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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.11.2010, RV/2627-W/09

Betriebsnotwendigkeit von Einlagen iSd § 11a EStG 1988

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2627-W/09-RS1
wie RV/2640-W/10-RS1
Einlagen in das Betriebsvermögen sind als betriebsnotwendig anzusehen, wenn sie im Interesse des Betriebes erfolgen. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn Kapital bloß kurzzeitig zum Abschlussstichtag zur Verfügung gestellt wird. Werden hingegen Betriebsausgaben auch bei ausreichender Liquidität im Betriebsvermögen aus privaten Mitteln beglichen, liegen diesbezüglich betriebsnotwendige Einlagen vor.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adresse, vertreten durch FM Steuerberatung GmbH, 2460 Bruckneudorf, Lindenbreite 19, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 2005 bis 2006 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Herr Bw. (Berufungswerber, Bw.) betreibt an der Adresse ein Einzelunternehmen und ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988. Er beantragte in den Streitjahren die Anwendung des Halbsteuersatzes gem § 11a EStG für nicht entnommene Gewinne. In den Erstbescheiden wurde ursprünglich antragsgemäß veranlagt und in den Jahren 2005 bzw. 2006 der gesamte Gewinn in Höhe von € 83.969,81 bzw. € 95.933,01 dem begünstigen Steuersatz gem § 11 a EStG 1988 unterzogen.

In der folgenden Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2004 bis 2006 wurde die strittigen Jahre wieder aufgenommen und die Bp behandelte eine Reihe von Aufwendungen als nicht abzugsfähig und erhöhte demgemäß die bislang erklärten Gewinne.

Zur Rücklage gem § 11a EStG 1988 führte die Bp im Bp-Bericht unter Tz 12 aus: Im gesamten Prüfungszeitraum wurden Buchungen für betriebliche Aufwendungen als Privateinlage verbucht. Diese Aufwendungen wurden aus privaten Mitteln bezahlt. Die als Einlagen verbuchten Aufwendungen hätten auch vom betrieblichen Konto bezahlt werden können. Im Bp-Zeitraum 2005-2006 bestand kein negatives Bankkonto. Es gab ausreichend liquide Mittel auf den betrieblichen Bankkonten und die laufenden betrieblichen Zahlungen hätten aus diesen beglichen werden können. Die betriebliche Veranlassung ist zwar die Voraussetzung für das Vorliegen einer begünstigen Einlage. Darüber hinaus ist jedoch zu prüfen, ob der Betrieb ohne diese Einlage gezwungen wäre, im Zeitpunkt der Einlage mangels Liquidität zusätzlich Fremdmittel aufzunehmen. Betriebsnotwendige Einlagen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn ein konkreter Kapitalbedarf besteht und dafür Fremdkapital zugeführt hätte werden müssen. Nicht jede Einlage ist als betriebsnotwenige iSd. § 11a EStG anzusehen. In diesem Fall konnte keine betriebliche Notwendigkeit der geleisteten Einlagen festgestellt werden, weshalb auch ein begünstigter Steuersatz gem § 37 Abs EStG 1988 für die Einlagen nicht zur Anwendung kommen kann. Der für die begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne maßgebende Eigenkapitalanstieg ermittelt sich nach § 11a Abs. 1 EStG 1988 aus dem laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres zuzüglich "betriebsnotwendiger" Einlagen und abzüglich der Entnahmen.

Die Entnahmen wurden von der BP ermittelt und betragen wie folgt:

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wird eingewendet, dass die Bp im Jahr 2005 betriebsnotwendige Einlagen in Höhe von € 176.263,49 bzw. im Jahr 2006 in Höhe von € 54.178,85 unberücksichtigt gelassen habe.

Bei diesen Beträgen handle es sich um betriebliche Aufwendungen die der Bw. aus Eigenmitteln bezahlt habe. Diese seien als Privateinlagen des Bw. über das Verrechnungskonto verbucht worden. Da durch diese Zahlungen die Aufnahme von Fremdkapital vermieden worden sei, würden die Beträge betriebsnotwendige Einlagen darstellen.

Weiters seien 2005 Bankkonten mit einem Gesamteinlagestand von € 76.917,00 in das Betriebsvermögen eingelegt worden, von welchen in der Folge die betrieblichen Aufwendungen bestritten worden seien. Diese Einlage sei daher ebenfalls als betriebsnotwendig anzusehen.

In der Berufungsvorentscheidung (BVE) gab das FA der Berufung teilweise statt und berücksichtigte als betriebsnotwendige Einlagen im Jahr 2005 eine Investitionszuwachsprämie im Betrage € 297,67 und im Jahr 2006 die Einlage von Wertpapieren im Ausmaß von € 43.925,88 und Wertpapierzinsen im Ausmaß von € 799,50. Zur Berücksichtigung der Wertpapiereinlagen ist aus der Begründung der BVE ersichtlich, dass die für die Anschaffung der Wertpapiere aufgewendeten Beträge zunächst als Entnahmen von Bp. angesetzt worden waren. Daher seien die damit angeschafften Wertpapiere als Umschichtung von betrieblichem Vermögen zu betrachten und stünden als zu berücksichtigende Einlagen den Entnahmen neutralisierend gegenüber.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die vom FA vorgenommenen Hinzurechnungen bzw. ermittelten Entnahmen sind wie der Berufung zu entnehmen ist unstrittig. Strittig ist lediglich ob die vom Bw. der Höhe nach ebenfalls unstrittig aus privaten Mitteln bezahlten betrieblichen Aufwendungen trotz Vorliegens ausreichender betrieblicher Barmittel als betriebsnotwendige Einlagen anzusehen sind und daher in die Basis der Berechnung des begünstigen Steuersatzes gem. § 11a EStG einzubeziehen sind.

Die der Höhe nach unstrittigen Beträge, welche der Bw. zunächst aus dem Privatvermögen bezahlt und in der Folge dem Unternehmen zugewendet hat setzen sich folgendermaßen zusammen.


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2005
2006
Dienstreisen
€ 18.489,06
€ 17.067,88
betrieblich genutztes Büro (25% lt. Bp)
€ 25.404,22
€ 13.624,74
sonstige betriebliche Aufwendungen
€ 52.868,66
€ 13.044,71
Bareinlagen, Zinsen, Wp.Erträge
€ 2.584,55
€ 10.441,52
Einlage Bankkonten
€ 76.917,00
Summe
€ 178.268,49
€ 56.184,85

Das Gebäude in welchem sich die Büroräume (betrieblich genutztes Büro) befinden wurde vom Bw. unter Verwendung privater Mittel errichtet. Das Gebäude wurde ab der Fertigstellung entsprechend den unbestrittenen Feststellungen der Bp. vom Bw. zu 75% für private Wohnzwecke und zu 25% für betriebliche Zwecke verwendet. Die aus privaten Mitteln für das gesamte Gebäude aufgewendeten Mittel (inkl. AfA) betrafen zu 25% das betrieblich genutzte Büro. Die vom Bw. ursprünglich angesetzten 29% des Gesamtgebäudeaufwandes wurden im Zuge der Berufung - den Ergebnissen der Bp folgend - auf 25% reduziert und sind der Höhe nach ebenfalls unstrittig.

Die Bankkonten bei der easybank mit einem Kontostand von € 46.849,78 und INGDiba mit einem Kontostand von € 30.067,22 wurden vom Bw. laut seinen eigenen glaubwürdigen und vom FA unwidersprochen gelassenen Angaben dem Betrieb gewidmet und die betrieblichen Aufwendungen in der Folge von diesen Konten getätigt.

Weiters wird festgestellt, dass die Anschaffung von Wertpapieren im Betrag von € 43.925,88 im Jahr 2006 eine Umschichtung im Betriebsvermögen darstellte. Die für die Anschaffung erforderlichen Barmittel stammten aus betrieblichen Mitteln, die Wertpapiere wurden in der Folge wieder dem Betrieb gewidmet. Demgemäß steht der von der Bp. angesetzten Entnahme eine Einlage in derselben Höhe gegenüber.

Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen der Parteien bzw. den Feststellungen der Bp. ist ersichtlich, dass den aus dem Privatvermögen entrichteten Zahlungen zeitnahe Entnahmen oder Entnahme unmittelbar nach dem Jahreswechsel in gleicher Höhe gegenüberstehen.

Gemäß § 11a Abs. 1 EStG 1988 können natürliche Personen, die den Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10 EStG 1988) und Veräußerungsgewinne (§ 24 EStG 1988), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100 000 Euro, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Höchstbetrag von 100.000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.

Ziel der Begünstigung ist, einen längerfristigen Kapitalaufbau zu erreichen. Die Kapitalstärkung soll durch eine Bezugnahme auf ein Kapital iS der dem Unternehmen vom Gesellschafter belassenen Gewinne sowie des dem Unternehmen zusätzlich überlassenen Vermögens (Einlagen) erreicht werden. Der für die begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne maßgebende Eigenkapitalanstieg ermittelt sich nach § 11a Abs. 1 EStG 1988 aus dem laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres zuzüglich "betriebsnotwendiger" Einlagen und abzüglich der Entnahmen.

Einlagen erhöhen daher nicht in jedem Fall den Anteil des begünstigt zu besteuernden Gewinnes sondern sind nur dann der Begünstigung zugänglich, wenn sie betriebsnotwendig sind.

Der Begriff der betriebsnotwendigen Einlagen ist in § 11a EStG 1988 nicht umschrieben und insoweit unklar (vgl. Doralt/Heinrich, EStG12, § 11a Tz 28). Mit dem Erfordernis der Betriebsnotwendigkeit wird vom Gesetzgeber Bezug genommen auf die bereits im Geltungsbereich des § 11 EStG 1972 in der Rechtsprechung behandelte Problematik der Umgehungshandlungen durch nur für wenige Tage getätigte Einlagen. Der Gesetzgeber will mit diesem Begriff vermeiden, dass vorangegangene Entnahmen kurz vor dem Bilanzstichtag durch kurzzeitige Einlagen ausgeglichen werden können (vgl. Hofstätter/Reichel, § 11a EStG 1988 Tz 3).

Nach der Judikatur des VwGH (; 2008/15/0007) ist eine "betriebsnotwendige Einlage" iSd § 11a EStG 1988 jede Einlage in das Betriebsvermögen, die im betrieblichen Interesse gelegen ist. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn Einlagen bloß kurze Zeit um den Abschlussstichtag im Betrieb verbleiben. Offensichtliche Umgehungshandlungen in Form kurzzeitiger Einlagen sind der Steuerbegünstigung nicht zugänglich.

Nach VwGH wird mit dem Erfordernis der "Betriebsnotwendigkeit" Bezug genommen auf eine im Geltungsbereich des § 11 EStG 1972 in der Rechtsprechung behandelte Problematik der Umgehungshandlungen durch entsprechende Einlagengestaltungen. Wird die Einlage lediglich zu Zwecken des Ausgleichs von (zu hohen) Entnahmen getätigt, ist sie nicht betriebsnotwendig.

Da durch die unstrittig stattgefundenen Einlagen Betriebsausgaben abgedeckt worden waren und kein Hinweis auf Umgehungshandlungen vorliegt, ist davon auszugehen, dass die Einlagen im betrieblichen Interesse erfolgten und somit als betriebsnotwendig im Sinne der Judikatur (UFS, , Zl. RV/0124-S/07; , RV/2640-W/10) anzusehen sind.

Da die Einlagen die Entnahmen in beiden Streitjahren überwiegen, ist der gesamte von der Bp. ermittelte Gewinn der steuerlichen Begünstigung gem § 11a EStG zugänglich. Die Basis für die Berechnung des gem § 11a EStG begünstigten Gewinnes errechnet sich folgendermaßen:


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2005
2006
Gewinn nach Bp.
€ 87.648,03
€ 98.144,29
Entnahme Barmittel Wertpapiere
-€ 43.925,88
Einlage Wertpapiere
€ 43.925,88
betriebsnotwendige Einlagen
€ 178.268,49
€ 56.184,85
Entnahmen lt. Bp
-€ 80.876,83
-€ 36.232,46
Basis f. Hälftesteuersatz
€ 87.648,03
€ 98.144,29

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einlage
betriebsnotwendig
Liquidität
Fremdmittel
Eigenmittel
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at