Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 09.03.2005, RV/0449-W/03

DB- und DZ-Pflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0449-W/03-RS1
wie RV/1594-W/02-RS1
Sind wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer einer GesmbH infolge der Durchführung der Geschäftsführungstätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert, sind deren regelmäßige Bezüge DB- und DZ-pflichtig, insbesondere dann, wenn kein Unternehmerrisiko vorliegt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und BeratungsgmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für den Zeitraum Jänner 1999 bis Dezember 2001 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Bw für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers (Ges-Gf) DB und DZ zu entrichten hat, weil diese Bezüge zu Einkünften iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 führen.

Herr A ist seit Geschäftsführer (Gf) der Bw und hält laut Firmenbuchauszug vom einen Anteil am Stammkapital von 100 %.

Bei der Bw fand für den Prüfungszeitraum bis eine Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 BAO in Verbindung mit § 86 EStG 1988 (Lohnsteuerprüfung) statt, wobei für den Veranlagungszeitraum 1999 bis 2001 davon ausgegangen wurde, dass der zu 100 % beteiligte Geschäftsführer, Herr A, Dienstnehmer im Sinne des § 41 FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) und des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei.

Die dagegen erhobene Berufung begründete die Bw damit, dass

  • Herr A als alleiniger Ges-Gf der Bw das volle Unternehmerrisiko trage,

  • der Ges-Gf die persönliche Haftung für die Bankverbindlichkeiten der Bw trage,

  • der Ges-Gf keine freie Zeiteinteilung habe,

  • der Ges-Gf an keine feste Arbeitszeit gebunden sei und frei darüber entscheide, wann seine Anwesenheit notwendig und zweckmäßig sei,

  • dem Ges-Gf kein Urlaubsanspruch zustehe,

  • der Ges-Gf nicht dem Urlaubsgesetz, dem Arbeitszeitgesetz, dem Entgeltfortzahlungsgesetz im Krankheitsfall und dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz für Arbeitnehmer unterliege,

  • der Ges-Gf über keine Abfertigungsansprüche verfüge,

  • der Ges-Gf weder dem Angestelltengesetz noch allen sonstigen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften unterliege,

  • der Ges-Gf nicht Mitglied der Interessensvertretung der Arbeitnehmer (Arbeiterkammer), sondern als gewerberechtlicher Gf Mitglied der Interessensvertretung der Unternehmer (Wirtschaftskammer) sei,

  • der Ges-Gf nicht Pflichtmitglied bei der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, sondern der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sei,

  • der Ges-Gf an keinerlei Weisungen hinsichtlich der einzelnen zu ergreifenden Maßnahmen gebunden sei,

  • der Ges-Gf kein regelmäßiges Gehalt und auch keinen Mindestlohn beziehe,

  • die Höhe der Gf-Prämie jährlich neu beschlossen werde,

  • die Gf-Prämie von der Ertragslage des Unternehmens abhängig sei und

  • die Gf-Prämie unregelmäßig ausbezahlt werde.

Abschließend wies die Bw darauf hin, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die überwiegenden Kriterien nicht für ein Dienstverhältnis sprechen, sondern der Gf seine Tätigkeit nach den Kriterien eines Werkvertrages ausübe.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stelle die Bw einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

  • Der Gf ist zu 100 % am Stammkapital der Bw beteiligt und seit als ihr Gf tätig.

  • Der Gf-Bezug betrug laut Jahresabschluss 760.000 S (1999 und 2000) bzw. 760.045,40 S (2001). Während in den Jahren 1999 und 2000 der volle Bezug zur Auszahlung gelangte, wurde im Jahr 2001 lediglich ein Betrag von 486.045 S ausbezahlt.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Bericht über das Ergebnis der abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung und dem Arbeitsbogen des Lohnsteuerprüfers.

Dieser Sachverhalt ist rechtlich folgendermaßen zu würdigen.:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

§ 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. I Nr. 818/1993, normiert u.a.:

Dienstnehmer im Sinne der Regelungen betreffend den Dienstgeberbeitrag sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF StRefG 1993, BGBl. I Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage).

Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, ist § 41 Abs. 2 FLAG dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf § 22 Z 2 EStG 1988 lediglich den zweiten Teil (Teilstrich) der letztgenannten Bestimmung erfasst.

§ 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 normiert u.a.:

Unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit fallen nur die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 % beträgt.

§ 47 Abs. 2 EStG 1988 normiert u.a.:

Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet für die Streitjahre § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0063, verwiesen.

Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann, werden Einkünfte nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

  • dass der Ges-Gf zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

  • dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und

  • dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Anzeichen für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem eine feste Arbeitszeit, ein fester Arbeitsort, die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. VwGH-Erkenntnis vom , 2002/15/0160).

Vor dem Hintergrund der oben angeführten Rechtsprechung gehen daher die Ausführungen der Bw ins Leere, wonach der Gf an keine feste Arbeitszeiten gebunden sei, keinen Urlaubsanspruch habe und sämtliche Vorschriften über den Dienstnehmerschutz, insbesondere für den Krankheitsfall, keine Anwendung fänden.

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf das Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft ab, während die Kriterien des Fehlens des Unternehmerwagnisses und des laufenden Anfallens einer Entlohnung - laut jüngster, revidierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/13/0018 - in den Hintergrund zu treten haben.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. die Erkenntnisse vom , 99/14/0255, vom , 98/15/0200, vom , 99/14/0339 und vom , 2001/14/0054).

Im vorliegenden Berufungsfall übt der über 100 % des Stammkapitals verfügende Gf der Bw seine Geschäftsführungstätigkeit unstrittig seit vielen Jahren (laut Firmenbuch seit ) aus. Das Merkmal seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft ist zweifelsfrei gegeben.

Die von der berufungswerbenden Gesellschaft vorgebrachten Argumente, wonach die Entlohnung des Gf von der Ertragslage des Unternehmens abhängig sei, der Gf kein regelmäßiges Gehalt und auch keinen Mindestlohn beziehe, die Gf-Prämie unregelmäßig ausbezahlt werde und die Höhe der Gf-Prämie jährlich neu beschlossen werde, gehen mangels rechtlicher Relevanz der vorgetragenen Sachverhalte ins Leere.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien,

Der Referent:

Mag. Wolfgang Tiwald

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