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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 13.02.2008, RV/0854-W/06

Übernahme von Pflegekosten durch den Erben als außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0854-W/06-RS1
Wird eine Liegenschaft übertragen und übernimmt der Empfänger in weiterer Folge Pflegeheimkosten der Übertragenden, liegt eine Auswirkung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Empfänger solange nicht vor, als die Kosten den Verkehrswert der Liegenschaft nicht übersteigen.
RV/0854-W/06-RS2
Für die Prüfung, ob einem Erben durch die Bezahlung von Pflegeheimkosten des Erblassers eine Vermögensminderung erwachsen ist, ist nicht der Einheitswert, sondern der Verkehrswert der übertragenen Liegenschaft maßgeblich.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Wien, X-Gasse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Einkommensteuer 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Bw. (idF.: Bw.) machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2004 die im Jahr 2004 für seine im Jahr 2001 verstorbene Mutter, A.B., bezahlten Pflegeheimkosten im Betrag von € 14.325,05 als außergewöhnliche Belastung geltend.

Da dem Ersuchen des Finanzamtes, die Verlassenschaftsabhandlung vorzulegen bzw. einen Verpflichtungsnachweis über diese Zahlung beizubringen, nicht rechtzeitig entsprochen wurde, wurde vom Finanzamt bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2004 die beantragte außergewöhnliche Belastung nicht anerkannt. In der Bescheidbegründung wies das Finanzamt darauf hin, dass keine Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 vorliege, wenn Pflegekosten als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern übernommen werden ().

Der Bw. gab eine bedingte Erbserklärung ab. Laut Inventar ist in den Aktiva ein ¾ Anteil an dem Superädifikat EZxy mit einem anteiligen Einheitswert von € 1.907,65 enthalten. Insgesamt ist der Nachlass mit € 16.940,17 überschuldet.

Im Protokoll in der Verlassenschaftssache nach A.B. vom wurde beantragt, die Verfügungsermächtigung über die erblichen Guthaben dem Bw. zu erteilen, den in den Nachlass fallenden ¾ Anteil am Superädifikat EZxy dem Bw. zuzuweisen, und die Erbteilung außergerichtlich und einvernehmlich vorzunehmen.

Die Verlassenschaft wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes A vom eingeantwortet. Der Bw. erwarb somit als Alleinerbe nach seiner Mutter den ¾-Anteil an og. Superädifikat.

Der Bw. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 Berufung, wiederholte seinen Antrag auf Berücksichtigung der Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung und wies darauf hin, dass laut Protokoll der Verlassenschaftsaufnahme vom der Anteil am Superädifikat mit einem Wert von € 1.907,65 festgestellt worden sei und die gesamten Aktiva des Nachlasses nicht (gemeint: nicht einmal) die Begräbniskosten abgedeckt hätten. Durch die Bezahlung der Pflegegebühren von € 14.325,05 sei daher beim Bw. eine Vermögensminderung eingetreten.

Die Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen, wobei aufgrund der Formulierung der Berufung irrtümlicherweise angenommen wurde, der Bw. beantrage die Anerkennung der Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung.

Der Bw. beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und stellte klar, dass er nicht die Absetzbarkeit als außergewöhnliche Belastung der bereits im Jahr 2001 bezahlten Begräbniskosten, sondern der Pflegekosten, zu deren Bezahlung er im Jahr 2004 zwangsläufig verpflichtet wurde, beantrage.

Diese Verpflichtung sei laut § 26 des Wiener Sozialhilfegesetzes entstanden, wonach nicht der - nach Ansicht des Bw. - steuerlich relevante Einheitswert, sondern der Verkehrswert des Wirtschaftsgutes zu Grunde gelegt werde.

Auf bereits im Zuge der Berufung vorgelegte Nachweise des Pflegeheimes und der Magistratsabteilung 47 wurde verwiesen. In den Akten des Finanzamtes liegt diesbezüglich folgender Schriftverkehr auf:

Mit Schreiben vom wurde dem Bw. seitens der Magistratsabteilung 47 mitgeteilt, dass das für die Pflege von Frau B aufgelaufene Pflegeentgelt noch mit einem Betrag von €  14.325,05 unberichtigt aushafte, die Magistratsabteilung 40 ersucht werde, den in den Nachlass fallenden Anteil des Superädifikates zu bewerten, und der Bw. der Magistratsabteilung 40 "als Kontaktperson" bekannt gegeben worden sei.

Mit Schreiben vom wurde der Bw. von der Magistratsabteilung 47 gemäß § 26 Wiener Sozialhilfegesetz und aufgrund der von ihm abgegebenen bedingten Erbserklärung ersucht, den Betrag von € 14.325,05 binnen 14 Tagen zur Einzahlung zu bringen.

Mit Mahnschreiben des Fonds Soziales Wien vom wurde der Bw. nochmals aufgefordert, den Betrag bis zum einzuzahlen.

Aus dem in Kopie vorliegenden Erlagscheinabschnitt ist ersichtlich, dass der Betrag sodann vom Bw. am einbezahlt wurde. Dies wurde mit Schreiben des Fonds Soziales Wien vom bestätigt.

Die Berufung wurde vom Finanzamt der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt.

Über Ersuchschreiben gemäß § 158 BAO übermittelte der Fonds Soziales Wien, Verrechnung Städtische Pflegeheime dem Unabhängigen Finanzsenat das an die Magistratsabteilung 47 gerichtete Schreiben der Magistratsabteilung 40 vom betreffend die Ermittlung des Verkehrswertes des gegenständlichen Superädifikates. Demnach handelt es sich um ein ca. 450 m² großes, mit einem 48,80 m² großen Bungalow bebautes Badelos am B-See, GemeindeB, Niederösterreich. Der Gesamtrestwert des Superädifikates samt Außenanlagen wurde auf rund € 40.000,00, jedoch aufgrund von Vergleichsverkäufen von weiteren Superädifikaten auf dieser Einlagezahl auf mindestens rund € 60.000,00 geschätzt. Daraus wurde ein Wert der ¾ Anteile von A.B. in Höhe von € 45.000,00 ermittelt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3),

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung liegt eine Belastung im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung nur dann vor, wenn Ausgaben getätigt werden, die zu einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr, somit zu einer Vermögensminderung führen. Bloße Vermögensumschichtungen führen zu keiner außergewöhnlichen Belastung ().

Werden Pflegekosten als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern übernommen, so liegt insoweit keine Belastung vor. Hierbei ist zu beachten, dass ein konkreter Zusammenhang zwischen Vermögensübertragung und Belastung bestehen muss. Bei Begleichung von Pflegekostenrückständen durch den Erben besteht der Zusammenhang mit der Erbschaft (vgl. Wiesner-Atzmüller-Grabner-Leitner-Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 11; ).

Übersteigen die vom Abgabepflichtigen bezahlten Pflegekosten den Verkehrswert der im Erbweg übertragenen Liegenschaft (und sonstigen Aktiven) nicht, so wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen nicht beeinträchtigt, und es liegt keine außergewöhnliche Belastung vor ( RV/0528-I/04, SWK Nr. 13 vom , S 451).

Der Bw. geht davon aus, dass für Zwecke des § 34 EStG 1988 nicht der Verkehrswert, sondern der Einheitswert maßgeblich sei. Dieser Annahme ist entgegenzuhalten, dass gemäß ausdrücklicher Regelung des § 1 Abs. 1 BewG die Bestimmungen des ersten Teils des Bewertungsgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil des Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben (sowie für die - im Berufungsfall nicht maßgeblichen - bundesrechtlich geregelten Beiträge an sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts und an Fonds) gelten.

Gemäß § 1 Abs. 2 BewG gelten die Bestimmungen des zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 18 bis 79) für die Vermögensteuer und für die Stempel- und Rechtsgebühren. Der erste Abschnitt des zweiten Teiles (§§ 19 bis 68) gilt nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze auch für die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, die Erbschaft- und Schenkungssteuer, die Grunderwerbsteuer und für die Beträge nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz.

Die Einheitswerte (§ 19 ff BewG) sind im zweiten Teil des BewG geregelt und daher für Zwecke des § 34 EStG 1988 nicht maßgebend.

Vielmehr ist der im ersten Teil des BewG in § 10 Abs. 1 normierte Grundsatz zu beachten, wonach Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen ist. Der gemeine Wert wird nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Diese Begriffsbestimmung gibt den objektiven Wert wieder. Im Wirtschaftsleben findet man dafür auch den Ausdruck Verkehrswert.

Die Frage, ob einem Erben eine seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Belastung erwachsen ist, kann richtig nur gelöst werden, wenn Kosten in ihrer tatsächlich aufgelaufenen Höhe nicht dem Einheitswert geerbter Liegenschaften, sondern dem tatsächlich erzielbaren Wert der übernommenen Nachlassaktiven, also ihrem Verkehrswert, gegenübergestellt werden ().

Für den Berufungsfall ergibt sich glaubwürdig anhand der vorliegenden detaillierten Ermittlungen der Magistratsabteilung 40 ein Verkehrswert (gemeiner Wert) des vom Bw. im Erbweg erworbenen ¾- Anteiles am gegenständlichen Superädifikat von € 45.000,00. Dieser Umstand war dem Bw. bekannt, wie aus dem Hinweis im Vorlageantrag auf die Maßgeblichkeit des Verkehrswertes in § 26 Wiener Sozialhilfegesetz hervorgeht.

Unter Berücksichtigung dieses Verkehrswertes mit € 45.000,00 ergeben sich Nachlassaktiva von € 46.907,65, von denen nach Abzug aller sonstigen Passiva (ohne Pflegekosten) laut Inventar ein Betrag von ca. € 40.500,00 verbleibt, in welchem die gegenständliche Pflegekostennachzahlung von € 14.325,05 Deckung findet.

Die Bezahlung dieser Pflegekosten durch den Bw. stellt somit keine außergewöhnliche Belastung dar, da sie im Wert der von der Erblasserin übernommenen Vermögenswerte ihre Deckung findet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Pflegekosten
außergewöhnliche Belastung
Vermögensminderung
Superädifikat
Liegenschaft
Bewertung
Verkehrswert
Einheitswert
Inventar
Erbschaft
Erbe
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at