DB- und DZ-Pflicht für die Gehälter des Gesellschafter-Geschäftsführers
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Rauch Wirtschaftstreuhand GmbH, gegen den Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag über den Zeitraum bis des Finanzamtes Deutschlandsberg entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer unter anderem fest, dass für die im strittigen Zeitraum der zu 100 % an der Berufungswerberin beteiligten Geschäftsführerin vergüteten Bezüge kein Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag abgeführt wurde. Das Finanzamt erließ daraufhin den gegenständlich angefochtenen Bescheid.
In der dagegen erhobenen Berufung wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 22 Z. 2 und § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht erfüllt seien und daher die an die Geschäftsführerin gewährten Geschäftsführungshonorare keine Arbeitslöhne im Sinne des § 41 Abs. 3 FLAG darstellen würden.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass nach dem Gesamtbild der dargestellten Verhältnisse den Elementen einer nichtselbstständigen Tätigkeit - wie fehlendes Unternehmerrisiko, organisatorische Eingliederung in den Betrieb, Zurverfügungstellung der Infrastruktur, regelmäßiges pauschales Entgelt, Bindung an den Arbeitsort und Schulden der Arbeitskraft - nur jene Elemente - wie Weisungsfreiheit und freie Einteilung der Arbeitszeit - gegenüberstünden, die jedoch überwiegend aus der Stellung der Geschäftsführerin als Gesellschafterin und nicht als Geschäftsführerin entspringen würden oder für die Tätigkeit als leitende Angestellte typisch seien.
Dagegen erhob die Berufungswerberin den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gem. § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gem. § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gem. § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Nach § 22 Z. 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 57 Abs. 4 und 5 HKG idF BGBl. 958/1993 bzw. § 57 Abs. 7 und 8 HKG idF BGBl. 661/1994.
Wie der Verwaltungsgerichtshof seit den Erkenntnissen vom , 96/15/0121, und vom , 96/15/0094, in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist dem in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist allerdings das Vorliegen der auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden Weisungsgebundenheit anzunehmen. Sodann ist zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbstständigkeit oder jene der Selbstständigkeit im Vordergrund stehen (vgl. ).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, zitierte hg. Judikatur) stellt das steuerliche Dienstverhältnis auf die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sowie des Fehlens des Unternehmerwagnisses ab; nach dieser Rechtsprechung ist in Zweifelsfällen zudem auf weitere Kriterien (wie beispielsweise laufenden Arbeitslohn, Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung, fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, feste Urlaubseinteilung) abzustellen. Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist somit ein durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneter Typusbegriff. Solchen Typusbegriffen sind die realen Erscheinungen an Hand einer Mehrzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssen und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen hat (vgl. nochmals das Erk. des Verfassungsgerichtshofes G 109/00).
Der Verfassungsgerichtshof hat in dem oben zitierten Erkenntnis G 109/00 darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsgebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutrifft. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsgebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und vom , 99/14/0136), fixer Arbeitsort (Erk. vom , 99/14/0226), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (Erk. vom , 98/13/0014), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (Erk. vom , 99/14/0339, und vom , 98/15/0200), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (Erk. vom , 99/14/0339).
Zusammenfassend kann somit, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erk. vom , 2001/14/0054, erkannt hat, festgestellt werden, dass das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit vor allem auf folgende Kriterien abstellt: die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung.
Bei der Anwendung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ist ausgehend (vor allem) von den im letzten Absatz genannten Kriterien zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen (vgl. die hg. Erk. vom , 2001/14/0054, und 2001/14/0052).
Ein Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwändungen selbst aufkommen muss (vgl. , und 2001/14/0052). Im Vordergrund steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder gar auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft kommt es nicht an.
Die Berufungswerberin hat mit der Geschäftsführerin jährlich einen gleich lautenden "Werkvertrag" abgeschlossen, wonach die Geschäftsführerin als Honorar einen Betrag von S 600.000,- erhalten hat, der in monatlichen Teilbeträgen von S 50.000,- jeweils am Monatsletzten fällig war. Aus dem buchhalterischen Geschäftsführerbezugskonto des Jahres 1998 und 1999 ergibt sich, dass der Geschäftsführerin monatlich S 50.000,- als Geschäftsführerhonorar vergütet wurden.
Mit der Vereinbarung eines monatlich gleich bleibenden Bruttopauschalhonorars hat die Geschäftsführerin der Berufungswerberin Anspruch auf ein Fixgehalt und es ist von einer laufenden Entlohnung auszugehen. Ein derartiger Fixbezug steht der Annahme eines relevanten Unternehmerwagnisses nach der Judikatur des VwGH allerdings entgegen (vgl. ) und stellt nach der weiteren Rechtsprechung des VwGH ein starkes Indiz gegen das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses dar (vgl. ). Ein einnahmenseitiges wesentliches Unternehmerrisiko wird mit einer derartigen Vergütung nicht aufgezeigt, da die Geschäftsführerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit von der Berufungswerberin entlohnt wird. Aber auch die Entlohnung entsprechend der Ertragslage ist nach der Verkehrsauffassung auch bei Dienstverhältnissen, vor allem bei Arbeitnehmern in leitender Position, wie auch die Delegierung von Arbeit und die Heranziehung von Hilfskräften beim leitenden Führungspersonal eine nicht unübliche Vorgangsweise und kein spezifisches Merkmal einer selbstständigen Tätigkeit ( und vom , 99/14/0339).
Ausgabenseitig ist zu bemerken, dass die Geschäftsführerin die gewerbliche Sozialversicherung und das Betriebsausgabenpauschale in ihren Einkommensteuererklärungen als Ausgaben geltend gemacht hat. Damit zeigt sie ausgabenseitig ebenfalls kein wesentliches Unternehmerrisiko auf, da die Belastung der Sozialversicherung und weiterer beruflich bedingter Ausgaben auch nichtselbstständig tätige Dienstnehmer trifft.
Nach dem Erkenntnis des , ist die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer21, § 19 Anm. 72f). Die Judikatur des VwGH ist von einem funktionalen Verständnis des Begriffes der Eingliederung des Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der GesmbH geprägt. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0255, vom , 98/15/0200, und vom , 99/14/0339). Laut Firmenbuch hat die Geschäftsführerin die rückwirkend mit gegründete Berufungswerberin seit vertreten.
Die Tätigkeit der Geschäftsführerin setzt unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pflichten eines Geschäftsführers eine funktionale Einbindung der Geschäftsführerin in den Organismus der Berufungswerberin eindeutig voraus. Es ist daher von einer Eingliederung der Geschäftsführerin in den geschäftlichen Organismus der Berufungswerberin auszugehen, zumal eine derartige Feststellung des Prüfers in der Beilage zum Prüfungsbericht auch gar nicht konkret bestritten wurde.
Im Ergebnis wird die Auffassung vertreten, dass die Beschäftigung der Geschäftsführerin ungeachtet ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als wesentlich beteiligte Gesellschafterin mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin erzielt aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb sie iSd Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmerin ist. Dies löst die Pflicht aus, von den Bezügen der Geschäftsführerin den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen. Die Berufung war daher vollinhaltlich abzuweisen.
Graz,
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 57 Abs. 4 HKG, Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946 § 57 Abs. 5 HKG, Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946 § 57 Abs. 7 HKG, Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946 § 57 Abs. 8 HKG, Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946 |
Schlagworte | Gesellschafter-Geschäftsführer Unternehmerwagnis Eingliederung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at