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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 19.03.2007, RV/0298-W/07

Rückwirkend beantragte Familienbeihilfe, Asylwerber

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1163/07 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/13/0115 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0298-W/07-RS1
Für Zeiträume vor dem Inkrafttreten der Novelle des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I 142/2004 per (gem. § 50y Abs. 2 leg.cit.) - wonach für den Anspruch auf Familienbeihilfe auf das Datum des Asylbescheides abzustellen ist - gilt die "alte" Rechtslage. D.h. rückwirkende Anträge auf Familienbeihilfe, die sich auf Zeiträume vor dem beziehen, sind im Rahmen der vor diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage zu beurteilen. Hinsichtlich des Entstehens des Anspruchs auf Familienbeihilfe ist, somit bis einschließlich , auf die Eigenschaft als Flüchtling abzustellen (siehe VwGH Zl. 2006/15/0098 vom ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis  entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Anspruchs auf Familienbeihilfe für den Zeitraum bis abgeändert.

Betreffend den Zeitraum bis wird die Berufung als unbegründet abgewiesen

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (idF Bw.) ist Staatsbürger des Kongo und beantragte am Asyl in Österreich. Der Antrag wurde mit Asylbescheid vom positiv entschieden.

Das Finanzamt gab, unter Hinweis auf die Neuregelung des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004, dem Antrag des Bw. auf Familienbeihilfe für seine fünf Kinder - wie namentlich, mit VNR und Geburtsdaten in der Mitteilung über Bezug der Familienbeihilfe vom angeführt - nur insoweit statt, als die Familienbeihilfe ab dem Monat der Ausstellung des Asylbescheides - Juli 2005 - gewährt wurde. Hinsichtlich der Monate Dezember 2003 bis Juni 2005 wurde der Antrag abgewiesen.

Dagegen wendet sich der Bw. mit seiner Berufung vom und in weiterer Folge mit einer weiteren Berufung vom , die als Vorlageantrag zu werten ist, gegen die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom .

Der Bw. führt aus: "Nach der für Dezember 2003 bis Juni 2005 maßgeblichen Rechtslage (bis zur Kundmachung der Novellierung des FLAG durch das BGBl. I Nr. 142/2004 am ) knüpfte jedoch der Anspruch auf Familienbeihilfe an die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. 55/1955 und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 78/1974 und nicht an die bescheidmäßige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die österreichischen Asylbehörden."

Der Anspruch auf Familienbeihilfe sei daher, lt. Bw., nach alter Rechtslage erworben worden und könne durch die Gesetzesänderung nicht verlustig gehen. Die Feststellung des Finanzamtes wonach das Datum der Ausstellung des Asylbescheides und nicht das Datum der Einreichung des Asylantrages für die Gewährung der Familienbeihilfe relevant sei, beruhe auf einer irrtümlichen Interpretation der Gesetzeslage.

Dem FLAG 1967, BGBl. Nr. 374/1967 sei die Ausstellung eines Asylbescheides als relevanter Stichtag für die Zuerkennung der Familienbeihilfe nicht zu entnehmen. Auch das Asylgesetz 1997 kenne, anders als das novellierte Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, keine Stichtage für den Antragsteller oder die Behörde. § 3 Abs. 5 AsylG 2005 besage nur, dass "die Entscheidung mit der einem Fremden ... der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dieser Fremde damit Kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt."

Der Bw. schließt auch eine Analyse des UNHCR vom betreffend der Regierungsvorlage hinsichtlich der Änderung des FLAG 1967 bei. In dieser Analyse spricht sich das UNHCR gegen die geplante Änderung aus und äußert diverse Bedenken rechtlicher und praktischer Natur. So sei diese u.a. nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention im Einklang. Die unterschiedliche Behandlung von Konventionflüchtlingen gegenüber Migranten sei nicht nachvollziehbar und die Nichtgewährung der Familienbeihilfe stelle den Entzug einer für die rasche Integration nötigen Starthilfe dar.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:

§ 3 FLAG idF vor der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, vorgenommenen Änderung lautet:

§ 3 Abs. 1 FLAG 1967: Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Abs. 2 leg. cit: Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtling vom , BGBl.Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl.Nr. 78/1974.

Artikel 22 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, lautete auszugsweise:

"Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl.Nr. 376, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.I Nr. 110/2004, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 2 lautet:

"Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

4. Nach § 50x wird folgender § 50y eingefügt:

"§ 50y./1) § 39j Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr.142/2004 tritt mit in Kraft.

(2) Die §§ 3 Abs. 2 und 38a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Die beiden Höchstgerichte haben sich bereits mit den gegenständlich strittigen Änderungen des FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 befasst.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 3295/05, die Behandlung einer entsprechende Beschwerde gegen eine Bescheid des Zl. RV/1042-W/05, abgelehnt. Der VfGH verweist darauf, dass in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (Hinweis auf VfSlg. 8605/1979 und 14.694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Übergangsbestimmungen die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen so wenig wahrscheinlich sei, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 2006/15/0089 ausgesprochen, dass für vor dem Mai 2004 liegende Zeiträume - im gegenständlichen Fall Dezember 2003 bis April 2004 - sich der Beihilfenanspruch nach § 3 FLAG 1967, in der Fassung vor der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommenen Änderungen, richtet. Was zur Folge hat, dass auf die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, abzustellen ist.

Für das gegenständliche Berufungsverfahren bedeutet das, dass dem Antrag des Bw. auf Familienbeihilfe für die Monate Dezember 2003 bis April 2004, entsprechend der "alten" Rechtslage - vor dem Inkrafttreten des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 mit (siehe § 50y Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 ) - stattzugeben ist. Dem Bw. steht für diesen Zeitraum für seine fünf Kinder - wie namentlich, mit VNR und Geburtsdaten in der Mitteilung über Bezug der Familienbeihilfe vom angeführt - die Familienbeihilfe zu.

Hinsichtlich des Geltungsbereiches der Änderungen des BGBl. I Nr. 142/2004 ab führt der VwGH aus:

"Für die Frage, ob im Zeitraum ab Mai 2004 ein Beihilfenanspruch besteht, ist, wie sich dies aus § 50y Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 ergibt, § 3 leg.cit. in der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz geänderten Fassung maßgeblich, was zur Folge hat, dass der Beihilfenanspruch erst ab der tatsächlichen Asylgewährung (im gegenständlichen Berufungsfall ab Juli 2005) besteht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde als richtig, dass die novellierte Fassung ihrem klaren Wortlaut nach für die Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe darauf abstellt, ob tatsächlich bereits Asyl gewährt worden ist."

Die gegenständliche Berufung ist daher für den Zeitraum Mai 2004 bis Juni 2005 (dem Monat vor Ausstellung des Asylbescheides) abzuweisen.

Entgegen der Ansicht des Bw., stellt der Gesetzgeber - wie auch der VwGH bestätigt - mit § 3 Abs 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 tatsächlich auf das Datum der Erteilung des Asylbescheides ab.

Es mag zutreffend sein, dass dem FLAG in seiner Urfassung aus dem Jahre 1967, das Datum der Ausstellung eines Asylbescheides als relevanter Stichtag für den Familienbeihilfenanspruch nicht zu entnehmen ist. Daraus ist für den Bw. jedoch für das gegenständliche Verfahren nichts zu gewinnen, da das Gesetz in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung findet. Auch dem Umstand, dass dem Asylgesetz 1997 kein Stichtag zu entnehmen sei, vermag nicht daran zu ändern, da ein solcher Stichtag mit Inkrafttreten der Änderung des FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 per gesetzlich vorgesehen wurde. Für die Gewährung von Familienbeihilfe sind die Regelungen des FLAG 1967 in jeweils geltender Fassung von Belang und nicht das Asylgesetz. Auch dem Asylgesetz 2005 kann also diesbezüglich keine Bedeutung zukommen.

Anzumerken ist, dass den Bedenken des UNHCR durchaus Berechtigung zukommen mag. Allerdings sahen sich weder die österreichische Bundesregierung, noch der über die Gesetzesänderung beschlußfassende Nationalrat veranlasst, diesen Bedenken bei der Gesetzesänderung Rechnung zu tragen und für den erkennenden UFS ist einzig die geltende Rechtslage von Belang, er ist nicht befugt, denkmögliche Unzulänglichkeiten der Gesetzgebung zur Grundlage seiner Entscheidungen zu machen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Asylbescheid
rückwirkende Familienbeihilfe
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at