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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 25.10.2011, RV/0188-K/08

Nachsicht der Einkommensteuer

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0188-K/08-RS1
Die Einhebung der Einkommensteuer 1999 in Höhe von € 10.728,11 ist bei einem Abgabepflichtigen, der monatlich Mieterlöse in Höhe von € 2.000,00 netto erzielt, wirtschaftlich nicht unbillig. Grundsätzlich ist jeder Abgabepflichtige dazu verhalten, für die Zahlung der Abgabe Vorsorge zu treffen. Eine sachliche Unbilligkeit liegt dann nicht vor, wenn bei Abgabenfestsetzung Auswirkung der Anwendung genereller Normen ist, die auf alle Normunterworfenen gleichermaßen zutrifft.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des F, geb. 1963, S, Str. 10, vertreten durch P, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1070 Wien, M.Str. 32, 6. Stock, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes W, vertreten durch K, vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schriftsatz vom beantragte der Berufungswerber (im Folgenden: Bw.) die Nachsicht der Einkommensteuer des Jahres 1999 in Höhe von € 10.728,11 und der Aussetzungszinsen 2007 in Höhe von € 1.552,54. Begründend führte er aus, dass er im Veranlagungsjahr 1999 bei der Ermittlung der Einkommensteuer die Berücksichtigung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von ATS 211.000,00 und Sachverständigenkosten mitsamt Gerichtsgebühren in Höhe von ATS 245.981,00, welche im Zuge eines Strafverfahrens entstanden sind, als außergewöhnliche Belastungen beantragt habe.

Zur Abdeckung dieser Kosten habe er im Jahre 1999 eine Eigentumswohnung veräußern müssen und ist er nunmehr in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt. Es bestehe daher ein Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgaben und den Nachteilen die für ihn dadurch entstehen.

Das Finanzamt habe mit Einkommensteuerbescheid 1999 vom die Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastungen nicht berücksichtigt. Dieser Bescheid habe die wirtschaftliche Situation des Bw. weiter verschlechtert. Mit Berufungsvorentscheidung vom habe das Finanzamt die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 endgültig verworfen.

Die Einhebung sei unbillig, weil die finanziellen Belastungen und jene durch den Einkommensteuerbescheid 1999 die wirtschaftliche Situation des Bw. massiv beeinträchtigt und verschlechtert haben. Durch den Verkauf der Eigentumswohnung sei auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bw. beeinträchtigt worden. Der zwangsweise Verkauf der Eigentumswohnung führte zu einer dauerhaften außergewöhnlichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung, welche die Einhebung der Abgabenschulden unbillig erscheinen lasse.

Das Finanzamt wies das Nachsichtsansuchen mit Bescheid vom als unbegründet ab.

In der dagegen erhobenen Berufung vom verwies der Bw. auf sein niedriges Einkommen in den Jahren 2003 (€ 15.413,45), 2004 (€ 6.779,37) und 2005 (€ 9.401,94). Die Einhebung der Einkommensteuer gefährde seine wirtschaftliche Existenz.

Zur wirtschaftlichen Situation des Bw. ergibt sich aus der Aktenlage, dass er im Jahr 2005 2 Eigentumswohnungen (2 Büroeinheiten) um € 250.000,00 erworben hat, welche er ab 2006 an eine Ärztin (Arztpraxis) vermietet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit i.S.d. § 236 Abs. 1 BAO kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein. Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers gefährdet.

Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit anderen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt.

Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weiseeine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartendeAbgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportionalzum auslösenden Sachverhalt ist (, 0265).

Eine derartige Unbilligkeit des Einzelfalles ist nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vorliegt, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst folgt und für deren Hintanhaltung der Gesetzgeber selbst hätte vorsorgen müssen.

Da die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles tatbestandsmäßige Voraussetzung für die im § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung ist, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr, wenn die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung verneint ().

Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast naturgemäß beim Nachsichtswerber. Dieser ist daher verpflichtet, im Nachsichtsansuchen die gemäß § 236 BAO bedeutsamen Umstände offen zu legen.

Vorweg wird festgehalten, dass die Nichtanerkennung von Prozesskosten aus einem gerichtlichen Strafverfahren als außergewöhnliche Belastung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1999 eine Auswirkung der allgemein geltenden Rechtslage ist, die jeden Abgabepflichtigen gleichermaßen trifft. Eine anormale Belastung liegt nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner ständigen Judikatur aus, dass eine Unbilligkeit nicht vorliege, wenn sie ganz allgemein die Auswirkung genereller Normen ist (, , 2004/16/0151). Dies trifft auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Die Veranlagung zur Einkommensteuer 1999 entspricht der Rechtslage und ist eine Auswirkung genereller Normen, die auf alle Normadressaten gleichermaßen anzuwenden ist. Eine Besserstellung des Bw. wäre rechtswidrig.

Das Nachsichtsverfahren dient auch keineswegs dazu, die rechtskräftigen Ergebnisse des Abgabenverfahrens zu beseitigen und im Nachhinein dem erfolglos geltend gemachten Berufungsbegehren zum Erfolg zu verschaffen.

Soweit der Bw. meint, die Nachforderung der Einkommensteuer 1999 mitsamt den Aussetzungszinsen 2007 würde sich auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse nachhaltig negativ auswirken, wird entgegnet, dass Abgabepflichtige grundsätzlich verpflichtet sind, für die Entrichtung ihrer Abgabenschulden Vorsorge zu treffen.

Schwierige wirtschaftliche Verhältnisse, wirtschaftliche Notlagen (), die die Existenz des Abgabepflichtigen zu gefährden drohen, können persönliche Unbilligkeiten der Einhebung indizieren. Die Frage, ob die Existenz der Person des Abgabepflichtigen gefährdet ist, ist nach der Einkommens- und Vermögenslage (und nach der voraussehbaren Entwicklung) ohne Abzug der zu entrichtenden (nachsichtsverfangenen) Abgaben () zu beurteilen. Grundsätzlich ist der Abgabepflichtige gehalten, für die Zahlung der Abgaben vorzusorgen.

Der Berufungswerber hat im Jahre 2005 zwei Büroeinheiten (insgesamt 289 qm) im Wohnungseigentum um € 250.000,00 (davon Anteil Grund und Boden: € 50.000,00) angeschafft. Er erzielt monatliche Mieteinnahmen in Höhe von € 2.000,00 netto.

In diesem Zusammenhang fällt nun auf, dass selbst nach Entstehen der Einkommensteuerschuld 1999 der Bw. einerseits Geldmittel in Höhe der Anschaffungskosten aufbringen kann, andererseits vermeint, für die Entrichtung seiner Abgabenschulden keine Vorsorge treffen bzw. Mittel aufbringen zu können.

Auf Grund dieser dargestellten wirtschaftlichen Situation kann der Referent beim UFS eine persönliche Unbilligkeit nicht erblicken, da die Einhebung der strittigen Abgaben keine Existenzgefährdung auszulösen vermag. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") mitverursacht sein (, , 95/15/0053, , 94/16/0125). Schließlich ist es ausgehend von der Verrmögenssituation des Bw. diesem durchaus zumutbar, seine Abgabenschuld im Wege von Ratenzahlungen abzustatten.

Die Beurteilung, ob eine Unbilligkeit vorliegt, ist keine Ermessensfrage (), sondern die Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes (, , 94/13/0047, 0049, 0050). Sind alle Nachsichtsvoraussetzungen gegeben, so liegt die Bewilligung der Nachsicht im Ermessen der Abgabenbehörde (), wobei sich dieses an den Ermessenskriterien des § 20 BAO (Zweckmäßigkeit und Billigkeit) zu orientieren hat.

Da die gemäß § 236 Abs. 1 BAO vorgesehene Voraussetzung, nämlich das Vorliegen einer Unbilligkeit der Einhebung, nicht erkannt werden kann, war die Berufung aus Rechtsgründen abzuweisen.

Der Berufung war daher kein Erfolg beschieden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at