Eingangsabgabenfreie Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch Grenzlandwirte
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0127 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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ZRV/0353-Z4I/02-RS1 | Von den Eingangsabgaben befreit sind Erzeugnisse des Acker- und Gartenbaus, die auf Grundstücken in einem Drittland in unmittelbarer Nähe des Zollgebietes der Gemeinschaft von Landwirten erwirtschaftet werden, die ihren Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft in unmittelbarer Nähe des betreffenden Drittlands haben. Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, dass die Eingangsabgabenbefreiung nur dann zu gewähren ist, wenn ein grenzüberschreitender Einsatz von Arbeitskräften und Betriebsmitteln erfolgt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Robert Huber und die weiteren Mitglieder ADir. Johann Kraler und Hofrat Dr. Doris Schitter im Beisein der Schriftführerin Alexandra Dumpelnik am über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Mondl Trummer Thomas & Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Hauptzollamtes Wien, vertreten durch Mag. Gabriele Waldl, vom , GZ. 100/66214/99-11, betreffend eine Eingangsabgabenschuld nach der in Wien durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 85c Abs. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 85c Abs. 7 ZollR-DG steht der Berufungsbehörde der ersten Stufe das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom , Zahl 100/66214/1999-008, schrieb das Hauptzollamt Wien dem Bf. Eingangsabgaben gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b Zollkodex (ZK) in Höhe von ATS 1.613.829,00 (Zoll ATS 1.348.850,00 und Einfuhrumsatzsteuer ATS 264.979,00) zuzüglich einer Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG in Höhe von ATS 209.641,00 zur Entrichtung vor.
Dem liegt eine Betriebsprüfung zugrunde, bei der festgestellt wurde, dass dem Bf. im Zeitraum bis eine Einfuhrabgabenbefreiung gemäß Art. 184 ZK iVm VO (EWG) 918/83 (ZBefrVO) gewährt worden sei, für welche die Voraussetzungen nicht vorgelegen wären, da der Bf. die in Ungarn gelegenen Liegenschaften nicht physisch von Österreich aus bewirtschafte. Die Bewirtschaftung erfolge lediglich durch schriftliche Auftragsvergabe an die V., welche zur Umsetzung der Bewirtschaftung die Anmietung von landwirtschaftlichen Geräten und Arbeitnehmern bei ungarischen Kolchosen veranlasse.
Dagegen wurde mit Eingabe vom der Rechtsbehelf der Berufung eingelegt und die ersatzlose Aufhebung des Eingangsabgabenbescheides beantragt. Nach entsprechendem Mängelbehebungsauftrag wurde mit Schriftsatz vom eine Berufungsbegründung nachgereicht. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Betrieb immer nur einen Betriebssitz habe, dies selbst dann, wenn mehrere Betriebsstätten vorliegen. Ob eine Betriebsstätte oder ein (selbständiger) Betrieb vorliegt, sei im Einzelfall bisweilen schwer abzugrenzen. Der Begriff des "Betriebes" sei in einer Fülle von Gesetzen mit einer jeweils anderen Bedeutung belegt. Gegenständlich bestünden diese Schwierigkeiten nicht. Ein wesentliches Element sei nämlich die dispositive Ebene bzw. Weisungsbefugnis. Ist ein organisatorisches Gebilde nicht mit dispositiven Leistungen betraut und hat es nach erteilten Weisungen zu wirtschaften, so spreche dies dafür, dass es sich dabei um eine Betriebsstätte und nicht um einen "eigenen" Betrieb handelt. Gegenständlich sei klar, dass der ungarische Betriebssteil keine Entscheidungsbefugnis besitzt. Dies sei bereits in der verfahrensgegenständlichen Niederschrift vom ganz klar erkannt worden.
Die in Ungarn bzw. Österreich gelegenen Betriebsstätten des landwirtschaftlichen Betriebes des Bf. lägen in unmittelbarer Nähe zur Staatsgrenze und darüber hinaus auch in unmittelbarer Nähe zueinander, obwohl von diesem Erfordernis in der Zollbefreiungsverordnung keine Rede sei. Tatsächlich würden die zur ungarischen Betriebsstätte gehörigen Grundstücke teilweise (genau) 50 Meter (Luftlinie) von jenen der österreichischen Betriebsstätte entfernt liegen.
Diese räumliche Nähe täusche allerdings über die tatsächliche Erreichbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen hinweg. Aufgrund der dazwischen liegenden Staatsgrenze könne man mit landwirtschaftlichen Maschinen nur über den Grenzübergang A. von der Betriebsstätte eines Landes zu jener im anderem Land gelangen. Statt der Luftlinie von wenigen hundert Metern sei eine Fahrtstrecke von bis zu (knapp) 100 km zu bewältigen.
Dieser Umstand bedeute ein enormes Hindernis. Allein die reine Fahrtzeit eines Traktors betrage für diese Strecke 3 1/2 Stunden. Dazu komme noch die Verzögerung beim Grenzübertritt, die besonders in der Reisezeit erheblich sein könne. Es sei diesbezüglich auch zu bedenken, dass landwirtschaftliche Geräte nur im Vormerkverkehr über die Grenze gebracht werden könnten, was nicht nur weitere Verzögerungen sondern (insb. auf Dauer) erhebliche Kosten mit sich bringe.
Die Lage der Grundstücke des Betriebes des Berufungswerbers verbiete aus den geschilderten Gründen die Bewirtschaftung in Ungarn und in Österreich mit den selben Maschinen.
Anders verhielte es sich allenfalls, wenn die österreichischen und ungarischen Grundstücke jeweils in der Nähe eines Grenzübergangs gelegen wären, weil dann kein oder nur ein geringer Umweg in Kauf genommen werden müsste.
Es sei nicht einzusehen, wieso es einen Unterschied macht, ob sich in der geographischen Nähe der einzelnen Betriebsstätten ein Grenzübergang befindet oder nicht. In einem Fall können die selben Maschinen eingesetzt werden, im anderem nicht. Wäre die Rechtsansicht der Behörde im angefochtenen Bescheid tatsächlich richtig, so könnte die Zollbefreiung in einem Fall in Anspruch genommen werden, im anderen nicht und dies selbst dann, wenn die Lage der einzelnen Grundstücke zueinander geographisch völlig ident wäre.
Eine solche Differenzierung sei weder dem Wortlaut der Zollbefreiungsverordnung, noch jenem des ZolIR-DG, noch der Intention beider Vorschriften zu entnehmen, dies sicherlich nicht zuletzt deshalb, weil es zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis führen würde. Begünstigt werden solle nicht die Nähe zu einem Grenzübergang sondern der räumlich zusammengehörige landwirtschaftliche Betrieb. Die Ermessensausübung der Behörde sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Zweck der Vorschriften zur Zollbefreiung sei es die Bewirtschaftung von drittländischen Flächen eines Landwirtes zu erleichtern - wie die Behörde im angefochtenen Bescheid völlig richtig ausführe - und nicht, die Nutzung durch ökonomische Hürden zu verhindern.
Für das Wesen eines bäuerlichen Betriebes sei es nicht ausschlaggebend, ob die von diesem bewirtschafteten Flächen im Eigentum des Landwirts stehen oder nicht. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liege auch dann vor, wenn die benötigten Flächen beispielweise nur gepachtet worden seien. Wenn nun nicht einmal das Eigentum am Produktionsfaktor ,,Grund und Boden" für die Frage, ob ein Betrieb vorliegt, ausschlaggebend ist, so könne das schon gar nicht für das Eigentum am Produktionsfaktor "Betriebsmittel" gelten. Aufgrund der einheitlichen Bewirtschaftung liege gegenständlich nur ein Betrieb vor. Dass die in Ungarn zum Einsatz kommenden Maschinen nicht im Eigentum des Bf. stehen, könne dem keinesfalls Abbruch tun.
Die Berufung wurde mit der Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Als Begründung führte die belangte Behörde aus: Die Erzeugnisse müssten vom Landwirt selbst oder in dessen Auftrag oder Namen in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden (Art. 41 ZBefrVO). In der Regel könne dabei folgende Abgrenzung vorgenommen werden: Im Falle eines Kaufgeschäftes erfolge die Verbringung dann im Auftrag des Landwirts, wenn er in diesem Zeitpunkt die Gefahr des zufälligen Untergangs der betreffenden Waren trägt. Wird beispielsweise Lieferung frei Haus ausbedungen, trage diese Gefahr der verkaufende Landwirt, im Falle der Abholung durch den Käufer/Abnehmer stets dieser.
Betriebssitz sei der Ort, von dem aus der landwirtschaftliche Betrieb tatsächlich geleitet wird und die zugehörigen Betriebsgrundstücke bewirtschaftet werden. Einerseits würden an diesem Ort die für den laufenden Betrieb maßgeblichen Dispositionen getroffen, andererseits würden von diesem Ort aus die betrieblichen Grundstücke bewirtschaftet. Der Betriebssitz stelle auf den Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit des Landwirtes ab und falle in den meisten Fällen mit seinem gewöhnlichem Wohnsitz zusammen.
Entgegen den Ausführungen in der Berufung sei die unmittelbare Nähe zur Zollgrenze dann gegeben, wenn der Betriebssitz nicht mehr als fünf Kilometer von der Zollgrenze entfernt ist und die Fläche des bewirtschafteten Grundstücks innerhalb eines 5 Kilometer tiefen Streifens längs der Zollgrenze liegt (§ 94 Abs. 1 ZollR-DG). Bei Grundstücken, die über diesen Fünf-Kilometer-Streifen hinausgehen, sei die Befreiung nur für den Teil zu gewähren, der sich innerhalb des Streifens befindet. Betriebssitz und bewirtschaftete Grundstücksfläche müssten zudem in einem gewissen regionalen NaheverhäItnis zueinander stehen. Als Richtwert sei dafür eine Luftlinienentfernung von maximal 15 Kilometern zwischen Betriebssitz und Grundstücksflächen heranzuziehen, wobei geringfügige ortsbedingte Abweichungen nach oben toleriert würden. Die Lage des Betriebssitzes sei unabhängig von der Lage der Ortsgemeinde an der Zollgrenze, in der sich der Betrieb befindet, zu beurteilen.
Am Betriebssitz müsse eine für einen landwirtschaftlichen Betrieb seiner Größenordnung übliche Infrastruktur (Bauernhof, Wirtschaftsgebäude, Scheune, Silo, o. ä.) vorhanden sein. Weist die Landwirtschaft jedoch auch auf dem drittländischen Betriebsteil Baulichkeiten auf sei zu beurteilen, ob anhand der dort vorhandenen Infrastruktur (eigener Bauernhof, Maschinen, u. ä.) ein selbständig existenzfähiger landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt. In diesem Fall sei davon auszugehen, dass hinsichtlich des drittländischen Teils ein eigener, weiterer landwirtschaftlicher Betrieb existiert, sodass hinsichtlich dieses Betriebsteiles das Kriterium des "Landwirtes der Gemeinschaft" nicht erfüllt und die Befreiung hinsichtlich der dort erwirtschafteten Erzeugnisse zu versagen ist. Ein Gegenbeweis - etwa der Fall, dass ein Bauernhof zwar dort besteht, aber nur als Speicher verwendet wird, u.ä. - sei aber zuzulassen. Jedoch sei hier ein strenger Maßstab anzulegen. Stellen diese Baulichkeiten lediglich Hilfseinrichtungen dar (Garage für den Mähdrescher, Silo, u. ä.), die zwar keine eigenständige - vom inländischen Betriebssitz unabhängige - Bewirtschaftung zulassen, aber die Bewirtschaftung erleichtern sollen, schade dies der Begünstigung grundsätzlich nicht.
Die Bewirtschaftung der grenznahen Grundstücke habe vom jeweiligen Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft aus zu erfolgen. Eine Bewirtschaftung der Grundstücke vom Drittland aus genüge auch bei Vorliegen einer entsprechenden Niederlassung innerhalb des Fünf-Kilometer-Streifens im gemeinschaftlichen Zollgebiet nicht.
Die im Drittland gelegenen Grundstücke müssten von dem Landwirt bewirtschaftet werden, der über den grenznahen Betriebssitz im Zollgebiet verfügt. Der Umstand, dass der im Zollgebiet ansässige Landwirt an einer Gesellschaft ausländischen Rechts (z. B. einer ungarischen KFT) beteiligt ist, die ihrerseits im Drittland als Pächterin oder Eigentümerin auftritt, um die Anforderungen des ausländischen Rechts zu erfüllen, sei unschädlich, so weit Identität der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft und des inländischen Landwirts besteht. Wenn als Gesellschafter weitere Personen aus dem Familienkreis des inländischen Landwirts auftreten, sei dies ebenso unschädlich, nicht jedoch dürften andere Personen als Gesellschafter auftreten. Bei einer derartigen Konstruktion sei nämlich die jeweilige ausländische Gesellschaft als bewirtschaftender Landwirt im Drittland anzusehen, nicht aber der inländische Landwirt mit Sitz in der Gemeinschaft. Es liege Verschiedenheit der Rechtssubjekte vor. Die Frage der Besitzeridentität sei zwar streng zu prüfen, bei der Beurteilung der Rechtsverhältnisse sei jedoch auf die Vielfalt der zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten Bedacht zu nehmen. So seien auch Subpachtverhältnisse denkbar und zulässig.
Der Betriebssitz des Bf. befinde sich in B. Die Entfernung zur Zollaußengrenze der Europäischen Union unterschreite die Distanz von 5 Kilometer.
Der Bf. bewirtschafte in Österreich landwirtschaftlichen Nutzflächen (Eigen- und Pachtgründe) im Ausmaß von ca. 60 Hektar, welche überwiegend zum Anbau von Mais, Hafer, Gerste, Senf und Raps dienten.
In Ungarn verfüge der geprüfte Landwirt über insgesamt ca. 223,37 Hektar Ackerflächen (Pacht- und Eigengründe, Stand 2001), von denen ca. 169,36 Hektar innerhalb der "5-Km Zone", und 54,01 Hektar außerhalb der "5-Km Zone" liegen. Von den genannten 169,36 Hektar seien in den Vorjahren Gründe verpachtet worden, sodass Erzeugnisse nicht von der gesamten "begünstigten Zone" eingebracht worden seien.
Die Bewirtschaftung der ungarischen Liegenschaften erfolge von österreichischer Seite ausschließlich über schriftlichen Auftrag (Vereinbarung über Lohnarbeit vom ); die wirtschaftliche Steuerung erfolge zwar von Österreich aus, allerdings nur in vertraglich vereinbarter (mentaler) Form.
Das Büro der landwirtschaftlichen Firma des Bf., der V., in Ungarn werde beauftragt, die vom Bf. gepachteten oder im Eigentum stehenden Felder zu bewirtschaften, landwirtschaftliche Geräte und Arbeiter werden von Kolchosen angemietet. Die V. selbst verfüge über keine eigenen landwirtschaftlichen Arbeitskräfte und Geräte.
Die praktische Umsetzung erfolge in Ungarn, während die mentale Bewirtschaftung (Auftragsvergabe, Planung des Anbaus der Felder und die finanzielle Steuerung) von österreichischer Seite aus abgewickelt werde. Zur ordnungsgemäßen Umsetzung des Bewirtschaftungsauftrages finde sich die ungarische Gutsverwalterin regelmäßig zu festgelegten Zeitpunkten in Österreich zu Geschäftsbesprechungen ein, in welcher nähere Details erörtert werden. Im Speziellen werde dabei die Technologie der Anpflanzung bestimmt und es werden die Art der PfIanzensorten und die Verwendung des Saatgutes festgelegt. Aufgrund der dargestellten Bewirtschaftungskriterien könne jedoch davon ausgegangen werden, dass eine physische Bewirtschaftung von Österreich aus nicht erfolgte.
Die zollbegünstigt abgefertigten Feldfrüchte würden stets über das Zollamt C. eingeführt. Mit der Beförderung der Ware seien zumeist Transportfirmen befasst worden. Auftraggeber hierfür sei in jedem Fall der Bf. gewesen.
Im Sinne des Titels IX ZBfrVO [Verordnung (EWG) Nr. 918/83] müsse die Bewirtschaftung der grenznahen Grundstücke vom jeweiligen Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft aus erfolgen.
Die Bewirtschaftung der Grundstücke vom Drittland aus genüge auch bei Vorliegen einer entsprechenden Niederlassung innerhalb des Fünf-Kilometer-Streifens im gemeinschaftlichen Zollgebiet nicht.
Bei der Beurteilung, ob tatsächlich ein Landwirt der Gemeinschaft vorliegt, der auch vom Inland aus bewirtschaftet, werde unter anderem darauf abzustellen sein, ob im Inland zumindest ein Betrieb in einer solchen Größe vorliegt, dass eine Bewirtschaftung der ausländischen Flächen von diesem inländischen Betrieb aus möglich ist.
Das setze zwar nicht unbedingt eine gewisse Betriebsgröße, wohl aber eine gewisse Infrastruktur inklusive Maschinenpark etc. voraus. Begünstigungsschädlich sei daher die Bewirtschaftung von einem eigenen Betrieb im Drittland aus bzw. durch einen Fremdbetrieb in Lohnarbeit. Es bewirtschafte dann tatsächlich kein Landwirt der Gemeinschaft im Sinne des Titels IX die ausländischen Flächen sondern ein drittländischer Landwirt.
Die bloße Auftragsvergabe an drittländische Bedienstete oder an drittländische Betriebe vom Inland aus als solches reiche nicht aus, da nach dem Sinn und Zweck der Befreiungsbestimmung Landwirten der Gemeinschaft, die auch tatsächlich in der Gemeinschaft als Landwirte tätig sind und nicht nur als bloße Auftragsgeber an einen im Drittland befindlichen Betrieb, die Bewirtschaftung drittländischer Flächen erleichtert werden soll.
Sinn und Zweck der Befreiung sei es hingegen nicht, inländischen Landwirten die abgabenfreie Einfuhr von Produkten, die aus einem wirtschaftlich eigenständigen drittländischen Betrieb oder durch Lohnarbeit von Fremdfirmen gewonnen werden zu ermöglichen, da dann keine tatsächliche Bewirtschaftung von "drittländische Flächen" von der Gemeinschaft (Österreich) aus, wie von der Zollbefreiungsverordnung gefordert ist, erfolge.
Es liege somit eine Begünstigungsschädlichkeit im Sinne der Zollbefreiungsverordnung vor.
Es müsse gewährleistet sein, dass österreichische Fahrzeuge, Maschinen und Geräte im grenzüberschreitenden Verkehr bewirtschaften, dies sei durch eine entsprechende Dokumentation nachzuweisen.
Gegen diese Entscheidung der Berufungsbehörde wurde mit Eingabe vom Beschwerde erhoben und begründend ausgeführt: In der angefochtenen Berufungsvorentscheidung werde eine Begünstigungsschädlichkeit insofern festgestellt, als im gegenständlichen Fall nicht vom Vorliegen eines (einheitlichen) Betriebes ausgegangen werden könne. Ein Betrieb müsse über einen gewissen Maschinenpark verfügen, um als solcher bezeichnet werden zu können. Dies sei unrichtig. Wie ein Unternehmen (als der Oberbegriff) sei ein Betrieb nicht "starrjuristisch" (insbesondere nicht sachenrechtlich) sondern "organisch" definiert. Ein Unternehmen könne auch dann vorliegen, wenn sämtliche Produktionsfaktoren nicht im Eigentum des Unternehmers stehen. Dies sei etwa dann der Fall, wenn sämtliche Liegenschaften lediglich gemietet und die maschinelle Ausstattung geleast wird. Wäre die Rechtsauffassung in der Berufungsvorentscheidung richtig, würde die Betriebseigenschaft bei einer Verpachtung verloren gehen. In diesem Fall würden die Produktionsmittel dem Pächter nämlich nicht gehören. An diesem Beispiel zeige sich deutlich, dass Eigentum an Produktionsmitteln, insbesondere am Maschinenpark, nicht für die Frage nach dem Vorliegen eines Betriebes entscheidend sein kann.
Überhaupt sei der Betriebsbegriff - wie schon der Name sagt - der Betriebswirtschaft entlehnt. Bei entsprechenden Überlegungen müsse also immer ein ökonomisches Kalkül angestellt werden. In der Berufung sei ausführlich dargestellt worden, weshalb sich jede andere als die gewählte Bewirtschaftung der gegenständlichen Flächen aus wirtschaftlichen Überlegungen verbietet. Es könne nicht gefordert werden, dass die Zollbefreiung nur dort angewendet wird, wo selbst bei einer Zollbefreiung ein ökonomisches Wirtschaften gar nicht möglich sei.
Würde man die Begünstigung im Sinne des Hauptzollamtes Wien handhaben, könnten nur wenige, unmittelbar an einem Grenzübertritt gelegene Betriebe in deren Genuss gelangen. Es sei sicher nicht Absicht der Zollbefreiungsverordnung nur Landwirte in der Nähe von Grenzübertrittsstellen zu fördern. Dies wäre sachlich nicht gerechtfertigt, gleichheitswidrig und damit verfassungswidrig.
Der Bf. betont, dass ein Betrieb organisch - d.h. auch organisatorisch - definiert werde. Ob ein zusammengehöriger Betrieb oder verschiedene Betriebe vorliegen, sei nach der Dispositionsbefugnis zu beurteilen. lm gegenständlichen Fall - dies sei unstrittig - erfolge die Planung (,,die mentale Bewirtschaftung") ausschließlich von der "Zentrale" in der Gemeinschaft aus. Es sei unerheblich, dass zur operativen Tätigkeit ("physischen Bewirtschaftung") in Ungarn fremde Kapazitäten zugekauft werden.
Der Senat hat erwogen:
Art. 39 Abs. 1 ZBefrVO bestimmt:
"Art. 39 (1) Von den Eingangsabgaben befreit sind vorbehaltlich der Artikel 40 und 41 Erzeugnisse des Acker- und Gartenbaus, der Vieh- und Bienenzucht und der Forstwirtschaft, die auf Grundstücken in einem Drittland in unmittelbarer Nähe des Zollgebietes der Gemeinschaft von Landwirten erwirtschaftet werden, die ihren Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft in unmittelbarer Nähe des betreffenden Drittlands haben.
(2) ..."
Art. 40 ZBefrVO bestimmt:
"Art. 40 Die Befreiung gilt nur für Waren, die keiner weiteren Behandlung als der nach der Ernte, Erzeugung oder Gewinnung üblichen Behandlung unterzogen worden sind."
Art. 41 ZBefrVO bestimmt:
"Art. 41 Die Befreiung wird lediglich für Erzeugnisse gewährt, die vom Landwirt oder in dessen Auftrag in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden."
Die Voraussetzungen der Art. 40 und 41 ZBefrVO liegen unstrittig vor. Die Erzeugnisse sind keiner über die übliche Behandlung hinausgehenden weiteren Behandlung unterzogen worden. Die Verbringung erfolgte im Auftrag des im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässigen Landwirtes. Es stellte die Betriebsprüfung fest, dass die Erzeugnisse von Grundstücken im Drittland stammen, die nach der Legaldefinition des § 94 Abs. 1 ZollR-DG in unmittelbarer Nähe zum österreichischen Betriebssitz des beschwerdeführenden Landeswirtes liegen.
Strittig verblieb, ob die in den freien Verkehr übergeführten, in Ungarn gewonnenen Erzeugnisse des Ackerbaus von einem Landwirt erwirtschaftet wurden, der seinen (alleinigen) Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft in unmittelbarer Nähe zum betreffenden Drittland hatte. Es steht dabei auch außer Streit, dass der Bf. einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Sitz in B. führte, von dem aus auch eine klar erkennbare landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wurde.
Aus dem Bericht der Außen- und Betriebsprüfung des Hauptzollamtes Wien geht hervor, dass der Bf. die begünstigt bewirtschafteten Flächen mit Ausnahme des Grundstückes Nr. x von der V. mit Sitz in S. bzw. von Frau M. mit Wohnsitz in St. gepachtet hatte. Die im Privateigentum des Bf. stehende Liegenschaft Nr. x wurde von ihm selbst in den landwirtschaftlichen Betrieb eingebracht. Dieser Sachverhalt wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowohl von der belangten Behörde als auch vom Bf. ausdrücklich bestätigt und als zutreffend festgestellt. Art. 39 Abs. 1 ZBefrVO setzt nicht voraus, dass die Erzeugnisse auf Grundstücken, welche im Eigentum des Landwirtes stehen, erwirtschaftet werden. Daraus folgt aber, dass im vorliegenden Fall tatsächlich der beschwerdeführende Landwirt die verfahrensgegenständlichen Erzeugnisse erwirtschaftet hat.
Nach einem vom Bundesministerium für Finanzen herausgegebenen Merkblatt zur abgabenfreien Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch Grenzlandwirte ist unter einem landwirtschaftlichen Betrieb eine technisch-wirtschaftliche Einheit mit einheitlicher Betriebsführung, die landwirtschaftliche Produkte erzeugt, zu verstehen. Dem festgestellten Sachverhalt ist nicht abzuleiten, dass im vorliegenden Fall keine einheitliche Betriebsführung vorliegt. So werden die Entscheidungen über den Anbau und die Verwendung des Saatgutes vom Bf. getroffen und es wird auch die Kontrolle darüber vom Betriebssitz in der Gemeinschaft aus vorgenommen. Der Auftrag an Frau T. vor Ort in Ungarn die Bewirtschaftung nach den Anweisungen des Bf. zu organisieren vermag daran selbst dann, wenn Frau T. ein Büro bei der V. unterhält, nichts zu ändern. Nicht zuletzt werden auch die in Österreich gelegenen Flächen mit Hilfe eines Verwalters und von Mitarbeitern bewirtschaftet, ohne dass deshalb das Vorliegen einer einheitlichen Landwirtschaft in Frage gestellt würde. Ein weiterer Betriebssitz im Drittland existierte nicht. Die V. mit Betriebssitz in Ungarn schied aus, da sie für die überwiegenden Flächen lediglich als Verpächter auftrat und selbst keine landwirtschaftliche Tätigkeit entfaltete. Das auf den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften befindliche Jagdhaus war unbeachtlich, da von diesem aus nach der Aktenlage keine landwirtschaftlichen Aktivitäten ausgingen. Nur der Bf. als Landwirt in der Gemeinschaft erwirtschaftete auf den ausländischen teils gepachteten und teils in seinem Eigentum befindlichen Grundstücken Erzeugnisse des Ackerbaus.
Die Art der Bewirtschaftung wird durch Artikel 39 Abs. 1 ZBefrVO nicht bestimmt und auch nicht eingeschränkt. Aus dem Wortlaut der Norm ist nicht erkennbar, dass ihr Adressat nur Landwirte sind, die persönlich auf dem Feld arbeiten. Daraus folgt aber, dass die Disposition über die Art und Weise der Bewirtschaftung dem Landwirt freigestellt bleibt. Er kann sich daher sowohl für die in der Gemeinschaft als auch für die im Drittland liegenden Flächen auch fremder Betriebsmittel und Erntearbeiter bedienen. Für welche Flächen er welche Form der Bewirtschaftung wählt, muss ihm überlassen bleiben. Diesbezügliche Einschränkungen unternehmerischen Handelns sind nicht normiert. Unabhängig davon, welcher Flächenanteil mit eigenen Maschinen und Angestellten bearbeitet wurden und für welche Flächen Erntearbeiter und angemietete Maschinen zum Einsatz kamen, war von einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen. Artikel 39 Abs. 1 der ZBefrVO verlangt nicht den grenzüberschreitenden Einsatz von Arbeitskräften und Betriebsmitteln.
Der Bf. hat sohin sämtliche Tatbestandsmerkmale der Befreiungsbestimmung für die eingangsabgabenfreie Einfuhr der streitverfangenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse erfüllt. Die Eingangsabgabenbefreiung war ihm nicht zu versagen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Klagenfurt,
Der Vorsitzende:
Hofrat Dr. Robert Huber
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 39 Abs. 1 ZBefrVO, VO 918/83, ABl. Nr. L 105 vom S. 1 Art. 40 ZBefrVO, VO 918/83, ABl. Nr. L 105 vom S. 1 Art. 41 ZBefrVO, VO 918/83, ABl. Nr. L 105 vom S. 1 |
Schlagworte | Landwirt Erzeugnisse des Ackerbaus Betriebssitz Erwirtschaftung grenzüberschreitende Tätigkeit |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at