Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.10.2015, RV/6100140/2009

Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M in der Beschwerdesache des Bf , Adr , vom , vertreten durch J , Adr. gegen den Bescheid des Finanzamtes S vom betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 gemäß § 299 BAO zu Recht erkannt:

I.

Der Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid des Einkommensteuerbescheides des Jahres 1999 wird gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) abgewiesen.

II.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

1) Verfahren vor der Abgabenbehörde

1.1 Beginn der Tätigkeit, Betriebsergebnisse 2003, 2004, 2005, 2006 und 2007

Im Dezember 2003 langte bei der Abgabenbehörde ein Fragebogen des Beschwerdeführers über den Beginn einer Tätigkeit aus Geschäftsvermittlung ein.

Im Jänner 2004 wurde von einem Organ der Abgabenbehörde mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift „über die Erhebung/Nachschau anlässlich der Neuaufnahme“ aufgenommen. Der Anlage zur Niederschrift ist Folgendes zu entnehmen:

„Herr Bf , wohnhaft in Adr.. betreibt seit Mai 2003 eine gewerblich, selbständige Tätigkeit im Bereich "Geschäftsvermittlung".

D. h. er vermittelt Geschäftspartner, er erhält Umsatzbeteiligungen aus interner Kreditkarte der Firma WA , Onlinecasino, Sportwetten, Onlinelotterie und interner Aktienmarkt für Mitglieder von WA . Diese Tätigkeiten werden für die Firma WA. in Australien (genauere Angaben über die Adresse konnte von Herrn Bf. nicht gemacht werden) ausgeübt.

Die Tätigkeit wird von einem PC (inkl. lnternetanschluß) von zu Hause aus ausgeübt.

Die Auszahlung der Einnahmen erfolgt über eine Bank in London (Pay 2) und wird entweder

gleich wieder in Aktien angelegt bzw. an Herrn Bf. nach Österreich überwiesen.

Lt. der Aussage von Herrn Bf. wurden sämtliche Einnahmen aus dieser Tätigkeit bis zum Zeitpunkt der Nachschau wieder in Aktien angelegt. Nach Österreich gelangte aus dieser Tätigkeit noch kein Geld. Herr Bf erzielt zusätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.“

Diese Niederschrift wurde auf Ersuchen des Parteienvertreters, welcher im November 2008 die Vertretung des Beschwerdeführers übernommen hatte, vom Referenten des Unabhängigen Finanzsenates nachweislich zugesandt.

In den Jahren 2003 bis 2005 und danach wurden ausschließlich negative Betriebsergebnisse erzielt, die in den Jahren 2003, 2004 und 2005 das ca. elf bzw. siebenfache der Einnahmen ausmachten.

In den Jahren 2003 bis 2007 wurden nachstehende Einnahmen erzielt sowie folgende Aufwendungen als Betriebsausgabe geltend gemacht.

1.2 Außenprüfung

1.2.1 Niederschrift Schlussbesprechung

Der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , welche vom Organ der Abgabenbehörde mit dem ehemaligen Parteienvertreter aufgenommen wurde, ist unter anderem Folgendes zu entnehmen:

Tz 1: Allgemeines:

Herr Bf. erzielte in den Jahren 2003 - 2007 geringste Provisionserlöse der Firmen

WA.. . und Y . Die Tätigkeiten wurden mittlerweile beendet und Herr Bf. bezieht nur mehr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als LKW-Fahrer bei der Fa. C GmbH.

In den Jahren 2003 - 2007 erzielte der Pflichtige nur Überschüße der Werbungskosten. Es ergab sich für diesen Zeitraum ein Gesamtverlust in der Höhe von € 19.647,34.

Die hauptsächlichen Aufwendungen setzen sich aus Kosten für Telefon, Fortbildung und Reisekosten zusammen. Über die Aufteilung der Telefonkosten (50% Privat) wurden keine Aufzeichnungen geführt.

Angeforderte Belege und Bankbelege konnten nicht erbracht werden.

Über die Eigenerlage des Jahres 2005 konnten ebenfalls keine Nachweise erbracht werden.

Des weiteren wurden Aufwendungen welche die Gattin betreffen ( L , Z ) als Werbungskosten in Abzug gebracht.

Aufgrund dieser Feststellungen werden die Umsatz- u. Einkommensteuerbescheide der Jahre 2003 - 2007 gem. § 303 BAO wiederaufgenommen.

Tz 2: Liebhaberei Umsatzsteuer/Einkommensteuer…

Einkommensteuer:

Gem. § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung liegen Einkünfte bei einer Tätigkeit vor, die durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen Ober die Werbungskosten zu erzielen.

Aufgrund der oben angeführten Bewirtschaftung bzw. der mittlerweile beendeten Tätigkeit wurde ein Gesamtverlust in der Höhe von € 19.647,34 erwirtschaftet.

Die im Prüfungszeitraum geltend gemachten Verluste werden daher nicht anerkannt.

Umsatzsteuer:…

Parteiengehör:

§ 115 BAO: Die Abgabenbehörden haben abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der abgaben wesentlich sind.

(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

§ 183 (1) BAO: Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.

(4) Den Parteien ist vor Erfassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehme und sich dazu zu äußern.

Um den Grundsatz des Parteiengehörs genüge zu leisten, wird Ihnen die Möglichkeit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche (bis zum ) sich zu den obigen Prüfungsfeststellungen zu äußern.

Mit Ihrer Niederschrift auf dem Schlussbesprechungsprotokoll oder bei Nichtbeachtung der Frist, werden die Bescheide wie oben erwähnt, wiederaufgenommen und gemäß den getroffenen Prüfungsfeststellungen neu festgesetzt.“

1.2.2 Stellungnahme des Parteienvertreters zur Niederschrift

Innerhalb der vom Prüfungsorgan gesetzten Frist nahm der nunmehrige Parteienvertreter zur Niederschrift über die Schlussbesprechung und zu den Prüfungsfeststellungen, wie Folgt Stellung:

„Sehr geehrter Herr I , wir wurden mit der steuerlichen Vertretung in obiger Angelegenheit von Herrn Bf. beauftragt, nachdem er sich von Herrn Ö nicht entsprechend vertreten sah.

Herr Bf. hat im Jahr 2003 eine Nebentätigkeit begonnen, für die ein Gewerbe angemeldet und der Vertrieb von Produkten der Firmen WA... . und Y besorgt wurde. Meinem Mandanten wurde, seitens Herrn R , vorgegaukelt, dass auch bei einer Nebentätigkeit problemlos Gewinne mit dem Vertrieb der Produkte zu erzielen seien, d.h. die Tätigkeit war seitens meines Mandanten mit Gewinnerzielungsabsicht gestartet worden und entspricht die Tätigkeit keiner persönlichen Vorliebe meines Mandanten, weshalb keine steuerliche Liebhaberei vorliegt und die bereits rechtskräftig veranlagten Jahre 2003 bis 2006 steuerlich anzuerkennen sind.

Zu den Vorhaltungen der Niederschrift:

Die Aufteilung der Telefonkosten wurde seitens der WTH K geschätzt und mit 50% betrieblich angesetzt, was meines Erachtens bei dieser Tätigkeit üblich und glaubhaft ist, andernfalls wäre in der Niederschrift entsprechend auszuführen, was gegen diesen Ansatz spricht.

Zu den angeforderten Belegen und Bankbelegen ersuche ich um deren Konkretisierung, da die Niederschrift dies vermissen lässt und diese selbstverständlich nachgereicht werden. Ebenfalls ersuche ich um Konkretisierung der Eigenerlage 2005, um diese begründen zu können.

Zu den Aufwendungen der Gattin, die als Ausgaben angesetzt wurden handelt es sich um den gemeinsamen Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen. Im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Produkte wurden zu Hause so genannte Verkaufsparties mit Kosmetik und Kochgeschirrvorführung zusammen mit der Gattin durchgeführt, weshalb mit der Gattin einmal im Jahr eine 2 tägige Veranstaltung der Geschäftspartner besucht wurde, bei der Waren und deren Funktionalität vorgestellt und die Produktpräsentation vermittelt wurde, um die eigenen Verkaufsparties zusammen mit der Gattin erfolgreich gestalten zu können.

Zum Vorwurf der steuerlichen Liebhaberei möchte ich ergänzend darauf hinweisen, dass diese für sich allein It. geltender Judikatur keinen Wiederaufnahmegrund darstellt, weshalb sich die Stellungnahme zu Tz 2 der Niederschrift erübrigt.“

1.2.3 Aufhebung des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2006 gem. § 299 BAO

Der Einkommensteuerbescheid des Jahres 2006 wurde in Anwendung des § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben.

In der Begründung wurde auf die Begründung des Sachbescheides verwiesen und ausgeführt, dass die Rechtswidrigkeit (des bisher erlassenen Einkommensteuerbescheides) eine nicht bloß geringfügige Auswirkung habe und daher die Aufhebung des im Spruch des Aufhebungsbescheides bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen war.

1.3 Berufung

Gegen die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2006 wurde berufen und unter anderem Folgendes ausgeführt:

„Die Aufhebung der Bescheide 2006 nach § 299 BAO erfolgte aus dem Grund, dass unserem

Mandanten im Zuge der BP hinsichtlich seiner gewerblichen Tätigkeit steuerliche Liebhaberei

unterstellt wurde. Nachdem die Einnahmen/Ausgabenrechnung bereits im Zuge der Veranlagung der Finanzbehörde im Detail vorgelegen hat, liegt kein Grund für die Aufhebung rechtskräftig veranlagter Bescheide vor, da nicht einzelne Beträge berichtigt, sondern die gesamten Einkünfte aus Gewerbebetrieb aberkannt werden.

Herr Bf. hat im Jahr 2003 eine Nebentätigkeit begonnen, für die ein Gewerbe angemeldet und der Vertrieb von Produkten der Firmen WA... . und Y besorgt wurde.

Unserem Mandanten wurde, seitens des Vermittlers der Tätigkeit, Herrn R , vorgegaukelt, dass auch bei einer Nebentätigkeit problemlos Gewinne mit dem Vertrieb der

Produkte zu erzielen seien, d.h. die Tätigkeit war seitens unseres Mandanten mit

Gewinnerzielungsabsicht gestartet worden und entspricht die Tätigkeit keiner persönlichen

Vorliebe unseres Mandanten, weshalb keine steuerliche Liebhaberei vorliegt und die bereits

rechtskräftig veranlagten Bescheide steuerlich anzuerkennen sind.

Auch hat die Behörde nachdem die gewerblichen Einkünfte 2003 bis 2006 in den Einkommen- und Umsatzsteuerbescheiden regelmäßig endgültig veranlagt wurden, meinen Mandanten immer in dem Glauben belassen, dass keine steuerliche Liebhaberei vorliegt.

Die Aufhebung verstößt daher auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Weiters setzt die Aufhebung nach § 299 (1) BAO die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des

aufzuhebenden Bescheides voraus. Im Spruch der ursprünglichen Sachbescheide ist aber keine Rechtswidrigkeit erkennbar und bleibt die Behörde in ihren Aufhebungsbescheiden eine

nachvollziehbare Begründung für die Aufhebung schuldig. Nachdem laut geltender VwGH

Judikatur eine nachträgliche Beurteilung der Tätigkeit als steuerliche Liebhaberei für sich allein keinen Grund für eine Wiederaufnahme darstellt, kann darin auch keine Rechtswidrigkeit der Sachbescheide unterstellt werden.

Ich stelle daher den Antrag die Aufhebungsbescheide und die Sachbescheide sowie den

ersatzlos aufzuheben.“

1.4 Berufungsvorentscheidung

Die Berufung wurde durch Erlassung einer Berufungsvorentscheidung abgewiesen. In der Begründung wurde unter anderem Folgendes ausgeführt:

„Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde die gewerbliche Tätigkeit steuerlich als

Liebhaberei eingestuft. Was die rechtliche Beurteilung dieser Einstufung betrifft, so ist die h.o.

Behörde weiterhin der Auffassung, dass diese aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes zu Recht erfolgte. In diesem Zusammenhang wird auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung zu den Sachbescheiden verwiesen. Geht man aber davon aus, dass Liebhaberei vorliegt, so erweisen sich die bisherigen Bescheide, die die Tätigkeit steuerlich voll berücksichtigten, als inhaltlich rechtswidrig.

Die Abgabenbehörde erster Instanz kann nach § 299 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Da eine Betätigung steuerlich berücksichtigt wurde, die nach den Grundsätzen der Liebhaberei steuerlich unbeachtlich zu behandeln gewesen wäre, erwies sich der Spruch der Bescheide als nicht richtig. Die Aufhebung war daher die logische Konsequenz und erfolgte zu Recht.

Es ist zwar richtig, dass die Einstufung einer Tätigkeit als Liebhaberei für sich keinen Wiederaufnahmegrund darstellt, der Einwand führt aber ins Leere da es sich im

gegenständlichen Fall um eine Aufhebung nach § 299 BAO handelt, bei der es einzig und allein auf die inhaltliche Rechtswidrigkeit ankommt, welche hier auch vorliegt.

Allein aus der Tatsache, dass eine endgültige Veranlagung erfolgte kann der Berufungswerber unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keine Rechte ableiten.

Die Abgabenbehörde ist nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, von einer gesetzeswidrigen Verwaltungsübung, einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung oder einer unrichtigen Tatsachenwürdigung abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkannt hat (vgl. u. Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urtz, BAO, § 117, E 17 mwN). Da in diesem Fall nur eine endgültige Veranlagung erfolgte, ohne weitere rechtliche Aussagen zur Liebhabereiproblematik zu treffen, gilt dies in diesem Fall umso mehr.

Die Berufung war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.“

1.5 Vorlageantrag

Gegen die Berufungsvorentscheidung wurde ein Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat gestellt und eine mündliche Verhandlung beantragt.

2) Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat

2.1 Vorhalt betreffend Telefonkosten

An den Berufungswerber erging folgender Vorhalt des Referenten des Unabhängigen Finanzsenates:

1) Telefonaufwendungen 2003….

2) Telefonaufwand, privater Anteil 2004 bis 2007

Wie der Aufstellung des Prüfers zu entnehmen ist, sind im Jahr 2004 bis 2007 folgende

Telefonaufwendungen entstanden und die Höhe des Privatanteiles wurde wie folgt mit 80%

des Gesamtaufwandes geschätzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Privatanteil bisher in % und €
Privatanteil Prüfung in % und €
2004Aufwand
 496,16
0%0,00
80%396,93
2005Aufwand
 943,43
20%188,69
80%754,74
2006Aufwand
 2.184,74
10%218,47
80%1.747,79
2007Aufwand
 677,47
20%135,49
80%541,98

Auf Grund der Angaben ihres Parteienvertreters (auf den Punkt 3 wird verwiesen) zur Aufteilung der Telefonkosten der Jahre 2003 bis 2007, werden Sie gebeten, die Ihnen in diesem Zeitraum entstandenen Telefonaufwendungen durch die Vorlage der Belege lückenlos nachzuweisen.

3) Angaben ihres Parteienvertreters

ln der Stellungnahme zur Niederschrift vom wird zur Aufteilung der Telefonkosten Folgendes ausgeführt:

"Die Aufteilung der Telefonkosten wurde seitens der WTH K geschätzt und mit 50%

betrieblich angesetzt, was meines Erachtens bei dieser Tätigkeit üblich und glaubhaft ist,

andernfalls wäre in der Niederschrift entsprechend auszuführen, was gegen diesen Ansatz

spricht."

Im Vorlageantrag vom (?), welcher am bei der Abgabenbehörde erster

Instanz einlangte, wird Folgendes ausgeführt:

"Die Telefonkosten in 2004 haben sich gegenüber 2003 mehr als halbiert, da ein eigenes

Handy für die berufliche Tätigkeit angeschafft wurde. Die Telefonkosten 2004 und 2005

betreffen nur die des beruflich genutzten Handys und wurden daher zu 100 % angesetzt."

Für die Prüfung, in welcher Höhe Ihnen in den Jahren 2003 bis 2007 tatsächlich Telefonaufwendungen (betriebliche und private Aufwendungen) entstanden sind, werden Sie

ersucht innerhalb von vier Wochen, ab Zustellung dieses Bedenkenvorhaltes, die

angeforderten Unterlagen lückenlos vorzulegen und zu den Angaben ihres Parteienvertreters

Stellung zu nehmen.“

Da das Jahr 2007 nicht beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig war, wurde der Zeitraum der Zeitraum der Vorlage der angeforderten Belege unter anderem auf die Jahre 2003, 2004 und 2005 eingeschränkt und der Beschwerdeführer nachweislich davon verständigt.

2.2 Stellungnahme des Parteienvertreters und Übersendung von Unterlagen

Der Parteienvertreter nahm unter anderem wie Folgt Stellung und übersandte Kopien von Unterlagen sowie eine Tabelle der Telefonaufwendungen für die Jahre 2003 bis 2006.

Er führte unter anderem Folgendes aus:

„Zu oben (Geschäftszahlen des Unabhängigen Finanzsenates) haben wir heute per Email an die Internetadresse des Referenten des Unabhängigen Finanzsenates, Belege, wie diese in den Belegordnern unseres Wissen auch der BP zur Verfügung standen, übermittelt zu

MF und WA.... 2003,

• Telefonausgaben 2003 bis 2006.

• Zu den Telefonausgaben 2003, 2004 und 2006 haben wir je eine Excel Aufstellung beigefügt, da die Belege der Mobilkom, One und Telekom für das Jahr 2003 jeweils als

einzelne Summenposition seitens der WTH K GmbH gebucht wurde und uns für das Jahr 2004 kein Buchhaltungsausdruck zur Verfügung stand, da lt. ER diese von der KanzleiXY erstellt wurde.

Die 2 verschiedenen Versionen zu den Telefonkosten (Stellungnahme v. und

Vorlageantrag , dürfte beruht auf einer Aussage unseres Mandanten, wobei offenbar die Umstellung auf den Anbieter Etel gemeint ist, da 2005 eine Umstellung auf Etel erfolgt ist und ab 2006 unter Telefonkosten nur mehr ER von Etel gebucht sind.“

2.3 Erörterungstermin am

Am wurde im Verhandlungsraum des Unabhängigen Finanzsenates ein Erörterungstermin durchgeführt und unter anderem Folgendes niederschriftlich festgehalten:

„Der Referent trägt den streitgegenständlichen Sachverhalt sowie den bisherigen Verfahrensablauf vor.

Den Parteien werden

-           eine Aufgliederung der anhängigen Berufungsverfahren,

-           eine Zusammenfassung der Betriebsergebnisse der Jahre 2003 bis 2007,

-           der Feststellungen der Außenprüfung sowie

-           eine Aufgliederung der Telefonaufwendungen der Jahre 2003 bis 2007

übergeben.

1) Beschäftigung als Arbeiter bei C. GmbH

bis Arbeiter bei C. GmbH

Beschäftigung als LKW-Fahrer

Umfang der Tätigkeit, ca. 60 Stunden in der Woche

Tätigkeit in Österreich, vorwiegend Österreich, vereinzelt in die BRD (Tagestouren)

2) Nebentätigkeit

Auszug aus den vorliegenden Verwaltungsakten

(Vergabe der Steuernummer)

Geschäftsvermittlung aus interner Kreditkarte der Firma WA , Onlinecasino, Sportwetten, Onlinelotterien und interner Aktienmarkt für Mitglieder WA. .

Lt. Aussage von Herrn Bf. wurden sämtliche Einnahmen aus dieser Tätigkeit bis zum Zeitpunkt der Nachschau wieder in Aktien angelegt.

(Stellungnahme zu den Feststellungen der AP):

Herr Bf. hat im Jahr 2003 eine Nebentätigkeit begonnen, für die ein Gewerbe angemeldet und der Vertrieb von Produkten der Firmen WA... . und Y besorgt wurde. Unserem Mandanten wurde, seitens des Vermittlers der Tätigkeit, Herrn R , vorgegaukelt, dass auch bei einer Nebentätigkeit problemlos Gewinne mit dem Vertrieb der Produkte zu erzielen seien, d.h. die Tätigkeit war seitens unseres Mandanten mit Gewinnerzielungsabsicht gestartet worden und entspricht die Tätigkeit keiner persönlichen Vorliebe unseres Mandanten, weshalb keine steuerliche Liebhaberei vorliegt und die bereits rechtskräftig veranlagten Bescheide anzuerkennen sind.

(Löschung Umsatzsteuersignal)

Unser Mandant hat seine betriebliche Tätigkeit bereits beendet. Seit 2008 ist nur mehr eine Arbeitnehmerveranlagung durchzuführen.

Nebentätigkeit als Geschäftsvermittlung aus interner Kreditkarte der Firma WA , Onlinecasino, Sportwetten, Onlinelotterien und interner Aktienmarkt für Mitglieder WA. oder Nebentätigkeit als Warenpräsentator für Y ?

Der Berufungswerber gibt an, dass er zuerst für WA tätig war welche sich aber relativ rasch als Flop erwies und daher wieder eingestellt wurde.

Wann haben Sie mit der Tätigkeit als Warenpräsentator für Y begonnen?

Mit der Tätigkeit als Warenpräsentator für Y wurde Ende 2003 und zu Beginn des Jahres 2004 begonnen. Die ausgewiesenen Erlöse aus Warenverkäufen des Jahres 2003 in Höhe von € 378,09 betreffen Provisionserlöse Firma WA. .

War ihre Gattin – T – auch als Warenpräsentatorin für Y tätig?

Nein. Die Gattin war nur gemeinsam mit dem Berufungswerber als Warenpräsentatorin für Y tätig.

3) Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2003, 2004 und 2005 sowie Einkommensteuer 2003, 2004 und 2005…..

3.1 Gründe für die Wiederaufnahme:…

Tz 1 – allgemeine Wiederaufnahmegründe 2003 – 2005…

Tz 2 – Privatanteile Telefon 2003 – 2005

In der Jahreserklärung 2003 wurde nur von den Kosten der A1 Mobilkom 50% als PA ausgeschieden. Des Weiteren können vom Pflichtigen für den Prüfungszeitraum keinerlei Nachweise über die Aufteilung der Telefonkosten in betrieblich und privat veranlasste Kosten erbracht werden.

Die Höhe des PA wurde im Prüfungszeitraum im Schätzungswege ermittelt, wobei nicht nachvollziehbar ist wie es zu den jährlichen Abweichungen in der prozentuellen Höhe des ausgeschiedenen PA kommt.

Privatanteil 2003 - 50 % nicht aller Telefonkosten

Privatanteil 2004 - 0 % Privatanteil

Privatanteil 2005 - 20 % der Telefonkosten

Privatanteil 2006 - 10 % der Telefonkosten

Privatanteil 2007 - 20 % der Telefonkosten

Aufgrund des nicht erbrachten Nachweises über die tatsächliche betriebliche Nutzung und im

Zusammenhang mit den sehr geringen Erlösen, werden die betrieblich veranlaßten Telefonkosten auf 20 % der gesamten Telefonkosten, geschätzt, was einen PA von 80 % ergibt.

Tz 3 – Ausgaben für die Gattin 2004 – 2005…

2004…

2005…

Tz 4 – Beiträge 2003…

Mitgliedschaft bei WA.... € 990,34

Vertrieb von Produkten der Firmen WA... .

Einnahmen?

(Vergabe der Steuernummer)

Lt. Aussage von Herrn Bf. wurden sämtliche Einnahmen aus dieser Tätigkeit bis zum Zeitpunkt der Nachschau wieder in Aktien angelegt.

Tz 5 – Liebhaberei

Tätigkeit:

Herr Bf. erzielte in den Jahren 2003 - 2007 geringste Provisionserlöse der Firmen WA... und Y . Diese Tätigkeiten wurden mittlerweile aufgrund der geringen Erlöse beendet.

Neben diesen Tätigkeiten wurden noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

(Fa. C GmbH - LKW Fahrer) erzielt.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage vertritt der Referent die Auffassung, dass für den Zeitraum 2003 bis 2005 eine einkommensteuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliegt.

Der Vertreter des Berufungswerbers legt eine Kurzinformation aus dem SWK-Heft 3 vom , S. 85 vor und verweist auf den 1. Punkt Liebhaberei bei Gewerbebetrieb (§ 2 EStG) und führt ergänzend aus, dass die Verluste der ersten drei Jahre immer anzuerkennen sind ()….

4.2 Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2006

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage vertritt der Referent die Auffassung, dass die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2006 zu Recht erfolgte…

Abschließend wird vereinbart, dass der Berufungswerber und sein Vertreter innerhalb von 2 Wochen dem Referenten mitteilen werden, ob eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat bzw. ob sie sich der Rechtsansicht des Referenten anschließen können.

2.4 Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung

Der Parteienvertreter teilte mit mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet werde.

Übergangsbestimmung infolge Auflösung des Unabhängigen Finanzsenates

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat (UFS) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über. Dementsprechend normiert § 323 Abs. 38 BAO, dass die am beim UFS als Abgabebehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom BFG als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Über die Beschwerde wurde erwogen

A) Festgestellter Sachverhalt

In den Jahren 2003 bis 2007 wurden nachstehende Einnahmen erzielt sowie folgende Aufwendungen als Betriebsausgabe geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer war unter anderem im Jahr 2006 sowie davor (ab 2001) und danach (bis zum Jahr 2011) als LKW- Fahrer nichtselbständig tätig.

B) Rechtslage

1) Spruch des Aufhebungsbescheides, Verweis auf die Begründung des Sachbescheides

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002 und 124/2003 kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (etwa bei einer unrichtigen Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes oder bei Übersehen von Grundlagenbescheiden), ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs. 1 BAO nicht ausschlaggebend. Die Bestimmung des § 299 Abs. 1 BAO gilt auch für „dynamische“, also erst später erweisliche Unrichtigkeiten (Ritz, BAO5, § 299, Rz 9 ff).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 90/14/0262, zur Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO ausgeführt:

"Welche gesetzlichen Wiederaufnahmsgründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amts wegen jedoch die gemäß § 305 Abs. 1 (BAO) für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde. Daraus folgt, dass Sache, über die die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 289 Abs. 1 BAO selbst zu entscheiden hat, bei einer Berufung der Partei gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen durch das gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständige Finanzamt nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen sein kann, also jener wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmsgrund beurteilt hatte. Unter 'Sache' ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch, S. 686 ff). Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid wie dem der Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens von Amts wegen wird die Identität der Sache über die abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmstatbestand herangezogen wurde. Die Berufungsinstanz darf die Wiederaufnahme daher nicht auf Grund von Tatsachen bestätigen, die vom Finanzamt nicht herangezogen wurden. Sie darf nur die gleichen Umstände (die gleichen tatsächlichen Grundlagen) einer anderen rechtlichen Wertung unterziehen (vgl. Erkenntnis vom , VwSlg. 4338 A/1957). Aufgabe der Berufungsbehörde bei Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch das Finanzamt ist daher, ob dieses das Verfahren aus den von ihm gebrauchten Gründen wiederaufnehmen durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmsgründen zulässig gewesen wäre. Die Beschränkung der Berufungsbehörde auf die Sache erster Instanz schließt es daher aus, dass jene neue Wiederaufnahmsgründe einführt und solcherart an Stelle der Behörde, die gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständig ist, aus anderen Gründen die Wiederaufnahme bewilligt. Verstößt die Berufungsbehörde gegen diese ihre Beschränkung auf die Sache des Berufungsverfahrens, belastet sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmsgrund nicht vor, muss die Berufungsbehörde daher den vor ihr angefochtenen Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben (vgl. Stoll, a.a.O.). Am Finanzamt liegt es dann, ob es etwa von der Berufungsbehörde entdeckte andere Wiederaufnahmsgründe aufgreift und zu einer (neuerlichen) Wiederaufnahme heranzieht. Dass die Berufungsbehörde keine neuen Wiederaufnahmsgründe einführen darf, ist auch durch die zeitliche Begrenzung der Wiederaufnahme, wie sie sich aus § 304 BAO ergibt, geboten."

Aus den Überlegungen dieses Erkenntnisses lässt sich für die Aufhebung nach § 299 BAO idF ab BGBl. I Nr. 97/2002 Folgendes ableiten:

Die Bestimmung des § 299 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002 (und BGBl. I Nr. 124/2003) räumt dem Steuerpflichtigen ein Antragsrecht auf Bescheidaufhebung ein.

Den Aufhebungsgrund bestimmt bei der Aufhebung auf Antrag die betreffende Partei. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig erachtet. Korrespondierend dazu legt bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen die Abgabenbehörde erster Instanz im Zusammenhang mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Daraus folgt, dass die Sache, über die in der Berufung gegen einen Aufhebungsbescheid oder einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, bei der beantragten Aufhebung durch die Partei im Aufhebungsantrag und bei der amtswegigen Aufhebung durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt wird ().

Im Erkenntnis vom heutigen Tag (siehe 2009/15/0119), hat der Verwaltungsgerichtshof zu Aufhebungsbescheiden gemäß § 299 Abs. 1 BAO ausgesprochen, dass die vom Finanzamt herangezogenen Aufhebungsgründe von der Abgabenbehörde zweiter Instanz in Zusammenschau mit den zugleich ergangenen Sachbescheiden ergründet werden können. Sonstige Begründungsmängel des erstinstanzlichen Aufhebungsbescheides sind im Berufungsverfahren sanierbar. Ein mangelhaft begründeter Aufhebungsbescheid (etwa hinsichtlich der Begründung der Ermessensübung) kann von der Abgabenbehörde zweiter Instanz ergänzt bzw. richtiggestellt werden, es darf bloß kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden. Zur näheren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , 2010/15/0040 verwiesen.

2) Grundsatz von Treu und Glauben

Der Grundsatz von Treu und Glauben kann gegen eine Aufhebung sprechen. Der Grundsatz von Treu und Glauben bedeutet, dass jeder am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben ().

Das Abgehen von einer Verwaltungsübung, von einer einmal bezogenen und fortgeführten Rechtsauffassung oder einer einmal eingeschlagenen Tatsachenwürdigung (vor allem bei sich wiederholenden gleichartigen Sachverhalten oder Dauersachverhalten) bedeutet keine Rechtswidrigkeit, wenn die Behörde eine nachträglich als gesetzwidrig, also als objektiv unrichtig erkannte Position aufgibt und zu einer gesetzmäßigen, richtigen Position übergeht (; , 2208/63; , 86/14/0047). Hierzu ist die Behörde nicht nur berechtigt, sondern aus Gründen des Art 18 Abs. 1 B-VG sogar verpflichtet (Reeger-Stoll, BAO Kommentar, Anm. 7 zu § 115; dem folgend ). Aus einer rechtswidrigen Verwaltungsübung kann eben kein Anspruch auf Beibehaltung weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft abgeleitet werden. Selbst Langjährigkeit einer unrichtigen Verwaltungspraxis ist kein Grund, der es erlaubt, unter Berufung auf Treu und Glauben das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung (für die Vergangenheit oder für die Zukunft) zu schützen (). Die Behörde ist also sogar verpflichtet von einer als gesetzwidrig erkannte Verwaltungsübung, und zwar sowohl von einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung wie auch von einer unrichtigen Tatsachenwürdigung abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt (zB und Vorjudikatur); eine Verwaltungsübung ist eben keine Rechtsquelle (Stoll, BAO, Kommentar, 1305 und die dort zitierte Judikatur des VwGH).

3) Ermessensübung

Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine zentrale Bedeutung zu (; , 96/15/0174). Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit) zu (hA zB ; , 2001/15/0133; , 2001/13/0053; , 2002/14/0022).

Auch ein Missverhältnis zwischen dem Aufhebungsgrund und den Wirkungen der Aufhebung könnte ermessenrelevant sei (Ritz, BAO5, § 299, Rz 57)

C) Erwägungen

1) Verweis im Aufhebungsbescheid auf den Sachbescheid

In der Begründung des Aufhebungsbescheides nach § 299 Abs. 1 BAO vom wird für die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2006 angeführt, dass sich "der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist“ und es wird auf die Begründung des Sachbescheides" verwiesen.

Im dem gemäß § 299 Abs. 2 BAO mit dem Aufhebungsbescheid verbundenen, den bisherigen Einkommensteuerbescheid des Jahres 2006 ersetzenden (neuen) Einkommensteuerbescheid des Jahrs 2006 vom wird dargelegt, aus welchen Gründen die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Warenpräsentator für „Y“ Produkte als Liebhaberei beurteilt wurde und der geltend gemachte Verlust nach Ansicht der Abgabenbehörde nicht als abzugsfähig anerkannt werden könne und daher der bisherigen Einkommensteuerbescheid des Jahres 2006 im Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Damit war für das Bundesfinanzgericht objektiv erkennbar, dass die Abgabenbehörde bei der gleichzeitigen Erlassung des Aufhebungsbescheides die "Unrichtigkeit" des ersten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 in der Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Warenpräsentator für „Y“ Produkte erblickt hat.

Diese von der Abgabenbehörde vertretene Ansicht hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis des vom Parteienvertreter angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 geteilt (siehe das zur Geschäftszahl RV/6100142/2009 des Bundesfinanzgerichtes ergangene Erkenntnis vom gleichen Tag).

2) Begründung für die Aufhebung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides

Der Parteienvertreter bringt in seiner Berufung vor, es fehle eine den Aufhebungsbescheid tragende nachvollziehbare Begründung, welche die Abgabenbehörde schuldig geblieben sei.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes steht fest, dass ein Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO einer Begründung bedürfe. Wegen der engen rechtlichen Verknüpfung des Aufhebungsbescheides mit dem zugleich erlassenen neuen Sachbescheid (im Beschwerdefall der neu erlassene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom ) und im Hinblick auf die im gegenständlichen Fall gegebene einwandfreie Erkennbarkeit der von der Abgabenbehörde aufgegriffenen Rechtswidrigkeit des seinerzeitigen Einkommensteuerbescheides und des Verweises Abgabenbehörde auf die Begründung des Sachbescheides (des mit der Aufhebung zwingend verbundenen Erlassung eines Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006), ist die Abgabenbehörde „die Begründung für die Aufhebung nicht schuldig geblieben“, sondern hat eines von der Judikatur anerkanntes Vorgehen gewählt und daher eine den Aufhebungsbescheid tragende und nachvollziehbare Begründung im Sachbescheid vorgenommen.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Begründung des zur Geschäftszahl RV/6100142/2009 des Bundesfinanzgerichtes ergangenen Erkenntnisses vom gleichen Tag verwiesen.

3) Keine Verletzung von Treu und Glauben

Die Abgabenbehörde ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zu Recht von einer als gesetzwidrig erkannte Verwaltungsübung betreffend der Nichtanerkennung der Verluste des Beschwerdeführers als Warenpräsentator von „Y“ Produkten abgegangen, und hat daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt.

4) Keine Rechtswidrigkeit betreffend Ermessensübung

Die Abgabenbehörde hat nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes durch die Aufhebung des Bescheides betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 und der Nichtanerkennung des geltend gemachten Verlustes aus Tätigkeit als Warenpräsentator von „Y“ Produkten das die Ermessensübung im Bereich des § 299 BAO bei dem dem Prinzip der Rechtmäßigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zukommt zutreffend ausgeübt.

Es liegt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch kein Missverhältnis zwischen dem Aufhebungsgrund – Nichtanerkennung des Verlustes aus Tätigkeit als Warenpräsentator von „Y“ Produkten – und den Auswirkungen der Aufhebung – Nichtausgleichsfähigkeit eines Verlustes von € 10,113,16 – vor.

5) Abweisung der Beschwerde

Die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid des Jahres 2006 war abzuweisen, da

  • die Aufhebung nach § 299 BAO gestattet ist, wenn sich der Bescheid im Spruch als nicht richtig erweist, also der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht,

  • eine den Aufhebungsbescheid tragende und nachvollziehbare Begründung im Sachbescheid vorgenommen wurde,

  • die Aufhebung den Grundsatz von Verletzung von Treu und Glauben nicht verletzt,

  • die Ermessenübung zutreffend ausgeübt wurde und

  • kein Missverhältnis zwischen dem Aufhebungsgrund und den Auswirkungen der Aufhebung

vorliegt.

D) Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Verfahren war weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen noch fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Das Bundesfinanzgericht ist in seinem Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt (siehe unter anderem die Erkenntnisse , 2009/15/0119 und , 2010/15/0040).

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.6100140.2009

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at