Zufluss von Wochengeld als "regelmäßig wiederkehrende Einnahme" - Anspruch auf Alleinverdienerabsetzbetrag?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0784-K/07-RS1 | Das Wochengeld ist eine „regelmäßig wiederkehrende Einnahme“. Weist die Gebietskrankenkasse das Wochengeld für 18. bis am an und wird es am Konto der Ehegattin des Bw. am gutgeschrieben, so gilt dieses Wochengeld noch als im Jahr 2005 bezogen. Dem Bw. stand folglich der Alleinverdienerabsetzbetrag für 2006 zu. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A.B., .... X, X-weg, vertreten durch Dr. Alexander M. Pflaum, Rechtsanwalt, 1090 Wien, Garnisongasse 7/Top 12a, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Vorerst erließ das Finanzamt für den Berufungswerber (Bw.) einen erklärungsgemäßen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für 2006, in dem es den Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) iHv € 494,00 und Sonderausgaben auch für die Ehegattin berücksichtigte. Die Ehegattin des Bw. hatte Wochengeld für das am XX.XX.2006 geborene Kind in folgenden Teilbeträgen von der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) angewiesen bekommen (Anweisungsdatum der WGKK):
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Anweisung vom | für den Zeitraum | Betrag | |
von | bis | in € | |
1.341,20 | |||
670,60 | |||
670,60 | |||
1.484,90 | |||
1.389,10 | |||
Summe | 5.556,40 |
Die Anweisung vom wurde am Konto der Ehegattin des Bw. am gutgeschrieben.
Nach Ergehen des Aufhebungsbescheides gemäß § 299 BAO erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für 2006, in dem es den AVAB nicht gewährte. Der AVAB sei nicht zu berücksichtigen gewesen, da die steuerpflichtigen Einkünfte inklusive Wochengeld der Ehegattin höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 6.000,00 gewesen seien. Demzufolge wurden auch die Topf-Sonderausgaben nur für den Bw. zum Abzug zugelassen.
In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 begehrte der Bw. die Berücksichtigung des AVAB. Vom Wochengeld für den Zeitraum bis (116 Tage) im Gesamtbetrag von € 5.556,40 würden € 2.011,80 auf den Zeitraum bis und € 3.544,60 auf den Zeitraum bis entfallen.
Das Finanzamt erließ eine abweisliche Berufungsvorentscheidung. Die Ehegattin habe im Jahr 2006 Wochengeld iHv € 3.544,60 und € 670,00 sowie des Weiteren lohnsteuerpflichtige Einkünfte der AUVA iHv € 2.276,11 erhalten, also mehr als die zulässigen € 6.000,00. Maßgeblich für die Ermittlung des Grenzbetrages sei der Gesamtbetrag aller Einkünfte, die in diesem Kalenderjahr zugeflossen seien. Das im Kalenderjahr 2006 zugeflossene Wochengeld sei in diesem Kalenderjahr zu berücksichtigen, auch wenn es den Anspruchszeitraum 2005 betreffe. Lediglich für Pensionen und Entgelte aus dem Insolvenzausgleichsfond sei vom Gesetzgeber eine Regelung geschaffen worden, die das Zuflussprinzip durchbreche, nicht jedoch für das Wochengeld.
Der Bw. hielt im Vorlageantrag an seinem bisherigen Vorbringen fest. Entsprechend § 19 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 seien die € 670,00 als regelmäßig wiederkehrende Einnahme dem Kalenderjahr 2005 zuzurechnen, weil wirtschaftlich diesem zugehörig und nur "kurze Zeit" nach dem Jahr 2005 zugeflossen. Unter den Begriff "kurze Zeit" des § 19 Abs. 1 EStG 1988 würden 15 Tage fallen (vgl. Doralt, Steuerrecht 2002, Seite 19; Zuletzt Einkommensteuerrichtlinien (EStR) 2000, RZ 4631). Der Vergleich mit Nachzahlungen von Pensionen und Nachzahlungen aus Insolvenzverfahren sei unzutreffend. Das Wochengeld gemäß § 162 ASVG erfülle sämtliche Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EStG bzw. des Abschnittes 13.4 der EStR 2000, da es sich dabei um eine wiederkehrende Einnahme handle, die "als täglicher Anspruch" zweifellos mehrmals hintereinander im Sinn der bezogenen Gesetzesstelle gebühre.
Sollte der Vergleich mit den Nachzahlungen von Pensionen und Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren als richtig betrachtet werden, so werde die Verfassungswidrigkeit dieser Auslegung und der zugrunde liegenden Norm moniert. Ziehe man nämlich Parallelen zwischen den Nachzahlungen von Pensionen und Nachzahlungen von Insolvenzverfahren mit "Nachzahlungen" aus Wochengeld, so müsse insgesamt von einer sachlich gleich gelagerten Beurteilungsgrundlage ausgegangen werden. Die rechtliche Ungleichbehandlung zweier sachlich gleich gelagerter Sachverhalte widerspreche jedoch dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 2 StGG Art. 7 B-VG sowie der Art. 66 und 67 StV von St. Germain, wonach nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen zulässig seien.
Über Vorhalt gab die WGKK anlässlich eines am geführten Telefonates bekannt, dass zum Anspruchszeitpunkt der Ehegattin des Bw. das Wochengeld grundsätzlich 28 Tage im Nachhinein ausbezahlt werden sollte. Damals habe es noch kein entsprechendes Programm gegeben, weshalb die Auszahlung rd. 10 Tage vor Ende dieses 28-Tag-Zeitraumes erfolgt sei. Die Teilung in zwei Auszahlungstranchen am - einerseits für 18. bis , andererseits für 1. bis - sei durch die Jahresgrenze bedingt gewesen und habe schon von der GKK aus eine solche Teilung vorgenommen werden müssen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht einem Alleinverdiener ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu, der jährlich bei einem Kind € 494 beträgt. Voraussetzung ist ua., dass der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens € 6.000,00, sonst Einkünfte von höchstens € 2.200,00 jährlich erzielt, wobei ua. auch die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 steuerfreien Einkünfte - das Wochengeld - in diese Grenzen miteinzubeziehen sind.
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Jahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.
§ 19 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 soll Zufälligkeiten in der Besteuerung verhindern, die sich ansonsten aus geringfügigen Zahlungsverschiebungen kurz vor oder nach dem Jahreswechsel ergeben würden (Doralt, EStG, Kommentar, Tz. 42 zu § 19 EStG 1988).
Die Ehegattin des Bw. hatte Anspruch auf Wochengeld von der WGKK für die Zeit vom bis , Geburtstermin des Kindes war der XX. XX. 2006. Das Wochengeld wird nach einem "Tagsatz" berechnet.
Wiederkehrende Einnahmen sind dabei solche, die nicht nur einmal, sondern immer wieder oder doch mehrmals hintereinander (mindestens dreimal) anfallen (vgl. BFH, BStBl 1987 II 16). Die "Wiederkehr" muss im zugrunde liegenden Rechtsverhältnis in Form einer Mehrheit von Zahlungsterminen vorgesehen sein. Regelmäßig wiederkehrend bedeutet, dass zwischen den Einnahmen und Ausgaben gleiche oder zumindest annähernd gleiche Zeiträume verstreichen müssen. Die Zeiträume können ein Jahr, ein Vierteljahr, Halbjahr bzw. Monat betragen. Regelmäßig wiederkehrende Bezüge müssen nicht gleich hoch sein, sie müssen lediglich Gleichartigkeit aufweisen (vgl. auch RV/0398-G/03).
Streit besteht im gegenständlichen Fall, ob das am für den Zeitraum 18. bis angewiesene und am Konto der Ehegattin des Bw. am gutgeschriebene Wochengeld iHv € 670,60 dem Kalenderjahr 2006 oder aber noch 2005 zuzurechnen ist.
Die
1. Anweisung erfolgte für 17 Tage im Nachhinein, und für 11 Tage im Vorhinein
2. Anweisung (2 Teilbeträge am ) für 16 Tage im Nachhinein und für 12 Tage im Vorhinein
3. Anweisung für 19 Tage im Nachhinein und für 12 Tage im Vorhinein
4. Anweisung für 20 Tage im Nachhinein und für 9 Tage im Vorhinein.
Die vom Gesetz geforderte regelmäßige Wiederkehr der Einnahmen entsprechend der oben zitierten Literatur ist gegeben, da die Einnahmen nicht nur einmal, sondern immer wieder oder doch mehrmals hintereinander, konkret viermal hintereinander angefallen sind. Zwischen den Anweisungsterminen
,
,
2. Feber 2006 und
sind gleiche oder zumindest annähernd gleiche Zeiträume verstrichen. Die einzelnen Anweisungen waren zwar nicht gleich hoch, jedoch sind sie auf ihre Gleichartigkeit - den Wochengeldbezug - zurückzuführen; überdies war die jeweilige Höhe von der jeweiligen Tagesanzahl abhängig, der Tagessatz war während des gesamten Anspruchszeitraumes gleich hoch. Es war also im gegenständlichen Fall von "regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen" auszugehen (vgl. auch RV/0398-G/03).
Als "kurze Zeit" gelten nach den EStR 2000, Rz. 4631, und LStR 2002, Rz. 642, bis zu 15 Tage, nach VwGH nur bis zu zehn Tage (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Tz. 49 zu § 19 EStG 1988, und die dort zitierten Erkenntnisse des 634/78 und vom , 85/14/0160).
Vorauszuschicken ist, dass das Finanzamt die "wirtschaftliche Zugehörigkeit" des am 2. Jänner für 18. bis angewiesenen Betrages zum Jahr 2005 niemals dezidiert bestritten hat. Laut WGKK erfolgte die Trennung am in zwei Tranchen eben gerade aufgrund des Jahreswechsels, was für die Zugehörigkeit des strittigen Teilbetrages zum Jahr 2005 spricht. Wenn auch von Seiten der WGKK diese Auszahlung "grundsätzlich" erst 28 Tage im Nachhinein erfolgen sollte, so lag die Ursache ua. in (noch nicht vorhandenen) Programmen. Wäre die "Fälligkeit" tatsächlich erst zu einem spätern Zeitpunkt als dem Anweisungszeitpunkt () gegeben gewesen, so hätte wohl die WGKK von sich aus für eine entsprechende Valuta zu einem späteren Zeitpunkt Sorge tragen müssen. Der Ehegattin des Bw. stand hier aber völlig "rechtmäßig" das strittige Wochengeld bereits am - also innerhalb des "kurzen Zeitraumes" von zehn Tagen laut VwGH - uneingeschränkt zur Verfügung.
Was die Nachzahlungen aus Pensionen und aus Insolvenzverfahren anlangt, so bedarf es bei diesen überhaupt nicht der "kurzen Zeit", sie werden auch "lange Zeit" danach noch dem maßgeblichen Kalenderjahr zugerechnet.
Beim vorliegenden Sachverhalt ist daher kein Grund zu ersehen, den Teilbetrag von € 670,60 nicht dem Kalenderjahr 2005 zuzurechnen. Die Einkünfte der Ehegattin des Bw. für 2006 betragen daher nur € 5.820,71. Demzufolge steht dem Bw. im Jahr 2006 der AVAB und der Erhöhungsbetrag für die Sonderausgaben zu.
Nach all dem Gesagten war daher dem Begehren des Bw. stattzugeben.
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Klagenfurt, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Wochengeld regelmäßig wiederkehrende Einnahme Zufluss Alleinverdienerabsetzbetrag |
Verweise | UFS, RV/0398-G/03 |
Anmerkung | Abweichend RV/1349-L/07 |
Zitiert/besprochen in | ARD 5871/12/2008 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at