Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.03.2007, RV/2497-W/06

Alleinverdienerabsetzbetrag

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn Bw., 1230 Wien, Straße, vertreten durch Frau E.S., Wirtschaftstreuhänder - Steuerberater, 1060 Wien, Gasse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2005 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2005 wird wie im Bescheid vom mit einer Gutschrift in Höhe von € 968,64 festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber, Herr Mag. Michael S. (im Folgenden kurz Bw. genannt), hat in der am beim Finanzamt mittels FinanzOnline eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2005 den Alleinverdienerabsetzbetrag beansprucht und diesbezüglich ein Kind angegeben, für das er bzw. seine Ehegattin für mindestens sieben Monate die Familienbeihilfe bezogen hätten.

Aktenkundig ist, dass das Finanzamt im Rahmen der Überprüfung dieser Erklärung in den Familienbeihilfenakt Einsicht nahm und folgenden Sachverhalt feststellen konnte:

Der Bw. hat am in Tschechien eine tschechische Staatsbürgerin geheiratet. Im vom Bw. am gestellten Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe hat er angegeben, dass seine nunmehrige Ehegattin Dr. Martina S. mit dem aus einer früheren Beziehung stammenden Kind Eliska am nach Österreich gezogen sei.

Das Finanzamt hat daraufhin im Einkommensteuerbescheid vom den Alleinverdienerabsetzbetrag mit der Begründung nicht anerkannt, dass die Familienbeihilfe nicht mindestens sieben Monate bezogen worden sei. Die Einkommensteuer wurde mit einer Gutschrift in Höhe von € 224,24 festgesetzt.

Aktenkundig ist, dass die steuerliche Vertreterin, die zugleich die Mutter des Bw. ist, das Finanzamt telefonisch darauf hingewiesen hat, dass für das Kind Eliska zwar erst seit Juli 2005 Familienbeihilfe bezogen werde, vorher aber eine entsprechende Beihilfe in Tschechien (EU-Mitglied) ausbezahlt worden sei.

Das Finanzamt erließ daraufhin am einen auf § 293 BAO gestützten Berichtigungsbescheid, gewährte den Alleinverdienerabsetzbetrag und setzte die Einkommensteuer mit einer Gutschrift in Höhe von € 968,64 fest.

Am hob das Finanzamt diesen Bescheid gemäß § 299 BAO auf und erließ den neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005, ohne den Alleinverdienerabsetzbetrag zu berücksichtigen. Diesmal wurde die Aberkennung damit begründet, dass die maßgeblichen steuerpflichtigen Einkünfte der Ehegattin des Bw. höher als der Grenzbetrag von € 2.200,00 seien.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid richtet sich die gegenständliche Berufung vom , in der die steuerliche Vertreterin darlegte, dass die Ehegattin des Bw. (und damit ihre Schwiegertochter) im Jahre 2005 in Österreich ein Einkommen von € 2.839,63 sowie in Tschechien ein umgerechnetes Einkommen von € 2.825,40, zusammen also € 5.725,03 bezogen habe. Ein Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag bestehe, wenn der Ehepartner mit mindestens einem Kind Einkünfte von höchstens € 6.000,00 beziehe. Nach den Lohnsteuerrichtlinien sei der Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag und somit Anerkennung als Kind dann gegeben, wenn ein Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe dem Grunde nach bestehe. Laut dem beigelegten tschechischen Lohnzettel habe Frau Dr. Martina S. einen solchen Anspruch auf eine der österreichischen Familienbeihilfe gleichgestellte Beihilfe gehabt. Die Lohnsteuerrichtlinien würden weiters aussagen, dass der Kinderabsetzbetrag auch zustehe, wenn sich das Kind in einem EU-Staat befinde. Da die Voraussetzungen für den Grenzbetrag von € 6.000,00 sowie ein Jahresvergleichsbetrag unter € 6.000,00 gegeben sei, werde die Anerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages mit einem Kind und die Erhöhung der Sonderausgaben beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Danach sei Alleinverdiener, wer mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet sei und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebe. Das Finanzamt habe erfahren, dass Dr. Martina S. erst seit in Österreich amtlich gemeldet sei, weshalb angenommen werden müsse, dass erst seit diesem Zeitpunkt die unbeschränkte Steuerpflicht vorliege. Unterstützt werde diese Annahme durch den Umstand, dass in der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2005 betreffend Dr. Martina S. lediglich das österreichische Einkommen erklärt worden sei. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages würden deshalb nicht vorliegen.

Im mittels FinanzOnline am eingebrachten Vorlageantrag brachte die steuerliche Vertreterin vor, dass es amtsbekannt sei, dass ihre Schwiegertochter seit der Verehelichung zusammen mit ihrem Ehegatten in 1060 Wien, D-Gasse, (Wohnung der steuerlichen Vertreterin) gewohnt habe.

In einem Schreiben vom wies das Finanzamt darauf hin, dass entgegen der Aussagen im Vorlageantrag vielmehr amtsbekannt sei, dass Frau Dr. Martina S. zusammen mit ihrer Tochter am aus Tschechien nach Österreich eingereist sei. Bis zur Einreise gelte sie als beschränkt steuerpflichtig.

Im Schriftsatz vom erklärte die steuerliche Vertreterin, dass ihre Schwiegertochter Anfang Juni 2005 in die Wohnung in 1060 Wien, D-Gasse, eingezogen sei. Damals habe auch der Sohn noch in der elterlichen Wohnung gelebt. Die jetzige Wohnung in 1230 Wien habe er per erhalten. Diese sei ab diesem Zeitpunkt von beiden adaptiert und eingerichtet worden. In Bezug auf das Dienstverhältnis der Schwiegertochter in Tschechien habe sie im Juni den Urlaub konsumiert. Dass die amtliche Anmeldung der Schwiegertochter bzw. des Kindes erst am erfolgt sei, sei auf den Arbeitsdruck des Sohnes bzw. auf fehlende Unterlagen zurückzuführen. Beigelegt werde eine Einkaufsrechnung für ein österreichisches Partnerhandy für die Schwiegertochter vom sowie die T-Mobile Rechnung vom über die Freischaltung.

Mittels FinanzOnline beantragte die steuerliche Vertreterin am "bei Vorlage der Berufung bei dem UFS die mündliche Berufungsentscheidung durch den Referenten".

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach der Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht einem Alleinverdiener ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Voraussetzung ist, dass der (Ehe)Partner bei mindestens einem Kind Einkünfte von höchstens € 6.000,00 jährlich erzielt.

Der Hauptstreitpunkt im gegenständlichen Verfahren besteht darin, ob die Ehegattin des Bw. im Jahre 2005 mehr als sechs Monate unbeschränkt steuerpflichtig war.

Diesbezüglich bestimmt § 1 Abs. 2 EStG 1988, dass unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen sind, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

§ 26 BAO regelt den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt wie folgt:

Abs. 1: Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Abs. 2: Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. ...

Das Finanzamt hat diese strittige Frage verneint und zum einen auf das Zentrale Melderegister verwiesen, wonach die Ehegattin des Bw. erst am aus Tschechien zugezogen sei und ihren Hauptwohnsitz gemeinsam mit dem Bw. nach 1230 Wien, Straße, verlegt habe. Zum anderen habe der Bw. im ebenfalls mit datierten Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe betreffend seine Ehegattin sowie des Kindes Eliska als "Datum der Einreise nach Österreich" den angegeben.

Demgegenüber bringt die steuerliche Vertreterin des Bw., die zugleich seine Mutter ist, vor, dass Dr. Martina S. schon knapp nach der Hochzeit, nämlich Anfang Juni 2005 zum Bw. in dessen elterliche Wohnung in 1060 Wien, D-Gasse, gezogen sei, um in der Folge die per 1. Juni gemietete Wohnung in 1230 Wien, Straße, als dauernde eheliche Wohnung einzurichten.

Der unabhängige Finanzsenat geht aus folgenden Überlegungen davon aus, dass diesem Vorbringen Glaubwürdigkeit zukommt:

Grundsätzlich begründet die Eheschließung allein noch nicht den gemeinsamen Wohnsitz, da insbesondere dann ein getrennter Wohnsitz gegeben sein kann, wenn die Ehegatten in verschiedenen Orten (bzw. Staaten) beruflich tätig sind und sich etwa nur an den Wochenenden gegenseitig besuchen. Was im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit von Dr. Martina S. nach der im Mai 2005 erfolgten Eheschließung anbelangt, heißt es im Schreiben vom , dass sie im Juni 2005 in Tschechien den Urlaub konsumiert habe. Diesbezüglich wurde dem unabhängigen Finanzsenat auf eine entsprechende telefonische Aufforderung hin eine Bestätigung des damaligen tschechischen Dienstgebers von Dr. Martina S., nämlich der Veterinäruniversität in Brünn, vorgelegt, wonach Dr. Martina S. im Juni 2005 an insgesamt vier Tagen (6., 7., 21. und 22.) noch Vorlesungen gehalten hat, an allen übrigen Tagen aber den Urlaub konsumiert hat. In Anbetracht der relativ geringen Entfernung zwischen Wien und Brünn sowie der seit dem EU-Beitritt Tschechiens bestehenden Freizügigkeit im Personenverkehr ist es für den unabhängigen Finanzsenat nachvollziehbar, dass Dr. Martina S. unmittelbar nach der Eheschließung zu ihrem Ehegatten, dem Bw., nach Wien in dessen elterliche Wohnung gezogen und lediglich zu diesen vier Vorlesungsterminen nach Brünn gefahren ist. Weiters wurde von der steuerlichen Vertreterin des Bw. dargelegt, dass Dr. Martina S. bis zur Eheschließung im Haus ihrer Eltern in der Nähe von Brünn gelebt habe und im Übrigen dort immer noch ein Zimmer habe, das für regelmäßige Besuche, insbesondere am Wochenende genutzt werde.

Der Umstand, dass sowohl im Zentralen Melderegister als auch im Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe der Umzug von Tschechien nach Wien mit datiert wurde, kommt demgegenüber im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht jene Rolle zu, die ihm das Finanzamt zuerkannt hat.

Der unabhängige Finanzsenat geht deshalb zusammenfassend davon aus, dass Dr. Martina S. sofort nach der Eheschließung im Juni 2005 zu ihrem Ehegatten nach Wien gezogen ist und damit in diesem maßgeblichen Jahr mehr als sechs Monate unbeschränkt steuerpflichtig war.

Was die von Dr. Martina S. im Jahre 2005 in Tschechien und Österreich bezogenen Einkünfte anbelangt, hat das Finanzamt gegen die vom Bw. berechnete Höhe von € 5.725,03 keine Einwendungen getätigt. Auch für den unabhängigen Finanzsenat ergeben sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen diesbezüglich keine Bedenken.

Die Einkommensgrenze bei einer Partnerschaft mit Kind von € 6.000,00 ist deshalb im gegenständlichen Fall nicht überschritten.

Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass der in § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 geforderte Inlandsbezug des Alleinverdienerabsetzbetrages durch das EU-Diskrimierungsverbot auf breiter Front durchbrochen erscheint (vgl. hiezu Fröhlich, Alleinverdienerabsetzbetrag bei ausländischem Familienwohnsitz, SWK 2006, 721 ff). Auch das Bundesministerium für Finanzen hat in einem entsprechenden Erlass ("Protokoll Außensteuerrecht und Internationales Steuerrecht 2006" vom ) die Ansicht vertreten, dass EU/EWR Bürger sich ohne weitere formale Voraussetzungen in Österreich uneingeschränkt aufhalten können. Würden deshalb Personen mit einem Wohnsitz in Österreich den Alleinverdienerabsetzbetrag beanspruchen, dann sei davon auszugehen, dass sich bei aufrechter Ehe oder Partnerschaft mit Kind auch der Ehegatte bzw. die Ehegattin oder PartnerIn an diesem Wohnsitz aufhalte, wenn diese/r ebenfalls EU/EWR Bürger sei. Es liege daher ein abgeleiteter Wohnsitz vor, der eine unbeschränkte Steuerpflicht begründen könne.

Der Berufung wird daher Folge gegeben und die Einkommensteuer für das Jahr 2005 unter Anerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages sowie der erhöhten Sonderausgaben wie im Bescheid vom festgesetzt.

Was den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung anbelangt, wird auf die Bestimmung des § 284 Abs. 1 BAO verwiesen, wonach ein solcher Antrag in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung gestellt werden muss.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Alleinverdienerabsetzbetrag
unbeschränkte Steuerpflicht

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at