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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 27.01.2009, RV/0601-K/08

ASVG-Richtsatz, Ausgleichszulage, Eigenanspruch auf FB, Unterhaltsanspruch, BSB-Bescheinigung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des AP, ST., vertreten durch Mag. GL (Sachwalterin), z.H. Prof. Dr. KD, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe für die Zeit ab entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die (erhöhte) Familienbeihilfe wird für 03/2003 bis 12/2007 gewährt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der durch eine Sachwalterin vertretene Berufungswerber (Bw.), geb. 1, beantragte im März 2008 die (erhöhte) Familienbeihilfe rückwirkend auf fünf Jahre. Vorgelegt wurde ein Neuro-psychiatrisches Sachverständigengutachten von Dr. MH vom . Auszugsweise heißt es:

"1.) Aus dem Akt und den Vorbefunden: a. Sachwalterschaftsanregung: "AP habe die Volksschule, Hauptschule und Berufsschule absolviert, danach eine Tischlerlehre begonnen, die Lehre aber nur 2 Jahre gemacht. Er habe krankheitshalber aufhören müssen, sei dann noch für kurze Zeit bei verschiedenen anderen Geschäftsleuten in Lehre gewesen. Ab sei er dann bei der Stadtgemeinde gewesen, 1979 habe er angefangen zu stempeln und sei seit in Pension wegen Epilepsie... Er beziehe eine Pension von € 590,--, Pflegegeld Stufe II. Das Haus M stehe in seinem Eigentum, sein Vater habe ein Wohnungsrecht hier. ..den Haushalt würden sein Vater und er gemeinsam führen.., Frau H. bügle..., den Rasen mähe Herr Z., alle 2 bis 3 Wochen. Für seine Arbeit erhalte er dann € 100,--. Sie bekämen Essen auf Rädern. Waschen würde er selbst. b) Auszug aus dem Arztbrief des Zentrum für seelische Gesundheit L. - Aufenthalt vom 11.05. bis : ..Die Mutter des Patienten ist vor 20 Jahren verstorben, er lebt mit dem 91-jährigen Vater in einem sehr desolaten Haus; AP sei von Kind an Epileptiker und deshalb schon oft in psychiatrischer Behandlung gewesen. 2.) Subjektiv erhobene Befunde: Angaben des Betroffenen und Untersuchungssituation: ...Hier im Haus wohne er seit 1962, .. die Mutter sei 1989 gestorben, seither wohne er mit dem Vater hier alleine; nach seinem Tagesablauf befragt gibt er an, dass er immer Arbeit habe, er gehe einkaufen, pflege den Vater, er lese, er putze Fenster..."

... Aus dem Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung ergibt sich Folgendes:

- Arbeiterlehrling, D. - Arbeiterlehrling R. - Arbeiter - Krankengeldbezug - Arbeiter Stadtgemeinde W. Arbeitslosengeldbezug - Arbeitslosengeldbezug, Arbeitsmarktservice - Krankengeldbezug, Sonderfall, K. - Arbeitslosengeldbezug, Arbeitsmarktservice - Krankengeldbezug, Sonderfall, K. - Arbeitslosengeldbezug, Arbeitsmarktservice - Arbeitslosengeldbezug - Pensionsvorschussbezug, Arbeitsmarktservice - laufend Pensionsbezug geminderte Arbeitsfähigkeit, Pensionsvers. - laufend Krankenversicherung bei Pensionsbezug KG.

In dem Gutachten des zuständigen Bundessozialamtes, das vom Finanzamt angefordert wurde, wird am ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 % bescheinigt. Diagnose: generalisierte Epilepsie Richtsatzposition: 572 Gdb: 030% ICD: G40.3 Rahmensatzbegründung: 1 bis max. 2 Anfälle monatlich

residual Schizophrenie Richtsatzposition: 585 Gdb: 060% ICD: F20.4 Rahmensatzbegründung: Gesamtgrad der Behinderung: 70 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich - Dauerzustand. Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades d. Behinderung ist ab 1979-06-01 aufgrund der vorgelegten relevanten Befunde möglich. Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eintritt der relevanten Behinderung im Juni 1979.

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag des Bw. auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. c des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 abgewiesen. Laut Gutachten des Bundessozialamtes sei die dauernde Erwerbsunfähigkeit des Kindes A. mit Juni 1979 eingetreten. Zu dieser Zeit habe A. bereits das 21. Lebensjahr vollendet und sei in keiner Berufsausbildung gestanden. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Die dagegen am eingebrachte Berufung wird im Wesentlichen damit begründet, dass aus dem amtsärztlichen Gutachten vom nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher konkreten Unterlagen der amtsärztliche Sachverständige zur Annahme komme, dass die bei AP von ihm ohnedies an sich festgestellte geistige Behinderung nicht schon seit Geburt bestanden hat, sondern erst 1979 eingetreten sei. ... Das erstinstanzliche Verfahren sei insoweit mangelhaft geblieben, als mit einem diesbezüglich zu unklaren und unzureichenden Gutachten des amtsärztlichen Sachverständigen angenommen worden sei, dass die Geisteskrankheit erst im Jahre 1979 aufgetreten sei. Es werde daher ein ergänzendes amtsärztliches Gutachten darüber einzuholen sein, aus welchen besonderen Gründen der Sachverständige zum Ergebnis komme, dass erst im Jahre 1979 die Geisteskrankheit, die eine Erwerbsunfähigkeit begründe aufgetreten und ausgeschlossen werden könne, dass diese schon vorher bestanden habe, aber nicht rechtzeitig erkannt worden sei.

Das Finanzamt legte in der Folge die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

In der Folge wurde ein weiteres Gutachten des zuständigen Bundessozialamtes angefordert. Darin heißt es:

Betr.: PA, Vers.Nr.: 2 Untersuchung am: 2008-10-02 12:30 Im Bundessozialamt Kt. Identität nachgewiesen durch: Lichtbildausweis

Anamnese: Hr. P. kommt gemeinsam mit seiner Sachwalterin, Fr. Mag. GL und einer Dame vom KH, die die Fahrt organisiert hat. Er hat die VS, HS und Berufsschule absolviert und konnte die Tischlerlehre nur für 2 Jahre absolvieren und wurde dann krankheitshalber aufgrund seiner Epilepsie gekündigt. Bzgl. seiner Epilepsie wurde er vom Hausarzt betreut. Er wurde auch mit 6 Jahren Dr. Wu vorgestellt. Er hat dann noch kurzfristig 3 Wochen bei der Fa. Pl und 10 Tage bei der Fa. Th gelernt. Eine weitere Lehre war aufgrund seiner Epilepsie nicht möglich. Er war dann von 1975/1979 bei der Gemeinde angestellt. Vom 17. Sep. bis Dez. 1979 war er das erste Mal an der psychiatrischen Abteilung. Er war dann alle paar Jahre laufend im Krankenhaus auf der damaligen B3, wie er erzählt. Der letzte Aufenthalt war letztes Jahr, da sein Vater verstorben ist. Er lebt jetzt alleine in der Wohnung, erhält Essen auf Rädern, wird über das KH betreut. Er ist seit einigen Monaten besachwaltet. Sachwaltergutachten des Dr. Hu von : "Auszug aus dem Arztbrief der Abt. f. Psychiatrie u. Psychotherapie vom Aufenthalt 11.5. bis : Hr. P. zuletzt vor ca. 25 Jahren stationär, im Rahmen eines schizophrenen Residuums. Er sei von Kind an Epileptiker, war viel in psychiatrischer Behandlung gewesen. Habe auch zu Hause immer wieder Epianfälle, hat deshalb zahlreiche Hämatome an der Stirn und am ganzem Körper. Patient ist ruhig, kooperativ und geordnet. Diagnose: schizophrenes Residuum, Epilepsie; Therapieempfehlung: Mysoline, Epilan, Dominal forte und Cisordinol Depot 200mg i.m. 14 tägig."

Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz): Mysoline 2x1/2 250mg, 3x1 Tablette Epilan D, Dominal forte abends, Cisordinol Depot 200mg i.m. 14 tägig über den Hausarzt. Wird über das KH betreut, besachwaltet.

Untersuchungsbefund: Körperlich interner Befund: in gutem AZ und EZ, 53 jähriger Patient, kardiopulmonal kompensiert, abdominal frei, fehlende Zähne im Oberkiefer, zum Teil kariöses Gebiss; Neurologischer Befund: unauffällig;

Status psychicus/Entwicklungsstand: Hr. P. ist etwas abgetragen angezogen. In der Untersuchungssituation sehr bemüht, leicht hektisch. Berichtet mit Datum und Uhrzeit genau, wann er geboren ist, kann sich auch ansonsten an sehr viele Details erinnern. Er bringt alte Befunde mit, wie seine Lehrlingsbestätigung und ein Zeugnis der HS. Wirkt im Antrieb etwas gesteigert, der Ductus inhaltlich und formal unauffällig. Wahninhalte in der Untersuchungssituation nicht erhebbar.

Relevante vorgelegte Befunde: 2007-05-21 Z zuletzt vor ca. 25 Jahren stationär im Rahmen eines schizophrenen Residuums, schizophrenes Residuum, Epilepsie, (aus dem SV Gutachten Dr. Hu vom )

Diagnose(n): schizophrenes Residuum Richtsatzposition: 585 Gdb: 060% ICD: F20.4 Rahmensatzbegründung: generalisierte Epilepsie Richtsatzposition: 572 Gdb: 030% ICD: G40.3 Rahmensatzbegründung: Unterer Rahmensatz, Anfälle in monatlichen Abständen. Gesamtgrad der Behinderung: 70 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich - Dauerzustand. Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades d. Behinderung ist ab 1976-12-01 aufgrund der vorgelegten relevanten Befunde möglich. Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Schon ca. 1982 wurde ein schizophrenes Residuum diagn., sodass davon auszugehen ist, dass schon zuvor keine selbständige Erwerbsfähigkeit vorlag, obwohl Herr P. von 1975 - 79 bei der Gemeinde als Hilfsarbeiter arbeitete. erstellt am 2008-10-22 von LH, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie zugestimmt am 2008-10-23 Leitender Arzt: AG.

Das Gutachten wurde am dem Finanzamt und am dem Bw. zur Kenntnisnahme gebracht. Der Bw. wurde darauf hingewiesen, dass eine mehrjährige Tätigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH der Selbsterhaltungsunfähigkeit entgegenstehe ( uam.).

In der Stellungnahme vom führt der Bw. aus:

"Aus dem Ergänzungsgutachten vom ergibt sich nun gutachterlich, dass der Bw. AP aufgrund einer Geisteskrankheit, nämlich Schizophrenie jedenfalls bereits ab , also vor Erreichung seines 21. Lebensjahres mit voraussichtlich dauernd außer Stande war, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die gutachterliche Voraussetzung für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe ist somit im Gegensatz zum Erstgutachten vom gegeben.

Wenn nach dem Befund dieses Ergänzungsgutachtens der Bw. P. a) zwar eine Tischlerlehre begonnen, aber krankheitshalber aufgrund seiner Epilepsie nicht abschließen konnte, b) dann noch bei der Firma Pla 3 Wochen und 10 Tage bei der Firma Th als Lehrling beschäftigt war, aber auch diese Lehrstellen nicht abschließen konnte, c) von 1975 bis 1979 bei der Gemeinde als Hilfsarbeiter beschäftigt war, so kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass er eben in dieser Zeit so auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsatzfähig war, dass er auch tatsächlich seinen Lebensunterhalt selbst verdienen konnte, was bei einer Lehrlingsentschädigung ohnedies nicht angenommen werden kann. Die Beschäftigung bei der Gemeinde als Hilfsarbeiter ist aber offenbar aus besonderem Entgegenkommen des Dienstgebers erfolgt und nur mit einem solchen besonderen Entgegenkommen des Dienstgebers möglich gewesen, ist also mit der Tätigkeit eines Hilfsarbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vergleichbar (§ 255 Abs. 7 ASVG)."

Mit Schriftsatz vom übermittelte der Bw. eine Ablichtung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 700/07.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Volljährige Vollwaisen haben nach § 6 Abs. 2 FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und die Voraussetzungen des Abs. 2 lit. a bis h erfüllt sind.

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

Gemäß § 8 Abs 4 FLAG erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Als erheblich behindert gilt ein Kind gemäß § 8 Abs 5 FLAG, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren.

Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl.Nr. 152 in der jeweils geltenden Fassung und die diesbezügliche Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom , BGBl.Nr. 150 in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG in der Fassung BGBl I Nr. 105/2002 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem sie ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von "9.000 € " (Anm.: ab ) bezogen hat, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Vollwaise bleiben außer Betracht: a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht; hiebei bleibt das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d unberücksichtigt;..... (vgl. § 6 Abs. 3 iV § 5 Abs. 1 FLAG).

Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs 2 BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Folgender Sachverhalt steht fest:

a) Der Bw. leidet seit seiner Jugendzeit an Schizophrenie und Epilepsie (schizophrenes Residuum, generalisierte Epilepsie).

b) Der Bw. lebte mit seinem (2008 verstorbenen) Vater im gemeinsamen Haushalt im Haus des Bw. in der M. 6. Der Vater hatte ein Wohnrecht.

c) Der Bw. ist besachwaltet.

d) Laut dem fachärztlichen Sachverständigengutachten vom besteht beim Bw. eine 70 % Behinderung. Die Einschätzung des Grades der Behinderung wurde mit vorgenommen und eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bescheinigt. Angaben, ab welchem Zeitpunkt diese dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, enthält das Gutachten insoweit, als "schon ca. 1982 ein schizophrenes Residuum diagnostiziert wurde, sodass davon auszugehen ist, dass schon zuvor keine selbständige Erwerbsfähigkeit vorlag, obwohl Herr P von 1975 - 79 bei der Gemeinde als Hilfsarbeiter arbeitete."

e) Der Bw. ist laut Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung als Arbeiter zwischen den Jahren 1975 und 1979 beschäftigt. Ab Dezember 1979 bezog er Arbeitslosengeld und ab Juli 1992 laufend eine Invaliditätspension nach dem Bestimmungen des ASVG. Er bezieht weiters die Ausgleichszulage und Pflegegeld.

f) Sein beitragspflichtiges Einkommen inklusive Sonderzahlungen hat 1975 rund S 67.000,--, 1976 rund S 84.000,--, 1977 rund S 91.000,--, 1978 rund S 96.000,-- und 1979 rund S 84.000,-- (bis ) betragen.

In freier Beweiswürdigung stellt der unabhängige Finanzsenat fest, dass der Bw. wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen (körperlichen oder) geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Wobei seitens des Bundessozialamtes die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades der Behinderung - trotz der von 1975 bis 1979 erfolgten Tätigkeit - ab Dezember 1976 bescheinigt wurde.

§ 6 FLAG regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Person für sich selbst Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Im Berufungsfall hat der Bw. selbst den Antrag auf Zuerkennung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt. Unabhängig vom Status des Bw. als "wirtschaftlicher Waise" oder als Vollwaise (ab 2008 - Tod des Vaters), ist zunächst zu prüfen, ob der Bw. einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe ab 03/2003 hat. Die Grundlage für den Eigenanspruch bildet § 6 Abs. 1 - 5 FLAG iVm § 2 Abs. 1 lit. d FLAG.

Maßgeblich für einen Eigenanspruch eines Kindes auf Familienbeihilfe ist das Bestehen einer Unterhaltspflicht der Eltern (Elternteiles). Ein Eigenanspruch des Kindes ist dagegen nur dann ausgeschlossen, wenn die Eltern für ihr Kind überhaupt keinen Unterhalt zu leisten brauchen, da dieses selbsterhaltungsfähig ist, also die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus eigenen Einkünften zur Gänze selbst abdecken kann. Davon abgesehen ist ein Eigenanspruch des Kindes auf jeden Fall dann ausgeschlossen, wenn dieses ein beihilfenschädliches Einkommen iS von § 6 Abs. 3 FLAG hat (Anm.: € 9.000,-- ab , vorher € 8.725,00 pro Kalenderjahr), vgl. Wittmann-Papacek, Kommentar zum Familienlastenausgleich, Band I, S 4 ff).

§ 6 Abs. 5 FLAG geht vom aufrechten Bestehen einer Unterhaltspflicht der Eltern der anspruchswerbenden Person aus. Dafür spricht schon die Wortinterpretation zufolge Verwendung der Worte "Unterhalt leisten" im geltenden Gesetzestext, weil dieser der Terminologie des Zivilrechtes (§ 140, 141,142 ABGB, § 1 UnterhaltsschutzG) entnommene Begriff in seiner dem Zivilrecht entsprechenden Verwendung Bestehen einer gesetzlichen Pflicht zur Unterhaltsleistung denknotwendig voraussetzt (). Mit der Regelung des § 6 Abs. 5 FLAG sollen solche Kinder den Waisen (§ 6 Abs. 1 bis 4 FLAG) gleichgestellt werden, deren Eltern aus anderen Gründen als den in § 6 Abs. 4 FLAG genannten nicht auftreten. Lt. o.a. Erkenntnis des VwGH ist nicht zu erkennen, dass ein Eigenanspruch einer Person auf Familienbeihilfe ohne das Element des "Ausfallens" der die Last der Versorgung von Kindern sonst tragenden Eltern statuiert werden sollte, wodurch auch Personen den Waisen gleichgestellt worden wären, denen gegenüber Unterhaltspflichten ihrer Eltern nicht mehr bestehen.

§ 6 Abs. 5 FLAG gilt auch für behinderte Kinder, die nach § 8 Abs. 5 FLAG 1957 dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Für das Vorliegen des Eigenanspruchs auf (erhöhte) Familienbeihilfe ist zu prüfen, ob der Bw. einen aufrechten Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater hatte oder im Hinblick auf seinen eigenen Pensionsanspruch von einer Selbsterhaltungsfähigkeit des Bw. auszugehen war. (vgl. ).

Nach § 140 Abs. 3 ABGB mindert sich der Anspruch auf Unterhalt "insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist".

Vorauszuschicken ist, dass der ASVG-Richtsatz für die Ausgleichszulage nach der Judikatur der Zivilgerichte eine Orientierungshilfe zur Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit bildet (vgl. Dr. Lenneis, Dr. Pavlik, "Erhöhte Familienbeihilfe: Ist die rückwirkende Feststellung der "voraussichtlich" dauernden Erwerbsunfähigkeit zumutbar, wenn der zu beurteilende Zeitraum sehr lange zurückliegt?", UFS-Journal Nr. 1/2009, S. 4 ff). Die Ausgleichszulage ergänzt die Pension um die Differenz zwischen Gesamteinkommen und Richtsatz. Sie soll jedem Pensionsbezieher ein Mindesteinkommen sichern. Liegt das Gesamteinkommen unter einem gesetzlichen Mindestbetrag (Richtsatz), so erhält der Pensionsbezieher eine Ausgleichszulage zur Aufstockung seines Gesamteinkommens.

Der Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit a sublit bb ASVG (für Alleinstehende) betrug 2003 € 643,54, 2004 € 653,19, 2005 € 662,99, 2006 € 690,00, 2007 € 726,00, 2008 € 772,40. Im Berufungsfall ist somit zu prüfen, ob für den Bw. ein (fiktiver) Unterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern(-teil) bestand.

Dieser Richtsatz, der als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit herangezogen wird, ist unter Berücksichtigung der zweimaligen Sonderzahlungen um den Krankenversicherungsbeitrag zu verringern (EFSlg 110.600). Dieser Betrag steht effektiv monatlich zur Verfügung. Die Höhe der monatlichen Einkünfte berechnet sich wie folgt: Jahreseinkünfte lt. Lohnzettel brutto (Eigenpension + Ausgleichszulage x 14) minus den SV-Beiträgen lt. Lohnzettel : 12.

Die Jahreseinkünfte (Sozialversicherungsbeiträge) betrugen lt. den Lohnzetteln: 2003: € 7.611,86 (€ 285,48); 2004: € 7.750,54 (€ 337,12); 2005: € 7.879,34 (€ 390,04); 2006: € 8.222,48 (€ 406,98); 2007: € 8.703,52 (€ 430,78); für 2008 gab die Pensionsversicherung folgende Beträge telefonisch bekannt: Pension pro Monat € 530,47, Ausgleichszulage: Jänner: € 100,08, Feber - Oktober: € 216,53 pro Monat, November - Dezember: € 223,89; Sozialversicherungsbeiträge: Jänner: € 32,68, Feber - Oktober: € 38,10 pro Monat, November - Dezember je € 39,39. Insgesamt ergeben sich für 2008 Jahreseinkünfte von € 10.363,63 (€ 7.426,58 + 2.937,05) und Sozialversicherungsbeiträge von € 531,85.

Die Höhe der monatlichen Einkünfte ergibt somit für 2003: € 610,53, 2004: € 617,78, 2005: € 624,08, 2006: € 651,29, 2007: € 689,39, 2008: € 819,31. Die monatlichen Einkünfte des Bw. lagen zwischen 2003 und 2007 unter den ASVG-Richtsätzen. Im Jahr 2008 lagen die monatlichen Einkünfte mit € 819,31 über dem Richtsatz von € 772,40 und überdies über der im § 6 Abs. 3 FLAG angeführten Grenze von € 9.000,-- (ab ).

Unter Bedachtnahme auf die in den Jahren 2003 (Antrag ab 03/2003) bis 2007 unter dem ASVG-Richtsatz liegenden Einkünften des Bw., ist der Bw. als nicht selbsterhaltungsfähig anzusehen. Er hatte somit gegenüber seinem Vater einen aufrechten Unterhaltsanspruch. Anders ist die Situation im Jahr 2008: Der Bw. bezog an Pension und Ausgleichszulage unter Abzug der Sozialversicherung einen Betrag von € 9.831,78. Monatlich standen ihm € 819, 31 zur Verfügung. Der ASVG-Richtsatz betrug im Jahr 2008 € 772,40, der Grenzbetrag nach § 6 Abs. 3 FLAG liegt bei € 9.000,--. Beide Grenzen wurden überschritten. Ein Familienbeihilfenanspruch stand dem Bw. - wegen Selbsterhaltungsfähigkeit bzw. Überschreiten der Grenze des § 6 Abs. 3 FLAG - nicht zu.

Zur Ausgleichszulage ist Folgendes anzuführen:

Entsprechend der Verwaltungspraxis betreffend die Ausgleichszulage wurde sie beim Bw. als steuerfrei behandelt. Fuchs in Hofstätter/Reichl, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 3 Tz 6.3. weist allerdings zutreffend darauf hin, dass Ausgleichszulagen nicht wegen Hilfsbedürftigkeit gewährt werden. Sie fallen daher nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 3 EStG. Für 2008 wurden die Bemessungsgrundlagen aufgrund der Angaben der Pensionsversicherungsanstalt ermittelt. Wäre somit die Ausgleichszulage richtigerweise als steuerpflichtig behandelt worden, wäre dadurch die Einkommensgrenze (2008) überschritten, weshalb schon aus diesem Grunde eine (erhöhte) Familienbeihilfe nicht zusteht.

Der Bw. hat daher gemäß § 6 Abs. 5 für 03/2003 bis 12/2007 einen Eigenanspruch auf (erhöhte) Familienbeihilfe. Für 2008 steht ihm die (erhöhte) Familienbeihilfe wegen Vorliegens der Selbsterhaltungsfähigkeit sowie Überschreitens der im § 6 Abs. 3 FLAG vorgesehenen Grenze von € 9.000,-- nicht mehr zu.

Aus dem Verweis des Bw. auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 700/07 ist für die Berufung nichts zu gewinnen. Selbstverständlich ging die Abgabenbehörde von den vom Bundessozialamt im Rahmen des § 8 Abs. 6 getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Grades der Behinderung und der voraussichtlichen dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und der rückwirkenden relevanten Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit aus.

Davon unabhängig war aber nach den allgemeinen Regeln des Familienlastenausgleichsgesetzes die Frage zu klären, ob überhaupt ein Eigenanspruch auf (erhöhte) Familienbeihilfe vorlag. Selbst der Verfassungsgerichtshof hat in dem o.a. Beschluss betont, dass die Frage, ob ein (zeitweiliger) Einkommensbezug zum (zeitweiligen) Entfall der Familienbeihilfe führe, von der von den Bundessozialämtern zu beantwortenden Frage nach dem Grad der Behinderung bzw. der voraussichtlichen dauernden Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (§ 8 Abs. 6 FLAG), zu unterscheiden sei. Erstere ist nach den allgemeinen Regeln des Familienlastenausgleichsgesetzes zu lösen.

Der Berufung war aus den angeführten Gründen teilweise stattzugeben.

Klagenfurt, am

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