Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 10% auf Umsätze aus der Abgabe von Speisen zur Mitnahme (Zeitraum 1. Juni - 31. Dezember 2000)
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1381-W/05-RS1 | Sind zur Mitnahme verkaufte Waren (Konditoreiwaren, Kuchen, Torten) weder nach den Umständen ihrer Abgabe (es erfolgt lediglich die Hingabe der verpackten Ware) noch nach ihrer speziellen Aufbereitung (es werden keine Nebenleistungen erbracht) zum Verzehr an Ort und Stelle geeignet, liegen keine Restaurationsumsätze iSd Bestimmung des § 10 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 vor.
Nach der Rsp des EUGH sind Restaurationsumsätze das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen die im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr erbracht werden. Derartige Dienstleistungen werden bei der Abgabe von zur Mitnahme verpackter Ware nicht erbracht.
In der gesetzlichen Bestimmung des § 10 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 findet sich für die Anwendung des Steuersatzes von 14% keine Differenzierung dahingehend wo die Abgabe der Speisen - Gasthaus, Kaffeehaus, Konditorei etc. - erfolgt.
Somit liegt bei Umsätzen, die aus der Abgabe von Speisen zur Mitnahme resultieren, kein Fall für die Anwendung des Steuersatzes von 14% vor. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch E.WPGmbH, vom
gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom
betreffend Umsatzsteuer 2000 entschieden:
Der
Berufung wird Folge gegeben.
Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer
für das Jahr 2000 wird abgeändert.
Die
Bemessungsgrundlagen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu
entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die
Höhe der Abgabe beträgt: Euro 377.195,12 (ATS
5.190.318,00).
Entscheidungsgründe
Der Gegenstand
des Unternehmens der Berufungswerberin (Bw.) ist die Erzeugung und der Handel
mit Konditoreiprodukten und Süßwaren sowie der Betrieb von
Konditoreien und Restaurants.
Infolge einer
bei der Bw. für die Jahre 2000 - 2002 u. a. hinsichtlich der
Umsatzsteuer durchgeführten Betriebsprüfung (Bp) wurde u. a. folgende
Feststellung getroffen. Für das Jahr 2000 seien jene bisher mit 10%
besteuerten Umsätze aus "mitgenommenen" Speisen mit dem
Steuersatz von 14% zu besteuern. Die Begründung dafür finde sich in
der ab geltenden gesetzlichen Änderung des Umsatzsteuersatzes
von 10% auf 14% für jene Speisen, die zum Verzehr an Ort und Stelle
bestimmt waren.
Wie die Bp unter Verweis auf den Erlass vom
weiter ausführt, seien bei Betrieben, bei denen ein Hauptzweck - auch
wenn er im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten steht - die
Erbringung gastronomischer Leistungen (Abgabe von Speisen und Getränken zum
Verzehr an Ort und Stelle) sei, sowohl die Speisen, die an Ort und Stelle
verzehrt werden, als auch die Speisen, die mitgenommen werden, dem Steuersatz
von 14% zu unterwerfen.
Die Bp
ermittelte in der Folge aus den bisher für mitgenommene Speisen
getätigten Brutto-Umsätzen inklusive 10% Umsatzsteuer unter Anwendung
des 14%igen Steuersatzes die entsprechenden Netto-Umsätze (s. Bp-Bericht
Tz.1).
Die daraus resultierende Umsatzsteuernachforderung beträgt
ATS 504.613,00 (Euro 36.671,66).
Die
Abgabenbehörde erster Instanz folgte der Feststellung der Bp und setzte
entsprechend die Umsatzsteuer für das Jahre 2000 mit
Bescheid vom
fest.
Gegen diesen
Bescheid erhob die Bw. mit Schreiben vom
rechtzeitig das Rechtsmittel der
Berufung. Strittig ist die Anwendung des
Steuersatzes von 14% auf die verkaufte zur Mitnahme verpackte Ware.
Die
Bw. zitierte in der Begründung die Gesetzesbestimmung des
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG idF und führte
zum Sachverhalt aus.
In ihrem Fall seien diejenigen Kuchen und Torten,
die über die Theke zur Mitnahme verpackt verkauft worden seien, eigenen
(niedrigeren) Preisen als jene Kuchen und Torten, die auf Tellern an die Tische
serviert worden seien, unterlegen. In den Lokalen werden auch keine eigenen
Vorrichtungen wie Tische, Pulte oder Ablagebretter ohne Sitzgelegenheiten
bereitgehalten, außer den Kaffeehaustischen samt Bestuhlung, die nur zum
Verzehr der auf Tellern servierten Mehlspeisen vorgesehen seien.
Im
Kassensystem seien die servierten Speisen und die zur Mitnahme verpackten, also
eben nicht zum sofortigen Verzehr vorgesehenen, Speisen (Kuchen, Torten,
Konfekt) gesondert erfasst worden. Die Umsätze, deren Steuersatz nun
strittig sei (ob 14% oder 10%) seien direkt erfasst und nicht mit Hilfe eines
Umsatzschlüssels ermittelt worden.
Hinsichtlich
der in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmung merkt die Bw. an, dass diese
für die Anwendbarkeit des 14%igen Steuersatzes vorsehe, dass Speisen und
Getränke "nach den Umständen der Abgabe dazu geeignet"
sein müssen, an einem mit der Abgabe in räumlichem Zusammenhang
stehenden Ort verzehrt zu werden. Der Wortlaut des Gesetzes sei überaus
unbestimmt und lasse mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu.
Nach Erachten
der Bw. sei das Tatbestandsmerkmal "Umstände der Abgabe" nur
dann erfüllt, wenn der Unternehmer bei der Abgabe der Speisen den
sofortigen Verzehr durch den Gast vorgesehen habe, d.h. wenn er also Speisen in
einer Art und Weise abgebe, die nur einen Verzehr an Ort und Stelle sinnvoll
erscheinen lasse. Die Wortfolge "nach den Umständen ihrer Abgabe ...
dazu geeignet" sei daher in einschränkender Interpretation im Sinne
von "nach den Umständen ihrer Abgabe .... dazu vorgesehen" zu
verstehen.
Diese Auslegung finde auch eine Stütze in den
Erläuternden Bemerkungen zur genannten Bestimmung (Änderungen im
Plenum): Demnach sei das Tatbestandsmerkmal "Umstände der
Abgabe" dann erfüllt, wenn diese einen Verzehr an Ort und Stelle
annehmen ließen. Als Beispiel dafür seien Serviceleistungen durch
Servieren sowie die Bereitstellung von Tellern und Besteck
angeführt.
Ebenso schwierig erscheine die Auslegung im Hinblick auf
das Tatbestandsmerkmal "speziell aufbereitet". Auch hier handle es
sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff. Unterstelle man dem Gesetzgeber,
dass er nichts Überflüssiges anordne, so müsse unter
"speziell aufbereitet" offenbar eine Leistung, eine aktive Handlung,
des Unternehmers zu verstehen sein, die über die Vereinbarung des Verzehrs
an Ort und Stelle hinausgehe. Aus den beiden zum Thema ergangenen Erlässen
sei eine klare Linie nicht zu erkennen und können daraus
Rückschlüsse auf die Unbestimmtheit der gesetzlichen Bestimmung
gezogen werden. Festzuhalten sei jedoch, dass das Tatbestandsmerkmal
"speziell aufbereitet" nicht dann bereits erfüllt sein
könne, wenn es möglich sei, die Speisen an Ort und Stelle zu
verzehren. Eine derartige Auslegung würde schon am Wortsinn scheitern und
eine derart weite Auslegung würde dazu führen, dass das erste
Tatbestandsmerkmal ("nach den Umständen der Abgabe") keinen
Anwendungsbereich hätte. Hätte der Gesetzgeber nämlich jeden Fall
einer Abgabe von Speisen, bei welchen ein sofortiger Verzehr möglich sei,
bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dem 14%igen Steuersatz
unterwerfen wollen, so hätte es der beiden besprochenen Tatbestandsmerkmale
nicht bedurft. Insofern könne die Wortfolge "dazu geeignet"
nicht im Sinne von "möglich", sondern nur eingeschränkt im
Sinne von "dazu vorgesehen" verstanden werden.
Im Fall der Bw.
werden die Torten, Kuchen und das Konfekt kalt abgegeben, eine spezielle
Aufbereitung, welche den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle nahe legen
würde, finde nicht statt. Zudem sei ein Verzehr der zur Mitnahme verpackten
Kuchen und Torten ohne vom Kunden mitgenommener Hilfsmittel (etwa eines Messers
zum Aufschneiden der Kuchen oder eines Löffels oder einer Gabel zum Verzehr
der Torten) kaum möglich.
Eine
Differenzierung danach, ob derartig nicht speziell aufbereitete Speisen von
einem Kaffeehaus oder einer Konditorei abgegeben werden, finde im Gesetz
jedenfalls keine Deckung.
Selbst wenn
eines der o.a. Tatbestandsmerkmale durch die Bw. erfüllt sein sollte, komme
der 14%ige Steuersatz nur dann zur Anwendung, wenn zusätzlich
"Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten
werden". Unter dem Begriff "Vorrichtungen" sei wohl die
für ein gastronomisches Unternehmen typische Einrichtung bestehend aus
Tischen und Sesseln zu verstehen. Die zitierte Bestimmung normiere
zusätzlich dass hiezu auch Tische, Pulte, Ablagebretter und dergleichen
ohne Sitzgelegenheiten zählten. Wesensbestimmend sei für all diese
Vorrichtungen, dass sie dazu bestimmt seien, den Verzehr an Ort und Stelle zu
ermöglichen. Bloße Ablageflächen für Handtaschen,
Geldbörsen, bei einem Stand oder einer Ausgabestelle, bei welchen ein
sofortiger Verzehr nicht vorgesehen sei, weil der Kunde nach Entgegennahme der
Speisen die Ausgabestelle sofort verlassen müsse, seien jedenfalls nicht
unter Vorrichtungen iSd § 10 Abs. 3 Z 2 UStG idF zu subsumieren.
Ginge man weiters davon aus, dass eine zutreffende Interpretation des
Tatbestandsmerkmals "Vorrichtung" nur im Gesamtzusammenhang mit dem
Gesetzeszweck vorgenommen werden könne, so könne aber auch nicht jede
Vorrichtung iSd Bestimmung für sich allein betrachtet bereits
tatbestandsmäßig sein, den Verzehr der abgegebenen Speisen an den
Abgabeort zu binden. Es müssten also die Vorrichtungen im Einzelfall
für den Verzehr an Ort und Stelle vorgesehen und bestimmt sein. Dies sei
schon aus der finalen Formulierung des Tatbestandsmerkmals (" ....
für den Verzehr") ableitbar. Eine Vorrichtung für den Verzehr an
Ort und Stelle könne daher nur dann angenommen werden, wenn diese vom
Unternehmer gerade deshalb bereitgehalten werde, damit der Kunde die abgegebenen
Speisen dort verzehren könne. Verfüge ein Unternehmer zwar über
Vorrichtungen, halte er diese aber nicht für die Kunden (oder nicht
für alle Kunden) bereit, so sei das Tatbestandsmerkmal nur für jene
Umsätze erfüllt, für welche der Unternehmer konkret den Verzehr
in den bereitgestellten Räumen vorgesehen habe. Dieses
Begriffsverhältnis käme auch im zum
Ausdruck. In diesem Erlass werde die Anwendung des 14%igen Steuersatzes für
jene Fälle verneint, in welchen bei Raststätten, Tankstellen und dgl
Speisen in einem gesonderten Verkaufsraum abgegeben werden. Die im
angeschlossenen Restaurant bereitgehaltenen Vorrichtungen würden damit
nicht den Verkäufen im Kassenbereich zugerechnet, da bei diesen
Verkäufen ein Verzehr der Speisen durch den Gast im Restaurantbereich nicht
vorgesehen sei. Die im zweiten Erlass vom vorgenommene Differenzierung
zwischen gastronomischen Betrieben (deren Hauptzweck die Abgabe von Speisen und
Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle sei) und nicht gastronomischen
Betrieben habe im Gesetz keine Deckung.
Nach Erachten der Bw. sei diese
Rechtsmeinung verfehlt und würde eine derartige Interpretation des Gesetzes
einer Prüfung auf Verfassungsmäßigkeit keinesfalls standhalten.
Intention des Gesetzgebers könne es daher nur gewesen sein, auf die Art der
Leistung und nicht die Art bzw. den Hauptzweck des jeweiligen Unternehmers
abzustellen. Vergleiche man beispielsweise den Verkauf eines verpackten
Christstollens zur Mitnahme durch ein Kaffeehaus mit dem Verkauf eines
Christstollens in einer Konditorei und verfügten beide Unternehmer
über Einrichtungen zum sofortigen Verzehr, so lasse sich kein Merkmal
finden, welches aufgrund der gesetzlichen Bestimmung eine unterschiedliche
Beurteilung der beiden Umsätze begründen würde. Somit habe auch
grundsätzlich dieselbe Einordnung Platz zu greifen. Eine
verfassungskonforme Interpretation müsse daher auf den Zweck des Gesetzes
abstellen. In teleologischer Interpretation seien nur jene Umsätze zu
erfassen, für welche der Unternehmer konkret Vorrichtungen bereithalte, die
einen Verzehr an Ort und Stelle ermöglichen.
Die Bw. halte
zwar Tische und Stühle bereit, jedoch nur für den Verzehr der auf
Tellern an die Tische servierten Kuchen und Torten. Der Verzehr der zur Mitnahme
verpackten Speisen an einem der Konditoreitische würde sich ohne vom Kunden
dafür eigens mitgebrachter Hilfsmittel praktisch kaum durchführen
lassen (die Kuchen müssten aufgeschnitten werden, die Torten seien von
einer Konsistenz, die den Verzehr nur mit den Händen nicht anraten
ließen).
Wenn aber die
speziellere Norm des § 10 Abs. 3 Z 2 UStG idF nicht zur Anwendung
komme, so richte sich der anwendbare Steuersatz nach den allgemeinen Regeln des
§ 10 Abs. 1 und 2 UStG.
Die Lieferung
von in der Anlage genannten Speisen unterliege nach § 10 (2) Z 1 lit a UStG
dem ermäßigten Steuersatz von 10%. Die Abgabe von Speisen zum
Mitnehmen sei jedenfalls als Lieferung und nicht als sonstige Leistung zu
qualifizieren und falle daher unter den Anwendungsbereich des
ermäßigten Steuersatzes. Nach der Rechtsprechung des EUGH (Urteil vom
"Faaborg - Gelting") sei der Umsatz von
Nahrungsmitteln zur Mitnahme als Lieferung zu qualifizieren, wenn daneben keine
Dienstleistungen erbracht werden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem
geeigneten Rahmen ansprechend gestalten sollen. Somit komme im Fall der Bw.
hinsichtlich der Lieferung von Konfekt, Kuchen und Torten über die Theke
(zur Mitnahme verpackt) der ermäßigte Steuersatz von 10% zur
Anwendung.
Die Bw.
beantragte die Umsätze (entsprechend der Erklärung)
festzusetzen:
Umsätze netto 20% - ATS
18.588.028,10
Umsätze netto 10% - ATS
67.457.123,06
Umsätze netto 14% - ATS 22.462.249,97.
Weiters wurde
der Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie auf
Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung
gestellt.
Die Berufung
wurde nach Stellungnahme der Bp mit
Berufungsvorentscheidung vom
durch die Abgabenbehörde erster Instanz abgewiesen.
In der Begründung wurde auf den Hauptzweck der Bw., den Betrieb von
Kaffeehäusern und Konditoreien, Bezug genommen und der daraus
resultierenden Anwendung des Steuersatzes von 14%. In allen Kaffee-Konditoreien
würden neben den Konditoreiprodukten auch diverse Speisen angeboten. Der
Verkauf der Torten, Kuchen und Konfekte, der einer 14%igen Besteuerung
unterzogen worden sei, erfolge direkt im Lokal an der Theke, Vitrine und nicht
über die Gasse. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei
einem Verkauf über die Theke der Verzehr nicht an Ort und Stelle
stattfinden könne. In den Kaffeehäusern befänden sich neben den
mit Sesseln ausgestatteten Kaffeehaustischen Vorrichtungen, die dafür
geeignet seien, die erworbenen Produkte an Ort und Stelle zu
verzehren.
In der Folge
stellte die Bw. fristgerecht den Antrag auf
Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter
Instanz.
Die Bw. argumentierte grundsätzlich wie in der
Berufungsschrift und hob hervor, dass die Behörde erster Instanz für
die Anwendbarkeit des 14%igen Steuersatzes die Rechtsansicht vertrete, dass
allein die Möglichkeit des Verzehrs an Ort und Stelle ausreichend sei,
obwohl durch die Bw. dargelegt worden sei, dass es in ihrem Fall nicht vorkomme,
dass die Torten, Christstollen, Konfekt usw., die zur Mitnahme an der Theke
verkauft worden seien, dann tatsächlich im bzw. vor dem Lokal, sei es an
Tischen oder Stehpulten, verzehrt würden. Die Bw. verwies ergänzend
auf einen ähnlich gelagerten Fall, zu welchem im Dezember 2004 eine
stattgebende Entscheidung der Außenstelle Linz des Unabhängigen
Finanzsenates ergangen sei. Es habe sich dabei um einen Fastfood-Gastronomen
gehandelt, bei welchem jene Umsätze, die der Kunde zur Mitnahme bestellt
hatte und die ihm in einem Papierbeutel anstatt auf einem Tablett von der Theke
mitgegeben worden seien, mit dem 10%igen Steuersatz versteuert worden
seien.
Mit Schreiben
vom zog die Bw. ihren Antrag auf Durchführung einer
mündlichen Berufungsverhandlung sowie auf Entscheidung durch den gesamten
Berufungssenat zurück.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Im
gegenständlichen Fall ist strittig ob Umsätze aus der Abgabe von
Speisen zum Mitnehmen, die im Zeitraum zwischen 1. Juni und
getätigt worden sind, mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% iSd
§ 10 Abs. 2 UStG 1994 oder mit dem ermäßigten Steuersatz von 14%
iSd
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG
1994 idF BGBl I Nr. 29/2000 - in Kraft befindlich von 1. Juni bis
- zu versteuern sind.
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG
1994 idF BGBl I Nr. 29/2000 lautet:
"(3) Die Steuer
ermäßigt sich auf 14%
für
............... 2.
Leistungen, die in der Abgabe von in der Anlage genannten Speisen und
Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle bestehen. Speisen und Getränke
werden unter folgenden Umständen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben:
Sie sind nach
a) nach den
Umständen ihrer Abgabe
und/oder
b) nach ihrer
speziellen Aufbereitung
dazu
geeignet, an einem mit der Abgabe in räumlichen Zusammenhang stehenden Ort
verzehrt zu werden und es werden Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und
Stelle bereitgehalten. Zu den Vorrichtungen zählen auch Tische, Pulte,
Ablagebretter und dergleichen ohne Sitzgelegenheiten.
....."
Sowohl nach dem
UStG 1972 als auch nach der Stammfassung des UStG 1994 unterlagen bis zum
Beschluss der o. a. Gesetzesbestimmung die Lieferungen der in der Anlage
genannten Speisen und Getränke dem ermäßigten Steuersatz von
10%. Diese ermäßigte Besteuerung beruhte auf der Ausnahmebestimmung
des Art 28 Abs 2 Buchstabe d der 6. MwSt-Richtlinie sowie auf einer
Ermächtigung im Beitrittsvertrag.
Die
angeführte Neufassung des
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG ist ein Teil jenes
Gesetzespaketes mit dem der Gesetzgeber steuerrechtliche Maßnahmen
aufgrund der Abschaffung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke
infolge der EuGH-Entscheidung vom beschlossen hat
("Getränkesteuer-Ersatzlösung"). Die Abdeckung des
Einnahmenentfalls sollte durch höhere Ertragsanteile der Gemeinden am
Umsatzsteueraufkommen auf Kosten des Bundes erfolgen. Eine der Maßnahmen
bestand darin den Umsatzsteuersatz beim Vor-Ort-Verzehr von Speisen und bei der
Lieferung von Wein durch Weinbauern mit auf 14 % zu
erhöhen.
Aus der
Begründung, zum in der Folge in das Gesetz übernommenen
Abänderungsantrag (s. Stenographisches Protokoll zur 26. Sitzung des NR /
XXI. GP vom ) geht hervor, dass die gewählte Formulierung
des § 10 Abs. 3 UStG zur Klarstellung des ursprünglichen Textes der
Regierungsvorlage dient und zu folgenden Ergebnissen führt:
"Bei Konditoreien oder Bäckereien
werden Speisen ohne spezielle Aufbereitung abgegeben (Torten, Gebäck werden
nicht erwärmt oä aufbereitet). Nur dann, wenn die Umstände der
Abgabe der Speisen (Serviceleistung durch Servieren, Beistellen von Tellern und
Besteck) einen Verzehr vor Ort annehmen lassen, kommt es zur Anwendung des
Steuersatzes von 14%, andernfalls des Steuersatzes von 10%.
...."
Nach der aus
dieser Textierung ableitbaren Intention des Gesetzgebers können die in der
gesetzlichen Bestimmung enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriffe wie z. B.
"nach den Umständen ihrer Abgabe", "nach ihrer speziellen
Aufbereitung" dahingehend verstanden werden, dass die Umsätze aus der
Abgabe von Speisen ohne spezielle Aufbereitung, wie z.B. Erwärmen, mit dem
Steuersatz von 10% zu versteuern sind. Werden jedoch zum Verkauf der Speisen
noch Serviceleistungen, wie Servieren, Beistellen von Tellern und Besteck,
erbracht, so kommt der Steuersatz von 14% zur Anwendung.
Es kann weiters
daraus abgeleitet werden, dass die neu gefasste gesetzliche Bestimmung des
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG und somit der Steuersatz
von 14% nur auf die Abgabe von Speisen und Getränken im Zusammenhang mit
Restaurationsleistungen Anwendung finden soll.
Angemerkt wird, dass diese
Rechtsansicht auch durch die Abgabenbehörde erster Instanz in stattgebenden
Berufungsvorentscheidungen der Jahre 2002 und 2003 zur Besteuerung von
Umsätzen der Fastfood-Gastronomen aus dem Verkauf von Speisen in verpackter
Form über die Theke vertreten worden ist.
Die Bw. ist
Betreiberin von mehreren Kaffee-Konditoreien, wo dem Gast einerseits Speisen
sowie Torten und Kuchen zum Verzehr an Ort und Stelle, d. h. an den Tisch
serviert, angeboten werden. Diese sogenannten Restaurationsumsätze wurden
seitens der Bw. im maßgeblichen Zeitraum im Kassensystem gesondert erfasst
und mit 14% versteuert. Andererseits erfolgte der Verkauf von Kuchen, Torten und
Konfekt an der Theke oder Vitrine zur Mitnahme in verpackter Form. Eine
spezielle Aufbereitung, welche den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle nahe
legen würde, fand nicht statt. Die aus diesen Verkäufen resultierenden
Umsätze wurden ebenfalls gesondert erfasst und mit 10% versteuert. Wie
weiter aus dem Sachverhalt zu schließen ist, wurden in den Lokalen keine
eigenen Vorrichtungen wie Tische, Pulte oder Ablagebretter ohne
Sitzgelegenheiten für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten. Die
Kaffeehaustische samt Bestuhlung waren nur zum Verzehr der auf Tellern
servierten Mehlspeisen vorgesehen.
Strittig ist
nun, ob jene bisher durch die Bw. mit 10% versteuerten Umsätze, die aus der
Abgabe von Kuchen, Konfekt und Torten zur Mitnahme resultieren, mit dem
Steuersatz von 14% zu versteuern sind.
Wie durch die
Bw. glaubhaft dargelegt wurde, werden die zur Mitnahme abgegebenen verpackten
Konditoreiwaren nicht zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben. Die Waren sind
weder nach den Umständen ihrer Abgabe noch nach ihrer speziellen
Aufbereitung geeignet, an einem mit der Abgabe in räumlichem Zusammenhang
stehenden Ort verzehrt zu werden. Dies folgt daraus, dass sie in keiner Weise
speziell aufbereitet werden - sie werden bzw. sind lediglich verpackt. Sie
werden nicht an einen Tisch serviert und es werden weder Teller noch Besteck zum
Verzehr dieser Speisen bereitgestellt.
Nach Ansicht
des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) ist weiters das Argument der Bw.
schlüssig und nachvollziehbar, dass die zur Mitnahme verpackten Mehlspeisen
nicht für den Verzehr in der Konditorei, d. h. an Ort und Stelle, geeignet
sind. Denn es entspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass
derartige Speisen, schon aufgrund ihrer Konsistenz (z. B. cremige Torten oder
Kuchen im ganzen Stück), geeignet sind ohne Hilfsmittel (Gabel,
Löffel, Messer etc.), ohne Bereitstellung von Vorrichtungen wie Pulte,
Tische und ohne Sitzgelegenheiten nur mit den Händen im Stehen vor Ort
verzehrt zu werden.
Die
Abgabenbehörde erster Instanz stützt weiters den beeinspruchten
Bescheid darauf, dass der Hauptzweck der Bw. im Betrieb von Kaffee-Restaurants
liege und somit auch jene Speisen, die mitgenommen werden dem Steuersatz von 14%
zu unterwerfen sind. Dieser Rechtsmeinung ist nach Ansicht des UFS nicht zu
folgen, da sie im Gesetz keine Deckung findet. In der hier anzuwendenden
gesetzlichen Bestimmung des § 10 Abs. 3 Z 2 UStG findet sich für die
Anwendung des Steuersatzes keine Differenzierung dahingehend wo die Abgabe der
Speisen - in einem Gasthaus, Kaffeehaus, Konditorei etc. - erfolgt.
Nach
Beurteilung des relevanten Sachverhalts erfüllt die Bw. die zur Anwendung
des Steuersatzes von 14% führenden gesetzlichen Tatbestände des
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 idF BGBl I Nr.
29/2000 im Bezug auf die Umsätze aus den zur Mitnahme verkauften
Mehlspeisen somit nicht.
Als weiteres
Argument gegen die Anwendung des 14%igen Steuersatzes auf die in Rede stehenden
Umsätze aus den zur Mitnahme verkauften Speisen führt die Bw. das
"Faaborg-Gelting Linien" an. Demnach
stellen Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und
Getränken zum sofortigen Verzehr bestehen, keine Lieferungen von
Gegenständen im Sinne von Art. 5 der 6. Richtlinie dar, sondern sind als
Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie anzusehen. Solche
Umsätze sind nämlich durch eine Reihe von Vorgängen
gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln
besteht, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen. Etwas
anderes gilt hingegen, wenn sich der Umsatz auf Nahrungsmittel "zum
Mitnehmen" bezieht und daneben keine Dienstleistungen erbracht werden, die
den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalten
sollen.
Zur Vermeidung
der durch diese Entscheidung sonst erforderlichen Besteuerung der
Restaurationsumsätze mit 20% wurde durch die Umsatzsteuernovelle 1996
(rückwirkend ab ) dem
§ 10 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 eine lit d
hinzugefügt, wonach die Abgabe von in der Anlage angeführten Speisen
und Getränken im Rahmen von sonstigen Leistungen dem ermäßigten
Steuersatz unterliegt. Aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung und der
Entscheidung des Zl. 98/14/0055 ist klar zu
entnehmen, dass keine Änderung der Besteuerung der
Restaurationsumsätze bewirkt werden sollte. Es sollte nur der
Rechtsprechung des EuGH Rechnung getragen werden und verhindert werden, dass
alle Restaurationsumsätze dem Normalsteuersatz unterliegen. In Anwendung
der Ausnahmebestimmung der 6. MwSt-Richtlinie hat Österreich somit an der
begünstigten Besteuerung der Abgabe von den in der Anlage genannten Speisen
und Getränken auch dann festgehalten, wenn deren Abgabe im Rahmen einer
sonstigen Leistung erfolgt.
Diese
Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 1 lit d
UStG 1994 wurde mit Einführung - der für den die Berufung
betreffenden Zeitraum geltenden Bestimmung - des
§ 10 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 idF BGBl I Nr. 29/2000
ausser Kraft gesetzt. Jedoch wurde
§ 10 Abs. 2 Z 1 lit d UStG 1994 mit
demselben Wortlaut mit Wirkung ab durch das
Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl 2000/142 wieder eingeführt.
Zieht man nun
weiters das Urteil des EuGH "Faaborg-Gelting Linien" für die Beurteilung
des bei der Bw. gegebenen Sachverhalts heran, ist dabei zu berücksichtigen,
dass der Restaurationsumsatz, d. h. die Abgabe von Speisen und Getränken
zum sofortigen Verzehr, das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen, vom
Zubereiten bis zur Darreichung der Speisen (Zurverfügungstellung des
Speisesaals, Nebenräume, Geschirr, Kellnerleistungen,
Aufräumleistungen etc.), ist.
Derartige Dienstleistungen werden
jedoch durch die Bw., bei den zur Mitnahme verpackten Speisen, eben gerade nicht
erbracht. Außer der Hingabe der verpackten Mehlspeisen werden keinerlei
Nebenleistungen erbracht. Demnach sind alle Umsätze bei denen nach der
ausdrücklichen Vereinbarung eine Verpackung zur Mitnahme erfolgt im Sinne
der Rechtsprechung des EuGH als Lieferungen anzusehen.
Die
Umsätze der Bw. aus der Abgabe von Speisen zur Mitnahme stellen keine
Restaurationsumsätze dar. Die Abgabe der Speisen erfolgt weder nach den
erkennbaren Umständen der Abgabe noch nach der speziellen Aufbereitung zum
Zweck des sofortigen Verzehrs an Ort und Stelle.
Die
Umsätze sind daher gemäß
§ 10 Abs. 2 Z 1 lit a UStG 1994 mit
10% zu versteuern.
Die
Entscheidung war spruchgemäß zu treffen.
Beilage :
1 Berechnungsblatt
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 10 Abs. 3 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 10 Abs. 2 Z 1 lit. d UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Abgabe von Speisen zur Mitnahme Dienstleistungen Restaurationsumsätze Verzehr an Ort und Stelle |
Verweise | |
Anmerkung | Die zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht zur Anwendung des 10%igen Steuersatzes auf Umsätze aus der Abgabe von Speisen zur Mitnahme wurde auch in den Verfahren zu GZ. RV/2304-W/02 (durch BVE erledigt), GZ. RV/55-17/09/02 (FLD WNB) sowie GZ. RV/0165-L/03 vertreten. |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at