Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.05.2004, RV/0315-W/02

Freizeitzentrum: Betriebserwerb oder Kauf einzelner Wirtschaftsgüter

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0033 (früher: Zl. 2004/14/0075) eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/2963-W/06 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0315-W/02-RS1
Bei Erwerb eines multifunktionalen Freizeitzentrums, bei dem schon aufgrund des übernommenen Betriebs­gebäudes und Inventars sportliche Aktivitäten in den Bereichen Badminton (Spielplätze, Netze), Saunabetrieb (Saunaanlage), Ballspiele, Gymnastik (Räumlichkeiten, Musikanlage) möglich waren, liegt bei einer Gesamt­betrachtung aller Umstände, trotz der Nichtübernahme eines Geräteparks und von Kundenverträgen insgesamt die Übertragung eines Betriebes im Sinne des § 10 Abs. 5 EStG 1988 vor.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch TAX PLANNING CONSULTANTS Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften betreffend Körperschaftsteuer 1995 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Im April 1995 erwarb die Bw. das Freizeitzentrum "P." in A. aus der Konkursmasse der P. AG. Die Anlage hatte die Bw. zuvor bereits gemietet und es war ihr eine Kaufoption eingeräumt worden.

Laut der berichtigten Rechnung des Masseverwalters der P. AG vom wurde von der Bw. folgendes erworben:

1. Gebäude (Freizeitzentrum) in XXXX A, yyy Straße10, laut Baurechtseinlage EZ 123X der KG K. an EZ 123Y der KG 123XY K. S 20,771.160,-

2. Inventar gemäß Schätzgutachten Erwin J. S 5,628.840,-

Nach der dem Gutachten beiliegenden Inventarliste umfassten die angeschafften Wirtschaftsgüter auszugsweise folgende Einrichtungsgegenstände betreffend die Bereiche

  • Büro (Büroeinrichtungsgegenstände, Server, Bildschirme etc.)

  • Beratung (Büroeinrichtungsgegenstände, Server, Bildschirme etc)

  • Rezeption (Bildschirme, 800 Garderobenschlüssel, etc)

  • Garderoben (insgesamt 863 Garderobenschränke, 10 Duschen, 10 Haarföne)

  • Nassbereich mit Dampfkammer und Saunakammer(diverse Einrichtungsgegenstände und Zubehör)

  • Fernsehraum (Einrichtungsgegenstände, 1 Fernseher, 1 Videorecorder, 1 Sattelitenanlage)

  • Solarium (diverses Zubehör)

  • Aerobic (Stereoanlage, Kopfmikrophone)

  • Massage (Trennwände, 3 Massagebetten...)

  • Shop (1 Schlägerbespannungsmaschine, Stellagen, diverses Verkaufsmaterial)

  • Lager (8 Stahlstellagen etc.)

  • Badminton (8 Badmintonnetze und 16 Steher)

  • weiters wurden noch ein PKW und verschiedene nicht einem spezifischen Bereich zuordenbare Gegenstände erworben.

In der Abgabenerklärung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1995 machte die Bw. einen Investitionsfreibetrag in Höhe von insgesamt S 4.008.151,- geltend. Das Finanzamt versagte mit Bescheid vom hinsichtlich eines Betrages von insgesamt S 3.847,807,- die steuerliche Anerkennung, weil der Erwerb eines Betriebes im Sinne des § 10 Abs. 5 EStG 1988 vorliege.

Dagegen wurde von der Bw. Berufung erhoben und die Berücksichtigung des nicht anerkannten Investitionsfreibetrages im Ausmaß von S 3,847.807,- beantragt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 EStG 1988 ein Erwerb eines Betriebes dann vorliege, wenn die erworbenen Wirtschaftsgüter die wesentliche Grundlage des bisherigen Betriebes gebildet haben und wenn sie geeignet seien, dem Erwerber die Fortführung des übernommenen Betriebes zu ermöglichen.

Die Bw. habe im Jahr 1995 eine Reihe von Anschaffungen getätigt, um den Betrieb des Fitnesscenters in XXXX A, yyy Straße 10 aufnehmen zu können.

Ein Teil der angeschafften Wirtschaftsgüter sei von der in Konkurs befindlichen früheren Betreiberin, der P. AG, erworben worden. Dazu gehörten einerseits das sich auf fremden Grund befindliche Gebäude (Betriebsgebäude) andererseits diverse Einrichtungsgegenstände, wie zB Garderobekästen, Sessel, Tische, Büromöbel. Nicht übernommen worden sei der Gerätepark. Diese notwendigen technischen Geräte seien neu angeschafft bzw. geleast worden. Von der früheren Betreiberin seien weder Forderungen noch Verbindlichkeiten, weder Personal noch Kundenverträge übernommen worden.

Es liege daher kein Betriebserwerb im Ganzen vor. Von der früheren Betreibergesellschaft seien lediglich einzelne Wirtschaftsgüter übernommen worden. Diese übernommenen Wirtschaftsgüter würden nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes eines Fitnesscenters bilden; den eigentlichen Teil des Organismus dieses Betriebes würden die Fitnessgeräte bilden. Der Gerätepark der früheren Betreibergesellschaft sei aber in keiner Weise weiter genutzt (weder gekauft noch gemietet) worden.

Da auch keine anderen für einen Dienstleistungsbetrieb notwendigen Grundlagen wie Personalstamm oder Kundenstock übernommen worden seien, wäre es objektiv nicht möglich gewesen, den früheren Betrieb fortzuführen. Die Bw. habe nur ein Gebäude und einige (nicht fitness-spezifische) bewegliche Gegenstände gekauft.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung abgewiesen. Das Finanzamt wies in seiner Begründung darauf hin, dass neben dem Gebäude nicht nur einige Einrichtungsgegenstände gekauft worden seien, sondern alle in der Inventarliste des Sachverständigen aufgenommenen Gegenstände und laut dem Anlagenverzeichnis auch noch Sauna und Dampfbadkammern, Duschen, Masssagebetten, Fitnessliege, die gesamte EDV- und Musikanlage, Badmintonnetze, zahlreiche Büromöbel und ein PKW. Es seien zwar auch von der Bw. einige Gegenstände für den Betrieb angeschafft worden, der Betrieb sei aber sehr wohl aufgrund der Anschaffungen der P. AG. weitergeführt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl Nr. 297/1995 kann der Steuerpflichtige bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Anlagegütern von den nach dem bis 30.  April 1995 anfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten einen Investitionsfreibetrag von höchstens 15% gewinnmindernd geltend machen.

Gemäß 10 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl Nr. 297/1995 kann der Investitionsfreibetrag nur für Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden, die

  • eine betriebsgewöhnliche Nutungsdauer von mindestens vier Jahren haben und

  • in einer inländischen Betriebsstätte verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. .....

Für Gebäude darf gemäß 10 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl Nr. 297/1995 der Investitionsfreibetrag nur insoweit geltend gemacht werden, als sie unmittelbar dem Betriebszweck dienen oder für Wohnzwecke betriebszugehöriger Arbeitnehmer bestimmt sind. .....

Ein Investitionsfreibetrag darf gemäß 10 Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl Nr. 297/1995 bei Erwerb eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, nicht geltend gemacht werden.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Erwerb der Betriebsräumlichkeiten und der oben auszugsweise angeführten Wirtschaftsgüter als Erwerb eines Betriebes oder Teilbetriebes anzusehen ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Erwerb eines Betriebes (Teilbetriebes) vor, wenn die übertragenen Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen gebildet haben und objektiv geeignet sind, dem Erwerber die Fortführung des (Teil-)Betriebes zu ermöglichen. Es muss ein lebender (Teil-)Betrieb, das ist ein in seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens, übertragen werden (zB , Erwerb eines Erzeugungsbetriebes von einer in Konkurs befindlichen GmbH).

Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des veräußerten Betriebes (). Die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt sich einerseits aus der Art des Betriebes und andererseits nach ihrer Funktion innerhalb des konkreten Betriebes (). Abzustellen ist somit auf die Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus (; ; ; ).

Die Bw. hat vorgebracht, die übernommenen Wirtschaftsgüter (Betriebsgebäude, Einrichtungsgegenstände, wie zB Garderobekästen, Sessel, Tische, Büromöbel) würden nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes eines Fitnesscenters bilden; den eigentlichen Teil des Organismus dieses Betriebes würden die Fitnessgeräte bilden. Der Gerätepark der früheren Betreibergesellschaft sei aber in keiner Weise weiter genutzt (weder gekauft noch gemietet) worden. Weiters seien von der früheren Betreiberin weder Forderungen noch Verbindlichkeiten, weder Personal noch Kundenverträge übernommen worden.

Im Hinblick auf den Typus des gegenständlichen Betriebes, der sich als multifunktionales Freizeitcenter mit vielfältigen raumabhängigen sportlichen Betätigungsmöglichkeiten darstellt (Badminton, Sauna, Ballspiele, Fitnessbereich stellt das übernommene Betriebsgebäude zweifellos die wesentliche Betriebsgrundlage dar.

Arbeitskräfte sowie Forderungen und Schulden gehören in der Regel nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (siehe Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar II Tz. 41f). Im gegenständlichen Fall ist auch nicht erkennbar, dass etwa im Hinblick auf für den Betrieb erforderliche besondere fachlichen Qualifikationen des Personals, das Personal zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören würde.

Fitnessgeräte werden in der Regel an sich zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Fitnesscenters gehören. Gegenständlich wurden derartige Geräte nicht von der früheren Betreibergesellschaft übernommen, sondern von der Bw. Ende Dezember 1994 erworben, bzw. geleast.

Da es sich im berufungsgegenstädnlichen Fall aber nicht so sehr um ein "Fitnesscenter" mit dem Schwerpunkt Fitnessgeräte handelt, sondern um ein multifunktionales Freizeitzentrum, bei dem schon aufgrund des übernommenen Betriebsgebäudes und Inventars sportliche Aktivitäten in den Bereichen Badminton (Spielplätze, Netze), Saunabetrieb (Saunaanlage), Ballspiele, Gymnastik (Räumlichkeiten, Musikanlage) möglich waren, liegt bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, trotz der Nichtübernahme eines Geräteparks und von Kundenverträgen insgesamt die Übertragung eines Betriebes im Sinne des § 10 Abs. 5 EStG 1988 vor. Dafür spricht auch, dass die Bw. noch als Pächterin des Betriebes laut Jahresabschluss 1994 Erlöse in den Bereichen Badminton (S 240.495,55), Squash (S 102.795,02), Gymnastik, Sauna etc. mit den vorhandenen Anlagen erzielen konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Investitionsfreibetrag
Betrieb

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at