzungszinsen stellen das Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen Zahlungsaufschub dar (vgl. ). Infolge Bewilligung der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1989 in der im Bescheid vom angeführten Höhe trat hinsichtlich dieses Betrages ein Zahlungsaufschub ein, sodass nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 212a Abs. 9 BAO dafür Aussetzungszinsen zu entrichten sind. Diese wurden infolge Ergehens des Bescheides vom über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung mit dem angefochtenen Zinsenbescheid festgesetzt und wurden die in der obigen Tabelle angeführten nachträglichen Herabsetzungen der Einkommensteuerschuld 1989 berücksichtigt. Hätte der Bw. die Festsetzung von Aussetzungszinsen vermeiden wollen, hätte er den durch die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung bewirkten Zahlungsaufschub jederzeit durch die im § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beenden können.

Der Einwand, der Zinsenfestsetzung lägen rechtswidrige Bescheide zugrunde, die zu Unrecht vorläufig nach § 200 Abs. 1 BAO erlassen worden seien, geht fehl, weil im Verfahren betreffend die Vorschreibung von Aussetzungszinsen lediglich die objektiven Voraussetzungen für die Festsetzung von Aussetzungszinsen zu prüfen sind, hingegen nicht über die Rechtmäßigkeit jenes Abgabenbescheides zu befinden ist, auf Grund dessen die Aussetzung der Einhebung der Abgabenschuld verfügt worden ist (vgl. ). Demnach ist auch die Frage, ob mit der Berufungsvorentscheidung vom und/oder den geänderten Einkommensteuerbescheiden vom bzw. vorläufige Abgabenfestsetzungen im Sinn des § 200 Abs. 1 BAO vorgenommen werden durften, für die Rechtmäßigkeit des Aussetzungszinsenbescheides ohne Bedeutung.

Der einwendete Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung von Aussetzungszinsen scheitert an § 209a Abs. 2 BAO. Diese Bestimmung sieht für den Fall einer unmittelbaren oder mittelbaren Abhängigkeit einer Abgabenfestsetzung von der Erledigung einer Berufung vor, dass der Eintritt der Verjährung der Abgabenfestsetzung nicht entgegensteht, wenn die Berufung vor diesem Zeitpunkt eingebracht wurde. Nach Lehre und Rechtsprechung besteht auch für Aussetzungszinsen eine solche Abhängigkeit von einer Berufungserledigung betreffend eine ausgesetzte Abgabe (vgl. Ritz, BAO3, § 209a, Tz 6; ).

Aus dieser Rechtslage folgt für den Streitfall, dass die Festsetzung der Aussetzungszinsen im Hinblick auf § 212a Abs. 5 BAO von der Erledigung der für die Aussetzung maßgeblichen Berufungen abhing, welche vor dem Eintritt der Verjährung eingebracht wurden, und zwar am gegen den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Kufstein vom bzw. am gegen die eingangs angeführten Nichtfeststellungsbescheide des Finanzamtes Linz.

Da die Berufung insgesamt nicht berechtigt war, musste diese abgewiesen werden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aussetzungszinsen
Verjährung
Berufungserledigung
mittelbare Abhängigkeit
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at