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Normenprüfung (VfGH) – Einzel - Beschluss, BFG vom 02.10.2014, RN/7100004/2014

Verfassungswidrigkeit des Abzugverbotes von "Managergehältern" durch das AbgÄG 2014 (Normenprüfungsverfahren)

Beachte

Beim VfGH anhängig zur Zl. G 186/2014. Mit Erkenntnis G 136/2014 ua vom im Kern abgewiesen, in Teilbereichen zurückgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RN/7100004/2014-RS1
Es bestehen Bedenken, dass § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988, soweit dieser auf § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 verweist, infolge Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verfassungswidrig ist.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache A-AG , Adresse , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom betreffend Vorauszahlungsbescheid 2014 beschlossen:

Gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG wird an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, in den durch das AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, eingefügten gesetzlichen Bestimmungen

1. § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988

im ersten Satz die Wortfolge "Z 7 und " sowie die nachfolgenden Sätze "Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Z 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 gilt: Der Betrag von 500 000 Euro ist zu aliquotieren, wenn eine Person von mehreren Unternehmen Entgelte erhält, die unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig sind oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters stehen. Werden Umlagen für diese Entgelte geleistet, sind die Aufwendungen um die empfangenen Umlagen zu kürzen und die Aliquotierung hat nach dieser Kürzung stattzufinden. § 20 Abs. 1 Z 7 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988 ist in diesen Fällen nicht anzuwenden."

wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

In eventu wird beantragt zusätzlich zu Pkt. 1. auch

2. § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 zur Gänze und

3. § 124b Z 253 lit. a EStG 1988 zur Gänze

wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

Begründung

Beim Bundesfinanzgericht ist zur GZ RV/7102980/2014 eine Beschwerde der A-AG (Bf.) gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Vorauszahlungsbescheid 2014 anhängig.

Die Bf. ist Gruppenträgerin einer Gruppe gemäß § 9 KStG 1988.

Mit elektronischer Eingabe vom beantragte die Bf. die Neufestsetzung der Körperschaftsteuervorauszahlungen 2014, weil nach den Planungsrechnungen sich für das Jahr 2014 ein steuerlicher Gewinn der Gruppe in Höhe von 11.078.501,62 Euro ergeben werde, woraus eine voraussichtliche Körperschaftsteuerschuld in Höhe von 2.769.625,41 Euro resultiere. Bei der Berechnung des steuerlichen Ergebnisses des Gruppenmitglieds B-AG sei die neue Regelung des § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 (Nichtabzugsfähigkeit von Bezügen über  500.000 Euro) berücksichtigt worden.

Die Aufstellung zur Körperschaftsteuerberechnung 2014 der Bf. und der B-AG (Gruppenmitglied) sei der beiliegenden Anlage zu entnehmen.

Aus der Anlage ergibt sich für das Gruppenmitglied B-AG , welches selbst wieder Gruppenträgerin einer Gruppe gemäß § 9 KStG 1988 ist, folgendes Einkommen:


* Die Prognose des steuerlichen Ergebnisses der B-AG erfolgte
unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 1 Z 7 EStG (Nichtabzugsfähigkeit von Bezügen über 500.000 Euro). Für die Planungsrechnung wurde der Bezug (KZ 210) lt. Lohnzettel 2013 von Herrn C (XXXXX) herangezogen.

Das Einkommen der Bf. für 2014 laut Planungsrechnung ergibt sich laut der Anlage wie folgt:


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B-AG
andere Gruppenmitglieder


Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 2014 und Folgejahre antragsgemäß mit  2.769.625 Euro fest.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde und beantragte die Herabsetzung der Vorauszahlungen im Ausmaß von 28.309 Euro auf 2.741.314 Euro.

Zur Begründung der Beschwerde wurde folgendes ausgeführt:

"Die Regelung des § 12 Abs. 1 Z 8 KStG verstößt unserer Ansicht nach gegen das ertragsteuerlich zu beachtende Leistungsfähigkeitsprinzip und objektive Nettoprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird dahingehend verletzt, indem dieselbe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zweier Unternehmen unterschiedlich besteuert wird. Diese Systemwidrigkeit tritt dann auf, wenn ein Unternehmen seine Leistungsfähigkeit mit erhöhtem Sachaufwand zu erzielen vermag, das andere Unternehmen aber auf erhöhten Personalaufwand angewiesen ist. Die B-AG ist als international tätiges Unternehmen mit Notierung an der Wiener Börse auf ein hochqualifiziertes Management mit angemessener Entlohnung angewiesen. Ein beschränktes Abzugsverbot notwendiger Betriebsausgaben missachtet das Prinzip der Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus wird das objektive Nettoprinzip verletzt, weil die B-AG als Steuersubjekt Gewinne versteuern muss, die sie gar nicht erwirtschaftet hat. Des Weiteren verstößt die Regelung gegen den allgemeinen steuerlichen Grundsatz, dass steuerpflichtige Einnahmen gleichzeitig die Abzugsfähigkeit der mit diesen in Zusammenhang stehenden Ausgaben bewirken. Der Besteuerung der Bezüge von Herrn C mit einem Grenzsteuersatz von 50 % steht die Nichtabzugsfähigkeit dieser Betriebsausgaben gegenüber.

Die Regelung des § 12 Abs. 1 Z 8 KStG hält daher unserer Ansicht nach einer Prüfung des in Art 7 B-VG verankerten Gleichheitssatzes unter Anwendung des Maßstabes der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des objektiven Nettoprinzips nicht stand.

Die Regelung des § 12 Abs. 1 Z 8 KStG verfolgt das Ziel, Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts zu stärken, die jedoch nicht näher konkretisiert sind. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des AbgÄndG 2014 ist es angesichts der zunehmenden Vergrößerung des Einkommensgefälles im Bereich der Erwerbsbezüge ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, dem entgegenzusteuern. Dies soll den dadurch bewirkten Eingriff in das objektive Nettoprinzip rechtfertigen. Diese Zielsetzung wird jedoch insbesondere in jenen Fällen nicht erreicht in denen die Vorstandsverträge bei Inkrafttreten bereits rechtlich verbindlich abgeschlossen sind, sodass der Steuerpflichtige gar keine Möglichkeit mehr hat, sein Verhalten zu ändern. Eine von vornherein als notwendig erachtete Betriebsausgabe wird im Nachhinein vom Gesetzgeber als nicht abzugsfähig erklärt, womit der Steuerpflichtige beim Eingehen der Verpflichtung nicht rechnen konnte."

Bei der Kennzahl 210 auf dem Lohnzettel 2013 von Herrn C sind Bruttobezüge in Höhe von 613.235,38 Euro ausgewiesen. Zieht man von diesem Betrag 500.000 Euro ab, so erhält man 113.235,38 Euro, 25% davon sind 28.308,85 Euro, dies entspricht gerundet dem Ausmaß der von der Bf. beantragten Herabsetzung der Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 2014 und Folgejahre.

Vom Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Fall anzuwendende Normen:

Dem Antrag auf Neufestsetzung der Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Jahr 2014 hat die Bf. Planungsrechnungen für den steuerlichen Gewinn der Gruppe, deren Gruppenträgerin die Bf. ist, zugrunde gelegt. Diese Planungsrechnungen müssen die im Jahr 2014 geltenden abgabenrechtlichen Vorschriften berücksichtigen. Dementsprechend hat die Bf. auch die durch das AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, eingefügte Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 betreffend die Nichtabzugsfähigkeit von Bezügen über 500.000 Euro in Bezug auf eine konkrete Person, bei der Ermittlung des Gewinnes eines Gruppenmitgliedes, in ihre Planungsrechnungen einbezogen.

Die Bf. ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland und daher gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 als juristische Person des privaten Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Überdies ist sie Gruppenträgerin einer Gruppe im Sinne des § 9 KStG 1988.

Nach § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 wird bei Unternehmensgruppen das steuerlich maßgebende Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitglieds dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitglieds bzw. Gruppenträgers jenes Wirtschaftsjahres zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres des Gruppenmitglieds fällt.

Gemäß § 24 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 sind für die Veranlagung und Entrichtung der Körperschaftsteuer die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 45 Abs. 4 EStG 1988 kann das Finanzamt die Vorauszahlung der Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. Dabei hat das Finanzamt bei der Überprüfung des voraussichtlichen Gewinnes die durch das AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, neu eingefügten gesetzlichen Bestimmungen § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 sowie § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 samt den diese Regelungen ergänzenden Bestimmungen § 26c Z 50 KStG 1988 und § 124b Z 253 lit. a EStG 1988anzuwenden.

Im Hinblick auf den Umstand, dass beim Gruppenmitglied B-AG einer Person Bezüge über 500.000 Euro ausbezahlt werden, sind die im Antrag angeführten, durch das AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, eingefügten gesetzlichen Bestimmungen für die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes jedenfalls präjudiziell.

Die anzuwendenden Bestimmungen lauten wie folgt:

§ 20 Abs. 1 EStG 1988: Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden …..

§ 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 i.d.F. AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014

Aufwendungen oder Ausgaben für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt. Entgelt ist die Summe aller Geld- und Sachleistungen, ausgenommen Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3, Entgelte, die sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 darstellen und Aufwandsersätze, die an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer oder an eine vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person geleistet werden. Dabei gilt:

a) Bei der Überlassung einer Person durch Dritte zur Erbringung von Arbeits- oder Werkleistungen gilt die Vergütung für die Überlassung als Entgelt. Das vom Überlasser an die überlassene Person geleistete Entgelt unterliegt hingegen nicht dem Abzugsverbot.

b) Der Betrag von 500.000 Euro pro Person ist nach der tatsächlichen Aufwandstragung zu aliquotieren, wenn Arbeits- oder Werkleistungen

– über einen Zeitraum von weniger als zwölf Monate oder

– für mehrere verbundene Betriebe oder Personengesellschaften erbracht werden.

c) Abfindungen von Pensionsansprüchen unterliegen dem Abzugsverbot, wenn der abgefundene jährliche Pensionsanspruch 500.000 Euro übersteigt. Der nicht abzugsfähige Betrag ergibt sich aus dem Verhältnis des nicht abzugsfähigen Pensionsbestandteiles zur gesamten Pension.

§ 124b Z 253 lit. a EStG 1988 i.d.F. AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014

§ 20 Abs. 1 Z 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 13/2014 ist erstmalig auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem anfallen, wobei die Aliquotierung gemäß § 20 Abs. 1 Z 7 lit. b sinngemäß anzuwenden ist. Ergibt sich aus der Anwendung des § 20 Abs. 1 Z 7 für bestehende Rückstellungen für Pensionen, die für Wirtschaftsjahre gebildet wurden, die vor dem enden, ein geringerer als der bisher rückgestellte Betrag, ist der Unterschiedsbetrag nicht gewinnerhöhend aufzulösen. Eine steuerwirksame Zuführung zu diesen Rückstellungen darf erst dann vorgenommen werden, wenn die Höhe der Pensionsansprüche unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 1 Z 7 eine Rückstellungsbildung über den bisher rückgestellten Betrag hinaus zulässt.

§ 12 Abs. 1 KStG 1988: Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden …..

§ 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 i.d.F. AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014

Aufwendungen nach § 20 Abs. 1 Z 7 und Z 8 des Einkommensteuergesetzes 1988. Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Z 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 gilt: Der Betrag von 500 000 Euro ist zu aliquotieren, wenn eine Person von mehreren Unternehmen Entgelte erhält, die unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig sind oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters stehen. Werden Umlagen für diese Entgelte geleistet, sind die Aufwendungen um die empfangenen Umlagen zu kürzen und die Aliquotierung hat nach dieser Kürzung stattzufinden. § 20 Abs. 1 Z 7 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988 ist in diesen Fällen nicht anzuwenden.

§ 26c Z 50 KStG 1988 i.d.F. AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014

§ 12 Abs. 1 Z 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 13/2014 ist auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem anfallen. § 124b Z 253 des Einkommensteuergesetzes 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 13/2014 ist sinngemäß anzuwenden.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Das Bundesfinanzgericht hat Bedenken, dass das in § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, BGBl. I Nr. 13/2014 normierte Abzugsverbot von Entgelten für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500 000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt, gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 B-VG) verstößt.

Die durch diese Regelung normierte Einschränkung der Betriebsausgabenabzugsfähigkeit widerspricht grundlegenden Prinzipien des österreichischen Ertragssteuerrechts, nämlich dem Leistungsfähigkeitsprinzip sowie dem objektiven Nettoprinzip.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom B 53/08 folgendes ausgeführt:

"Nach der dem Einkommensteuerrecht zugrunde liegenden Konzeption soll diese Steuer den periodisch erzielten Zuwachs an persönlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, ausgedrückt im Wesentlichen durch das am Markt erzielte (Rein)Einkommen, erfassen. Dieses Konzept gebietet es grundsätzlich, die zur Erzielung des Einkommens aufgewendeten Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (sog. objektives Nettoprinzip)."

Ein Begrenzung der Art oder Höhe von betrieblich veranlassten Ausgaben findet daher grundsätzlich nicht statt.

Der Verfassungsgerichtshof leitet aus dem Gleichheitssatz des Art 7 B-VG ein allgemeines und umfassendes verfassungsrechtliches Sachlichkeitsgebot ab (VfSlg 13.781/1994). Dieses Gebot hat zur Folge, dass der Gesetzgeber an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen muss, während wesentlich ungleiche Tatbestände zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen müssen. Art 7 B-VG normiert somit letztlich ein Verbot sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen.

Ein Abweichen von der Leistungsfähigkeit bzw. vom objektiven Nettoprinzips muss daher sachlich gerechtfertigt werden, zumal ein Abweichen von einem "Systemprinzip" nicht mehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers liegt. Dieser hat - wie oben dargetan - Regelungskomplexe, wie das Ertragssteuerrecht inhaltlich so zu gestalten, dass die einzelnen Regelungen kohärent, mithin "stimmig" sind (so Plott, RdW 2014/127, 94 unter Verweis auf Korinek in FS Melichar 1983, 49 f).

Der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Z 7 erster Satz EStG 1988 besteht nur aus zwei Elementen. Zum einen muss es um "Aufwendungen oder Ausgaben für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, […] die an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer oder eine vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person geleistet werden" gehen, zum anderen müssen diese Entgelte den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigen. Es liegt daher ein ausschließlich höhenbedingtes Abzugsverbot für Betriebsausgaben vor (Staringer, ÖStZ 2014, 377).

Eine vergleichende Betrachtung der steuerlichen Auswirkungen auf Unternehmen mit hohem Personalaufwand zu Unternehmen mit hohem Sachaufwand bzw. auf Unternehmen mit Aufwendungen für beim Arbeitgeber eingegliederte Personen zu Unternehmen, die Dienstleistungen von nicht eingegliederten Personen in Anspruch nehmen, etwa im Bereich Rechtsberatung, Marketing oder Unternehmensberatung, führt dementsprechend zu einer steuerlichen Mehrbelastung der Unternehmen, die an eigene Arbeitnehmer Entgelte von über € 500.000 leisten.

Dass sich hohe Personalaufwendungen von hohen Sachaufwendungen bzw. Aufwendungen für beim Arbeitgeber eingegliederte Personen von Aufwendungen für Dienstleistungen von nicht eingegliederten Personen in ihrem wirtschaftlichen Gehalt unterscheiden, ist nicht unmittelbar erkennbar.

Das in § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, BGBl. I Nr. 13/2014 normierte Abzugsverbot von Entgelten für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500 000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt, das durch den Verweis in § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 auch für den Bereich der Körperschaftsteuer anzuwenden ist, stellt eine Durchbrechung des Leistungsfähigkeits- bzw des objektiven Nettoprinzips dar, die einer Rechtfertigung bedarf.

Bisher kam es im österreichischen Steuerrecht für den Abzug von Aufwendungen, abgesehen von den seit langer Zeit bestehenden Abzugsverboten in § 20 EStG 1988 und § 12 KStG 1988, nur auf die betriebliche Veranlassung an. Ob der Steuerpflichtige in seinem betrieblichen Ausgabeverhalten nun sparsam, bescheiden, maßvoll, großzügig, unvorsichtig oder gar verschwenderisch war, spielte keine Rolle (Staringer, ÖStZ 2014, 377) .

Die schon bisher im EStG 1988 bestehenden Abzugsverbote betreffen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder betreffen Ausgaben im Zusammenhang mit steuerbefreiten Einnahmen. Auch § 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988 ist wegen seines unmittelbaren Bezuges zur Gesellschafterebene nicht unmittelbar der Einkunftserzielung sondern der Einkommensverwendung zuzurechnen. Allen diesen Abzugsverboten ist gemeinsam, dass objektive Gründe bzw. Unterschiede im Tatsächlichen eine rechtliche Differenzierung notwendig machen, weshalb im jeweiligen Einzelfall die Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips sachlich gerechtfertigt ist und die "Systemkohärenz" bzw. "Systemgerechtigkeit" gewahrt wird (so Plott, RdW 2014/127, 95). Dies kann man gut bei den Abzugsverboten für Aufwendungen sehen, die typischerweise eine Nähe zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen aufweisen, und die sicherstellen sollen, dass nur die im Betrieb erwachsenen Kosten steuerlich geltend gemacht werden.

Durch diese Abzugsverbote wurde dem Gleichheitsgrundsatz Rechnung getragen, indem typischerweise dem Privatbereich zuzuordnende Aufwendungen, deren betriebliche Veranlassung in der Regel gar nicht oder nur in untergeordnetem Ausmaß gegeben ist, sowohl bei einem unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen als auch bei einem unselbständig tätigen Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden können.

Darüber hinaus sanktioniert das Steuerrecht überhöhte Aufwendungen im Einzelfall durch Hinzurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen oder Nichtanerkennung von Aufwendungen im Zusammenhang mit nahen Angehörigen. Ansonsten verbleiben gebenenfalls überhöhte oder unzweckmäßige Aufwendungen dem Steuerpflichtigen als Unternehmerrisiko.

Eine sachliche Rechtfertigung des Abzugsverbotes in § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 ist aus der Regelung selbst nicht zu erschließen. Es ist daher notwendig auch die Überlegungen des Gesetzgebers, soweit sie im Vorblatt und in den Erläuterungen (24 BlgNR XXV. GP) zum Abgabenänderungsgesetz 2014 Niederschlag gefunden haben, für eine allfällige Rechtfertigung der Regelung miteinzubeziehen.

Die gegenständlich Regelung wird im Vorblatt der Regierungsvorlage des Abgabenänderungsgesetzes 2014 unter Ziel 2 ("Es werden einige Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts gestärkt und Verhaltensänderungen in bestimmten Bereichen – zB Gesundheit, Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Ökologie – erreicht") angeführt. Im Vorblatt wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2012 ungefähr 1.000 Personen Gehälter von jeweils insgesamt mehr als 500.000 Euro erhalten haben. Diese seien im vollen Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig gewesen und hätten dadurch zu einer Verringerung des Gesamtsteueraufkommens geführt.

Das Ziel werde erreicht, wenn im Jahr 2019 (Evaluierungszeitpunkt) das Lohnsteueraufkommen aufgrund der Nichtabzugsfähigkeit von Gehältern über 500.000 Euro im Vergleich zum Jahr 2012 um 60 Millionen Euro im Jahr 2014 und in den Folgejahren ansteige. Dieses Ziel werde dadurch erreicht werden, dass die Bereitschaft, Gehälter über 500.000 Euro auszuzahlen auch nach dem Jahr 2013 noch bestehen werde, aber im Unterschied zu den Vorjahren die Auszahlung von Gehältern das Gesamtsteueraufkommen insoweit nicht verringere, als diese 500.000 Euro übersteigen.

Unter Maßnahme 6: "Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Gehaltszahlungen mit 500.000 Euro" wird weiters folgendes angeführt:

"Beschreibung der Maßnahme:

Nach geltender Rechtslage sind alle Gehaltszahlungen bei der steuerlichen Gewinnermittlung in voller Höhe abzugsfähig. Mit der Änderung werden Entgelte für Arbeits- und Werkleistungen, die 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigen, vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Entgelte sind dabei die Summe aller Geld- und Sachleistungen, ausgenommen Aufwandsersätze, die an eine Dienstnehmerin oder einen Dienstnehmer oder eine sonstige vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person geleistet werden. Entgelt ist auch die Vergütung für die Überlassung einer Person, die Arbeits- oder Werkleistungen erbringt sowie Umlagen an konzernzugehörige Unternehmen, die das Entgelt für die erbrachte Arbeits- oder Werkleistung getragen haben. Wird eine Person für mehrere verbundene Betriebe oder Personengesellschaften oder für konzernzugehörige Unternehmen tätig, ist der Betrag von 500.000 Euro entsprechend aufzuteilen."

Zu Z 5 und Z 12 lit. c (§ 20 Abs. 1 Z 7 und § 124b Z 253 EStG 1988) der Regierungsvorlage führen die Erläuterungen aus:

"Gehälter, die 500 000 Euro pro Person im Wirtschaftsjahr übersteigen, sollen vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen werden. Damit wird in die Vertragsfreiheit des Unternehmers nicht eingegriffen, dem es weiterhin frei steht, Gehälter bzw. vergleichbare Aufwendungen über 500 000 Euro zu bezahlen bzw. zu tätigen.

Im österreichischen Steuerrecht ist das objektive Nettoprinzip nicht vollständig verwirklicht. § 20 und § 12 KStG sehen verfassungsrechtlich unbedenkliche Abzugsverbote vor. So darf der Gesetzgeber in verfassungskonformer Weise den Betriebsausgabenabzug von Aufsichtsratsvergütungen beschränken (dazu B-139, 140/77; , B-1305/88). Angesichts der zunehmenden Vergrößerung des Einkommensgefälles im Bereich der Erwerbsbezüge ist es ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, dem entgegenzusteuern. Dies rechtfertigt den dadurch bewirkten Eingriff in das objektive Nettoprinzip; die Regelung bewegt sich daher innerhalb des rechtspolitisch zulässigen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers."

Soweit die Erläuterungen der Regierungsvorlage auf die Einschränkung des Betriebsausgabenabzuges von Aufsichtsratsvergütungen Bezug nehmen, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 31f im Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , N/6100001/2014, anhängig beim VfGH unter G 166/2014, verwiesen.

Das Abgehen vom objektiven Nettoprinzip wird auch nicht mit einer Nahebeziehung der im Gesetz angesprochenen Personen zur Gesellschaft wie bei den Aufsichtsräten begründet, sondern mit dem gesellschaftspolitischen Anliegen, einer Vergrößerung des Einkommensgefälles im Bereich der Erwerbsbezüge entgegenzuwirken.

Ob dieses gesellschaftspolitische Ziel allein eine Rechtfertigung für die Versagung des Betriebsausgabenabzuges sein kann, erscheint aber zweifelhaft, führt die Versagung des Betriebsausgabenabzuges doch, wie oben dargelegt, zu unsachlichen Differenzierungen innerhalb der Steuerpflichtigen und lässt das bisherige Regelungssystem nicht mehr kohärent erscheinen.

Die Intention des Gesetzgebers ist aber auch in sich teilweise unstimmig und unklar. So soll das Lohnsteueraufkommen aufgrund der Maßnahme um 60 Millionen Euro steigen, eigentlich wäre aber davon auszugehen, dass das Einkommensteuer- und Körperschaftsteueraufkommen steigen würde. Sollte aber tatsächlich ein Steigen des Lohnsteueraufkommens erwartet werden, so geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass die Maßnahme nicht zu einer Verringerung sondern sogar zu einem weiteren Ansteigen hoher Gehälter führt.

In den Erläuterungen wird vielmehr betont, dass in die Vertragsfreiheit des Unternehmers nicht eingegriffen werde, da es diesem weiterhin frei stehe, Gehälter bzw. vergleichbare Aufwendungen über 500.000 Euro zu bezahlen bzw. zu tätigen.

Das Bundesfinanzgericht kann weder aus den Ausführungen in den parlamentarischen Materialien noch aus den gegenständlichen gesetzlichen Regelungen selbst eine sachliche Rechtfertigung für die Versagung des Abzuges von betrieblichen Aufwendungen oder Ausgaben für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt, erkennen.

Sollten sich die dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken als zutreffend erweisen, wäre die gegenwärtige Rechtslage wie folgt zu bereinigen:

Die Wurzel der sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung, nämlich, dass Aufwendungen oder Ausgaben für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt, nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden dürfen, ist § 20 Abs. 1 Z 7 erster Satz EStG 1988.

Im beschwerdeanhängigen Fall ist die Beseitigung der Verfassungswidrigkeit aber schon durch die Aufhebung der beantragten Wortfolge und Sätze in § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 möglich.

Vertritt man die Auffassung, dass gegebenenfalls über § 7 Abs. 2 KStG 1988 das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 eine Wirkung entfaltet, wäre in eventu auch diese Bestimmung sowie § 124b Z 253 lit. a EStG 1988 als verfassungswidrig aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Staringer in ÖStZ 2014/598
Laudacher in BFGjournal 2015, 41
Pinetz/Mechtler in ecolex 2014/473
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RN.7100004.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at