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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 06.02.2008, RV/3701-W/07

Zinsen als Erträge aus einer Kapitalforderung


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Miterledigte GZ:
RV/0024-W/08


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3701-W/07-RS1
Nach neuer ständiger VwGH-Rechtsprechung sind Zinsen auch dann den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen, wenn sie Bestandteil der Kaufpreisvereinbarung sind.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Gerhard Kohler STB GmbH, 1050 Wien, Schönbrunner Straße 53, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Bescheidaufhebung (Einkommensteuer 2005) und Einkommensteuer 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Im ggstl. Berufungsverfahren ist von folgender Sachlage auszugehen:

Zum hat WZ, der Alleingesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewesen ist, 35 % seiner GmbH-Anteile abgetreten.

Die in Pkt V. des Abtretungsvertrages () getroffene Abtretungspreisvereinbarung lautet:

"Das Abtretungsentgelt beträgt EUR 636.125,00. Die Bezahlung des Abtretungsentgelts erfolgt auf zehn Jahre in zwanzig gleich hohen Halbjahresraten, jeweils fällig am 01. März und am 01. September jeden Jahres, erstmals am , wobei der jeweils aushaftende Betrag mit 4% p.a. (vier Prozent per anno) zu verzinsen ist, auf ein von (dem Mitbeteiligten) namhaft zu machendes Konto."

Von dieser Sachlage ausgehend sind Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung iHv EUR 83.611,47 in dem am erlassenen Einkommensteuerbescheid 2005 mit dem gemäß § 37 Abs 1 erster Teilstrich EStG 1988 ermäßigten Steuersatz besteuert worden.

Nach Erlassung des v.a. Bescheides hat das Finanzamt festgestellt, dass das in Raten ausbezahlte Veräußerungsentgelt nicht EUR 83.611,47 sondern EUR 63.612,50 betragen hat und dass WZ Zinsen iHv EUR 19.998,97 auch als Einnahmen aus der Beteiligungsveräußerung erklärt hatte.

Am hat das Finanzamt den am erlassenen Einkommensteuerbescheid 2005 gemäß § 299 Abs 1 BAO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und hat zur Darstellung seines Aufhebungsgrundes auf den zugleich erlassenen geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 verwiesen.

Im Begründungsteil des nach der Bescheidaufhebung erlassenen Einkommensteuerbescheides 2005 wird ausgeführt, dass in den Veräußerungsraten enthaltene Zinsen nicht den Einkünften aus der Veräußerung der Beteiligung zuzuordnen seien sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten. Der auf die Zinsen entfallende Betrag unterliege daher nicht dem begünstigten Steuersatz gemäß § 37 Abs 1 EStG.

Die Bescheide betreffend Bescheidaufhebung (Einkommensteuer 2005) und Einkommensteuer 2005 hat WZ angefochten und hat beantragt, den Aufhebungsbescheid ersatzlos zu streichen und den Einkommensteuerbescheid 2005 vom wieder in Kraft zu setzen: "Widrigenfalls auch gegen die Kürzung der Werbungskosten durch die erfolgte Prüfung Berufung erhoben werden müsste. Denn mit der Prüfung wurde die Besteuerung des Jahres 2005 einvernehmlich geregelt, ein Abgehen davon würde auch gegen Treu und Glauben verstoßen" (Zitat/Berufung).

Über die vorzit. Berufung hat der Unabhängige Finanzsenat mit der dem Berufungsantrag "Bescheidaufhebung" stattgebenden Berufungsentscheidung vom entschieden. Die do. Ausführungen zusammenfassend ist in dieser Berufungsentscheidung folgende Rechtsposition vertreten worden: "... Da die Vertragsparteien den Verkaufspreis für die GmbH-Anteile und die Zahlungsmodalitäten im Abtretungsvertrag vereinbart haben, sind auch die Zahlungsmodalitäten Bestandteil der Kaufpreisvereinbarung. Die Zinsen gehören damit zum Verkaufspreis, den der Bw. als Entgelt für die Abtretung von 35% seiner GmbH-Anteile erhalten hat und sind - wie die in Raten zu zahlenden € 636.125,00 - mit dem gemäß § 37 Abs 1 EStG 1988 ermäßigten Steuersatz zu besteuernde Einnahmen aus der GmbH-Anteilsveräußerung".

Der gegen die Berufungsentscheidung () erhobenen Amtsbeschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof stattgegeben und hat die Berufungsentscheidung () mit dem Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Erkenntnis wird im Wesentlichen folgende Rechtsposition vertreten:

"Gemäß § 27 Abs 1 Z 4 EStG 1988 sind Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, zum Beispiel aus Darlehen, Anleihen, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Gemäß § 27 Abs 2 Z 1 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den im Abs 1 bezeichneten Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden, z.B. Sachleistungen, Boni und zusätzliche Zinserträge aus Wertpapierkostgeschäften, weiters nominelle Mehrbeträge auf Grund einer Wertsicherung.

Im Erkenntnis vom , 2007/14/0015, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch Forderungen aus einer gemischten Schenkung zu den Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 27 Abs 1 Z 4 EStG 1988 zählen. Dieses Erkenntnis betraf einen Steuerpflichtigen, der seine Kunstsammlung im Jahr 1994 gegen Zahlung einer Betrages von insgesamt S 2,2 Mrd. einer gemeinnützigen Privatstiftung gewidmet hatte. Vereinbart war, dass ein Betrag von S 750 Mio. sogleich, die restlichen Beträge von S 1,45 Mrd. hingegen in den Jahren 1995 bis 2007 unverzinst und wertgesichert auf vom Steuerpflichtigen bekannt gegebene Konten zu überweisen seien. Da der Wert der Kunstsammlung etwa das Dreifache des Wertes der Auflage betragen hatte, lag insgesamt ein unentgeltlicher Vorgang (gemischte Schenkung) vor.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof war strittig, ob die im Jahr 2000 neben der Teilzahlung von S 75 Mio. geleistete Wertsicherung in Höhe von S 5,792.197,-- der Steuerpflicht gemäß § 27 EStG 1988 unterliegt. Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, er habe gleich viel an Kaufkraft erhalten, wie er bei einmaliger Zahlung des Betrages erhalten hätte, sodass die Wertsicherungsbeträge nicht den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet werden dürften. Der Verwaltungsgerichtshof teilte diese Ansicht im angeführten Erkenntnis vom mit der Begründung nicht, dass es unerheblich ist, welcher Rechtstitel der Überlassung von Kapital zu Grunde liegt.

Für den Beschwerdefall kann nichts anderes gelten. Auch eine im Rahmen eines Abtretungsvertrages erworbene Forderung stellt eine Kapitalforderung im Sinne des § 27 Abs 1 Z 4 EStG 1988 dar.

Anders als der Mitbeteiligte in seiner zur Beschwerde des Finanzamtes erstatteten Gegenschrift meint, ergibt sich auch aus dem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht, dass "das bedungene Entgelt für die Fälligkeitsverschiebung" zum Veräußerungsentgelt gehört. Vielmehr zeigen die weiteren Ausführungen des Mitbeteiligten, im Vordergrund der Fälligkeitsverschiebung sei der "Schuldnerwunsch (gestanden), mangels Liquidität das Entgelt aus dem Zielschulschuldverhältnis später oder ratenweise zu zahlen", dass die vereinbarten Zinsen nicht nur nach dem Wortlaut der Vereinbarung, sondern auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise kein Entgelt für die Anteilsübertragung darstellen, sondern für die Kapitalüberlassung gewährt wurden. Die Zinsen sind daher - soweit sie wie im Beschwerdefall nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG 1988 gehören - den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen.

Damit ist auch die steuerliche Gleichbehandlung der vorliegenden Sachverhaltskonstellation mit jenem wirtschaftlich gleich gelagerten Fall gegeben, in dem eine Anteilsveräußerung gegen Barzahlung erfolgt und der Veräußerer den erhaltenen Betrag in der Folge einem anderen Schuldner gegen entsprechende Verzinsung zur Nutzung überlässt. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu erkennen, dass die Beurteilung der zugeflossenen Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen dem in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei angesprochenen Erfordernis einer "verfassungskonformen Interpretation" zuwider liefe."

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und der auf die Werbungskosten sich beziehenden Berufungsantrag sind zurückgezogen worden (Telefax, ).

Über die Berufung wurde erwogen:

Die ggstl. Berufungsentscheidung ergeht im nach einer Verwaltungsgerichtshofentscheidung fortgesetzten Berufungsverfahren.

Im nach einer Verwaltungsgerichtshofentscheidung fortgesetzten Berufungsverfahren ist von folgender Rechtslage auszugehen:

Gibt der Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde statt, sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, den der Rechtsanschauung des Gerichtshofes entsprechenden Rechtszustand mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln herzustellen (§ 87 Abs 2 VfGG, § 63 Abs 1 VwGG).

Ist eine Bescheidaufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften (und nicht wegen sachlicher Unzuständigkeit der belangte Behörde) erfolgt, hat die belangte Behörde einen "Ersatzbescheid" zu erlassen. Bei Erlassung dieses Ersatzbescheides ist die Verwaltungsbehörde an die vom Gerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsansicht gebunden.

Diese Bindung besteht nur insoweit, als sich nach Erlassung des vom Gerichtshof aufgehobenen Bescheides die maßgebliche Sach- und Rechtslage nicht ändert hat (Ritz, BAO3, § 116, Tz 15 - 20).

Über die der Berufungsentscheidung zugrunde zu legende Sachlage ist festzustellen:

Im zweiten Rechtsgang ist der bis dato offen gelegte entscheidungsrelevante Sachverhalt weder ergänzt noch abgeändert worden; die nach Erlassung der vom VwGH aufgehobenen Berufungsentscheidung maßgebliche Sachlage hat sich daher nicht geändert.

Über die der Berufungsentscheidung zugrunde zu legende Rechtslage ist festzustellen:

Mit dem Verweis auf ein zuvor ergangenes Erkenntnis hat der VwGH zum Ausdruck gebracht, dass die im Erkenntnis vertretene Rechtsposition Bestandteil seiner (neuen) ständigen Rechtsprechung ist. Von dieser Rechtsprechung ist der VwGH bis dato nicht abgewichen; die nach Erlassung der vom VwGH aufgehobenen Berufungsentscheidung maßgebliche Rechtslage hat sich daher nicht geändert.

Festzustellen ist: Da sich die nach Erlassung der vom VwGH aufgehobenen Berufungsentscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage nicht geändert hat, ist der Unabhängige Finanzsenat an die im Erkenntnis vertretene Rechtsposition gebunden.

Der Unabhängige Finanzsenat entscheidet:

Die in Pkt V. des Abtretungsvertrages vereinbarten Zinsen sind nicht mit dem gemäß § 37 Abs 1 EStG 1988 begünstigten Steuersatz zu besteuern, da sie nicht den Einkünften aus einer Beteiligungsveräußerung sondern den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

Von der v.a. Rechtsposition ausgehend ist festzustellen, dass die im Einkommensteuerbescheid 2005 () erfolgte Besteuerung der Zinsen mit dem gemäß § 37 Abs 1 EStG 1988 begünstigten Steuersatz nicht richtig ist.

Erweist sich der Spruch eines Bescheides als nicht richtig, kann die Abgabenbehörde erster Instanz ihren Bescheid auch von Amts wegen aufheben; mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden (§ 299 Abs 1 BAO idgF, § 299 Abs 2 BAO idgF): Die vom Finanzamt durchgeführte Bescheidaufhebung und die mit dieser Bescheidaufhebung verbundene Erlassung eines, den aufgehobenen Einkommensteuerbescheid 2005 ersetzenden, Bescheides sind daher zulässig gewesen.

Das Berufungsbegehren - den Aufhebungsbescheid ersatzlos zu streichen und den Einkommensteuerbescheid 2005 vom wieder in Kraft zu setzen - ist daher abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 37 Abs. 1 erster Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Zinsen
Kapitalforderung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at