Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSL vom 11.10.2004, FSRV/0115-L/02

Beschwerde gegen Einleitungsbescheid wegen strafbefreiender Selbstanzeige

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 4, Hofrat Dr. Peter Binder, in der Finanzstrafsache gegen EM, Vermittlungsagentur, geb. , P, vertreten durch Hochhold-Weninger-Treuhand GesmbH, Steuerberatungskanzlei, 4713 Gallspach, Salzburger Straße 7-9, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Finanzamtes Linz, vertreten durch Dr. Christian Kneidinger, vom , SN 046-2002/00178-991,

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Einleitungsbescheides wie folgt abgeändert:

Gegen EM wird das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass er vorsätzlich und gewerbsmäßig im Bereich des Finanzamtes Linz als Abgabepflichtiger durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen bzw. durch die Nichterklärung der tatsächlichen Einkünfte, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 2000 und 2001 eine Verkürzung an Einkommensteuer (E) iHv. insgesamt 16.074,48 €, nämlich E 2000: 10.114,51 € und E 2001: 5.959,97 €, dadurch bewirkt hat, dass er die Einnahmen aus der Vermittlung von Häusern nicht bzw. nicht vollständig erklärt und hiermit ein Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 1 iVm. 38 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen hat.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 046-2002/00178-991 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Linz vorsätzlich und gewerbsmäßig als Abgabepflichtiger durch Nichtabgabe von Steuererklärungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 2000 und 2001 einen Verkürzung an E für 1998 bis 2001 iHv. 32.003,16 € (1998: 389,53 €, 1999: 14.375,27 €, 2000: 11.278,39 € und 2001: 5.959,97 €) und an Umsatzsteuer für 1998 bis 2001 iHv. 23.998,53 € (1998: 1.864,93 €, 1999: 10.019,04 €, 2000: 7.705,72 € und 2001: 4.408,84 €) dadurch bewirkt habe, dass er seine Einnahmen aus der Vermittlung von Häusern nicht erklärt habe und hiermit ein Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 1 iVm. 38 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben.

Begründet wurde der Bescheid im Wesentlichen damit, dass auf die Feststellungen der Abgabenbehörde aus Anlass einer Betriebsprüfung hingewiesen wurde und sich sowohl die vorsätzliche Handlungsweise als auch die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit aus den festgestellten Tatumständen ergebe. Der (rechtzeitig) eingebrachten Selbstanzeige komme keine strafbefreiende Wirkung zu, da nach Abweisung des (ersten) Zahlungserleichterungsansuchens die Abgaben nach § 212 Abs. 3 BAO sofort zu entrichten gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Gegen die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens sei das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden. Gleichzeitig sei mit der Abgabenbehörde eine mündliche Vereinbarung laut beiliegendem Protokoll getroffen worden, wonach er seiner derzeitigen Leistungsfähigkeit entsprechend monatliche Teilzahlungsbeträge iHv. 200,00 € zuzüglich 500,00 € vierteljährlich abstatten werde. Ab März 2003 solle dann eine neue Zahlungsvereinbarung getroffen werden. Es werde daher die Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens beantragt.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr zukommenden Verständigungen bzw. Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Gemäß Abs. 3 leg.cit. ist von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen, wenn

a) die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann,

b) die Tat kein Finanzvergehen bildet;

c) der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Rechtfertigungs-, Schuldausschließungsgründe oder Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe vorliegen,

d) Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern, oder

e) wenn die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde.

Ob im konkreten Einzelfall die Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen, ist aus der Summe der vorhandenen Anhaltspunkte zu beurteilen. Es genügt jedoch, wenn gegen den Beschwerdeführer ein Verdacht besteht. Das heißt, es müssen hinreichende Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Verdächtige als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt, und nicht wirklich sicher ist, dass ein im Abs. 3 lit. a bis e angeführter Grund für eine Abstandnahme von der Einleitung des Strafverfahrens vorliegt.

Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Vermutungen allein reichen für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht aus. Nicht jedoch ist es in diesem Verfahrensstadium schon Aufgabe der Finanzstrafbehörde, das Vorliegen eines Finanzvergehens konkret nachzuweisen oder auch Ergebnisse des durch die Einleitung erst in Gang gesetzten förmlichen Strafverfahrens vorwegzunehmen, weil diese Fragen erst im anschließenden Untersuchungsverfahren einer (endgültigen) Klärung zuzuführen sind.

Nach dem bisherigen Aktenstand zur angeführten SN sowie zur StNr.12 steht fest, dass der Bf. der neben seinen in den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 erzielten nsA-Bezügen ab 1998 noch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Vermittlung von Sonnenhäusern) iSd. § 23 EStG 1988 bezog, erstmals mit der als Selbstanzeige bezeichneten und bei der Abgabenbehörde am eingelangten Eingabe für die Veranlagungsjahre 1998 bis 2001 Einkommen- bzw. Umsatzsteuerjahreserklärungen einreichte. Gleichzeitig wurde hinsichtlich des zu erwartenden Steuernachzahlungsbetrages im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse um Ratenzahlung ersucht.

Nach den Feststellungen der im Anschluss an die Erklärungsabgabe durchgeführten Betriebsprüfung ABNr.34, Prüfungszeitraum 1998 bis 2001, kann auch für das gegenständliche Finanzstrafverfahren davon ausgegangen werden, dass dem Bf., der für die angeführten Jahre von seinen aus der Vermittlungstätigkeit erzielten und den Abgabenerklärungen jeweils zu Grunde gelegten Einnahmen (1998: 141.000,00 ATS, 1999: 757.000,00 ATS, 2000: 578.166,67 ATS und 2001: 333.333,33 ATS) "pauschale" Ausgaben iHv. 35% in Abzug gebracht hat ohne jedoch entsprechende Berechnungen bzw. Belege vorlegen zu können, wohingegen die tatsächlich betrieblich veranlassten Ausgaben ("Werbungskosten") laut Prüferfeststellungen lediglich 20% betrugen (vgl. insbes. Tz. 19 des Berichtes vom ), tatsächlich Einkünfte aus Gewerbetrieb iHv. 111.000,00 ATS (1998), 597.500,00 ATS (1999), 458.166,00 ATS (2000) und 263.333,00 ATS (2001) zugeflossen sind. Mit Bescheiden des Finanzamtes Linz vom wurden entsprechend diesen Feststellungen für die Veranlagungsjahre 1998, 1999, 2000 und 2001 die Umsatzsteuer (jeweils erklärungskonform), u.zw. für 1998 mit 25.662,00 ATS bzw. 1.864,93 €, für 1999 mit 137.865,00 ATS bzw. 10.019,04 €, für 2000 mit 106.033,00 ATS bzw. 7.705,72 € und für 2001 mit 60.667,00 ATS bzw. ,84 € und die E für 1998 mit 5.360,00 ATS bzw. 389,53 €, für 1999 mit 197.808,00 ATS bzw. 14.375,27 €, für 2000 mit 155.194,00 ATS bzw. 11.278,39 € und für 2001 mit 82.011,00 ATS bzw. 5.959,97 €, festgesetzt.

Für die Entrichtung der sich aus den angeführten Abgabenbescheiden ergebenden Abgabennachforderung wurden, nachdem mit dem im Berufungsweg (Gegenstandsloserklärung vom nach Zurücknahme der Berufung vom ) angefochtenen und somit bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom ursprünglich ein Zahlungsaufschub abgelehnt worden war, dem Bf. vom Finanzamt Linz am bzw. am hinsichtlich der Entrichtung des zu den angeführten Zeitpunkten jeweils noch offenen Abgabenbetrages Ratenzahlungen in dem von ihm beantragten Ausmaß, zuletzt mit Bescheid vom (Abstattung des nach Teilzahlungen verbliebenen Abgabenbetrages iHv. 21.883,18 € in 12 Teilzahlungen, davon 11 Monatsraten a 200,00 € zuzüglich 4 Quartalsraten a 500,00 € beginnend mit und einer am zu entrichtenden Restzahlung iHv. 17.683,18 €, bewilligt.

Nach regelmäßigen Teilzahlungen iHd. von der Abgabenbehörde festgesetzten Raten zum , , , , , , , , erfolgte 10. Teilzahlung iHv. 700,00 € am . Die 11. Teilzahlung iHv. 200,00 € erfolgte am . Die laut Ratenbewilligung am zu entrichtende Restzahlung iHv. 17.683,18 € wurde vom Bf. nicht geleistet. Nach einer weiteren Teilzahlung iHv. 200,00 € am haftetete am auf dem Abgabenkonto des Bf. zur StNr. 172/7810 ein vollstreckbarer Rückstand iHv. 17.187,39 €, davon aus E 2000 9.714,51 € bzw. aus E 2001 5.959,97 €, aus.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 ist u.a. dann bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungspflicht nicht festgesetzt werden konnten (§ 33 Abs. 3 lit. a FinStrG).

Eine Steuereinnahme wird nicht nur dann verkürzt, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie - ganz oder teilweise - dem Abgabengläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er gesetzlich darauf Anspruch hat (vgl. z.B. Zl. 98/13/0242).

Der Tatbestand einer Hinterziehung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen (vgl. § 45 EStG 1988) ist dann erfüllt, wenn der Abgabepflichtige durch unrichtige Angaben in der Jahressteuererklärung (des Vorjahres) bzw. durch Nichtabgabe der Jahressteuererklärung bewirkt, dass (auch) die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für den nachfolgenden Veranlagungszeitraum nicht bzw. nicht in voller Höhe bzw. nicht rechtzeitig festgesetzt werden können (vgl. BFH vom , Zl. VII R 74/96, NJW 1997, 2543).

Gemäß § 38 Abs. 1 lit. a leg.cit. gilt eine Abgabenhinterziehung als gewerbsmäßig begangen, wenn es dem Täter darauf ankommt, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Indem es der Bf. nach den bisherigen Erhebungsergebnissen unter Verletzung der ihn nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Veranlagungsjahre 1998, 1999, 2000 treffenden Offenlegungsverpflichtung unterlassen hat, termingerecht entsprechende Jahreserklärungen einzureichen und Abgabenverkürzungen iHv. insgesamt 45.632,88 € (Umsatzsteuer 1998: 1.864,33 €, 1999: 10.019,04 € und 2000: 7.705,72 €; E 1989: 389,53 €, 1999: 14.375,27 €, 2000: 11.278,39 € und 2001: 5.959,97 €) bewirkt hat, besteht ein entsprechender objektiver Tatverdacht in Richtung einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG jedenfalls zu Recht. Auf die hier in der Form des § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG vorliegende subjektive Tatseite kann ebenfalls angesichts der bisher festgestellten Tat- bzw. Täterumstände, denen zufolge die erzielten Einnahmen vom Bf., der mit Ausnahme der nSA-Bezüge iHv. brutto 72.868,00 ATS (2000) und 141.906,00 ATS (2001) über keine weiteren Einkunftsquellen verfügte, offenbar zur Bestreitung des Lebensunterhaltes herangezogen wurden (vgl. dazu z.B. Zl. 13 Os 8/72) mit der in diesem Verfahrensstadium erforderlichen Wahrscheinlichkeit geschlossen werden.

Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG wird derjenige, der sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung der zur Handhabung der verletzten Abgabenvorschriften zuständigen Behörde oder einer sachlich zuständigen Finanzstrafbehörde darlegt (Selbstanzeige).

War mit der Verfehlung eine Abgabenverkürzung verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände offen gelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger schuldet, den Abgabenvorschriften entsprechend entrichtet werden. Werden für die Entrichtung Zahlungserleichterungen gewährt, so darf der Zahlungsaufschub zwei Jahre nicht überschreiten; diese Frist beginnt bei nicht selbst zu berechnenden Abgaben mit der Bekanntgabe des Betrages an den Anzeiger zu laufen (§ 29 Abs. 2 FinStrG).

Im Anlassfall wurde die Selbstanzeige rechtzeitig (vgl. § 29 Abs. 3 leg.cit.) und auch in ausreichendem Umfang erstattet, doch steht hinsichtlich eines Teilbetrages von insgesamt 16.074,48 € (E 2000: 10.114,51 € und E 2001: 5.959,97 €) schon die Nichteinhaltung der mit Bekanntgabe der zu entrichtenden Abgabenbeträge in Gang gesetzten 2-Jahres-Frist der strafbefreienden Wirkung (vgl. dazu Reger/Hacker/Kneidinger, Das Finanzstrafgesetz, 3. Auflage, Band 1, K 29/13, S 610) entgegen, sodass mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens für diesen Teilbetrag spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Tatverdacht
strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at