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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 18.10.2004, RV/0835-G/02

Die Verjährungsfrist beginnt bei der Grunderwerbsteuer nach der neuen Rechtslage auf Grund des ABGÄG 2003, BGBl I 2003/124 mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen. Eine ordnungsgemäße (vollständige) Anzeige ist nicht gefordert.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Grunderwerbsteuer 1997 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom erwarb die Berufungswerberin gemeinsam mit ihrem damaligen Ehegatten vom Veräußerer je zur Hälfte aus dem Gutsbestand der dem Verkäufer gehörenden Liegenschaft EZ X KG Y das Grundstück Nr. 609/109 im Ausmaß von 375 m². Als Gegenleistung verpflichteten sich die Käufer S 625,00 pro m² (das sind S 234.375,00) sowie eine einmalige Vergütung in Höhe von S 45.000,00 als Kostenbeitrag für die Herstellung der Verkehrswege zu bezahlen. Übergabe und Übernahme in den physischen Besitz erfolgte mit Unterzeichnung des Vertrages. Punkt IV des am dem Finanzamt angezeigten Vertrages hat folgenden Wortlaut:"(1) Alle Grundstücke, die vom Verkäufer als Bauflächen im Rahmen des Projektes "AnlageXY" abverkauft werden, sollen nun möglichst bald ihrem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt werden, damit das gesamte Siedlungsprojekt dieser Wohnanlage in absehbarer Zeit realisiert ist und Baulücken nicht den Eindruck und die Benützung der Anlage beeinträchtigen.Der (die) Käufer verpflichtet (verpflichten) sich, auf dem Kaufobjekt jenes Wohnhaus zu errichten, welches in der Gesamtplanung des Architekten Dipl. Ing. W.K., Linz, dort vorgesehen ist und für welches die Baubewilligung bereits erwirkt wurde. Der Verkäufer wird dafür sorgen, dass die auf das Kaufobjekt bezughabende Baubewilligung auf den (die) Käufer mit allen Rechten und Pflichten übertragen wird (§ 64 Abs. 1 OÖ Bauordnung).(2) Kommt (kommen) der (die) Käufer dieser Verpflichtung zur Bezugsfertigstellung innerhalb von acht Jahren ab Abschluss dieses Vertrages nicht nach, hat der Verkäufer das Recht, das Kaufobjekt wieder zurückzukaufen, wobei der Wiederkaufspreis den Ersatz aller einwandfrei nachgewiesenen Geldaufwendungen umfasst, die der (die) Käufer oder deren Rechtsnachfolger zum Erwerb des Grundstückes und zur Errichtung des Wohnhausrohbaues hatte(n), allerdings ohne Wertsicherung und ohne zwischenzeitige Verzinsung".

Für diesen Erwerbsvorgang wurde Grunderwerbsteuerbefreiung wegen Schaffung einer Arbeiterwohnstätte gemäß § 4 Abs.1 Z 2 lit. a GrEStG 1955 beantragt. Mit Vorhaltsbeantwortung vom (der diesbezügliche Vorhalt wurde am zugestellt) gab die Berufungswerberin dem Finanzamt die Errichtung der Arbeiterwohnstätte mit Gesamtkosten von rund S 2,600.000,00 bekannt.

Mit Vorhalt vom wurde die Berufungswerberin zwecks Überprüfung der Bauherreneigenschaft vom Finanzamt aufgefordert, zu zahlreichen diesbezüglichen Fragen Stellung zu nehmen. Nach Abschluss der Ermittlungen wurde mit Bescheid vom Grunderwerbsteuer in Höhe von S 63.151,00 festgesetzt. Begründet wurde die Vorschreibung mit der Überschreitung des für die Gewährung der Grunderwerbsteuerbefreiung höchst zulässigen Nutzflächenausmaßes und der fehlenden Bauherrenqualifikation der Berufungswerberin. Als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer wurden die anteiligen Grund- und Baukosten sowie das auf die Berufungswerberin entfallende Architektenhonorar herangezogen. In der dagegen eingebrachten Berufung wurde zunächst darauf verwiesen, dass die Ehe zwischen der Berufungswerberin und ihrem Ehegatten mittlerweile geschieden worden sei. Laut Scheidungsvergleich habe ihr geschiedener Mann alle mit der Übertragung des Eigentums verbundenen Steuern, Gebühren und Kosten alleine zu übernehmen. Die nachträgliche Bezahlung der Grunderwerbsteuer in Höhe von S 63.151,00 für etwas, was schon lange Zeit nicht mehr ihr gehöre, würde nach Ansicht der Berufungswerberin eine unverhältnismäßige Härte darstellen. In einem ergänzenden Schreiben vom wurde darauf verwiesen, dass die Berufungswerberin alle für die Zuerkennung der Bauherreneigenschaft erforderlichen Voraussetzungen erfüllen würde. Neben der Tragung des finanziellen Risikos habe die Berufungswerberin die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die bauliche Gestaltung zu nehmen. Der Kaufvertrag sei nach dessen Abschluss dem Finanzamt ordnungsgemäß angezeigt worden. Aus dem Kaufvertrag gehe hervor, dass das gesamte Siedlungsprojekt dieser Wohnanlage in absehbarer Zeit realisiert werde würde und dass die Baubewilligung bereits erwirkt worden sei. Der gegenständliche Erwerbsvorgang sei damit verjährt. Die Berufungswerberin erkläre sich mit einer derart restriktiven Auslegung von Bestimmungen im Zusammenhang mit einem Gesetz, dass später vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben wurde, nicht einverstanden. Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, dass als Gegenleistung in der dem Finanzamt vorgelegten Abgabenerklärung lediglich der Kaufpreis für Grund und Boden bekannt gegeben worden sei. Zudem sei die Befreiung von der Grunderwerbsteuer beantragt worden. Aus dem Kaufvertrag gehe die mangelnde Bauherrenqualifikation der Berufungswerberin nicht eindeutig hervor. Zu dieser Erkenntnis hätten erst zahlreiche Ermittlungen des Finanzamtes geführt.

Die mangelnde Bauherreneigenschaft der Berufungswerberin wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Errichtung der Reihenhausanlage bereits vor dem Grundstückskauf von einem Architekten geplant gewesen sei und die Fixpreise für diese Gebäude bereits festgesetzt worden seien. Dagegen wurde rechtzeitig der Vorlageantrag eingebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 207 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) beträgt die Verjährungsfrist bei der Grunderwerbsteuer grundsätzlich fünf Jahre.

Nach § 208 Abs. 1 lit. a der Bundesabgabenordnung (BAO) beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im § 208 Abs. 2 BAO ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

§ 208 Abs. 2 BAO idF vor dem AbgÄG 2003 (BGBl I 124/2003) lautete: "Wird ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt; dies gilt sinngemäß auch für die gemäß § 18 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 140, zu erklärenden Umstände."

§ 208 Abs. 2 idF des AbgÄG 2003, BGBl I 124/2003 lautet: "Bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerben von Todes wegen oder Zweckzuwendungen von Todes wegen beginnt die Verjährung frühestens mit Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde vom Erwerb oder von der Zweckzuwendung Kenntnis erlangt."

Der neue § 208 Abs. 2 BAO fordert für den Verjährungsbeginn lediglich die behördliche Kenntniserlangung des Erwerbsvorganges an sich. Für die Grunderwerbsteuer ist nunmehr lediglich auf die allgemeinen Bestimmungen des § 208 Abs. 1 BAO abzustellen. Eine ordnungsgemäße (vollständige) Anzeige ist nicht gefordert. Die Verjährungsfrist beginnt daher bei der Grunderwerbsteuer bereits mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, unabhängig davon, ob die Behörde vom Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt hat oder nicht.

Die Neufassung des § 208 Abs. 2 BAO trat mangels ausdrücklicher In-Kraft-Tretens-Regelung mit dem Tag nach Kundmachung des AbgÄG 2003 im Bundesgesetzblatt am in Kraft. Verjährungsbestimmungen sind nach der Rechtsprechung (vgl. ) Normen des Verfahrensrechts. Treten Änderungen solcher Normen in Kraft, so ist die Neufassung für Amtshandlungen ab In-Kraft-Treten anzuwenden. Sie gilt somit auch für vor In-Kraft-Treten verwirklichte Sachverhalte und ebenso für offene Abgabenverfahren wie z. B. Berufungsverfahren (vgl. Ritz, Verjährung und Rechtsschutz, SWK 34/2003). Die Verjährung wird gemäß § 209 Abs. 1 BAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Im gegenständlichen Fall ist der Abgabenanspruch im Jahr 1986 entstanden. Die Überprüfung der beantragten Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1955 erfolgte mit Schreiben des Finanzamtes vom . Nach weiteren Ermittlungen betreffend die Bauherrenqualifikation wurde mit Bescheid vom für den am angezeigten Kaufvertrag erstmalig Grunderwerbsteuer vorgeschrieben. Während der fünfjährigen Verjährungsfrist, welche am zu laufen begann, hat das Finanzamt keine zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommene Unterbrechungshandlungen (§ 209 Abs. 1 BAO) aktenkundig gesetzt, sodass die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des eingetreten ist. Die nach dem Eintritt der Verjährung durch das Finanzamt gesetzten Maßnahmen ab Dezember 1992 waren daher auf den Eintritt der Verjährung ohne Einfluss.

Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid vom war daher aus verfahrensrechtlichen Gründen unter Beachtung der neuen Rechtslage, welche seit in Kraft ist, aufzuheben.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Beginn der Verjährungsfrist
Kenntniserlangung des Erwerbsvorganges
Verjährung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at