Sonstiger Bescheid, UFSW vom 15.03.2005, RV/4378-W/02

1) unrichtige Selbstberechnung der Versicherungssteuer hinsichtlich der Zuordnung zu einem bestimmten Kalendermonat 2) Säumniszuschlag

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4378-W/02-RS1
Für die Zuordnung der Versicherungssteuer zu einem bestimmten Anmeldungszeitpunkt (=Kalendermonat) und damit für den Fälligkeitszeitpunkt kommt es nach § 8 Abs. 1 VersStG darauf an, wann dem Versicherer die Prämieneinnahmen tatsächlich zukommen und nicht darauf, wann oder für welchen Zeitraum die Verbuchung der Prämien beim Versicherer erfolgt. Erweist sich die Selbstberechnung als unrichtig, so ist für Abgabenansprüche vor 2002 zwingend eine Festsetzung der Versicherungssteuer nach § 202iVm § 201 BAO (idF vor BGBl. I 97/2002) vorzunehmen. Nach der bescheidmäßigen Festsetzung ist sodann allenfalls ein Säumniszuschlag festzusetzen, sofern die Differenz zwischen dem festgesetzten Betrag und dem fristgerecht entrichteten Betrag die 1-Prozent-Grenze iSd § 8 Abs. 1 VersStG übersteigt.

Entscheidungstext

Bescheid

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des X, xxx, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom zu St.Nr.xxx betreffend 1) Haftung für Versicherungssteuer für die Kalendermonate 03/2001 und 07/2001 und 2) Säumniszuschlag für den Kalendermonat 07/2001 entschieden:

Die angefochtenen Bescheide und die Berufungsvorentscheidungen werden gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.

Begründung

Der nunmehrige Berufungswerber (kurz Bw.) X hat am mittels dreier Banküberweisungen Versicherungssteuer in Höhe von S 4.053.704,00 und S 13.928.124,18 und motorbezogene Versicherungssteuer in Höhe von S 27.760.181,00, somit insgesamt S 45.742.009,18 (entspricht € 3.324.201,45) an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien abgeführt. Vom Finanzamt wurden diese Zahlungen am Steuerkonto des Bw. zu St.Nr.xxx entsprechend der vom Bw. erteilten Verrechnungsweisungen als Versicherungssteuer bzw. motorbezogene Versicherungssteuer für Juli 2001 verbucht.

Am hat der Bw. wiederum mittels dreier Banküberweisungen Versicherungssteuer bzw. motorbezogene Versicherungssteuer in Höhe von insgesamt S 51.386.959,72 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien abgeführt. Diese Zahlungen wurden vom Finanzamt am Steuerkonto des Bw. zu St.Nr.xxx entsprechend der vom Bw. auf den Überweisungsbelegen erteilten Verrechnungsweisungen als Versicherungssteuer bzw. motorbezogene Versicherungssteuer für August 2001 verbucht.

In der Versicherungssteuererklärung für 2001 erklärte der Bw. die Versicherungssteuer für Juli 2001 (ohne motorbezogene Versicherungssteuer) mit S 23.288.239,08 und die motorbezogene Versicherungssteuer für Juli 2001 mit S 57.247.010,00, somit insgesamt mit S 80.535.249,08. Die Versicherungssteuer für August 20011 wurde mit S 12.169.638,26 und die motorbezogene Versicherungssteuer mit S 4.412.549,00, somit insgesamt mit S 16.582.187,26 erklärt. Außerdem wurde in der Jahreserklärung ausgewiesen, dass der Gesamtbetrag der im Kalenderjahr 2001 bereits abgeführten Versicherungssteuer die Summe der nunmehr für Jänner bis Dezember 2001 erklärten Versicherungssteuer übersteige, weshalb ein Betrag von S 14.115.268,76 als Gutschrift verbleibe.

Mit Fax vom teilte der Bw. dem Finanzamt mit, dass in der Versicherungssteuererklärung irrtümlich die Zahlungen ohne Berücksichtigung einer im Jänner 2002 erfolgten Rückzahlung in Höhe von S 4.280.114,37 (€ 311.048,04) angesetzt seien, sodass sich nach Korrektur eine Gutschrift von S 9.835.154,50 ergebe. Außerdem übermittelte der Bw. dem Finanzamt eine Aufstellung "über die sollgestellte Versicherungssteuer 2001 und die bezahlten Beträge für 2001". Diese Aufstellung hat auszugsweise folgenden Inhalt:


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"VST I Leben
VST I S/U
VST II
gesamt S/U
gesamt S/U+L
S
S
S
S
S
gemäß Finanzamtskonto
7/2001
4.053.704,00
13.928.124,18
27.760.181,00
41.688.305,18
45.742.009,18
8/2001
4.093.781,00
13.393.800,72
33.899.378,00
47.293.178,72
51.386.959,72
gemäß Erklärung
7/2001
4.053.703,90
19.234.535,18
57.247.010,00
76.481.545,18
80.535.249,08
8/2001
4.082.248,54
8.087.389,72
4.412.549,00
12.499.938,72
16.582.187,26
Differenz
7/2001
-0,10
5.306.411,00
29.486.829,00
34.793.240,00
34.793.239,90
8/2001
-11.532,46
-5.306.411,00
-29.486.829,00
-34.793.240,00
-34.804.772,46"

Am erließ das Finanzamt gegenüber dem Bw. 1) einen Bescheid über die Haftung für Versicherungssteuer für die Kalendermonate 03/2001 und 07/2001, mit dem es den Bw. für die Entrichtung von Versicherungssteuer gemäß § 6 (ohne Absatz 3) VersStG 1953 in Höhe von € 2.569.167,04 in Anspruch nahm, wobei im Spruch des Bescheides angemerkt wurde: "bereits entrichtet" 2) Bescheide über Säumniszuschläge für die Kalendermonate 03/2001 und 07/2001, mit denen der Säumniszuschlag für März 2001 mit 2 % von € 40.643,29 = € 812,87 und der Säumniszuschlag für Juli 2001 mit 2 % von € 2.569.167,04 = € 51.383,34 festgesetzt wurde und 3) einen Bescheid gemäß § 202 Abs. 1 BAO, wonach für die Kalendermonate 1-12/2001 ein Abgabenbetrag an Versicherungssteuer gemäß § 6 (ohne Absatz 3) VersStG von € 714.748,55 gutgeschrieben wurde.

Zur Begründung führte das Finanzamt zum Haftungsbescheid aus, dass die Inanspruchnahme der Haftung und die Festsetzung erforderlich gewesen seien, weil die Versicherungssteuer nicht bzw. nicht in voller Höhe entrichtet worden sei. Die Festsetzung des Säumniszuschlages wurde damit begründet, dass der auf die tatsächliche Einnahmen entfallende Abgabenbetrag von der entrichteten Abgabe um mehr als ein Prozent abweiche. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage wurde wie Folgt dargestellt:


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03/2001
07/2001
"Steuer lt. Erklärung
ATS
46.376.707,18
80.535.249,08
entrichtete Steuer
ATS
45.817.437,75
45.742.009,18
Differenz
ATS
559.269,43
34.793.239,90
Euro
40.643,29
2.569.167,04"

Nach Fristerstreckung hat der Bw. Berufung gegen die Bescheide über die Haftung für Versicherungssteuer für 2001 und Festsetzung von Säumniszuschlägen für Juli 2001 erhoben, sodass der Bescheid betreffend Säumniszuschlag für März 2001 und der Bescheid gemäß § 202 BAO für 1-12/2001 bereits in Rechtskraft erwachsen sind und nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind. Zur Begründung führte der Bw. aus, dass er im Jahr 2001 eine neue Versicherungssoftware in Betrieb genommen habe. Der Umstieg sei in kleinen Schritten erfolgt. Ab sei das Neugeschäft der Kfz-Versicherungen im neuen System verarbeitet worden. Mit Juli 2001 sei die Migration des Kfz-Geschäftes vom Alt-System in das neue System erfolgt. Dabei sei es zu folgenden Konstellationen gekommen:

  • Die Folgevorschreibung für Juli 2001 (inklusive Versicherungssteuer) der migrierten Daten sei nicht verarbeitet worden.

  • Die Folgevorschreibung für August 2001 (inklusive Versicherungssteuer) sei im Juli 2001 gebucht worden.

Das Fehlen der Folgevorschreibung für Juli 2001 (inklusive Versicherungssteuer) der migrierten Daten sei bei Abstimmung der Daten August 2001 bekannt geworden und sei mit Juli 2001 nachgebucht worden, jedoch sei die Nachbuchung der Versicherungssteuer nur mit August 2001 möglich gewesen, was eine Fälligkeit bewirkt habe. Die Versicherungssteuer für die Folgevorschreibung August 2001 (gebucht im Juli 2001) sei jedoch bereits am (statt am ) abgeführt worden. Aufgrund dieser verschobenen Zahlungen erscheine ein Säumniszuschlag nur in Höhe der Differenz als gerechtfertigt:


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S
EUR
Versicherungssteuer aus Folgevorschreibung 7/2001; einen Monat zu spät abgeführt
34.793.240,00
2.528.523,36
Versicherungssteuer aus Folgevorschreibung 8/2001; einen Monat zu früh abgeführt
-28.560.691,40
- 2.075.586,39
Basis für Säumniszuschlag
6.232.548,60
452.936,97
Säumniszuschlag
124.650,97
9.058,74

Es werde daher gebeten, den Säumniszuschlag in Höhe von € 51.383,34 für Juli 2001 aufzuheben und nur den Säumniszuschlag von € 9.058,74 vorzuschreiben.

Am übermittelte der Bw. dem Finanzamt nochmals eine Aufstellung. In dieser Aufstellung wird ausgewiesen, dass im August 2001 fällige Folgeprämien (und zwar Nettoprämien in Höhe von S 39.521.249,20) mit Buchungsdatum , und vom Bw. verbucht wurden und dass auf diese Prämien Versicherungssteuer in Höhe von S 4.489.873,40 bzw. motorbezogene Versicherungssteuer in Höhe von S 24.120.818,00, somit insgesamt S 28.560.691,40 entfallen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt einerseits die Berufungen als unbegründet ab und änderte anderseits den Bescheid über einen Säumniszuschlag für Juli 2001 insofern ab, als die Bemessungsgrundlage auf € 2.528.523,35 und dementsprechend der 2% -ige Säumniszuschlag auf € 50.570,47 reduziert wurde. Zur Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass am kein Abgabenguthaben bestanden habe. Zu diesem hier relevanten Zeitpunkt könnten künftige Zahlungen nicht berücksichtigt werden. Auch wenn die "Nachbuchung" der Versicherungssteuer nur mit August 2001 möglich gewesen sei, habe dies keine Auswirkung auf die gesetzliche Fälligkeit. Ein Antrag nach § 214 Abs. 5 BAO sei nicht gestellt worden, obwohl die Bw. von der Tatsache einer "Fehlbuchung" gewusst habe. Wurde eine Verrechnungsweisung im Sinn des § 214 Abs. 4 BAO erteilt und hiebei irrtümlich eine unrichtige Abgabenart oder ein unrichtiger Zeitraum angegeben, so seien nach § 214 Abs. 5 BAO über Antrag die Rechtsfolgen der irrtümlich erteilten Verrechnungsweisung aufzuheben oder nicht herbeizuführen. Der Antrag könne nur binnen drei Monaten ab Erteilung der unrichtigen Verrechnungsweisung gestellt werden. Die Versicherungssteuererklärung für 2001 sei nicht berichtigt worden. Die von der Bw. begehrte Festsetzung des Säumniszuschlages nur in Höhe der Differenz der Zahlungen habe somit nicht zu erfolgen. Die Bemessungsgrundalge für den Säumniszuschlag für den Monat 07/2001 betrage S 34.793.239,90, das seien € 2.528.523,35.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde nochmals betont, dass die Versicherungssteuer für Juli 2001 irrtümlich einen Monat zu spät und die Versicherungssteuer für August 2001 einen Monat zu früh abgeführt worden sei und dass aufgrund dieser verschobenen Zahlungen nur ein Säumniszuschlag in Höhe der Differenz gerechtfertigt erscheine.

Dazu ist Folgendes zu sagen:

Gegenstand der Versicherungssteuer ist gemäß § 1 Abs. 1 VersStG die Zahlung des Versicherungsentgeltes auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.

Die Versicherungssteuerschuld entsteht nach § 1 Abs. 1 VersStG mit Zahlung des Versicherungsentgeltes. Das in diesem Zeitpunkt gezahlte bzw. entgegengenommene Versicherungsentgelt ist als Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Abgabe heranzuziehen. Spätere Änderungen der Bemessungsgrundlage nach bereits entstandener Steuerschuld können die Steuerschuld weder dem Grunde noch der Höhe nach beeinflussen (vgl. ).

§ 7 Abs. 1 VersStG bestimmt ua., dass der Versicherungsnehmer der Steuerschuldner ist und dass der Versicherer für die Steuer haftet und er die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten hat.

Nach § 7 Abs. 4 VersStG gilt die Steuer im Verhältnis zwischen dem Versicherung und dem Versicherungsnehmer als Teil des Versicherungsentgeltes, insbesondere soweit es sich um dessen Einziehung und Geltendmachung im Rechtsweg handelt. Zahlungen des Versicherungsnehmers auf das Versicherungsentgelt gelten als verhältnismäßig auf die Steuer und die dem Versicherer sonst zustehenden Forderungen (§ 3 Abs. 1) geleistet. Der Versicherungsnehmer hat die motorbezogene Versicherungssteuer entsprechend der für das Versicherungsentgelt vereinbarten Zahlungsweise an den Versicherer zu zahlen. Für vom Versicherungsnehmer nicht vollständig gezahlte motorbezogene Versicherungssteuer besteht keine Haftung des Versicherers, wenn dieser die ihm zumutbaren Schritte zur Geltendmachung seines Anspruches unternommen hat.

Gemäß § 8 Abs. 1 VersStG hat der Versicherer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Anmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates die Steuer für den Anmeldungszeitraum nach den Prämieneinnahmen selbst zu berechnen. Stehen die Prämieneinnahmen der Höhe nach noch nicht fest, so ist die Steuer nach dem wahrscheinlichen Prämienverlauf zu berechnen. Weicht die zeitgerecht entrichtete Abgabe von der auf die tatsächlichen Einnahmen entfallenden Abgabe um nicht mehr als ein Prozent ab, so bleibt diese Differenz für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages außer Betracht. Die Steuer ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Nach § 8 Abs. 2 VersStG hat der Versicherer bis zum 30. April eine Jahressteuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr beim Finanzamt einzureichen.

Eine nach § 201 BAO festgesetzte oder gemäß § 202 BAO geltend gemachte Steuer hat gemäß § 8 Abs. 4 den in § 8 Abs. 1 genannten Fälligkeitstag.

Ist die Steuer nach der Versicherungssumme zu berechnen (§ 5 Abs. 1 Z 2), so hat der Versicherer gemäß § 8 Abs. 5 VersStG die volle Steuer nach Empfang der Prämie oder eines Prämienteilbetrages zu entrichten.

Nach § 8 Abs. 6 VersStG ist der Versicherer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlage ihrer Berechnung im Inland Aufzeichnungen zu führen. Diese müssen alle Angaben enthalten, die für die Berechnung der Steuer von Bedeutung sind.

In Fällen, in denen die Feststellung der Unterlagen für die Steuerfestsetzung unverhältnismäßig schwierig sein würde, kann nach § 5 Abs. 4 VersStG die Berechnung und Entrichtung der Steuer im Pauschverfahren zugelassen werden.

Aus § 8 Abs. 1 VersStG folgt, dass der Fälligkeitstag der Versicherungssteuer für Juli 2001 der und der Fälligkeitstag der Versicherungssteuer für August 2001 der war. Werden Abgaben, ausgenommen Eingangs- und Ausgangsabgaben, an einem Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember fällig, so gilt gemäß § 210 Abs. 3 BAO der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als Fälligkeitstag. Da der auf einen Samstag gefallen ist, galt gemäß § 8 Abs. 1 VersStG iVm § 210 Abs. 3 BAO der als Fälligkeitstag der Versicherungssteuer für den Anmeldungszeitraum Juli 2001. Bis zu diesem Zeitpunkt war daher die Versicherungssteuer für Juli 2001 vom Bw. selbst zu berechnen und an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien abzuführen.

Aus der Bestimmung des § 8 Abs. 1 VersStG ergibt sich weiters, dass für die Zugehörigkeit von Prämienzahlungen für einem bestimmten Anmeldungszeitraum (= Kalendermonat) und damit für die Fälligkeit der Versicherungssteuer die tatsächliche Höhe der Prämieneinnahmen in einem bestimmtem Anmeldungszeitraum maßgeblich ist. Unmaßgeblich ist hingegen, für welchen Zeitraum die Prämienvorschreibungen beim Versicherer verbucht werden oder mit welchem Buchungsdatum die Verbuchung der Prämie beim Versicherer erfolgt. Lediglich solange die Prämieneinnahmen noch nicht feststehen, gestattet § 8 Abs. 1 VersStG die Berechnung der Versicherungssteuer nach dem wahrscheinlichen Prämienverlauf.

In ihrer Jahreserklärung für 2001 hat der Bw. erklärt, dass auf den Anmeldungszeitraum Juli 2001 Versicherungssteuer in Höhe von insgesamt S 80.535.249,08 und auf den Anmeldungszeitraum August 2001 Versicherungssteuer in Höhe von insgesamt S 16.582.187,26 entfallen ist. Auch wenn der Bw. keine formelle Berichtigung seiner Erklärung vorgenommen hat, so ergibt sich doch aus dem Berufungsvorbringen, dass die in der Erklärung erfolgte Zuordnung der Versicherungssteuer zu einzelnen Kalendermonaten nicht dem Monat der tatsächlichen Prämieneinnahmen entspricht. Nach dem Vorbringen des Bw. sind einerseits die Folgevorschreibungen für KFZ-Versicherungen für Juli 2001 auf Grund eines EDV-Problems zunächst nicht gebucht und sodann (bei Abstimmung der Daten für August 2001) mit Juli 2001 nachgebucht wurden, weshalb die auf die Folgevorschreibungen für Juli 2001 entfallende Versicherungssteuer in Höhe von S 34.793.240,00 offensichtlich zwar nicht in der im September 2001 erfolgten Selbstberechnung der Versicherungssteuer für Juli 2001 enthalten ist, sehr wohl aber in dem in der Jahreserklärung als Versicherungssteuer für Juli 2001 ausgewiesen Gesamtbetrag. Andererseits wurden nach dem Berufungsvorbringen erst im August 2001 fällig werdende Folgevorschreibungen irrtümlich ebenfalls mit Juli 2001 gebucht, weshalb die darauf entfallende Versicherungssteuer in Höhe von S 28.560.691,40 bereits im September 2001 an das Finanzamt abgeführt worden (und daher dieser Betrag offensichtlich sowohl in dem im September 2001 selbstberechneten Betrag der Versicherungssteuer für Juli 2001 als auch in dem in der Jahreserklärung für Juli 2001 ausgewiesenen Gesamtbetrag der Versicherungssteuer für Juli 2001 enthalten ist). Aus dem Berufungsvorbringen und den bisher vorliegenden Unterlagen ist jedoch nicht ableitbar, in welchem Monat die "Folgeprämien" für Juli 2001 bzw. die "Folgeprämien" für August 2001 tatsächlich zu Einnahmen beim Bw. geführt haben und wurde darüber auch vom Finanzamt bisher keine Ermittlungen durchgeführt. Auch wenn die "Folgeprämien" für August 2001 noch im Juli 2001 verbucht wurden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw. diese erst im August fällig werdenden Versicherungsentgelte bereits zur Gänze im Juli 2001 zugekommen sind, weshalb die Zuordnung der gesamten auf die Folgeprämie August 2001 entfallenden Versicherungssteuer zu Juli 2001 (wie es offensichtlich in der Jahreserklärung erfolgt ist) als zu hoch erscheint. Umgekehrt ist bisher auch nicht geklärt, ob bzw. mit welchen Beträgen die nachgebuchten Folgeprämien für Juli 2001 tatsächlich noch im Juli 2001 beim Bw. zu Prämieneinnahmen geführt haben. Wie bereits ausgeführt kommt es für die Zugehörigkeit von Versicherungssteuerbeträgen zu einem Abrechnungsmonat nicht auf die Verbuchung der Prämienzahlungen beim Versicherer, sondern auf die tatsächliche Höhe der Prämieneinnahmen an. Aus dem Berufungsvorbringen ist daher abzuleiten, dass sowohl die für Juli 2001 als auch die für August 2001 vorgenommenen Selbstberechnung der Versicherungssteuer unrichtig ist. Für das Ausmaß der Unrichtigkeit sind allerdings noch weitere (auf den Zeitpunkt der Zahlungen des Versicherungsentgeltes gerichtete) Ermittlungen erforderlich.

Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ist gemäß § 201 BAO (in der Fassung vor BGBl. I 97/2002) ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

Nach § 202 BAO gilt § 201 sinngemäß, wenn nach den Abgabevorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgaberechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hierbei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1 BAO) geltend zu machen. Bei der Versicherungssteuer obliegt die Selbstberechnung dem Versicherung als Haftungspflichtigen, weshalb hier die Bestimmungen des § 202 iVm § 201 BAO zur Anwendung kommt.

Bis zur Novellierung der Bestimmung des § 201 BAO durch BGBl. I 97/2002) wurde dem Finanzamt für den Fall, dass sich eine Selbstberechung als unrichtig erwies, kein Ermessen eingeräumt, sondern war zwingend eine Abgabenfestsetzung vorzunehmen. Da sich - wie oben näher ausgeführt - im vorliegenden Fall sowohl die vom Bw. vorgenommene Selbstberechnung der Versicherungssteuer für Juli 2001 als auch für August 2001 als unrichtig erwies, wäre nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates die Versicherungssteuer für diese Zeiträume gemäß § 201 iVm § 202 BAO bescheidmäßig festzusetzen. Im Spruch des Bescheides über die "Haftung für Versicherungssteuer für die Kalendermonate 03/2001 und 07/2001" vom wurde die Bw. bloß "für die Entrichtung von Versicherungssteuer gemäß § 6 (ohne Absatz 3) VersStG 1953 in Höhe von € 2.569.167,04 in Anspruch genommen" ohne dass auch eine Abgabenfestsetzung vorgenommen worden wäre. § 202 Abs. 1 BAO bestimmt lediglich, dass Nachforderungen mittels Haftungsbescheid iSd § 224 Abs. 1 BAO geltend zu machen sind. Im vorliegenden Fall wurde vom Finanzamt selber ausdrücklich im Bescheidspruch festgehalten, dass die Versicherungssteuer für Juli 2001 im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits entrichtet war, weshalb hier kein Fall einer Nachforderung vorlag, sondern es nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates "nur" einer Abgabenfestsetzung (und nicht der Geltendmachung einer Haftung) bedurft hätte. Aus der Begründung des Bescheides, wonach die Inanspruchnahme der Haftung und die Festsetzung erforderlich gewesen seien und auch aus dem Beisatz des Finanzamtes im Bescheidspruch "bereits entrichtet" kann zwar geschlossen werden, dass der Wille des Finanzamtes bei Erlassung des "Haftungsbescheides" eigentlich gerade nicht auf die Inanspruchnahme für die Entrichtung, sondern auf eine Abgabenfestsetzung gerichtet war, dennoch ist im Spruch des Bescheides keine Festsetzung der Versicherungssteuer enthalten. Festsetzungsbescheide gemäß § 202 iVm § 201 BAO sind Abgabenbescheide. Nach § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlage) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.

Nach § 289 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§115 Abs.1) BAO unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können. Da das Finanzamt einerseits Ermittlungen über die Zuordnung der Versichungssteuerbeträge zu den einzelnen Abrechnungsmonaten unterlassen hat und weil andererseits im Spruch des angefochtenen Bescheides anstatt der bloßen Inanspruchnahme für die Entrichtung der Versicherungssteuer für März und Juli 2001 eine Abgabenfestsetzung zu erfolgen hätte, hätte jedenfalls ein anders lautender Bescheid zu ergehen gehabt und liegen deshalb die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache iSd § 289 Abs. 1 BAO vor.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 BAO idF vor dem BGBl. I Nr. 142/2000 mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.

Gemäß § 211 Abs. 1 lit. d) BAO gelten Abgaben bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder auf ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet. Erfolgt die Gutschrift auf dem Postscheckkonto oder dem sonstigen Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgaben zustehenden Frist, so hat gemäß § 211 Abs. 2 die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben. Da der Bw. die Abfuhr der Versicherungssteuer mittels Banküberweisung vorgenommen hat, ist die am erfolgte Gutschrift auf dem Konto des Finanzamtes in Höhe von S 45.742.009,18 als fristgerechte Zahlung für den Anmeldungszeitraum Juli 2001 anzusehen.

Bemessungsgrundlage für den Säumniszuschlag ist die nicht rechtzeitig entrichtete Abgabenschuldigkeit.

Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht den Bestand eines formellen Abgabenzahlungsanspruches voraus. Vom Abgabenanspruch zu unterschieden ist der Abgabenzahlungsanspruch; das ist die Verpflichtung einen bestimmten Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus einer bescheidmäßigen Festsetzung (§ 198 BAO) oder bei Selbstbemessungsabgaben auf Grund des Abgabengesetzes selbst bzw. aus der Selbstbemessung durch den Abgabepflichtigen (vgl. ).

Da § 8 Abs. 1 VersStG die Selbstberechnung der Versichungssteuer durch den Versicherer vorsieht, ergibt sich der Abgabenzahlungsanspruch unmittelbar auf Grund des Gesetzes. Eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung der Versicherungssteuer für Juli 2001 ist - wie bereits oben ausgeführt - bislang nicht erfolgt. Der vom Bw. im September 2001 selbstberechnete Betrag an Versicherungssteuer für Juli 2001 (auch wenn dieser Betrag auf Grund eines Irrtums unrichtig ist) wurde vom Bw. fristgerecht entrichtet, weshalb sich daraus keine Verpflichtung für einen Säumniszuschlag ergeben kann. Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates ist im vorliegenden Fall keine unrichtige Verrechnungsweisung erteilt worden (und war daher auch kein Antrag iSd § 214 Abs. 4 BAO vom Bw. zu stellen), sondern ist (hinsichtlich des Anmeldungszeitraumes) eine unrichtige Selbstberechnung der Versicherungssteuer erfolgt und wurde der unrichtig errechnete Betrag mit "richtiger" Verrechnungsweisung an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien abgeführt. Da die Höhe des tatsächlich im September 2001 fälligen Betrages an Versicherungssteuer für Juli 2001 noch von weiteren Ermittlungen abhängig ist (siehe oben), ist auch die Höhe der Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlagbescheides noch von weiteren Ermittlungen abhängig und wird nach bescheidmäßiger Festsetzung der Versicherungssteuer für Juli 2001 (sofern die Differenz zwischen dem festgesetzten Betrag und dem fristgerecht entrichteten Betrag von S 45.742.009,18 (entspricht € 3.324.201,45) die 1-Prozent-Grenze iSd § 8 Abs. 1 VersStG übersteigt) ein anders lautender Bescheid zu ergehen haben. Es liegen daher auch für den Säumniszuschlagsbescheid die Voraussetzungen gemäß § 289 Abs. 1 BAO vor.

Der unabhängige Finanzsenat nahm aus folgenden Gründen von dem im § 289 Abs. 1 BAO eingeräumten Ermessen Gebrauch: Billigkeitsgründe, die gegen eine Ermessensübung sprechen, liegen nach der Aktenlage nicht vor. Für die Zweckmäßigkeit der Bescheidaufhebung spricht einerseits die Bestimmung des § 276 Abs. 6 BAO. Danach hat die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen zu erfolgen, woraus sich ergibt, dass die Ermittlung des Sachverhaltes primär der Abgabenbehörde erster Instanz obliegt. Anderseits ist auf die Bestimmung des § 115 Abs. 2 BAO zu verweisen, wonach den Parteien Gelegenheit zu geben ist, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen. Nach § 276 Abs. 7 BAO kommt auch der Abgabenbehörde erster Instanz, deren Bescheid mit Berufung angefochten ist (im gegenständlichen Fall also dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien), im Verfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat Parteistellung zu. Bei Durchführung der Ermittlungen durch den unabhängigen Finanzsenat müssten Erklärungen des Bw. der Amtspartei mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übermittelt werden und umgekehrt wären allfällige Stellungnahmen des Finanzamtes wieder dem Bw. zur Gegenäußerung zuzustellen, weshalb die Durchführung der Ermittlungen durch den unabhängigen Finanzsenat zu zeitlichen Verzögerungen führen würde.

Außerdem beziehen sich die angefochtenen Bescheide ausdrücklich nur auf den Kalendermonat Juli 2001, nicht aber auch auf August 2001, weshalb Festsetzungen für diesen Zeitraum jedenfalls nur durch das Finanzamt erfolgen können. Bei Durchführung der Ermittlungen durch das Finanzamt können die gewonnen Ergebnisse, welche Beträge an Versicherungssteuer dem Abrechnungszeitraum Juli 2001 und welche Beträge dem Abrechnungszeitraum August 2001 zuzuordnen sind, sodann vom Finanzamt dazu genutzt werden, alle noch erforderliche Abgabenfestsetzungen bzw. Festsetzung von Säumniszuschlägen gleichzeitig vorzunehmen, weshalb auch diese Zweckmäßigkeitsüberlegungen für eine Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde 1. Instanz sprechen.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Versicherungssteuer
Selbstberechnung
Anmeldungszeitraum
Festsetzung
Säumniszuschlag
Zitiert/besprochen in
UFSaktuell 2005, 279

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