Zurücknahme einer Beschwerde betreffend Pendlerpauschale
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke im Beschwerdeverfahren betreffend die als Beschwerde weitgeltende Berufung des Mag. Wolf-Dieter S*****, bisher: *****Adresse_alt*****, nunmehr: *****Adresse_neu*****, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, 7001 Eisenstadt, Neusiedlerstraße 46, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2009 und 2010, alle zur Steuernummer 38*****, nach der vor dem Unabhängigen Finanzsenat am abgehaltenen mündlichen Verhandlung den Beschluss gefasst:
I. Die als Beschwerde weitergeltende Berufung wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG i. V. m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Einkommensteuererklärungen
Der Berufungswerber (Bw) und spätere Beschwerdeführer (Bf) beantragte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 unter anderem das „große" Pendlerpauschale und führte hierzu in Beantwortung eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes mit Schreiben vom aus:
„…In meinen Antrag beantrage ich die "große Pendlerpauschale" für über 60 km gemäß § 16 Abs. 1 Z 61it. c EStG.
Gemäß § 16. Abs. 1 Z 61it. c EStG sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Pendlerpauschale im gegenständlichen Fall zum einem die Überschreitung von 60 km
und zum anderem, dass dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist.
Die Überschreitung von 60 km wird anhand von Routenplanern wie www.at.map24.com, www.viamichelin.at, www.googlemaps.com nachgewiesen. Sämtliche Routenplaner beweisen hierbei die Überschreitung der geforderten Grenze von 60 km. Die tatsächlich gemessene Kilometeranzahl mit dem Auto beträgt 67 km.
Hinsichtlich der Zumutbarkeit verweise ich auf das iVm UFS RV/1060/-W/10 vom .
Der Rechtssatz des lautet wie folgt:
Überschreitet bei einem täglichen Arbeitsweg von über 60 km die tägliche Wegzeit zur und von der Arbeitsstätte 3 Stunden, dann ist auch bei überwiegender Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zumutbarkeitsobergrenze von 3 Stunden überschritten. Es steht das große Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG 1988 zu.
Mit meinem Arbeitgeber […] wurde grundsätzlich Gleitzeit vereinbart, wobei jedoch von meinem unmittelbaren Vorgesetzten grundsätzlich eine Anwesenheit zwischen 9:00 bis 18:00 verlangt wurde. (Der tatsächliche Heimweg fand in der Regel nach 19:00 Uhr statt) Daher kann der Arbeitsweg anhand von Fahrplänen der ÖBB und dem Fahrplan vom Verkehrsverbund Ost-Region (www.vor.at) wie folgt dargestellt werden:
Aufgrund der obigen Ausführungen ergibt sich eine Gesamtwegzeit von 186 min (= 3 Stunden, 6 Minuten).
Zur obigen Aufstellung ist anzumerken, dass diese die optimale Wegzeit widerspiegelt wie sie lt. ÖBB und Verkehrsbund Ost-Region sein sollte. Aufgrund meiner Pendlerzeit und auch den
Medienberichten zufolge ist jedoch darzulegen, dass diese nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, da Verspätungen am/zum Arbeitsweg bei Benutzung der Verkehrsmittel der ÖBB und Verkehrsbund Ost-Region regelmäßig wiederkehrend sind, wodurch sich der reale Arbeitsweg wesentlich verlängert.
In den obigen Aufstellungen wurden zu den optimalen Wegzeiten der einzelnen Unternehmen lediglich 5 min pauschal hinzugerechnet. Erfahrungswerte als Pendler bekräftigen jedoch, dass diese pauschale Hinzurechnung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.
Weiters möchte ich zu bedenken geben, dass zur Einhaltung dieser Wegzeiten das punktgenaue Verlassen der Wohnung bzw. Arbeitsstätte notwendig ist, was jedoch in Wirklichkeit so nicht gelebt werden kann.
Aufgrund der obigen Ausführungen entspricht die Geltendmachung der "großen" Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG dem Gesetz und der dazu ergangenen Judikatur, und ersuche ich daher um antragsmäßige Berücksichtigung…"
Wegzeitenerhebungen
Im Finanzamtsakt (Jahresfahne 2010) befinden sich (als Beilage zu der Berufung) verschiedene Ausdrucke aus Fahrplänen, wonach die Wegzeit (einschließlich Gehzeiten) von Wien Meidling-Philadelphiabrücke zur Arbeitsstätte jeweils zwischen 30 und 32 Minuten betrage, und zwischen M***** und Wien Meidling eine Vielzahl an Zugsverbindungen mit Fahrzeiten zwischen 45 Minuten und 1 Stunde 12 Minuten (Ankunftszeiten zwischen 5:31 und 9:28 Uhr bzw. Abfahrtszeiten zwischen 15:29 und 21:46 Uhr) bestehen (darüber hinaus auch weitere mit teilweise längeren Fahrzeiten). Für den rund 650 m langen Fußweg zwischen Wohnung und Bahnhof im Wohnort seien 7 Minuten zu veranschlagen. Mit dem Auto benötige man für die zwischen rund 63 km und rund 66 km lange Wegstrecke je nach Routenplaner zwischen 48 Minuten und 1 Stunde 5 Minuten Fahrzeit.
Einkommensteuerbescheide
Mit den Einkommensteuerbescheiden 2009 und 2010, jeweils vom , berücksichtigte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart – wie bereits zuvor der Arbeitgeber – das „kleine" Pendlerpauschale in Höhe von 1.875,00 € (2009) bzw. 1.547,00 € (2010, Beschäftigung bis ).
Begründend führte das Finanzamt aus:
„Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind bereits dann anzunehmen, wenn Aufwendungen durch die berufliche Tätigkeit veranlasst sind. Soweit aber Aufwendungen an den Bereich der privaten
Lebensführung angrenzen, muss die Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Veranlassung durch die Notwendigkeit erfolgen.
Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht. Darüber hinaus stehen Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nur dann zu, wenn
• entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst ("kleines Pendlerpauschale") oder
• die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich deshalben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens 2 Kilometer beträgt ("großes Pendlerpauschale").
Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels gilt als nicht zumutbar, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:
Einfache Wegstrecke – zumutbare Wegzeit:
unter 20 Kilometer – 1,5 Stunden
ab 20 Kilometer – 2 Stunden
ab 40 Kilometer – 2,5 Stunden
Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen.
Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird. Unter Fahrtstrecke ist bei Benützung eines KFZ jene kürzeste Strecke zu verstehen, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, um die auf Grund bestehender Geschwindigkeitsbeschränkungen zeitaufwändige Befahrung von Ortsdurchfahrten (verkehrsberuhigte Zonen) zu vermeiden ,96/14/0003). Im Falle des Bestehens einer gleitenden Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes (zB "Verkehrsverbund Ostregion"), wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer im Allgemeinen nicht gegeben sein.
Laut Fahrplanauskunft verkehren die öffentlichen Verkehrsmittel so, dass ihnen unter Berücksichtigung ihrer Arbeitszeiten und der Gehwege überwiegend im Lohnzahlungszeitraum (mehr als 10 mal) die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar ist.
Es steht daher nur das "kleine Pendlerpauschale " zu. [… Wiederholung des vorstehenden Textes …]
Aufgrund oben angeführter Bestimmungen ist es ihnen zumutbar, mit dem Auto zum Bahnhof Wiener Neustadt (weniger als die halbe Strecke) zu fahren und von dort aus die öffentlichen Verkehrsmittel zu benützen.
Laut Fahrplanauskunft verkehren die öffentlichen Verkehrsmittel so, dass ihnen unter Berücksichtigung ihrer Arbeitszeiten und der Gehwege überwiegend im Lohnzahlungszeitraum (mehr als 10 mal) die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar ist.
Es steht daher nur das "kleine Pendlerpauschale " zu.
Zur Info: bei der Beurteilung des Pendlerpauschales sind die Lohnsteuerrichtlinien anzuwenden - eine Einzelentscheidung des UFS - gegen die auch eine Amtsbeschwerde eingebracht wurde - ist nicht maßgebend."
Berufung
Innerhalb mehrfach verlängerter Berufungsfrist erhob der Bw mit Eingabe vom Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010:
„…Die Bescheide werden insofern angefochten, da mir das Recht verweint wurde, dass die „große" Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs I Z 6lit c EStG bei einer einfachen Fahrstrecke von über 60 km in den gegenständlichen Bescheiden zur Anwendung kommt.
Ich beantrage daher die Berücksichtigung der "großen" Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG bei einer einfachen Fahrstrecke von über 60 km bei der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2009 und 2010. Weiters beantrage ich die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Erlassung neuerlicher Bescheide, in denen meinem Berufungsvorbringen Rechnung getragen wird.
Darüber hinaus beantrage ich im Falle der Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz folgende Anträge:
• Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat gemäß § 282 Abs 1 BAO;
• Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beim Berufungssenat gemäß § 284 Abs 1 BAO
Gemäß § 16 Abs. I Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt, dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich - soweit nicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar ist - durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten sind.
Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrstrecke nicht zumutbar, dann [werden] folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrstrecke von:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG EStG sind daher die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Pendlerpauschale im gegenständlichen Fall zum einem die Überschreitung von 60 km und zum anderem, dass im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist.
60 km - Grenze
Die Überschreitung bei einer einfachen Fahrstrecke von über 60 km wird anhand von Routenplanern wie www.at.map24.com, www.viamichelin.at, www.googlemaps.com nachgewiesen. Sämtliche Routenplaner beweisen hierbei die Überschreitung der geforderten Grenze von 60 km. Die tatsächlich gemessene Kilometeranzahl mit dem Auto beträgt 67 km.
Zumutbarkeit
Gemäß Rz 255 LStR wurden folgende Grundsätze hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benutzung eines Massenbeförderungsmittels festgelegt:
- Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt.
- Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt.
- Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrzeit mit dem KFZ (vgl. ; -G/09; -F/1I).
Auf dieser nunmehrigen Änderung der Lohnsteuerrichtlinien durch den Wartungserlass vom stützt sich die gegenständliche Berufung jedoch nicht, da die Judikatur zwar ebenfalls von einer Unzumutbarkeit von 90 Minuten ausgeht, jedoch die Unzumutbarkeit nicht davon abhängig macht, ob die Fahrzeit mit dem KFZ dreimal so lange dauert. Diesbezüglich verweise ich auf , in welchem die Fahrzeit mit dem PKW als nicht allgemein anwendbar eingestuft wird.
Weiters möchte ich zu bedenken geben, dass zur Einhaltung dieser Wegzeiten das punktgenaue Verlassen der Wohnung bzw. Arbeitsstätte notwendig ist, was jedoch in Wirklichkeit so nicht gelebt werden kann.
Aufgrund der obigen Ausführungen entspricht die Geltendmachung der "großen" Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG in den Jahren 2009 und 2010 dem Gesetz und der dazu ergangenen Judikatur, und ich ersuche daher um antragsmäßige Berücksichtigung.
ANTRAG auf Festsetzung von Berufungszinsen gem. § 205a BAO
Des Weiteren beantrage ich aufgrund der gegenständlichen Berufung auf Grundlage des § 205a BAO die Festsetzung von Berufungszinsen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der "großen" Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG bei einer einfachen Fahrstrecke von über 60 km…"
Beigeschlossen waren die bereits vorgelegten Routenplaner- und Fahrplankopien.
Berufungsvorentscheidung
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Berufung als unbegründet ab:
Nach Wiederholung weiter Teile der Ausführungen der Begründung der angefochtenen Bescheide – allerdings nunmehr durch Zitat von LStR 2002 Rz 255 n.F. geändert – führt das Finanzamt lediglich mit dem Satz „Aufgrund der Überprüfung mittels Routenplaner beträgt die Fahrzeit 93 Minuten, die dreifache Fahrtzeit mit dem PKW aber 135 Minuten." ein neues Begründungsargument in den Rechtsstreit ein.
Hiergegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in welchem inhaltlich im Wesentlichen auf die Berufung vom verwiesen wird.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem damaligen Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Mündliche Verhandlung
In der am vor dem Unabhängigen Finanzsenat (gesamter Berufungssenat) abgehaltenen mündlichen Verhandlung wurden dem Bw vom Referenten folgende Ergänzungen zur Wegzeit vorgehalten:
Der UFS folgt hinsichtlich der Wegzeiten grundsätzlich den Angaben des Bw, nicht aber hinsichtlich nachstehender Punkte:
Was die „Wartezeit auf Zug" von 4 Minuten „lt. UFS" anlangt, ist eine derartige Wartezeit bei einem Gehweg von 7 Minuten nicht zu berücksichtigen, hier erscheint eine „Reservezeit" von einer Minute ausreichend. Allerdings wird auch beim Rückweg eine „Reservezeit" von einer Minute bis zur Abfahrt der U-Bahn berücksichtigt.
Laut Fahrplan trifft der Zug aus M***** um 07:00 Uhr in Wien Meidling ein. Eine „Wartezeit bis nächster Zug fährt" im Umfang von 7 Minuten ist nicht zu berücksichtigen. Die Gehzeit zwischen Zug und S-Bahn bzw. U-Bahn beträgt laut VOR 5 Minuten, die Wartezeit ergibt sich dann zwischen Ankunft an der Haltestelle bis zur Abfahrt (2 Minuten bzw. 7 Minuten).
„Verspätungen und Diverses" (5 Minuten) sind nicht standardmäßig bei jeder Fahrt anzusetzen. Dass öffentliche Verkehrsmittel gelegentlich nicht fahrplanmäßig verkehren, ist bekannt, nicht jedoch, dass regelmäßig überwiegend in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen eine tägliche Verzögerung von 5 Minuten gegenüber den Fahrplänen eintritt. Der Hinweis auf die „Pendelzeit" des Bw bzw. nicht näher konkretisierte „Medienberichte" vermag einen diesbezüglichen Beweis nicht zu ersetzen.
Der Bw hielt hält dem entgegen, dass es sich hierbei um ideale Fahrzeiten handle und in der Realität ein Pendler diese Zeiten in der Regel nicht einhalten könne. Außerdem sei es beruflich nicht möglich gewesen, jedesmal so pünktlich mit der Arbeit aufzuhören, dass ein optimaler Rückweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich gewesen wäre.
Ab 2008 sei der Bw mit dem eigenen Auto gefahren. Der Arbeitsbeginn mit dem Auto sei vor 8 Uhr gewesen. Im Übrigen sei auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise zu verweisen. Hier werde sicher die von Entscheidungen des UFS herangezogene Obergrenze von drei Stunden überschritten.
Die Vertreterin des Finanzamtes verwies auf die Lohnsteuerrichtlinien.
Der Bw führte ergänzend ins Treffen, dass es in der Regel aufgrund der überaus engen Zeitplanung bei Nichteinhalten der Zeiten durch die öffentlichen Verkehrsmittel dazu kommen könne, dass sich die Fahrzeit wesentlich verlängere.
Der von ihm verwendete Zug komme von Deutschkreuz über Sopron.
Aussetzung der Entscheidung
Der Senat beschloss die Aussetzung der Entscheidung über die Berufung gemäß § 281 BAO zu dem beim Verwaltungsgerichtshof zur Zahl 2011/15/0148 anhängigen Beschwerdeverfahren.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes
Das Erkenntnis , wurde am im RIS veröffentlicht.
Der VwGH hat in diesem Erkenntnis die Rechtsansicht des UFS, die Benützung von Massenverkehrsmitteln für den Arbeitsweg sei bei einer Gesamtfahrzeit von über 3 Stunden jedenfalls unzumutbar, als unzutreffend angesehen und auf sein Erkenntnis , verwiesen. In letztem Erkenntnis hat der VwGH ausgesprochen, dass bei insgesamt längerer Fahrzeit als drei Stunden (eineinhalb Stunden je Richtung) die Benützung von Massenbeförderungsmitteln keineswegs unabhängig von einem Vergleich zum Individualverkehr von Vornherein unzumutbar sei. Der VwGH hat nochmals auf die Gesetzesmaterialien verwiesen, wonach 'unzumutbar' im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen Kfz seien. Der Gesetzgeber knüpfe vorrangig an den öffentlichen Verkehr an.
Vorhalt
Mit E-Mail vom hielt der Berichterstatter dem Bf vor, dass im gegenständlichen Fall die Wegzeit mit Massenbeförderungsmitteln plus/minus 90 Minuten betrage, jene mit dem Kfz sei nicht einmal doppelt so lange wie mit dem öffentlichen Verkehr (1,43fache bis 1,94fache, lasse man die typischen Verzögerungen im Wiener Morgenverkehr außer Ansatz).
Auch der – im Beschwerdezeitraum nicht unmittelbar anzuwendende – Pendlerrechner des BMF weise nur das „kleine“ Pendlerpauschale aus. Dieses sei in den angefochtenen Bescheiden – wie bereits vom Arbeitgeber – berücksichtigt worden.
Zurücknahme
Zunächst (unwirksam) mit E-Mail vom , dann (wirksam) mit Telefax vom , erklärte der Bf, dass er "die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010 gemäß § 256 BAO sowie den damit zusammenhängenden Vorlageantrag vom gemäß § 264 Abs 4 lit d iVm § 256 BAO zurücknehme."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
§ 256 BAO lautet:
§ 256. (1) Beschwerden können bis zur Bekanntgabe (§ 97) der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
(2) Wurden Beitrittserklärungen abgegeben, so ist die Zurücknahme der Bescheidbeschwerde nur wirksam, wenn ihr alle zustimmen, die der Beschwerde beigetreten sind.
(3) Wurde eine Beschwerde zurückgenommen (Abs. 1), so ist sie mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.
Gegenstandsloserklärung
Da die Beschwerde zurückgenommen wurde, hat das Bundesfinanzgericht diese gemäß § 256 Abs. 3 BAO mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.
Die Zuständigkeit des Berichterstatters ergibt sich unbeschadet der ursprünglich beantragten Senatsentscheidung aus § 272 Abs. 4 BAO. Die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 272 Abs. 3 BAO entfallen.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Revisionsnichtzulassung
Gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG i. V. m. § 25a VwGG ist gegen diesen Beschluss eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 256 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100793.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at