zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 30.04.2004, RV/0344-S/02

Einräumung eines lebenslänglichen Fruchtgenussrechtes gegen Tragung der Betriebs- und Erhaltungskosten

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Gerald Kopp, gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land betreffend Rechtsgebühr 2001 entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw schloss mit seinem Vater, Hrn. E, am einen Vertrag über die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes ab.

Der Vertrag hatte - soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung - folgenden Wortlaut:

" I. Grundbuchsstand

Herr E........ ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ Grundbuch S........... (KG .........), bestehend aus dem Grundstück 1406/1, samt dem auf dieser Liegenschaft errichteten Haus mit der Adresse A.............. .

II. Rechtseinräumung

Herr E........ räumt seinem Sohn Herrn ............... das unentgeltliche lebenslange Fruchtgenußrecht an der gesamten in Punkt I. bezeichneten Liegenschaft ein, ausgenommen das Erdgeschoß des Hauses A......................., das ja bereits vermietet ist (siehe Vertragspunkt VI.) und nimmt B.................. (Anmerkung: der Bw) die Einräumung diese Fruchtgenußrechtes an. "

In Vertragspunkt (kurz: VP) "III. Betriebskosten, Instandhaltung" wurde vereinbart, dass der Bw als Fruchtgenussberechtigter sämtliche mit der Liegenschaft zusammenhängende Kosten, Abgaben etc. zu entrichten hat und ihm die Instandhaltung der Liegenschaft obliegt.

In VP "IV. Gewährleistung" wird festgehalten, dass sich das Gebäude und insbesonders auch das erste Obergeschoß in einem desolaten, zur Benützung nicht geeigneten Zustand befand und der Bw alle bereits entstandenen und auch in Zukunft entstehenden Instandsetzungs- und Renovierungskosten selbst zu tragen hat. Im Hinblick auf den Zustand übernahm E keine bzw. verzichtete der Bw auf jede Gewährleistung.

VP V. regelte die "Übergabe und Übernahme".

In VP "VI. Mietverhältnis" wurde zwischen den Vertragsparteien der Inhalt des seit bestehenden - das Erdgeschoß (kurz: EG) betreffenden - Mietverhältnisses festgehalten.

In der Vorhaltebeantwortung vom gab der Bw bekannt, dass die Räumlichkeiten im EG und Obergeschoß (kurz: OG) jeweils abgeschlossene Einheiten sind. Im EG ist ein Atelier untergebracht, im OG befänden sich zwei Wohnungen zum einen mit 35m² und zum anderen mit 74m² Nutzfläche. Über das Mietverhältnis im EG gäbe es nur einen mündlichen Mietvertrag. Die bisher getätigten Renovierungskosten gab er mit insgesamt S 569.120,22 (1999: S 260.910,33; 2000: S 308.209,89) bekannt.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die bisher getätigten Renovierungskosten als Entgelt für den Erwerb des Fruchtgenussrechtes anzusehen sind und setzte gemäß § 33 TP 9 GebG die Rechtsgebühr entsprechend fest.

Dagegen wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass die vor der Einräumung des Fruchtgenussrechtes getätigten Investitionen das angemietete im EG gelegene Atelier betroffen hätten. Erst nach der Einräumung des Fruchtgenussrechtes habe der Bw auch das OG auf seine Kosten adaptiert. Es sei unhaltbar, die in das gemietete EG und die nach Vertragsabschluss in das OG getätigten Investitionen als Gegenleistung für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes anzusehen.

Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes wurde fristgerecht der Antrag gestellt, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend wurde eingewendet, dass von den Gesamtinvestitionen in Höhe von S 569.120,22 ein Betrag von insgesamt S 400.695,22 bis zum , also noch vor Vertragsabschluss am , für das angemietete Atelier im EG aufgewendet wurden. Aufwendungen für das OG konnten erst nach der Einräumung des Fruchtgenussrechtes gemacht werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltlich Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 vH vom Wert des bedungenen Entgelts.

Voraussetzung der Gebührenpflicht nach § 33 TP 9 GebG ist, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt. Dabei ist nach den Vorschriften des Gebührengesetzes und nicht des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes zu prüfen, ob das Rechtsgeschäft entgeltliches ist. Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn nach dem Willen der Parteien eine Leistung iS einer subjektiven Äquivalenz durch die andere "vergolten" werden soll (vgl , unter Hinweis auf Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 106).

Nach § 15 Abs. 3 GebG sind unter anderem Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen.

Schließen die Parteien einen aus entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen vermischten Vertrag, so liegt eine gemischte Schenkung vor (vgl. ).

Eine gemischte Schenkung kann nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass nach dem Parteiwillen ein Teil der Leistung unentgeltlich hingegeben werden sollte. Die Vertragspartner müssen sich des doppelten Charakters der Leistung bewusst gewesen sein, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben (Hinweis Schubert in Rummel, ABGB I 2, § 938 Randziffer 9; E , 90/14/0102). Ein krasses Missverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen reicht für sich allein nicht aus, die Annahme einer gemischten Schenkung zu begründen; es kann jedoch - als einer der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles - den Schluss auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall räumt der Vater dem Bw ein Fruchtgenussrecht gemäß § 509 ABGB ein.

Das Fruchtgenussrecht wird nur für das OG eingeräumt, weshalb auch Aufwendungen, die als Ausfluss des Mietverhältnisses für das EG geleistet wurden, nicht als Entgelt für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes angesehen werden können.

Würde man nun die mit dem OG zusammenhängenden Aufwendungen ab Vertragsabschluss (S 168.425,00) als Gegenleistung ansehen und dem (Verkehrs-) Wert des Fruchtgenussrechtes für das OG (109 m² Nutzfläche und Alter des Berechtigten !) gegenüberstellen, so ergebe sich in jedem Fall ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, das den Schluss nahe legen würde, dass es sich um eine gemischte Schenkung handle.

Die Fruchtnießung gemäß § 509 ABGB ist das Recht, eine fremden Sache unter Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen (vgl. ; Hofmann in Rummel³, § 509 Rz 1). Die Bestimmungen im ABGB über die Erhaltungspflichten des Fruchtgenussberechtigten sind dispositives Recht (siehe § 513 ABGB).

Die vertragliche Verpflichtung zu bestimmten Investitionen könnte als Preis angesehen werden (vgl. , zu § 33 TP 5 GebG).

Im konkreten Fall ist festzuhalten, dass die Vertragsparteien nicht vereinbart haben, dass der Berechtigte "bestimmte Investitionen" zu tätigen hat. Da es sich bei den oben zitierten Bestimmungen des ABGB zur Fruchtnießung um dispositives Recht handelt, übernimmt der Berechtigte auch nicht vom Eigentümer typischerweise zu tragende Verpflichtungen. Nach dem dokumentierten Willen der Vertragsparteien soll die Rechtseinräumung unentgeltlich erfolgen. Aufgrund des Altersunterschiedes der Vertragsparteien kann auch nicht unterstellt werden, dass der Eigentümer einen Vorteil aus den Renovierungskosten ziehen könnte. Ein entgeltliches Rechtsgeschäft ist daher nicht gegeben.

Ergänzend sei noch auf die Entscheidung des GZ RV/2460-W/02, in der die Rechtsansicht vertreten wurde, dass bei der Einräumung einer lebenslänglichen Dienstbarkeit des Wohnrechtes nur gegen Tragung der Betriebs- und Erhaltungskosten nicht von einer entgeltlichen Einräumung einer Dienstbarkeit auszugehen ist.

Da das Rechtsgeschäft unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz fällt (siehe § 15 Abs. 3 GebG), war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen (vgl. § 289 BAO).

Diese Änderungsbefugnis ist jedoch durch die "Sache" selbst beschränkt. So ist es etwa verboten bei Gebührenbescheiden, den Gebührentatbestand, die Tarifpost, auszutauschen (vgl. ). Ob und inwieweit Schenkungssteuer oder durch VP "VI. Mietverhältnis" eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG festzusetzen ist, ist daher nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Salzburg,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Dienstbarkeit
entgeltliches Rechtsgeschäft
Schenkung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at