Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 12.02.2008, RV/0243-W/08

Verkauf einer Eigentumswohnung durch die Erblasserin auf den Todesfall - fortgesetztes Verfahren

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BW, Adr, vertreten durch Leitner + Leitner GmbH & Co KEG, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 4040 Linz, Ottensheimerstr. 32, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Erbschaftssteuer zu ErfNr. xxxxx, St.Nr. xxxxx im fortgesetzten Verfahren entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

In der Verlassenschaft nach der am verstorbenen Frau GP war deren Nichte BW (die nunmehrige Berufungswerberin, kurz Bw.) zur Alleinerbin berufen. Die von ihr zum gesamten Nachlass abgegebene unbedingte Erbserklärung wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes F zu Gericht angenommen.

Am hatte die Erblasserin mit Frau LK in Form eines Notariatsaktes einen Kaufvertrag auf den Todesfall über ihre Eigentumswohnung (109/1200tel Anteile an der EZ-X verbunden mit Wohnungseigentum an Wohnung 9) abgeschlossen, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"I

Die verkaufende Partei verkauft und übergibt und LK ... kauft und übernimmt die genannten Anteile samt Wohnungseigentum an Wohnung 9 samt allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör in ihr Eigentum.

Dieser Vertrag erlangt seine Wirksamkeit erst mit dem Ableben der verkaufenden Partei.

II

Als Kaufpreis wird der beiderseits für angemessen gefundene Betrag von S 1.600.000,00 vereinbart.

Es wird ausdrücklich die Wertbeständigkeit des Kaufpreises vereinbart.

....

Der wertgesicherte Kaufpreis ist binnen eines Monats nach dem Ableben der verkaufenden Partei an die von der verkaufenden Partei hiermit als Begünstigte bestimmte Frau BW, ..., Zug um Zug gegen die ebenfalls binnen eines Monats zu bewirkende Räumung der Wohnung zu bezahlen. Für den Fall der nicht fristgerechten Räumung ist die kaufende Partei berechtigt, die Räumung selbst zu veranlassen und die hierfür angemessenen Kosten vom Kaufpreis in Abzug zu bringen.

III.

Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes in den Besitz und Genuss der kaufenden Partei erfolgt am Tag des Ablebens der verkaufenden Partei.

IV

Die verkaufende Partei erklärt und übernimmt Gewähr dafür, dass der Kaufgegenstand frei von bücherlichen und außerbücherlichen Lasten ist, soweit diese nicht von der kaufenden Partei ausdrücklich kraft dieses Kaufvertrages übernommen werden.

Festgehalten wird, dass grundbücherlich keine Geldlasten einverleibt sind. Laut Auskunft der Hausverwaltung W haftet jedoch auf den vertragsgegenständlichen Anteilen noch ein Darlehen des Wohnhauswiederaufbaufonds mit dem Betrag von S 55.034 (Stichtag ) aus. Diese Belastung wird von der kaufenden Partei nicht übernommen. Sollte dies Forderung zum Übergangsstichtag noch bestehen, so ist der zur Kredittilgung erforderliche Betrag von der kaufenden Partei unter Anrechnung auf den Kaufpreis an die Gläubigerin zu entrichten.

....

VII.

Sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag gehen auf die Rechtsnachfolger der kaufenden Partei über.

....

X.

Sohin erteilt die verkaufende Partei GP,..., ihre ausdrückliche Einwilligung, dass auf Grund dieses Vertrages, ....., das Eigentumsrecht für LK einverleibt werde."

In einem Übereinkommen vom wurde zwischen der Bw. und Frau LK einvernehmlich festgehalten, dass der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis auf Grund der bedungenen Wertbeständigkeit nun € 126.625,15 beträgt. Weiters wurde festgestellt, dass ob der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile ein Wohnhaus-Wiederaufbaufondsdarlehen im Restbetrag von € 1.416,64, abgerechnet zum , aushaftend ist und dass dieses von der Bw. als Erbin und Rechtsnachfolgerin der Frau GP zu tilgen ist. Als Übergabsstichtag wurde der vereinbart.

Mit Beschluss vom bewilligte das Bezirksgericht F die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Frau LK. Darin werden als Eintragungsgrundlage sowohl den Kaufvertrag auf den Todesfall vom als auch das Übereinkommen vom angeführt.

In der von der Bw. zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung erstatteten Vermögenserklärung vom wurde unter den Aktiven der Kaufpreis in Höhe von € 126.625,15 ausgewiesen.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber der Bw. Erbschaftsteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG mit 28 % von € 117.089,00 fest. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage wurde der oben angeführte Kaufpreis von € 126.625,15 unter den "sonstigen Forderungen" erfasst.

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde eingewandt, dass im Protokoll vom ein Fehler unterlaufen sei und dieses Protokoll bzw. die Vermögenserklärung mit Protokoll vom heutigen Tage dahingehend berichtigt werde. Der Verkauf der gegenständlichen Eigentumswohnung sei von der Alleinerbin erst im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung abgewickelt worden. Der unter den sonstigen Forderungen einbezogene Betrag von € 126.625,15 betreffe Liegenschaftsanteile der Erblasserin. Diese seien inländisches Grundvermögen und gemäß § 19 Abs. 2 ErbStG mit dem Dreifachen des Einheitswertes zu bewerten (siehe ). Der steuerpflichtige Erwerb betrage demnach € 18.258,97 und sei die Erbschaftsteuer insgesamt mit € 3.163,91 (€ 2.191,08 Erbschaftsteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG und € 972,83 Erbschaftsteuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG) festzusetzen.

Am wurde die im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung erfolgte Vermögenserklärung berichtigt und anstatt des Kaufpreises von € 126.625,15 die erbl. Liegenschaftsanteile, bewertet mit dem 3-fachen Einheitswert von € 27.795,00 ausgewiesenen.

Der Einheitswert für die gesamte Liegenschaft wurde zuletzt zu EW-AZ XXXXXX bescheidmäßig mit S 1.040.000,00, das entspricht € 102.032,66, festgestellt, sodass der anteilige Einheitswert der erbl. 109/1200-stel Anteile € 9.267,96 und der anteilige dreifache Einheitswert € 27.803,88 beträgt.

Mit Berufungsentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Laut Kaufvertrag vom war die Wirksamkeit der Übertragung der 109/1200tel - Anteile an der EZ-X von Frau GP an Frau LK betagt mit dem Ableben der Frau GP. Auf Grund dieses Kaufvertrages wurde im Grundbuch das Eigentumsrecht für Frau LK einverleibt. Belastungen werden auf diesem Anteil nicht ausgewiesen. Der Erbin BW ist zum Stichtag keine Liegenschaft angefallen. Laut Pkt II. des obgenannten Kaufvertrages ist der Kaufpreis an Frau BW zu entrichten. Der Kaufpreis ist daher der Erbschaftssteuer zu unterziehen.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz wurde von der Bw. zum Sachverhalt noch ergänzend vorgebracht, dass die Liegenschaft zivilrechtlich noch im Eigentum der Erblasserin gestanden sei und daher auch zum zivilrechtlichen Nachlass gehöre. Die Erbin sei damit in das zivilrechtliche Eigentum eingetreten und. Abweichend von der Kaufvertragsvereinbarung sei aufgrund diverser offener Fragen keine sofortige Übergabe des Kaufgegenstandes vorgenommen worden. Erst am sei ein Übereinkommen zwischen Bw. und Käuferin geschlossen worden und erst in diesem Übereinkommen diverse offene Fragen (Kaufpreisermittlung, aushaftende Darlehen, Lastenfreiheit) geregelt und vor allem ein neuer Übergabsstichtag, nämlich der vereinbart worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Erbin zivilrechtliche und tatsächliche Eigentümerin und auch Verfügungsberechtigte über die Liegenschaft gewesen. Aufgrund dieser Rechtsstellung habe sie als Erbin das Übereinkommen mit der Käuferin abgeschlossen. Erst dieses Übereinkommen bilde gemäß Grundbuchsbeschluss vom die Eintragungsgrundlage für die Übertragung der Liegenschaft.

Ihre Rechtsausführungen ergänzte die Bw. dahingehend, dass erbschaftssteuerlich aufgrund des zivilrechtlich geprägten Tatbestandes des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG der zivilrechtliche Erbanfall maßgeblich sei. Erbrechtlich gehöre aber die Liegenschaft noch zum Nachlassvermögen. Gemäß sei bei einer noch durch den Erblasser verkauften aber noch nicht übergebenen Liegenschaft nur dann nicht der Einheitswert der Erbschaftssteuer zu Grunde zu legen, wenn die Übertragung der Liegenschaft ohne weitere rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Erben erfolge. Auf Grund der noch notwendigen Mitwirkung der Erben werden zB auch vererbte Kapitalgesellschaftsanteile mit durch den Erblasser vereinbarten Abtretungsklauseln erbschaftssteuerlich noch dem Erben zugerechnet, da bei der Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile zivilrechtlich noch eine Mitwirkung der Erben erforderlich ist. (vgl. Taucher, Unternehmensnachfolge aus steuerlicher Sicht, in Bertl/Mandl/Ruppe, Unternehmensnachfolge durch Erben und Vererben, 1996, 24). Das gleiche gelte, wenn ein durch den Erblasser abgeschlossener Kaufvertrag noch von Bedingungen abhängig war, die erst nach dem Tod des Erblassers rechtskräftig geworden sind (). Auch für den Fall der Schenkung einer Liegenschaft, die der Geschenkgeber bereits verkauft hat, habe der VwGH ausdrücklich den Einheitswert anerkannt (). Von Bedeutung sei auch das Erkenntnis des , wonach erschaftssteuerrechtlich zwar grundsätzlich die Anordnung des Erblassers maßgeblich sei (eine Vermächtnisanordnung), soweit nicht die Erben im Einvernehmen mit dem Drittbegünstigten (dem Vermächtnisnehmer) noch etwas anderes vereinbaren. Ist Nachlassgegenstand eine Liegenschaft, dann sei gemäß § 19 Abs. 2 ErbStG zwingend vom dort bestimmten Einheitswert auszugehen, selbst wenn über die Liegenschaft bereits Abtretungsvereinbarungen bestehen ( zur zwingenden Bewertung einer geschenkten Liegenschaft mit dem Einheitswert, auch wenn der Geschenknehmer bereits eine Kaufoption (zu einem niedrigeren Preis an der Liegenschaft habe). Der Gegenstand der Erbschaftssteuer könne in Erbrechtsfällen auch nicht durch Hinweis auf den wirtschaftlichen Inhalt der Zuwendung verändert werden, da die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Zuwendungsgegenstandes nur für Schenkungen unter Lebenden (insbesondere mittelbare Grundstücksschenkung) gelte, nicht aber für die Erwerbe von Todes wegen (vgl. Fellner, § 2 Rz 13, unter Hinweis auf BFH , II B 46/90, BFH 63,233).

Im Vorlageantrag beantragte die Bw. gemäß § 284 BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und darüber hinaus gemäß § 282 BAO die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

Mit Vorhalten vom teilte die Referentin des unabhängigen Finanzsenates der Bw. und dem Finanzamt mit, wie sich die Sach- und Rechtslage für sie darstellt und aus welchen Erwägungen nach Ansicht der Referentin - unvorgreiflich der Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat - die Erbschaftssteuer mit insgesamt € 3.165,14 festzusetzen sei.

Daraufhin nahm die Bw. mit Schreiben vom die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurück.

Das Finanzamt gab mit Schreiben vom ein Stellungnahme ab, in der im Wesentlichen die in der Berufungsvorentscheidung dargelegte Rechtsansicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ,0048) bekräftigt wurde.

Gegen die stattgebende Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1056-W/06 erhob das Finanzamt Amtsbeschwerde. Mit Erkenntnis vom zur Zl. 2007/16/0070 hob der Verwaltungsgerichtshof die genannte Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weshalb der Unabhängige Finanzsenat in einem fortgesetzten Verfahren neuerlich über die Berufung gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom zu entscheiden hat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die Bindung der Behörde erstreckt sich auf die im vorausgegangenen Erkenntnis ausdrücklich niedergelegte Rechtsauffassung und auf solche Fragen, die eine notwendige Voraussetzung für den Inhalt des aufhebenden Erkenntnisses darstellen (vgl. ).

Im Erkenntnis vom , 2007/16/0070 hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Rechtsanschauung niedergelegt:

"Bei einem Kaufvertrag, der im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch von keinem der Vertragspartner zur Gänze erfüllt war, ist eine im Vermögen des Erblassers vorhandene Kaufpreis(Rest-)Forderung als Vermögensanfall der Erbschaftssteuer zu unterziehen. Der Besitz und das (bücherliche) Eigentum an Liegenschaften sind nicht zu berücksichtigen, weil diesen die Verpflichtung zur Übereignung des Kaufgegenstandes gegenübersteht. Auf den Einheitswert der Liegenschaft kommt es daher nicht an (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0013, mwN; vgl. auch das Erkenntnis sowie vom , Zl. 89/16/0225, betreffend den Fall einer Enteignungsentschädigung).

Nach der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen auch im vorliegenden Beschwerdefall kein Anlass besteht, ist im Falle eines beiderseits noch nicht erfüllten Kaufvertrages über eine Liegenschaft die Kaufpreisforderung als Vermögensanfall der Erbschaftssteuer zu unterziehen, der bloße Besitz und das Eigentum an der Liegenschaft einerseits und die dem gegenüberstehende Verpflichtung zur Übereignung andererseits - in der Terminologie des Bundesfinanzhofes auch "Sachleistungsverpflichtung" - jedoch als einander gegenüberstehend nicht zu berücksichtigen.

Hat aber nach dem bisher Gesagten die Verpflichtung zur Übereignung der Liegenschaft - aufgewogen durch Besitz und bücherliches Eigentum an der Liegenschaft - als Vermögensanfall außer Betracht zu bleiben, so stellt sich die Frage einer unsachlichen Differenzierung der Bewertung von Liegenschaftsvermögen einerseits und der Verpflichtung zur Übereignung der Liegenschaft andererseits nicht, wie sie vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom , II R 103/86, zum Anlass genommen wurde, fortan bei beiderseits noch nicht erfüllten entgeltlichen Verträgen die Sachleistungsverpflichtung des Erben mit dem Wert der Gegenleistung gleichzusetzen (vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofes vom , II R 68/95)."

Nach der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Finanzamt somit zu Recht den Kaufpreis der Eigentumswohnung der Erbschaftsteuer unterzogen und war daher die Berufung im fortgesetzten Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kaufvertrag auf den Todesfall
Gegenstand des Erwerbes
zivilrechtliches Eigentum
Übereignungsverpflichtung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at