Finanzstrafrecht 2005
1. Aufl. 2006
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S. 11I. Einleitung
Über die Reform des finanzstrafrechtlichen Sanktionensystems nachzudenken, war in den letzten Jahren und Jahrzehnten zwar in unterschiedlichem Ausmaß, im Ergebnis aber doch stets aktuell. Vor ziemlich genau zwanzig Jahren stellte der Doyen der österreichischen Steuerrechtswissenschaft, Gerold Stoll, in seinem vielbeachteten Beitrag über Offenlegungspflichten in der Österreichischen Steuerzeitung das Modell von Abgabenerhöhungen nach dem Muster des § 9 GebG zur Diskussion.Werner Doralt schlug nahezu zeitgleich die bloße Verzinsung von verkürzten Abgabenbeträgen an Stelle von Strafen bei fahrlässiger Abgabenverkürzung vor. In jüngerer Zeit erreicht uns die Diskussion um die Strafbarkeit juristischer Personen.
Diese Vorschläge sollen hier nicht kriminalpolitisch bewertet werden; im folgenden Beitrag soll vielmehr versucht werden, Tendenzen der Loslösung des Sanktionensystems vom gegenwärtigen System, welches den Nachweis der individuellen Schuld zum Gegenstand hat, aus verfassungsrechtlicher Sicht zu betrachten. Dabei geht es mir auch darum, die europarechtliche Perspektive einzubeziehen, die zunächst über die EMRK, sodann aber über den Grundrechtsbestand im Rahmen der EU zunehmend an...