Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 16.04.2004, RV/0379-S/03

Ist bei einem Softwarebetreuer das häusliche Arbeitszimmer absetzbar.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Gangl & Partner Wirtschaftstreuhand GmbH & Co KEG, gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land betreffend Einkommensteuer 2000 und 2001 entschieden: Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Strittig ist bezüglich beider Bescheide die Abzugsfähigkeit des häuslichen Arbeitszimmers.

§ 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 lautet:

"Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig."

Nach der Judikatur () ist die Prüfung, ob ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt, nur aus der Sicht der Einkunftsquelle vorzunehmen, für die das Arbeitszimmer notwendig ist.

Aufgrund der einkunftsquellenbezogenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua. Zl. 89/15/0100; Zl. 99/14/0283) ist für die Absetzbarkeit von Aufwendungen und Ausgaben für das häuslichen Arbeitszimmer Voraussetzung, dass

  • die im Arbeitszimmer ausgeübte Betätigung des Steuerpflichtigen den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen oder beruflichten Tätigkeit darstellt,

  • im Sinne der bisherigen Rechtsprechung ( Zl.97/15/0142) die Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen den Aufwand unbedingt - auch auslastungsbedingt - notwendig macht ( Zl. 89/13/0145) und

  • der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum auch tatsächlich (nahezu) ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird.

Die Besonderheit des häuslichen Arbeitszimmers liegt darin, dass seine (Mit)Nutzung im Rahmen der Lebensführung nach der in den Erläuterungen angesprochenen Lebenserfahrung vielfach nahe liegt, von der Behörde aber der Nachweis seiner Nutzung für die Lebensführung, zumal ein solcher Ermittlungen im engen Privatbereich des Steuerpflichtigen erfordert, nur schwer zu erbringen ist ().

Aus diesem Grund bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das Arbeitszimmer auch davon abhängig macht, dass es den Mittelpunkt der entsprechenden Betätigung des Steuerpflichtigen darstellt. So hat die Beurteilung, ob das Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt darstellt nach dem typischen Berufsbild zu erfolgen (vgl. Langheinrich/Ryda, Das Arbeitszimmer im Lichte der Steuerreform BGBl. 201/1996, FJ 1999, 306).

Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt, hat nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, sohin nach dem typischen Berufsbild, zu erfolgen.

Lässt sich eine Betätigung (Berufsbild) in mehrere Tätigkeitskomponenten zerlegen, erfordert eine Beurteilung nach der Verkehrsauffassung eine wertende Gewichtung dieser Teilkomponenten. Diese wertende Gewichtung führt im Ergebnis zu der Beurteilung, wo der Mittelpunkt oder Schwerpunkt einer Tätigkeit nach seinem Berufsbild gelegen ist.

Nach dem Mittelpunkt oder Schwerpunkt lassen sich folgende Typen von Tätigkeiten und Berufsbildern unterscheiden:

a) Solche, deren Schwerpunkt der Tätigkeit jedenfalls außerhalb eines Arbeitszimmers liegt:

Bei derartigen Tätigkeiten bestimmt die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte Tätigkeitskomponente das Berufsbild entscheidend. Die mit der Tätigkeit auch verbundene Tätigkeitskomponente, die auf das Arbeitszimmer entfällt, ist demgegenüber bei Beurteilung des Berufsbildes typischerweise nicht wesentlich. (z.B. Lehrer, Richter, Politiker, Berufsmusiker, Dirigent, darstellender Künstler, Vortragender, u.ä.).

b) Tätigkeiten (Berufsbilder), deren Mittelpunkt (Schwerpunkt) in einem Arbeitszimmer liegt:

Die Tätigkeit wird entweder ausschließlich in einem Arbeitszimmer ausgeübt oder umfasst (Tätigkeits-)Komponenten, die außerhalb des Arbeitszimmers und solche die in einem Arbeitszimmer ausgeübt werden, wobei die (Tätigkeits-)Komponente, die auf das Arbeitszimmer entfällt, typischerweise nicht als für das Berufsbild (bloß) unwesentlich zu bezeichnen ist (Gutachter, Schriftsteller, Dichter, Maler, Komponist, Bildhauer, Heimarbeiter, "Heimbuchhalter", Teleworker).

Wenn eine Einkunftsquelle nur eine einem einzigen Berufsbild zuzuordnende Tätigkeit umfasst, so ist in derartigen Fällen die Frage der Abzugsfähigkeit des Arbeitszimmers (ausschließlich) nach dem Berufsbild zu entscheiden:

Ist die Tätigkeit eine solche, bei der (ihrem Berufsbild nach) der Mittelpunkt jedenfalls außerhalb des Arbeitszimmers liegt, stellt das Arbeitszimmer keinen Mittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dar.

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend ist das Arbeitszimmer dann als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit zu sehen, wenn der überwiegende Teil der Erwerbstätigkeit in diesem ausgeübt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn etwa wie bei Richtern vom Arbeitgeber ein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird oder wie etwa bei Politiker, Lehrer oder Vertreter, wenn die betriebliche oder berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des Hauses und folglich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers ausgeübt wird.

Vergleiche folgende Rechtsprechung: Zl. 93/14/0087 zu Richter, Zl. 98/13/0132 zu Lehrer, Zl. 99/14/0283, Zl. 99/14/0008, zu Vertreter.

Lediglich im Zweifel wird jedoch darauf abzustellen sein, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle genutzt wird.

Entsprechend obiger Ausführungen zu den gesetzlichen Bestimmungen des § 20 EStG idF nach dem Strukturanpassungsgesetz 1996 sind Aufwendungen im Zusammenhang mit einem häuslichen Arbeitszimmer nur dann anzuerkennen, wenn der Arbeitsraum den Mittelpunkt der entsprechenden Betätigung des Steuerpflichtigen darstellt und der überwiegende Teil der Erwerbstätigkeit in diesem ausgeübt wird.

Der UFS hat bereits entschieden, dass bei einem Informatiker, dessen vordringliche Aufgabe die Beratung von Kunden und Entwicklung und Einrichtung von Programmen für diese Kunden ist, der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit im außerhäuslichen Bereich liegt, auch wenn die Programme im häuslichen Arbeitszimmer entwickelt werden (RV/1366-L/02).

Der Bw. hat mit Dienstvertrag beim DG die Funktion "Organisation und Betreuung des Krankenhausinformationssystemes" übernommen. Der Bw. hat daher jene Firmen vor Ort, d.h. direkt beim Kunden zu betreuen, mit denen der DG Wartungsverträge (Betreuung und Wartung von Branchensoftware) abgeschlossen hat. Mittelpunkt der Tätigkeit nach den Lebenserfahrungen und dem Allgemeinwissen ist daher der Standort der Firma, wo der Bw. die Wartung des EDV-Systems durchzuführen hat.

Das zentrale Tatbestandsmerkmal "Mittelpunkt der Tätigkeit" wird im gegenständlichen Fall deshalb verneint, da nach der zum häuslichen Arbeitszimmer ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dieser Begriff nach dem materiellen Schwerpunkt der Tätigkeit auszulegen ist und sohin das Zentrum der Aktivität des Bw. nicht in seinen vier Wänden, sondern in den Räumlichkeiten der jeweiligen nach den Wartungsverträgen des DG zu betreuenden Firma über die gesamte Normaldienstzeit im Ausmaß von 38,5 Stunden gegeben ist.

Wenn er über diese Zeit hinaus lediglich erreichbar sein muss, um bei Softwareproblemen Hilfestellung leisten zu können, so verändert sich damit nicht das typische Berufsbild des Softwarebetreuers, der vor Ort "seine" Firma zu betreuen hat.

Der Mittelpunkt einer Tätigkeit iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG ist nach dem materiellen Schwerpunkt der Tätigkeit zu beurteilen; nur in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (, , 99/14/0008).

Nachdem der Bw. seine gesamte Normaldienstzeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers leistet, in seiner Freizeit ein Studium an der FH betrieben hat, erweist sich das Arbeitszimmer weder nach dem Berufsbild - was bereits sachentscheidend ist - noch nach dem überwiegenden Teil der Erwerbstätigkeit als anerkennungsfähig.

Die Behauptung, die Tätigkeit des Bw. sei daher mit einem "Teleworker" zu vergleichen, widerspricht dem Dienstvertrag und der faktischen Arbeitssituation, wie sie vom Bw. selbst dargestellt wird, dass er die Normaldienstzeit für seinen DG beim Kunden zu erfüllen hat.

Vom Abzugsverbot sind auch die Einrichtungsgegenstände des Arbeitszimmers erfasst, selbst wenn sie (auch) betrieblich bzw. beruflich genutzt werden. Als Einrichtungsgegenstände sind beispielsweise Stühle, (Schreib-)Tische, (Schreibtisch-)Lampen, Schränke, Vorhänge, Teppiche, Bilder, Wandverbauten, Bücherregale und Kommoden anzusehen. Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände wie zB Bücherregale sowie als Einrichtungsgegenstände anzusehende Schreibtische sind auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie als Arbeitsmittel im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 anzusehen wären. Typische Arbeitsmittel wie zB Computer einschließlich Computertische, Kopier- und Faxgeräte, Drucker, EDV-Ausstattungen, Telefonanlagen bleiben hingegen bei entsprechender beruflicher oder betrieblicher Verwendung abzugsfähig, und zwar auch dann, wenn sie in Privaträumen oder einem nicht abzugsfähigen Arbeitszimmer aufgestellt werden.

Einrichtungsgegenstände können nur dann als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn sie in einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitszimmer Verwendung finden, (nahezu) ausschließlich der beruflichen Benützung dienen und der Umfang der Tätigkeit solche Gegenstände erfordert.

Da kein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer vorliegt, sind auch die Einrichtungsgegenstände vom Abzugsverbot betroffen.

Salzburg,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Arbeitszimmer
Softwarebetreuer

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at