Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.11.2010, RV/2876-W/06

Ansuchen um Nachsicht von mit Bescheid festgesetzten Stempelgebühren samt Gebührenerhöhung in Zusammenhang mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Eric Agstner, 1010 Wien, Tuchlauben 11, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , NA xxx/xxxx betreffend Abweisung eines Antrages um Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten (Stempelgebühr und Erhöhung) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Auf Grund einer Notionierung durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 61, vom über die Verkürzung von Stempelgebühren in Zusammenhang mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) mit Gebührenbescheid und Bescheid über eine Gebührenerhöhung vom gegenüber der Bw. feste Gebühren in Höhe von € 784,20 sowie eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von € 392,10 fest.

In einem Schriftsatz mit der Berufung gegen die Festsetzungen ersucht die Bw. um Nachsicht der festgesetzten Gebühren von € 1.176,30. In eventu stellte die Bw. den Antrag die Gebühren auf ein Minimum zu reduzieren und der Bw. darüber hinaus Ratenzahlungen zu gestatten.

Inhaltlich führte die Bw. aus, sie habe bereits während des Verfahrens hinsichtlich der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 61, einen Antrag auf Nachsicht der Gebühren gestellt, da die Berufungswerberin allein erziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern (7 und 8 Jahre) sei und als Sekretärin gerade einmal soviel verdiene, dass sie die monatlichen Fixkosten und den Lebensunterhalt für sich und die beiden minderjährigen Kinder bestreiten könne. Während des Verfahrens hinsichtlich der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 61, sei der Bw. mitgeteilt worden, dass die Gebühren in ihrem Fall marginal wären und sie diese ohnehin vom FAG vorgeschrieben bekomme. Der nunmehr bekämpfte Gebührenbescheid vom sei für die Bw. als allein erziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von € 1.112,83 zu hoch, da die damit festgesetzten Gebühren mehr als ein monatliches Nettoeinkommen der Berufungswerberin ausmachen würden. Die nunmehr begehrten Gebühren würden den Lebensunterhalt der Bw. und ihrer beiden minderjährigen Kinder gefährden und es sei ihr bereits bei der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft mitgeteilt worden, dass aufgrund ihrer familiären und finanziellen Umstände die Gebühren ohnehin nachgesehen werden würden.

Mit Eingabe vom legte die Bw. ihr monatliches Einkommen und ihre monatlichen Verbindlichkeiten wie folgt offen:


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Nettogehalt
+
1.112.83
Unterhalt für die beiden minderjährigen Kinder
+
400
Familienbeihilfe für die beiden minderjährigen Kinder
+
340
Gesamtsumme
1.852,83
Kontostand per
-
4.506,17
Kreditrückstand per
-
5.637,74
Gesamtsumme
-
10.143,91
Mietvorschreibung
-
720,00
Gas- und Stromrechnung
-
50,00
Kreditrate
-
90,00
Hortrechnung für die beiden minderjährigen Kinder
-
400,00
Haushaltsversicherungsprämie
-
20,00
Telefonrechnung
-
100,00
Rechnung Gebühren lnfoservice GmbH
-
20,00
Rechnung Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsbetriebe
-
45,00
Gesamtsumme
-
1.445,00

In den obgenannten Verbindlichkeiten seien die ausdrücklich monatlichen Lebenserhaltungskosten für die Bw. und ihre beiden minderjährigen schulpflichtigen Kinder nicht enthalten. In eventu legte die Bw. einen außergerichtlichen Ausgleichsvorschlag, wonach das FAG die festgesetzten Gebühren um die Gebührenerhöhung kürzen möge und der Bw. hinsichtlich der restlichen Gebühren in Höhe von € 784,20 eine Ratenzahlungsmöglichkeit in Höhe von € 78,42 monatlich gestatten möge.

Das Ansuchen um Nachsicht wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Dazu führte das FAG in der Begründung aus, dass trotz der von der Bw. vorgebrachten Gründe keine Unbilligkeit festzustellen sei. Insbesondere sei es nicht glaubhaft, dass der Nachsichtswerberin "marginale" Gebühren zugesagt worden wären. Es sei davon auszugehen, dass der Berufungswerberin die Höhe der zu entrichtenden Gebühren - zumindest annähernd - sehr wohl bekannt gewesen seien, bzw. wäre es ihr zumutbar gewesen, sich vor Verleihung der Staatsbürgerschaft ausreichend darüber zu informieren. Die Magistratsabteilung 61 sei darüber hinaus nicht zu der Zusage berechtigt, dass die Gebühren ohnehin nachgesehen werden würden. Die Gebühren fielen in die sachliche Zuständigkeit des FAG. Es könne der Staatsbürgerschaftswerberin bei einem Nettoeinkommen von € 1.112,83 zugemutet werden, während des Verfahrens zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft, die Gebühren für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft anzusparen. Es liege zwischen Antragstellung und Verleihung genügend Zeit. Die vorschriftsmäßige Entrichtung der Gebühren hätte der Antragstellerin den Vorteil gebracht, sich die Gebührenerhöhung zu ersparen. Eine Nachsicht der Gebühr im gegenständlichen Fall würde eine nicht begründbare Bevorzugung der Nachsichtswerberin gegenüber Abgabepflichtige in vergleichbarer Situation bedeuten, die die Abgabe vorschriftsmäßig entrichteten.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete sich die Bw. ohne klare Differenzierung gegen den Bescheid vom betreffend die Abweisung des Nachsichtsansuchens, wie auch gegen die Höhe der Festsetzung der Gebühr und der Gebührenerhöhung.

Neben der Behauptung, dass die Gebühren und somit auch die Gebührenerhöhung zu hoch festgesetzt worden sei, führte die Bw. Folgendes aus:

"Die Berufungswerberin stellt sohin den Antrag, der Unabhängige Finanzsenat Wien als zweitinstanzliche Finanzbehörde möge den bekämpften Gebührenbescheid vom und den Bescheid vom des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern dahingehend abändern, dass die festgesetzten Gebühren im Zusammenhang mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Berufungswerberin auf EUR 604,20 reduziert werden. Hinsichtlich der Nachsicht der Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 führt die Berufungswerberin aus, dass ihr zwar klar war, dass sie Gebühren für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wird entrichten müssen, jedoch wusste sie zu keinen Zeitpunkt wieviel genau, da ihr die komplexe Gebührenberechnung seitens der Magistratsabteilung 61 nie genau erklärt wurde. Bei der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wurde der Berufungswerberin von der Magistratsabteilung 61 aufgrund der Tatsache, dass sie alleinerziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern ist und aufgrund der Tatsache, dass Sie damals nur netto EUR 1.112,83 verdient hat, Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 10.143,91 und monatliche Fixkosten in Höhe von EUR 1.445,00 hatte, mitgeteilt, dass die Berufungswerberin die Gebühren für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft in Raten bezahlen wird können. Dies sollte jedoch gemäß Auskunft der Magistratsabteilung 61 zu einem späteren Zeitpunkt von der erstinstanzlichen Finanzbehörde vorgeschrieben werden. Der Berufungswerberin war demnach zu keinem Zeitpunkt bewusst, dass sie sich dadurch einer Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 aussetzt. Im übrigen legt der § 9 Abs. 2 GebG 1957 ausdrücklich fest, dass bei der Festsetzung der Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 insbesondere zu berücksichtigen ist, inwieweit der Berufungswerberin bei Beachtung des Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht zugemutet werden konnte und ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist. All diese Umstände wurden von der erstinstanzlichen Finanzbehörde weder berücksichtigt, noch in ihrer Entscheidung einbezogen und gewertet. Die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 der erstinstanzlichen Finanzbehörde in Höhe von EUR 392,10 erfolgte daher zu Unrecht. Die Berufungswerberin stellt sohin den Antrag, der Unabhängige Finanzsenat Wien als zweitinstanzliche Finanzbehörde möge den bekämpften Gebührenbescheid vom und den Bescheid vom des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern dahingehend abändern, dass die festgesetzte Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 in Höhe von EUR 392,10 ersatzlos aufgehoben wird. Da die Berufungswerberin alleinerziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern ist und aufgrund der Tatsache, dass sie derzeit ohne Beschäftigung ist, Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 10.143,91 und monatliche Fixkosten in Höhe von EUR 1.445,00, hat, stellt die Berufungswerberin abschließend den Antrag, der Unabhängige Finanzsenat Wien als zweitinstanzliche Finanzbehörde möge der Berufungswerberin für die restlichen im Zusammenhang mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu Recht festgesetzten Gebühren in Höhe von EUR 604,20 Ratenzahlungen in Form von 10 Raten zu je EUR 60,42 bewilligen. ...................................."

Mit einem weiteren Schriftsatz vom selben Tag brachte die Bw. eine Berufung gegen eine Bewilligung einer Ratenzahlung über den Rückstand von € 1.176,30 vom sinngemäß mit der Begründung ein, dass die Raten zu hoch angesetzt wären.

Auf Grund eines Ersuchens gemäß § 158 BAO übermittelte der Magistrat der Stadt Wien dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) mit Telefax vom eine Telekopie der Durchschrift des Bescheides vom über die Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Bw. (Frau A. E., geborene D., geschiedene K., geboren am 26. Juli 19xx) samt Übernahmebestätigung, woraus hervorgeht, dass die Verleihung nach § 10 Abs. 1 StbG 1985 erfolgte. Mit Telefax vom übermittelte der Magistrat der Stadt Wien dem UFS eine Telekopie der Antragsniederschrift vom , Zahl MA61/IV - K xxx/04, und der Niederschrift vom betreffend "Bundesgebühr für die Verleihung der Staatsbürgerschaft, nicht vorschriftsmäßige Entrichtung, Information über die Erhebung einer Gebührenerhöhung durch das Finanzamt".

Die Niederschrift vom , Zahl MA 61/IV-K xxxx/2005 wurde vom Amt der Wiener Landesregierung ausschließlich mit "A.K." als "sonstige Anwesende" erstellt und weist unter "Unterschriften ... der übrigen Anwesenden" eine Unterschrift auf, welche nur der "sonstigen Anwesenden" A. K., also der Bw. zuordenbar ist. Die Niederschrift beinhaltet eine Information des Amtes der Wiener Landesregierung über die Verpflichtung zur Befundaufnahme gemäß § 34 GebG über die nicht entrichtete Bundesgebühr für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sowie über die sich daraus ergebende bescheidmäßige Festsetzung der Gebühr sowie der Gebührenerhöhung von 50% der verkürzten Gebühr durch das Finanzamt.

Mit Schreiben vom übermittelte der UFS der Bw. ua. eine Kopie der Niederschrift vom mit dem Ersuchen um Stellungnahme.

In der mit Telefax vom eingebrachten Stellungnahme erklärte die Bw. gegenüber dem UFS, dass ihr die Niederschrift des Amtes der Wiener Landesregierung vom erstmals zur Kenntnis gelangt sei und diese auch nicht die Unterschrift der Bw. trage, was wiederum deckungsgleich mit dem bisherigen Vorbringen der Bw. sei, wonach ihr seitens des Amtes der Wiener Landesregierung nie mitgeteilt worden sei, wie hoch die Gebühren tatsächlich seien und dass sie zu einem späteren Zeitpunkt eine Gebührenvorschreibung des Finanzamtes erhalten werde.

Über die Berufung betreffend die Festsetzung der der Stempelgebühr und der Erhöhung mit Gebührenbescheid vom wurde mit Berufungsentscheidung rechtskräftig entschieden, wobei die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde.

Die Berufung gegen die Bewilligung einer Ratenzahlung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, da der Rückstand gemäß § 215 Abs. 2 BAO durch Überrechnung zwischenzeitig getilgt wurde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Grund des § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Gemäß Abs. 2 leg. cit. findet Abs. 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005 vom lautet:

"§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein. § 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung 1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde; 2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme. § 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches 1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden; 2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde erster Instanz geäußert oder b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden; 3. zu einer internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht."

Eine sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn im Einzelfall bei der Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. In der allgemeinen Auswirkung einer generellen Norm ist eine solche Unbilligkeit nicht gelegen. Persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der allgemeinen wirtschaftlichen Situation eines Antragstellers, einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den beim Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen ().

Die Feststellung, ob das gesetzliche Merkmal der Unbilligkeit der Einhebung gegeben ist, liegt im Bereich der gesetzlichen Gebundenheit. Erst nach der Feststellung, dass der Sachverhalt dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Einhebung nach der Lage des Falles unbillig" entspricht, betritt die Behörde den Bereich des Ermessens und hat nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Liegt nach begründeter Auffassung der Behörde eine Unbilligkeit nicht vor, so fehlt die gesetzlich vorgesehene Bedingung für die Nachsicht und das darauf gerichtete Ansuchen ist abzuweisen (Stoll, BAO Kommentar, 2426).

Die Gebührenfestsetzung ist Folge eines von der Bw. selbst durch Antrag initiierten Verfahrens vor der Staatsbürgerschaftsbehörde, nämlich eines Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Die Gebührenerhöhung ergibt sich aus der Nichtentrichtung der dafür anfallenden Gebühr zwingend auf Grund des § 9 Abs. 1 GebG. Sowohl die Gebührenfestsetzung wie auch die Erhöhung sind allgemeinen Auswirkung genereller Normen. Es handelt sich dabei um vom Gesetzgeber offenbar beabsichtigte Ergebnisse. Dass die Bw. von dem für die Erhebung dieser Gebühren zuständigen Finanzamt eine falsche Auskunft erteilt worden wäre, behauptet die Bw. gar nicht. Im Übrigen würden die von der Bw. kolportierten Auskünfte der Staatsbürgerschaftsbehörde, die die Bw. nach ihren Angaben zur nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Gebühren veranlasst haben sollen, ungeachtet dessen, dass die diesbezüglichen Behauptungen der Bw. gar nicht glaubwürdig sind, offensichtlich unrichtige Rechtsauslegungen beinhalten.

Eine sachliche Unbilligkeit ist jedenfalls nicht gegeben.

Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers (bzw. aller Gesamtschuldner). Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des (der) Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen (). Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet (z.B. ; , 99/16/0086; , 95/15/0090). Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur jedoch dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (z.B. ; , 99/15/0161; , 2001/15/0033). Es bedarf keiner Existenzgefährdung; es genügt, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, z.B. wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte (z.B. ; , 99/16/0086; , 98/13/0073; , 2003/13/0156). Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensteuerverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend (z.B. ) (Ritz, BAO³ Rz 9 zu § 236 BAO).

Räumt man der Bw. im Hinblick auf ihre Erklärung, dass sie ohne Beschäftigung ist bzw. war, ein, dass die Einhebung der zwischenzeitig durch Überrechnung entrichteten Schuld unbillig ist, so ist eine Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO zu treffen.

Nach § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", und den Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen ().

Zu den berücksichtigungswürdigen Umständen zählt im Hinblick auf die gebotene Gleichbehandlung aller Abgabepflichtiger, dass die Bw. die ihr zumutbare Vorsorge für die zu erwartende Gebühr nicht getroffen hat (vgl. und UFSS RV/0313-S/05).

Bereits mit dem Abweisungsbescheid vom wurde der Bw. vorgehalten, dass ihre Aussagen zu den Gebührenauskünften des Magistrats der Stadt Wien im Nachsichtsansuchen nicht glaubhaft seien.

Der Magistrat der Stadt Wien hatte keine Veranlassung zur Erteilung der von der Bw. behaupteten Auskünfte, die einer längst überholten Rechtslage entsprächen.

Mit BGBl. Nr. 686/1976 vom wurde die seinerzeitige Bestimmung des § 14 TP 2 Abs. 3 GebG, wonach eine Erstattung nach Maßgabe der Verordnung des BGBl Nr. 207/1954 möglich war, geändert. In den Erläuterungen zum BGBl. 686/1976 ist Folgendes ausgeführt:

"Die Gebühr für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die Gebühr für die Namensänderung kann nach § 14 TP 1 Abs. 3 des Gebührengesetzes 1957 in der geltenden Fassung und den hiezu ergangenen Verordnungen den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Abgabepflichtigen entsprechend auf Antrag ermäßigt werden. Dieses Ermäßigungsverfahren, das sich schon in der Vergangenheit für die Parteien und für die Verwaltung in seiner Durchführung als Erschwernis erwiesen hat, kann nach der nun in Aussicht genommenen Regelung entfallen, da die Gebühren für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und für die Namensänderung nicht der Erhöhung der übrigen festen Gebührensätze entsprechend angehoben, sondern im Gegenteil weitgehend herabgesetzt werden; dabei wurde auf die Höhe der Gebühr Bedacht genommen, die nach Maßgabe des Ermäßigungsverfahrens bisher im Durchschnitt zu entrichten war. Sollte die Einhebung der nunmehr geringeren Gebühr in Einzelfällen zu Unbilligkeiten führen, so kann im Wege des § 236 der Bundesabgabenordnung abgeholfen werden. Der für die Staatsbürgerschaftsgebühr vorgesehene gestaffelte Tarif entspricht den vornehmlichsten Erwerbsarten der österreichischen Staatsbürgerschaft nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz".

Mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983, BGBl. 170/1983 vom ist die Bestimmung des § 14 TP 2 Abs. 3 GebG idF BGBl. 570/1982, wonach die festen Gebühren für die Verleihung (Erwerb) der österreichischen Staatsbürgerschaft mit Bescheid festzusetzen waren, entfallen, womit die mit dem Bundesgesetz BGBl Nr. 207/1954 erlassene Verordnung jedenfalls endgültig hinfällig geworden war und aus diesem Grunde mit dem Deregulierungsgesetz 2006 als überholt außer Kraft gesetzt wurde.

Aus den der Bw. mit vorgehaltenen Schriften geht eindeutig hervorgeht, dass die Bw. von der Staatsbürgerschaftsbehörde über die Gebührenpflicht im Zusammenhang mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft aufgeklärt wurde.

Die Behauptung, der Bw. sei die Niederschrift vom erstmals zur Kenntnis gelangt, steht im klaren Widerspruch zur vorgehaltenen Schrift und ist offensichtlich ebenso unrichtig wie die dem Inhalt dieser Niederschrift entgegenstehenden sonstigen Behauptung über die Auskünfte der Staatsbürgerschaftsbehörde. Dazu wird weiters auf die an die Bw. ergangene Berufungsentscheidung des verwiesen.

Wäre es der Bw möglich gewesen, bei ihrem Einkommen - und zwar auch nach Verlust ihrer Beschäftigung - die Gebühren im Nachhinein in Raten zu entrichten, wie aus ihren Vorbringen eindeutig hervorgeht, so ist davon auszugehen, dass es ihr auch möglich gewesen wäre, die Gebühren mit denen sich zu rechnen hatte, im Voraus anzusparen und ordnungsgemäß zu entrichten.

Im Übrigen ist zu sagen, dass die Erhebung der gegenständlichen Gebühren einerseits die Folge eines von der Bw. selbst veranlassten Verfahrens ist und andererseits die Einhebung dieser Gebühren nicht die maßgebliche Ursache ihrer prekären Lage ist.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die Bw. im Nachsichtverfahren offensichtlich unwahre Angaben machte.

Da der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Bw. zum einen das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben und im Hinblick auf die gebotene Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen die oa. berücksichtigungswürdigen Umstände entgegenstehen und sonstige maßgebliche Zweckmäßigkeits- oder Billigkeitsgründe nicht vorliegen, sind ungeachtet der Frage, ob die Behauptung der persönlichen Unbilligkeit einer Überprüfung Stand halten würde, die Voraussetzungen für eine Nachsicht nach § 236 BAO nicht gegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 9 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 158 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 10 Abs. 1 StbG, Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311/1985
§ 34 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 215 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 14 TP 2 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 14 TP 1 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise

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