Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 09.03.2004, RV/0148-L/02

Dem Pflichtteilsberechtigten steht der Teil der Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs.1 Z.17 ErbStG zu, der vom Erben nicht ausgenützt werden kann.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Ernst Pernegger & Dr. Reinhold Karl, gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr betreffend Erbschaftssteuer für das Jahr 1994 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird wie folgt abgeändert:

Die Erbschaftssteuerbemessungsgrundlage und die festgesetzte Erbschaftssteuer betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bemessungsgrundlage
Abgabe
Art
Höhe
Art
Höhe
Erbschaftssteuer
194.680,00 S
Erbschaftssteuer
4.867,00 S
Erbschaftssteuer
353,70 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der festgesetzten Abgabe sind der Begründung zu entnehmen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Am verstarb IR unter Hinterlassung eines Testamentes, dem zufolge sie ihre beiden Patenkinder SK und RK zu gleichteiligen Erben eingesetzt und ihre beiden Kinder CR (= Bw.) und GR auf den Pflichtteil beschränkt hatte.

Am gaben SK und RK je zur Hälfte des Nachlasses eine unbedingte Erbserklärung ab.

Nach Verkauf der erbl. Eigentumswohnung samt Inventar am wurde am selben Tag das eidesstättige Vermögensbekenntnis erstattet, worin Aktiva in Höhe von insgesamt 2,737.476,37 S und Passiva in Höhe von insgesamt 594.582,15 S ausgewiesen sind. In den Aktiva enthalten sind u.a. ein Konto- sowie Sparguthaben in Höhe von insgesamt 1,192.476,20 S und der Verkaufserlös aus der "mit heutigem Tage vorbehaltlich der abhandlungsgerichtlichen Genehmigung" verkauften Eigentumswohnung sowie des Inventars in Höhe von 1,007.000,00 S bzw. 493.000,00 S.

Der anteilige Einheitswert der Eigentumswohnung hatte zum 145.853,00 S betragen.

Das die Eigentumswohnung betreffende Wohnbauförderungsdarlehen haftete zum Todestag mit 434.096,15 S aus und ist mit diesem Betrag in den Passiva enthalten. Die Passiva beinhalten neben einer Honorarnote und diverser Kosten im Zusammenhang mit dem Begräbnis auch einen Betrag von 54.000,00 S als Kostenvoranschlag für 30-jährige Grabpflege.

Mit Einantwortungsurkunde vom wurde der Nachlass den Erben je zur Hälfte eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt.

Mit Eingabe vom beantragte der Notar Dr. P beim Finanzamt, die sich aus der für die Verstorbene durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1994 ergebende Einkommensteuerschuld in Höhe von 25.811,00 S bei Ermittlung der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen.

Auf Anfrage wurde dem Finanzamt mitgeteilt, dass der endgültige Betrag der Pflichtteile je 493.455,89 S betragen habe.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. für diesen Pflichtteil Erbschaftssteuer in Höhe von 16.221,00 S vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass unberücksichtigt geblieben sei, dass sich im Nachlass der Mutter der Bw. endbesteuerte Sparguthaben im Betrag von 1,192.476,20 S befunden hätten. Nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG in der gültigen Fassung hätten Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen steuerfrei zu bleiben, soweit diese Erträge endbesteuert seien. Gegenständlich stehe unzweifelhaft fest, dass ein Großteil des Betrages, den sie aus dem Nachlass ihrer Mutter auf Grund des von ihr geltend gemachten Pflichtteiles erhalten habe, aus endbesteuerten Vermögenswerten, nämlich aus einem Girokonto und vier Sparbüchern, stamme. Darüber hinaus hätte im angefochtenen Bescheid berücksichtigt werden müssen, dass für die Ermittlung der Erbschaftssteuer hinsichtlich der Eigentumswohnung der verstorbenen Mutter nicht der Verkaufserlös, sondern in Entsprechung des § 19 ErbStG der steuerliche Einheitswert maßgebend sei. Auf Grund dieser Ausführungen ergebe sich unter Zugrundelegung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses vom für die Erbschaftssteuerberechnung nachstehende Bemessungsgrundlage:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
PKW Opel Corsa
45.000,00 S
Eigentumswohnung mit Einheitswert von
145.853,00 S
Inventar
493.000,00 S
Zwischensumme
683.853,00 S
abzügl. Passiva laut eidesstättigem Vermögensbekenntnis
- 594.582,15 S
abzügl. Verlassenschaftsgebühren laut Abhandlungseingabe vom
- 56.602,00 S
Summe (Bemessungsgrundlage)
32.668,85 S

Für die Berechnung der Erbschaftssteuer für den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch (ein Viertel der Bemessungsgrundlage) sei somit von einem Betrag von 8.167,00 S auszugehen, sodass nach Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG für den Erwerb von Todes wegen nach ihrer Mutter IR keine Erbschaftssteuer zur Vorschreibung gelangen dürfe. Beantragt werde daher, den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben.

Mit Ergänzungsersuchen vom befragte das Finanzamt den Vertreter der Bw., in welcher Höhe der Pflichtteil festgesetzt und wie dieser berichtigt worden sei.

Dazu teilte der Vertreter der Bw., Dr. P, mit, dass der Pflichtteilsbetrag der erblichen Kinder je 493.455,89 S betragen habe. Diese Pflichtteilsbeträge seien dadurch berichtigt worden, dass er als Erbenmachthaber den gesamten Nachlass realisiert und aus diesem Realisat die angeführten Beträge an die Bw. und GR überwiesen habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Unbestritten sei, dass die Bw. in der Verlassenschaft nach ihrer Mutter den Pflichtteil geltend gemacht habe und dass ihr aus diesem Titel nach Realisierung des Nachlassvermögens ein Betrag von 493.455,89  S ausbezahlt worden sei. Nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG sei der Erwerb von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie Abs. 2 erster bis dritter Satz des EStG 1988 unterliegen, steuerfrei. Die angeführte Befreiung stehe nur jenen Personen (Erben, Legataren oder Pflichtteilsberechtigten) zu, denen diese begünstigten Vermögenswerte unmittelbar zukämen. Pflichtteilsberechtigten komme diese Befreiung nur zu, wenn der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch durch endbesteuerte Vermögenswerte des Erblassers (an Zahlungsstatt) abgegolten werde. Auch der Einheitswert des erblichen Liegenschaftsvermögens könne für die Pflichtteilsbesteuerung nicht zum Ansatz kommen. Der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten sei eine Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld, jedoch kein Anspruch auf einen aliquoten Teil des Nachlasses.

Mit Schreiben vom stellte die Bw. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In Ergänzung zur Berufung sei auszuführen, dass die Begründung des Finanzamtes, wonach dem Pflichtteilsberechtigten die Befreiung nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG nur zustehe, wenn der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch durch endbesteuerte Vermögenswerte des Erblassers abgegolten werde, den diesbezüglich unmissverständlichen Bestimmungen des ErbStG widerspreche. Nach dieser Bestimmung seien Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen steuerfrei, soweit dessen Erträge endbesteuert seien. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gelte als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches. Gegenständlich stehe unzweifelhaft fest, dass die Bw. den Betrag von 493.455,89 S aus dem Nachlass ihrer Mutter auf Grund des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches erhalten habe. In die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung dieses Betrages seien endbesteuerte Sparguthaben von insgesamt 1,192.476,20 S einbezogen worden, welche sich im Nachlass befunden hätten. Auf Grund der eindeutigen gesetzlichen Regelung bleibe kein Spielraum für Interpretationen der genannten gesetzlichen Bestimmungen dahin gehend, dass diese Befreiung einem Pflichtteilsberechtigten nur zukomme, wenn der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch durch endbesteuerte Vermögenswerte des Erblassers an Zahlungsstatt abgegolten werde. Im vorliegenden Fall sei der gesamte Nachlass vom Erbenmachthaber realisiert und die entsprechenden Beträge an die Erben und Pflichtteilsberechtigten ausbezahlt worden. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers liegen, dass die Pflichtteilsberechtigten durch diese Vorgangsweise erbschaftssteuerlich schlechter gestellt würden, als wenn ihnen aus dem Nachlass ein Sparbuch mit einem Guthaben mit 493.455,89 S ausgefolgt worden wäre und der Pflichtteilsberechtigte daraufhin die Realisierung selbst veranlasst hätte. Dies wäre zweifellos eine verfassungswidrige erbschaftssteuerliche Ungleichbehandlung eines im wirtschaftlichen Ergebnis völlig gleich gelagerten Sachverhaltes. Darüber hinaus sei nochmals darauf hinzuweisen, dass nach § 19 Abs. 2 ErbStG die Bewertung von inländischem Grundvermögen für erbschaftssteuerliche Zwecke mit dem Einheitswert und nicht mit dem Verkehrswert zu erfolgen habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG in der zum Todeszeitpunkt der IR gültigen Fassung (BGBl. Nr. 680/1994, gültig zwischen bis ) sind Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des EStG 1988, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen, steuerfrei.

In seinen Erkenntnissen vom , B 128/97, vom , B 36/98 und zuletzt vom , B 1171/99, hat der Verfassungsgerichtshof dazu dargelegt, dass die Erbschaftssteuer insoweit abgegolten ist, als endbesteuertes Vermögen als Erbschaft anfällt oder als Vermächtnis ausgesetzt wurde. Abgegolten ist die Steuer auch dann, wenn in Abgeltung des Pflichtteilsanspruches oder im Zuge der Erbauseinandersetzung endbesteuertes Nachlassvermögen zugewiesen wird. Ebenso ist schließlich vorzugehen, wenn ein (Geld)Vermächtnis mittels endbesteuertem Nachlassvermögen erfüllt wird. In all diesen Fällen hängt die Steuerfreiheit davon ab, dass dem Steuerpflichtigen tatsächlich endbesteuertes Vermögen zugewendet wird. Dem Erben bleibt die Begünstigung auch dann erhalten, wenn er zwecks Entrichtung von (Bar)Vermächtnissen oder des Pflichtteils endbesteuertes Vermögen verwertet. Übersteigt jedoch das im Nachlass enthaltene endbesteuerte Vermögen den Wert dessen, was dem Erben (gemeinsam mit anderen Empfängern derartigen Vermögens) verbleibt, dann steht der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn der Erbschaftssteuerpflichtige zwar nicht selbst endbesteuertes Vermögen erwirbt, sein Erwerb sich aber von endbesteuertem Vermögen ableitet, an seine Stelle tritt und die Leistung endbesteuerten Vermögens ersetzt. Im Ergebnis muss der Nachlass in jenem Umfang steuerfrei bleiben, in dem er aus endbesteuertem Vermögen besteht. Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer können dann den überschießenden Steuervorteil für sich in Anspruch nehmen, und zwar gleichgültig, ob und in welchem Maße der Erbe zur Erfüllung des Pflichtteils oder zur Entrichtung des Legats endbesteuertes Vermögen realisiert oder auf andere Nachlassgegenstände oder nicht aus dem Nachlass stammendes Vermögen greift. Kommen solcherart für die Abgeltungswirkung endbesteuerten Vermögens mehrere Personen in Betracht, so ist ihnen die unverbraucht gebliebene Begünstigung anteilig zu gewähren.

Für den Berufungsfall bedeutet dies, dass der Freibetrag des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG dem Erben auch dann verbleibt, wenn er für die Entrichtung des Pflichtteils endbesteuertes Vermögen verwertet. Übersteigt aber das im Nachlass enthaltene endbesteuerte Vermögen den Wert dessen, was dem bzw. den Erben verbleibt, können die Pflichtteilsberechtigten den überschießenden Steuervorteil auch dann in Anspruch nehmen, wenn für die Erfüllung des Pflichtteils anstatt des endbesteuerten Vermögens realisiertes endbesteuertes Vermögen oder auch nicht aus dem Nachlass stammendes Vermögen zugewendet wird.

Gegenständlich erhielten die Bw. und ihr Bruder GR aus den realisierten hinterlassenen Vermögenswerten einen Betrag von je 493.455,89 S als Pflichtteil zugesprochen.

Folgende Berechnung ist daher anzustellen (vgl. dazu auch Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz. 77a zu § 15 ErbStG):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aktiva:
Endbesteuertes Vermögen (lt. Vermögensbekenntnis)
1,192.476,20 S
Eigentumswohnung (Einheitswert)
145.853,00 S
Inventar
493.000,00 S
PKW Opel Corsa
45.000,00 S
Summe
1,876.329,20 S
Passiva:
Wohnbauförderungsdarlehen (abgezinst)
45.580,00 S
Honorarnote Dr. R
40.320,00 S
Kosten Bestattung
23.394,40 S
Kostenvoranschlag Grabanlage
33.500,00 S
Kosten Sarggesteck und Kranz
2.000,00 S
Kosten Grabinstandsetzung
2.450,00 S
Fernmeldegebühr
4.821,60 S
Verlassenschaftsgebühren
56.602,00 S
Einkommensteuernachforderung 1994 laut Bescheid
25.811,00 S
zwei Pflichtteile zu je 493.455,89 S
986.911,78 S
Summe
1,221.390,80 S

Aus dieser Berechnung ist ersichtlich, dass den beiden Erben gemeinsam ein Betrag von 654.938,40 S verbleibt. In diesem Ausmaß steht ihnen die Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG zu. Es ergibt sich somit ein Überschuss an endbesteuertem Vermögen von 537.537,80 S.

Entsprechend der angeführten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach im Ergebnis der Nachlass in jenem Umfang steuerfrei bleiben muss, in dem er aus endbesteuertem Vermögen besteht, verbleibt den beiden Pflichtteilsberechtigten eine Begünstigung von 537.537,80 S, welche beiden anteilig zu gewähren ist.

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil der Bw. stellt sich demnach wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Pflichtteil
493.455,89 S
abzügl. halber verbleibender Freibetrag nach § 15 Abs.1 Z 17 ErbStG
- 268.768,90 S
abzügl. Freibetrag nach § 14 Abs. 1 ErbStG
- 30.000,00 S
steuerpflichtiger Erwerb
194.686,99 S
nach § 28 ErbStG gerundeter Erwerb
194.680,00 S

Nach § 8 Abs. 1 ErbStG beträgt in der Steuerklasse I die festzusetzende Erbschaftssteuer 2,5 %, somit 4.867,00 S (353,70 €).

Dem Berufungseinwand, für die Ermittlung der Erbschaftssteuer hätte nicht der Verkaufserlös aus der Veräußerung der Eigentumswohnung am , sondern der Einheitswert angesetzt werden müssen, ist entgegen zu halten, dass in Entsprechung des § 19 Abs. 2 ErbStG idF BGBl. Nr. 141/1955 bei Ermittlung der Aktiva der für die gegenständliche Eigentumswohnung zum festgestellte anteilige Einheitswert von 145.853,00 S zum Ansatz gelangt ist. Der Steuerpflicht unterliegt nämlich grundsätzlich jenes Vermögen, das am Todestag dem Erblasser gehörte, sodass als Aktivum nicht der Veräußerungserlös, sondern lediglich der steuerliche Wert anzusetzen war. Änderungen in der Zusammensetzung des Nachlassvermögens, die nach dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers eintreten, wie etwa die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Nachlasses vor der Einantwortung, sind demnach unbeachtlich ().

Davon zu unterscheiden ist aber die Pflichtteilsberechnung. Der Pflichtteilsanspruch ist eine reine Geldforderung und besteht in einer Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld. Bei der Pflichtteilsberechnung ist grundsätzlich der volle Wert des Nachlasses anzusetzen. Der Nachlass ist dazu nach den §§ 784 und 786 ABGB zu schätzen. Bei Veräußerungen aus dem Nachlass ist der Pflichtteilsberechnung nicht der Schätzwert, sondern der Erlös der veräußerten Sachen zu Grunde zu legen (vgl. Fellner, aaO, Rz. 44 zu § 2 ErbStG). Der Erbschaftssteuerberechnung der Bw. wurde daher zu Recht der tatsächliche, nach der gerichtlichen Schätzung berechnete Wert ihrer Pflichtteilsforderung zu Grunde gelegt.

Hinsichtlich der in das eidesstättige Vermögensbekenntnis aufgenommenen Passiva war für Zwecke der Erbschaftssteuerberechnung insofern eine Korrektur vorzunehmen, als der Kostenvoranschlag für 30-jährige Grabpflege in Höhe von 54.000,00 S nicht als Passivum anzusetzen war. Zu den abzugsfähigen Aufwendungen gehören auch die Aufwendungen für die Grabstätte des Erblassers. Soweit Grabpflegekosten mit der Bestattung selbst nicht mehr in Zusammenhang stehen, sind sie jedoch nicht abzugsfähig ().

Nach § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes.

§ 14 Abs. 1 BewG normiert, dass Kapitalforderungen und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen sind, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Als besondere Umstände sind solche anzusehen, die vom Normalfall - gemessen an den im Wirtschaftsleben durchschnittlich geltenden Konditionen - erheblich abweichen. Solche besonderen Umstände liegen u.a. vor, wenn eine Forderung besonders hoch oder besonders niedrig verzinst wird. Eine sehr niedrige Verzinsung stellt somit insbesondere dann, wenn es sich um langfristige Darlehen handelt, einen Umstand dar, der gemäß § 14 Abs. 1 BewG den Ansatz eines niedrigeren Wertes als des Nennwertes rechtfertigt.

Auf Anfrage hatte die Erbin SK dem Finanzamt mitgeteilt, dass das per noch mit 434.096,15 S aushaftende Wohnbauförderungsdarlehen mit 0,5 % verzinst sei und die Gesamtlaufzeit dieses Darlehens 50 Jahre bzw. die Restlaufzeit 39,5 Jahre betrage.

Die Bewertung bzw. Abzinsung von Wohnbauförderungsdarlehen (vgl. Fellner, aaO, Rz. 77, Pkt. 6.4.2, zu § 19 ErbStG) erfolgt in der Verwaltungspraxis aus Vereinfachungsgründen an Hand einer Tabelle, bei welcher die Restlaufzeit den wesentlichen Parameter darstellt. Bis zu einer Restlaufzeit von 39 Jahren sind demnach 11 % des aushaftenden Restkapitals anzusetzen, bis zu einer Restlaufzeit von 40 Jahren 10 % des aushaftenden Restkapitals. Nur dann, wenn für den Einzelfall der Nachweis eines anderen Wertes errechnet wird, ist dieser heranzuziehen.

Mit Ergänzungsersuchen vom brachte die Rechtsmittelbehörde der Bw. die ins Auge gefasste Abzinsung zur Kenntnis und wies darauf hin, dass beabsichtigt sei, das Landesdarlehen auf Grund des dargestellten Berechnungsmodus mit 10,5 % des angegebenen Wertes, somit mit 45.580,00 S, als Passivum anzusetzen, sofern die Bw. nicht den Nachweis eines anderen, ziffernmäßig belegten Wertes erbringe.

Mit Antwortschreiben vom wurde dazu mitgeteilt, dass die seinerzeit im Nachlass befindliche Eigentumswohnung mit Kaufvertrag vom verkauft worden sei. Der gesamte vereinbarte Kaufpreis sei auf ein Treuhandkonto des Schriftenverfassers, Dr. K, überwiesen worden, der diesen Kaufpreis u.a. zur Tilgung des damals noch aushaftenden Wohnbauförderungsdarlehens verwendet habe. Aus diesem Grund sei es daher gerechtfertigt, das Wohnbauförderungsdarlehen mit dem gesamten zum Todeszeitpunkt aushaftenden Betrag und nicht mit einem niedrigeren abgezinsten Betrag als Passivum anzusetzen.

Dazu ist jedoch anzumerken, dass nicht nur für die Bewertung der Aktiva, sondern auch der Passiva die Verhältnisse am Tage der Entstehung der Steuerschuld maßgebend sind. Nach § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers. Ausfluss dieses Stichtagsprinzips ist aber, dass Veränderungen nach diesem Zeitpunkt unberücksichtigt bleiben müssen. Die nach diesem Stichtag erfolgte Veräußerung der Eigentumswohnung hat daher ebenso außer Ansatz zu bleiben wie die im Zuge dieses Verkaufes erfolgte Tilgung des Landesdarlehens.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem - wenn auch zur Vermögensteuer ergangenen - Erkenntnis vom , 93/15/0066, ausgesprochen, dass ein nach dem Wohnbauförderungsgesetz gewährtes Darlehen, welches ebenfalls mit 0,5 % verzinst war und eine Laufzeit von 50 Jahren hatte, abzuzinsen sei und der Gegenwartswert eines derartigen Darlehens nicht dem Nennwert entspreche.

Das niedrig verzinste Landesdarlehen war auf Grund der dargestellten Überlegungen daher nicht mit dem Nennwert, sondern lediglich mit 10,5 % des zum Todeszeitpunkt der Erblasserin noch aushaftenden Betrages von 434.096,15 S, somit mit 45.580,00 S anzusetzen.

Zu Gunsten der Bw. waren dagegen zusätzlich zu den ausgewiesenen Passiva die sich aus der für die Erblasserin durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1994 ergebende Einkommensteuerschuld von 25.811,00 S sowie, wie in der Berufung beantragt, die Verlassenschaftsgebühren von 56.602,00 S als Passiva zu berücksichtigen.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war der Berufung daher teilweise stattzugeben.

Linz,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kapitalvermögen
Endbesteuerung
Pflichtteilsanspruch
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at