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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 19.09.2012, RV/2638-W/12

Werbungskosteneigenschaft von Familienheimfahrten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, vertreten durch ADir. Martin Paulovics, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der laut Aktenlage im Inland zumindest seit dem Jahr 1994 nichtselbständig beschäftigte Bw. machte im Rahmen seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2011 Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung im Ausmaß von 3.110,40 € geltend, wobei nämlicher Betrag - laut ergänzenden Anmerkungen - aus 48 Familienheimfahrten nach U herrührte (48 x 540 km x 0,12 €).

Mit dem Hinweis, dass Aufwendungen für Familienheimfahrten, nur im Falle des Vorliegens einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen seien und im Fall des Bw. - ob Überschreitens der für in Partnerschaft lebender Personen in Betracht kommenden Toleranzgrenze von zwei Jahren - auch der Tatbestand der vorübergehenden Anerkennung der Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht erfüllt sei, fand der Betrag von 3.110,40 € in dem mit datierten Einkommensteuerbescheid 2011 keine Berücksichtigung.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom gab der Bw. an, dass - ebenso wie in den Vorjahren - seine Lebensgefährtin am ungarischen Familienwohnsitz den Haushalt geführt habe.

Dem Bw. sei die tägliche Rückkehr zu dem 270 km entfernten Familienwohnsitz nicht zumutbar und es liege daher eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vor.

Eine Familienwohnsitzverlegung verbiete sich - unbeschadet des Umstandes, dass trotz entsprechender Bemühungen am Dienstort keine geeignete Familienwohnung zu finden gewesen sei -, auch aus dem Faktum, dass der Bw. vom Arbeitgeber jederzeit an einen anderen Ort versetzt werden könne.

Ergo dessen seien auch die Aufwendungen für die im Jahr 2011 unternommenen 48 Familienheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde das Rechtsmittel des Bw. als unbegründet abgewiesen, wobei das Finanzamt die Ansicht vertrat, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes trotz Nichtbeschäftigung der Lebensgefährtin des Bw. allein privat veranlasst sei.

Darüber hinaus sei auch das Vorbringen, dem gemäß jederzeit eine Versetzung an einen anderen Ort zu gewärtigen sei, angesichts der Tatsache, dass der Bw. bereits seit dem in Wien wohnhaft sei, ebenfalls nicht tragfähig.

In dem gegen vorgenannte Berufungsvorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag vom führte der Bw. unter grundsätzlicher Bezugnahme auf die bisherigen Schriftsätze ergänzend aus, dass sich seine Tochter R im Jahr 2011 ob ihrer Behinderung auch regelmäßig einer medizinischen Behandlung in U unterziehen habe müssen.

Demzufolge sei dem Bw. eine Verlegung des Familienwohnsitzes zu keinem Zeitpunkt zumutbar gewesen und es ergehe daher der Antrag auf Anerkennung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen.

Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 EStG 1988 definiert hierbei den Begriff der Werbungskosten als Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 idF BGBl 1996/201 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit c leg cit angeführten Betrag übersteigen, nicht abgesetzt werden.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, so können Familienheimfahrten von der Wohnung am Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Aufgabe des bisherigen Familienwohnsitzes unzumutbar ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.

Die berufliche Veranlassung der mit Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2005/14/0039).

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeuten vorstehende Ausführungen, dass angesichts der Tatsache, dass der evidenter Maßen zumindest bereits seit dem Jahr 1994 im Bundesgebiet nichtselbständig beschäftigte Bw. bis dato seinen in U gelegenen Familienwohnsitz beibehalten hat, wiewohl - wie auch vom Bw. zugestanden -, dessen Lebensgefährtin am Ort des Familienwohnsitzes selbst keiner Beschäftigung nachgeht und diese nur den Haushalt führt, die Beibehaltung des Familienwohnsitzes auf privat veranlassten Motiven beruht.

Insoweit kann daher aber von einer Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung nicht gesprochen werden.

Vice versa liegen somit - entgegen der Ansicht des Bw. - die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vor, weswegen den aus den Familienheimfahrten herrührenden Aufwendungen nicht der Status der ertragsteuerlich beachtlichen Werbungskosten beizumessen ist.

Obigem Ergebnis ist nach dem Dafürhalten des unabhängigen Finanzsenates auch das im Vorlageantrag neu vorgebrachte Argument, wonach die im Streitzeitraum dreiundzwanzig Jahre alte Tochter des Bw. ob ihrer Behinderung einer ständigen medizinischen Betreuung in U bedürfe und demzufolge ein Umzug nach Österreich schon generell als unzumutbar zu qualifizieren sei, nicht abträglich.

Aus einem anlässlich einer am erfolgten Untersuchung erstellten Sachverständigengutachten des Bundessozialamts Wien geht nämlich hervor, dass die im Jahr 1988 geborene R an Belastungsatemnot leidet, wobei sonst keine pulmonale Beschwerdesymptomatik vorliegt und darüber hinaus der Befund auch hinsichtlich Asthma und Allergie negativ ist.

In Ansehung vorstehender Betrachtungen und der Tatsache, dass der Bw. selbst eine Verschlechterung des in der Begutachtung des Bundessozialamtes Wien erhobenen Befundes weder behauptet, noch einen solche nachweist, ist dem Vorbringen des Bw., wonach seine Tochter als derart pflegebedürftig zu qualifizieren sei, so dass ein Umzug in das Bundesgebiet unzumutbar sei, der Boden entzogen.

Ebenso ist dem Argument des bestehenden Erfordernisses der ständigen medizinischen Betreuung in U zu entgegnen, dass - dem Standard der österreichischen (Schul-)Medizin gemäß -, eine derartige Betreuung jedenfalls auch am Ort der Beschäftigung des Bw. erfolgen kann.

Dem Einwand, dass berufsbedingt eine jederzeitige Versetzung des Bw. an einen anderen Ort zu gewärtigen sei, ist zu entgegen, dass ungeachtet dessen, dass - in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Abgabenbehörde erster Instanz in Anbetracht des in realiter seit dem Jahr 2001 bestehenden Wohnsitzes des Bw. in Wien, eine derartige Agitation des Arbeitgebers als unwahrscheinlich zu erachten ist -, der unabhängige Finanzsenat seiner Entscheidung stets nur konkrete in Streitzeitraum verwirkte und nicht fiktiv mögliche Sachverhalte zugrunde zu legen hat.

Zusammenfassend gelangte die Abgabenbehörde zweiter Instanz - in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes sowie jenen in der ha. Berufungsentscheidung vom , RV/3483-W/09 - zur Überzeugung, dass die Aufwendungen für die Familienheimfahrten ob Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung den in der Bestimmung des § 20 Abs. 1 EStG 1988 normierten nichtabzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung zuzuordnen sind.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at