Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Strafaufschub der Ersatzfreiheitsstrafe
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/14/0022 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 4, Hofrat Dr. Peter Binder, in der Finanzstrafsache gegen HS, Warenpräsentator, geb. , L, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , SN 046-2001/00452-001, dieses vertreten durch Amtsrat Claudia Enzenhofer, betreffend Abweisung des Strafaufschubes gemäß § 177 Abs. 3 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)
zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, dass für die aus SN 046-2001/00452-001 offene Ersatzfreiheitsstrafe Strafaufschub bis zum gewährt wird.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag auf Strafaufschub gemäß § 177 FinStrG betreffend den Vollzug der mit Erkenntnis des unabhängigen Finanzsenates Außenstelle Linz Finanzstrafsenat 4 vom , GZn. FSRV/0005-L/03 und FSRV/0008-L/03, zur SN 2001/00452-001 gegenüber dem Bf. für den Fall der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe iHv. 40.000,00 € ausgesprochenen und gegenüber erstinstanzlichen Erkenntnis unverändert gebliebenen Ersatzfreiheitsstrafe von acht Wochen bis zum bzw. auf Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe in drei Teilen, nämlich vom bis zum , vom bis zum und im August 2005 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass die im Antrag geltend gemachten Gründe der erforderlichen Anwesenheit bzw. Mitarbeit im Betrieb der Gattin bis zum Aufbau eines gesicherten Kundenkreises bzw. die bei Nichtgewährung eintretende Gefährdung des Erwerbes bzw. des Unterhaltes der schuldlosen Familie insofern keinen triftigen Grund darstellten, da nach der Sachlage nicht davon ausgegangen werden könne, dass es gerade der Anwesenheit des Bf. bis zum Jahresende 2004 bedürfe, um in dem an sich von Unwägbarkeiten und erheblichen Risiko bestimmten Erwerbszweig der Warenpräsentation einen bisher offenbar noch nicht existierenden gesicherten Kundenkreis aufzubauen und die (sofortige) Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe sowohl für die Gefährdung des Erwerbes als auch des Familienunterhaltes allenfalls mitkausal wäre. Im Übrigen bedeute jede Verbüßung einer Freiheitsstrafe eine Einschränkung des Erwerbs und sei ein Strafaufschub iSd. § 177 FinStrG nur für die Fälle vorgesehen, in denen besonders schwerwiegende, mit dem Vollzug typischerweise nicht verbundene Folgen abzuwenden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die im Wege des Finanzamt Linz fristgerecht eingebrachte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:
Ein Blick auf die aktuellen Unternehmenskennzahlen, nämlich die Umsatzentwicklung im Zeitraum Jänner bis Juni 2003 und 2004 bzw. in der zweiten Jahreshälfte ("Weihnachtsgeschäft") mache deutlich, dass das angestrebte Planziel, bis Ende 2004 Reserven aufzubauen, zudem ab November 2004 weitere umsatzfördernde Maßnahmen (Verkauf über das Internet) geplant seien, durchaus realistisch sei. Es werde daher beantragt, dem Antrag auf Strafaufschub voll inhaltlich stattzugeben.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 177 Abs. 1 FinStrG kann auf Antrag des Bestraften die Finanzstrafbehörde erster Instanz bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug aufschieben. Triftige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn durch den unverzüglichen Strafantritt der Erwerb des Bestraften oder der Unterhalt seiner schuldlosen Familie gefährdet würde oder wenn der Aufschub zur Ordnung von Familienangelegenheiten dringend geboten ist. Der Aufschub darf das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten; er soll in der Regel nicht mehr als sechs Monate betragen. Die Bewilligung kann an die Leistung einer Sicherheit geknüpft werden; § 88 Abs. 3 bis 5 und Abs. 7 lit. d gilt mit der Maßgabe, dass die Sicherheit für verfallen zu erklären ist, wenn der Bestrafte die Strafe aus seinem Verschulden nicht rechtzeitig antritt.
Im Anlassfall wurde der Bf. auf Grund der von der Finanzstrafbehörde erster Instanz festgestellten Uneinbringlichkeit der im Strafverfahren SN 2001/00452-001 ausgesprochenen Geldstrafe (vgl. Einbringungsakt zu StNr. 12) mit Schreiben vom gemäß § 175 Abs. 2 FinStrG aufgefordert, die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe (irrtümlich beziffert mit 54 Tagen und 5 Stunden an Stelle von 56 Tagen) anzutreten.
Voraussetzung für eine im Ermessen der Finanzstrafbehörde liegende Maßnahme ist somit, anders als nach der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Z 2 lit. a StVG, der auf die (höhere) Zweckmäßigkeit eines Aufschubes des Vollzuges der Freiheitsstrafe abstellt, dass durch den unverzüglichen Strafantritt beispielsweise der (eigene) Erwerb des Bestraften oder der Familienunterhalt gefährdet würde. Eine bloße mit dem Vollzug einer Freiheitsstrafe nahezu naturgemäß einhergehende Einschränkung des Erwerbs reicht, wie von der Erstbehörde zutreffend festgestellt, daher für einen ausschließlich auf die Vermeidung bzw. Abwendung gravierender, üblicherweise nicht auftretender und nicht beabsichtigter Vollzugsfolgen gerichteten Aufschub jedenfalls nicht aus. Zum Anderen kann aber auch dann, wenn auf Grund der angespannten wirtschaftlichen bzw. persönlichen Verhältnisse des Bestraften entweder der eigene Erwerb oder auch nur die Einhaltung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen nicht bzw. nicht ausreichend gesichert erscheinen, insbesondere dann, wenn mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass in der Vergangenheit die Verpflichtungen gegenüber den (schuldlosen) Unterhaltsberechtigten bestritten werden konnten, durchaus der sofortige Vollzug der Freiheitsstrafe (zusätzlich) zu einer so weit gehenden weiteren Verdichtung der latent bereits vorhandenen Gefährdungssituation führen, dass dies ausreicht, um einen triftigen Grund iSd. zitierten Bestimmung konstatieren zu können.
Der (in zweiter Ehe) mit DS verheiratete Bf. ist nach der Aktenlage unterhaltspflichtig für zwei Kinder (aus erster Ehe) im Alter von 17 bzw. 14 Jahren (monatliche Alimentationszahlungen iHv. insgesamt 365,00 €). Er arbeitet seit Oktober 2002 (vom bis als Angestellter und danach ohne aufrechtes Beschäftigungsverhältnis) im seit Mai 2002 bestehenden (Gewerbe-)Betrieb seiner nunmehrigen Ehegattin, der den Handel mit Putzmitteln, Allergiedecken etc. im Rahmen von Produkt-Präsentationsveranstaltungen zum Gegenstand hat, StNr. 34, erzielte Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid 2002: 6.352,73 € mit und verfügt somit über kein eigenes feststehendes Einkommen. Hinsichtlich der übrigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird auf den Einbringungsakt zu StNr. 56 verwiesen. Sowohl die Lebenshaltungskosten als auch die Unterhaltsverpflichtungen des Bf. werden offenbar aus dem von DS im Rahmen des Gewerbetriebes erzielten gemeinsamen Familieneinkommen bestritten.
Laut Veranlagungsakt zur StNr. 34 betrugen die steuerbaren Umsätze laut Umsatzsteuervoranmeldungen im noch nicht erklärten Veranlagungsjahr 2003 73.837,50 €, wobei nahezu 40 % der Umsätze auf das letzte Quartal entfielen. Die für das laufende Kalenderjahr bisher eingereichten monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen lassen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres eine deutliche Umsatzsteigerung iHv. annähernd 70 % erkennen. Ein Umsatzsteuerzahllastvergleich der Voranmeldungszeiträume 1-8/2003 mit dem laufenden Kalenderjahr ergibt eine Steigerung von annähernd 28 %.
Obwohl eine endgültige Aussage hinsichtlich der laut Angaben des Bf. gegenüber den Vorjahren deutlich gebesserten Ertragssituation sowohl mangels Vorliegen entsprechender Rechnungsabschlüsse bzw. weiterer relevanter Unternehmenskennzahlen als auch mangels eines ausreichend langen Beobachtungszeitraumes zum derzeitigen Zeitpunkt zweifellos nicht möglich ist, reichen die o.a. bisher bekannt gewordenen betrieblichen Daten dennoch aus, um die Argumentation des Bf., die Ertragssituation des Betriebes habe sich nicht zuletzt auf Grund seiner (unentgeltlichen) Mitarbeit gegenüber den Vorjahren gebessert bzw. dass gerade in den letzten Monaten des Kalenderjahres ("Weihnachtsgeschäft") erfahrungsgemäß mit einer Umsatzsteigerung zu rechnen sei, zu stützen. Wenn nun geltend gemacht wird, gerade durch den in diese Betriebsperiode fallenden Ausfall des Bf. in Folge des sofortigen Antritts der annähernd zwei Monate umfassenden Ersatzfreiheitsstrafe werde nicht nur der eigene Erwerb des Bf. (vorübergehend), sondern vor allem der von ihm zu leistende gesetzliche Unterhalt ernsthaft gefährdet, so kann dem an Hand der bisher bekannten Faktenlage nicht wirksam entgegengetreten werden. Dabei steht allerdings nicht so sehr die eigene durch den zeitlich mit 56 Tagen befristeten Arbeitsausfall zwar (naturgemäß) eingeschränkte Erwerbssituation des Bf., der wohl auch nach der Verbüßung der gegenständlichen Ersatzfreiheitsstrafe seine Tätigkeit im Betrieb seiner Gattin wieder aufnehmen kann, sondern vor allem die Sicherung der von ihm zu leistenden Unterhaltszahlungen im Vordergrund.
Diese Überlegungen gelten allerdings nicht für den zusätzlich zum Strafaufschub bis zum geltend gemachten weiteren Teilaufschub bis nach dem 15. Mai bzw. nach dem , da diesbezüglich die dargestellte Sachlage keinen triftigen Grund iSd. § 177 Abs. 1 FinStrG erkennen lässt. Selbst im Antrag vom wird nämlich für das Kalenderjahr 2005 bereits vom Vorhandensein entsprechender Reserven ausgegangen und ergibt sich auf Grund der oben dargestellten Aktenlage für den Bf. zweifellos die Möglichkeit, für die während der Dauer der ununterbrochenen Verbüßung der Freiheitsstrafe zu leistenden Unterhaltszahlungen nicht zuletzt auf Grund der gesteigerten Ertragssituation im letzten Quartal noch im laufenden Kalenderjahr entsprechend vorzusorgen. Ein (weiterer) Aufschub einer nach der Teilverbüßung dann insgesamt unter einem Monat liegenden Restfreiheitsstrafe erscheint daher weder unter dem Aspekt der Erwerbs- noch der Unterhaltsgefährdung rechtfertigbar bzw. unbedingt notwendig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 177 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Strafaufschub triftige Gründe Gefährdung des Familienunterhalts |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at