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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 06.05.2004, FSRV/0154-W/03

Verwarnung, Finanzordnungswidrigkeit, geringes Verschulden, unbedeutende Folgen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
FSRV/0154-W/03-RS1
Nach § 25 FinStrG müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein, damit die Behörde berechtigt ist von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens abzusehen: Das Verschulden des Täters muss geringfügig sein und die Tat darf keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen haben. Erst wenn diese beiden Voraussetzungen vorliegen, ist zu prüfen, ob es geboten ist, eine Verwarnung zu erteilen, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.
FSRV/0154-W/03-RS2
Bei Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 FinStrG ist in Analogie zur Judikatur zu den Verkürzungsdelikten vornehmlich an Hand der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages zu prüfen, ob unbedeutende Folgen im Sinne des § 25 Abs.1 FinStrG vorliegen oder nicht. Eine Nachmeldung von Abgabenschuldigkeiten in einer die Zuständigkeitsgrenze der Finanzstrafbehörden im Falle vorsätzlicher Verkürzung übersteigenden Höhe nach einer Zeitspanne von mehr als einem halben Jahr nach den Fälligkeitsterminen oder eine gänzliche Unterlassung der Entrichtung der verspätet gemeldeten Abgaben bis zum Entscheidungszeitpunkt können nicht als unbedeutende Folgen gesehen werden.

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 3, SHM, in der Finanzstrafsache gegen E.A. über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die Verwarnung des Finanzamtes x gemäß § 25 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) vom , SN 1

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt x als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschuldigten (Bf.) eine Verwarnung nach § 25 FinStrG erlassen und ihn schuldig gesprochen, vorsätzlich im Bereich des Finanzamtes Baden als Masseverwalter der Firma K.I.GesmbH

Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 8, 9, 11 und 12/2000 in Höhe von S 77.766,-- (entspricht € 5.651,48) nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt) und dadurch ein Finanzvergehen nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Dagegen richtet sich die frist- und formgerechte Beschwerde vom .

Außer Streit gestellt werde die Konkurseröffnung über das Vermögen der K.I.GesmbH mit Beschluss des Landesgerichtes G. vom und die Bestellung des Bf. zum Masseverwalter.

Unmittelbar nach seiner Bestellung habe sich der Bf. mit der Geschäftsführerin in Verbindung gesetzt und das Gericht am über die Probleme im Zuge der Konkurseröffnung informiert. Nach dem Ableben des Gründungsgesellschafters sei es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen seiner Witwe und dem bisherigen Geschäftsführer gekommen. Nach Abberufung des Geschäftsführers habe sie die Geschäftsführung übernommen und den Konkursantrag gestellt, sie sei nicht dazu bereit gewesen die Gesellschaft durch einen Zwangsausgleich zu sanieren, sondern habe eine Verwertung des Unternehmens angestrebt.

Zur Erstellung einer Prognoserechnung für einen Fortbetrieb und einer Unternehmensbewertung für eine Verwertung habe der Bf. den Antrag auf Beiziehung der vormals vom Unternehmen beschäftigten Steuerberatungskanzlei, J. gestellt.

Während der ersten Monate des Konkursverfahrens seien intensive Kaufgespräche mit Interessenten geführt worden, wobei als Grundlage die im Juli ausgearbeitete Unternehmensbewertung gedient habe.

Als im Jänner 2001 der letzte verbliebene Interessent kundgetan habe, dass er aus wirtschaftlichen Überlegungen von einem Anbot Abstand nehmen werde, habe der Bf. am einen Schließungsantrag bei Gericht eingebracht, der am bewilligt worden sei.

Im Zuge der Räumungsarbeiten habe der Bf. in einem geringfügigen Ausmaß Aktiva veräußert und im April 2002 den Erlös aus diesen Aktionen erhalten.

Auf Grund von Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftergruppen seien die Buchhaltungsunterlagen nicht vollständig vorgelegen. Der von ihm beigezogene Steuerberater sei primär mit der Fortführungsprognose und der Unternehmensbewertung beauftragt worden. Erst Ende September 2000 seien ihm die Umsatzsteuervoranmeldungen für Mai bis Juli 2002 (gemeint ist offensichtlich 2000) übermittelt worden, wobei unmittelbar danach die Bezahlung der offenen Beträge an das Finanzamt vorgenommen worden sei.

Die Umsatzsteuerbeträge für die Monate August bis Oktober seien am entrichtet worden, die Verspätung sei darauf zurück zu führen, dass dem Bf. die Beträge erst zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen seien.

Auf Grund der Massearmut sei er nicht in der Lage gewesen die Honorarnoten des Steuerberaters zu bezahlen, sodass dieser keine weitere Tätigkeit mehr erbracht habe.

Er verfüge erst jetzt wieder über ausreichende Mittel den Steuerberater mit der Berechnung der offenen Umsatzsteuerbeträge für das Jahr 2000 zu betrauen. Für das Jahr 2000 sei eine Berufung offen, mit einer Aufbuchung der Unterlagen sei in den nächsten 2 Monaten zu rechnen.

Den Bf. treffe kein Verschulden an der Unterlassung der Meldung und Entrichtung der Selbstberechnungsabgaben und es sei aus der genannten Begründung auch nicht geboten eine Verwarnung zu erteilen, um ihn von der Begehung weiterer Finanzdelikte abzuhalten, daher stelle er den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des Bescheides.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird, im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 21 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes hat ein Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 des § 16 selbst zu berechnen hat.

Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Unstrittig ist, dass der Bf. ab als Masseverwalter der K.I.GesmbH fungierte und im Rahmen dieser Position grundsätzlich auch für die Entscheidungsfällung in rechtlichen und steuerlichen Belangen zuständig war.

Die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate August, September, November und Dezember 2000 wurden nicht zu den gesetzlichen Terminen eingebracht.

Für die Monate August und September ergingen am wegen Nichtabgabe der Voranmeldungen Schätzungen in Höhe von je S 70.000,00. Die Voranmeldungen wurden im Berufungsweg nachgereicht und am neue Festsetzungen in Höhe der nach gemeldeten Zahllasten, August S 12.879.00, September S 22.285,00 vorgenommen.

Die Umsatzsteuervoranmeldungen für November und Dezember 2000 händigte der Bf. erst nach Einleitung des Finanzstrafverfahrens, am , der Finanzstrafbehörde erster Instanz persönlich aus. Für November 2000 ergibt sich eine Zahllast in der Höhe von S 26.304,00 und für Dezember 2000 eine Zahllast in der Höhe von S 16.298,00

In Summe beträgt der strafbestimmende Wertbetrag daher S 77.766,00.

Gemäß § 25 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.

Nach der Textierung des § 25 FinStrG müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein, damit die Behörde berechtigt ist von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens abzusehen. Das Verschulden des Täters muss geringfügig sein unddie Tat darf keine oder lediglich unbedeutende Folge nach sich gezogen haben. Erst wenn diese beiden Voraussetzungen vorliegen, ist zu prüfen, ob es geboten ist eine Verwarnung zu erteilen, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.

Die Geringfügigkeit des Verschuldens kann nicht nur bei Fahrlässigkeit sondern auch bei Vorsatz gegeben sein (). Bei der Prüfung des Grades des Verschuldens ist daher zu untersuchen, ob besondere Umstände, die einem Rechtfertigungsgrund oder Schuldausschließungsgrund nahe kommen - vorliegen und ob dem Verdächtigen/ Beschuldigten auf Grund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, seines Alters, seiner Vorbildung usw. die genaue Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen zugemutet werden konnte ().

Zur Frage des Verschuldens des Bf. ist generell auszuführen, dass einen Masseverwalter grundsätzlich gleich gelagerte Melde- und Entrichtungspflichten treffen, wie einen Geschäftsführer. Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ein Masseverwalter die Fälligkeitstermine der Selbstberechnungsabgaben kennt und von seiner Verpflichtung weiß, bei Erzielung von Umsätzen während eines Konkursverfahrens auch entsprechende Meldungen/Zahlungen erstatten zu müssen. Umsatzsteuer ist fremdes Geld und auch im Rahmen von Verwertungsgeschäften nach Konkurseröffnung fristgerecht abzuführen.

Voranmeldungen betreffen jeweils lediglich Rechnungslegungen eines Monats, es ist zur Erstellung einer Voranmeldung nicht nötig, dass die Buchhaltung der Vorzeiträume lückenlos aufgebucht wurde. Daher ist das Vorbringen, es hätten die Geldmittel zur Bezahlung des Steuerberaters für die Erstellung der Buchhaltung gefehlt, nicht geeignet den Bf. gänzlich zu exculpieren.

Zur Frage der Bewertung unbedeutender Folgen darf zunächst auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.

Ob die Folgen geringfügig sind, ist bei der Abgabenverkürzung vor allem nach der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages zu beurteilen.

Ein Absehen von der Strafe oder eine Verwarnung kommt nach § 25 Abs.1 FinStrG nur dann in Frage, wenn die Tat keine oder unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Davon kann jedoch angesichts des Verkürzungsbetrages von S 73.500,00 keine Rede sein ().

Weitere Entscheidungen in diesem Zusammenhang ergingen zu einem strafbestimmenden Wertbetrag in der Höhe von S 26.021,00 (), S 42.755,00 (), S 32.000,00 (), S 23.000,00 ().

Finanzordnungswidrigkeiten sind nach § 1 FinStrG Finanzvergehen. Sie stellen Zuwiderhandlungen gegen generelle Normen des Abgabenrechts dar, durch die keine Abgabenverkürzung bewirkt wird. Der Allgemeine Teil des Finanzstrafgesetzes findet auf Finanzordnungswidrigkeiten voll Anwendung, daher ist nunmehr in Analogie zur Judikatur zu Verkürzungsdelikten im gegenständlichen Fall zu prüfen, ob unbedeutende Folgen vorliegen oder nicht.

Pönalsiert ist im Bereich der verfahrensgegenständlichen Finanzordnungswidrigkeit die vorsätzliche Unterlassung der Entrichtung der selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen zu den gesetzlichen Terminen.

Die Umsatzsteuervorauszahlungen für August und September wurden erst Ende Februar nachgemeldet und entrichtet. Die für November und Dezember 2000 geschuldeten Beträge wurden erst ca. 2 ½ Jahre nach ihrer Fälligkeit auf Aufforderung offen gelegt und bisher nicht entrichtet.

Bei Berücksichtigung der Gesamthöhe des strafbestimmenden Wertbetrages und der Dauer zwischen Fälligkeitstag und tatsächlicher Entrichtung für die Vorauszahlungen für August und September sowie der gänzlichen Unterlassung der Entrichtung der Vorauszahlungen für November und Dezember 2000 kann demnach nicht von unbedeutenden Folgen gesprochen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1FinStrG hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder das Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 157 FinStrG sind auf das Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen der §§ 115,117 Abs. 2, 119 bis 123, 125 bis 130 und 132 bis 136 sinngemäß anzuwenden.

Da bereits das Fehlen einer der beiden Voraussetzungen für das Absehen von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens ein Vorgehen nach § 25 Abs. 1, erster Satz FinStrG nicht zulässt, war der Verwarnungsbescheid aufzuheben.

Im Rahmen des weiteren Untersuchungsverfahrens wird festzustellen sein, ob das schuldhafte Vorgehen des Bf. eine Bestrafung nach sich zu ziehen hat oder ob das Verfahren - allenfalls nach Ergänzung des Beweisverfahrens - wegen Vorliegen eines bisher nicht bekannten Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrundes einzustellen ist.

Eine abschließende Sachentscheidung durch die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz sehen die Bestimmungen der §§157 und 161 FinStrG in einem Beschwerdeverfahren nicht vor. Die Aufgabe der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz besteht lediglich in der Überprüfung des bekämpften Bescheides auf seine rechtliche Richtigkeit.

Die Beschwerde war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich der Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt. Wien, am

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verwarnung
Finanzordnungswidrigkeit
unbedeutende Folgen
geringes Verschulden

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at