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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 08.10.2004, RV/0413-K/02

Haftung, Geschäftsführer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des L.B., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes V., vertreten durch W.A., vom betreffend Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochten Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw. genannt) als Geschäftsführer der Firma T.GmbH zur Haftung für aushaftende Abgabenschulden herangezogen und aufgefordert, diese Abgaben binnen einem Monat ab Zustellung des Bescheides zu entrichten. Die Abgaben setzten sich wie folgt zusammen:


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Zeitraum
Abgabenart
Betrag in Euro
Juni 2001
Umsatzsteuer
2.732,99
Juli - September 2001
Lohnsteuer
3.096,71
Juli - September 2001
Dienstgeberbeitag
842,85
Juli - September 2001
Zuschlag zum DB
86,13
SUMME
6.758,68

Unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen führte das Finanzamt aus, die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung haben als deren gesetzlicher Vertreter dafür zu sorgen, dass Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten auch entrichtet werden. Sie haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen insoweit, als diese infolge schuldhafter Pflichtverletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht entrichtet werden können. Neben vereinnahmter Umsatzsteuern wären im Abgabenrückstand auch Abzugssteuern enthalten, welche nicht ordnungsgemäß an das Finanzamt abgeführt, sondern zur Abstattung anderer Verbindlichkeiten verwendet wurden. Dies stelle eine schuldhafte Pflichterletzung dar. Über das Vermögen der Firma T.GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes am das Konkursverfahren eröffnet. Weil die Abgabenschulden nicht mehr einbringlich wären, sei der Bw. als Geschäftsführer zur Haftung heranzuziehen.

Die T.GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet. Zweck der Gesellschaft war die Produktion und der Vertrieb von Heizsystemen im sanitären Bereich. Gesellschafter waren die Firma T.GmbH&Co.KG mit 51% und die in Österreich ansässige Firma W.GmbH mit 49%.

Am wurde über die Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Nachdem von den Gläubigern ein Kostenvorschuss zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens nicht einbezahlt wurde, hob das Landesgericht mit Beschluss vom den Konkurs mangels kostendeckenden Vermögens auf. Im Jänner 2002 fand bei der Firma T.GmbH eine Umsatzsteuernachschau für die Monate Juni bis November 2001 statt, welche ergab, dass die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit mit Ende Juli 2001 eingestellt hat. Die Primärschuldnerin hat die Umsatzsteuerzahllast für den Monat Juni 2001 dem Finanzamt nicht gemeldet und nicht mehr entrichtet (vgl. Tz 1 des Berichtes vom ).

Der Bw. retournierte mit Eingabe vom 15. Feber 2002 den Haftungsbescheid und vermerkte darauf handschriftlich, dass er seit dem nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei. Der Vermerk ist unterschrieben und mit dem Datum 1. Feber 2002 versehen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bw. um den Nachweis dafür, dass er als Geschäftsführer gegenüber der Generalversammlung oder den Gesellschaftern seinen Rücktritt erklärt habe. Unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen und den Umstand, dass der Bw. im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen ist, gehe das Finanzamt davon aus, dass der Bw. nach wie vor Geschäftsführer der Gesellschaft sei.

Nachdem der Bw. einen solchen Nachweis nicht erbrachte, wieß das Finanzamt die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Im Vorlageantrag konkretisierte der Bw. sein Berufungsvorbringen. Er sei nicht mehr Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen, weil er durch deren Hauptgesellschafter, die Firma T.GmbH&Co.KG per von allen Rechten und Pflichten entbunden wurde. Der Bw. übermittelte mit Eingabe vom 1.) die fristlose Kündigung des Dienstvertrages durch die Firma T.GmbH&Co.KG und die bezughabende Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der T.GmbH&Co.KG am ; und 2.) den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer der B.Bauelemente GmbH durch die Gesellschafterversammlung vom und die bezughabende Niederschrift über die außerordentlichen Gesellschafterversammlung am . Aufgrund dieser Maßnahmen sei er nicht mehr Geschäftsführer der T.GmbH gewesen.

Aus dem Bericht des Masseverwalters vom ergibt sich, dass die in Deutschland ansässige Gesellschafterin der T.GmbH (Primär- und Gemeinschuldnerin), die Firma T.GmbH&Co.KG Wand- und Fußbodenheizungen herstellt. Die Firma stellt Rohre her, welche in Österreich von der Gemeinschuldnerin vertrieben werden hätten sollen. Der Verkauf dieser Rohre sei in Österreich aber nicht zustandegekommen, weil die Gesellschaft in Deutschland bereits mit einem in Österreich ansässigen Installationsunternehmen einen Alleinvertriebsvertrag abgeschlossen hat. Als Ursache des Vermögensverfalles wurden daher der gescheiterte Verkauf der Produkte (Rohre für Heizsysteme) und Rechtsstreitigkeiten der Gesellschafter untereinander angeführt. Daher wurde der Vertrieb eingestellt. Die Gesellschaft hat Bankverbindlichkeiten iHv. € 80.000,--, Finanzamtsverbindlichkeiten iHv. € 13.000,-- und sonstige Verbindlichkeiten iHv. € 37.000,--. Die Höhe der ausstehenden Löhne beträgt € 43.000,-- und die Forderungen der Gebietskrankenkasse belaufen sich auf € 5.100,--. Die Gesellschaft ist mit € 175.400,-- überschuldet.

Aus dem vorgelegten Schreiben des Geschäftsführers der W. GmbH (Gesellschafter der Primärschuldnerin mit 49% der Gesellschaftsanteile) an den Bw. vom geht hervor, dass im Juli 2001 Überweisungen an die Lieferanten nicht mehr durchgeführt und Gehälter an Angestellte nicht mehr ausbezahlt wurden, weil der Bw. als Geschäftsführer seiner Anweisungspflicht nicht mehr nachgekommen sei. Ab Juli 2001 wurden somit keine Gehälter mehr ausbezahlt. Mit Schreiben vom hat der Bw. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Primärschuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit beim Landesgericht beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 leg.cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sind das Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. das Erkenntnis des Zl. 84/17/0224). Den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. das Erkenntnis des Zl. 99/14/0277). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl das Erkenntnis des Zl. 2000/15/0227). Der Haftungsbescheid hat nach Lehre und Rechtsprechung im Verhältnis zum Haftungspflichtigen konstitutive Wirkung. Durch die Heranziehung zur Haftung wird das Gesamtschuldverhältnis wirksam. Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Sie setzt die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin voraus.

Die Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin steht außer Zweifel, weil das am eingeleitete Konkursverfahren mit Beschluss vom mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Der Berufungswerber selbst beantragte als Geschäftsführer mit Schreiben vom beim Landesgericht die Einleitung eines Insolvenzverfahrens und begründete den Antrag mit der bestehenden Zahlungsunfähigkeit.

In seiner ersten Eingabe brachte der Bw. lediglich vor, er sei seit nicht mehr Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Dem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes den Beweis zu erbringen, kam er nicht nach. Der Bw. erbrachte zwar den Nachweis, dass er nicht mehr Geschäftsführer der in Deutschland ansässigen Gesellschafterin der Primärschuldnerin war, weil er am mit sofortiger Wirkung abberufen wurde. Er wurde jedoch nicht von der Primäschuldnerin als Geschäftsführer abberufen. Einen solchen Nachweis konnte der Bw. daher nicht erbringen. Daher ist für das gegenständliche Verfahren zu Recht davon auszugehen, dass der Bw. allein verantwortlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin war. Ihm oblag es, den abgabenrechtlichen Pflichten nachzukommen.

Nach Erlassung der Berufungsvorentscheidung am legte der Bw. erstmals die Unterlagen über seine fristlose Entlassung vom als Geschäftsführer der in Deutschland ansässigen Gesellschafterin vor. Gleichzeitig wurde der Bericht des Masseverwalters vom vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass die Primärschuldnerin ihre Geschäftstätigkeit im Sommer 2001 eingestellt hat. Den Verbindlichkeiten iHv. € 178.100,-- standen an Vermögenswerten ein Warenlager iHv. € 2.600,-- gegenüber. Aus der Korrespondenz zwischen dem Bw. und einem weiteren Mitarbeiter der Primärschuldnein ergibt sich, dass ab Juli 2001 Löhne und Gehälter nicht mehr ausbezahlt wurden. Der Bw. beantragte daher am die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Landesgericht.

Das Finanzamt geht aufgrund dieser neu hervorgekommenen Sachlage davon aus, dass ab Juli 2001 Zahlungen an Lieferanten und Löhne nicht mehr geleistet wurden, weil die Primärschuldnerin zahlungsunfähig war (vgl. Vorlagebericht des Finanzamtes). Daher ist die Haftungssumme um die Lohnabgaben enstprechend der im Vorlagebericht der Abgabenbehörde I. Instanz zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht zu kürzen.

Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung hat zur Voraussetzung, dass zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht.

Das Tatbestandsmerkmal "...infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können...." ist dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertretene bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung zur Verfügung hatte und er nicht für die Abgabentilgung Sorge getragen hat.

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat in der Nichentrichtung der Abgabenverbindlichkeiten ein schuldhaftes Verhalten des Bw. erblickt, weil die im Haftungsbescheid angeführten Abgaben nicht entrichtet wurden und vorhandene Geldmittel zur Tilgung anderer Verbindlichkeiten verwendet wurden. Welche tatsächlichen Verhältnisse dieser Feststellung zugrunde lagen, ist der Bescheidbegründung nicht zu entnehmen.

Aufgrund des weiteren Berufungsvorbringens, nämlich dem Bericht des Massverwalters, der Aufstellung der Verbindlichkeiten, der Korrespondenz zwischen Mitarbeiter und dem Bw. ergibt sich, dass die Primärschuldnerin ab Juli 2001 keine liquiden Mittel mehr zur Bezahlung der Lieferanten und Löhne zur Verfügung standen. Daher ist im Verfahren vor der Abgabenbehörde II. Instanz davon auszugehen, dass zum Fälligkeitstag der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Juni 2001 () liquide Mittel nicht mehr zur Verfügung standen. Deshalb wurde schließlich am der Konkureröffnungsantrag gestellt. Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Primärschuldner im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe über keine liquiden Mittel mehr verfügt und überhaupt keine Zahlungen an Gläubiger, Lieferanten und Arbeitnehmer geleistet hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht.

Entscheidend ist somit, ob der Gesellschaft bzw. der Primärschuldnerin Mittel im Zeitpunkt der Fälligkeit überhaupt noch zur Verfügung standen. Standen keine weiteren Mittel mehr zur Verfügung, kann nicht davon ausgegangen werden, das die Gesellschaft über Mittel verfügt hat. Erhärtet wird diese Annahme durch die Tatsache, dass der Bw. mit Schriftsatz vom den Antrag auf Einleitung des Insolvenzvefahrens beim Landesgericht gestellt hat. Fest steht damit in diesem Zusammenhang auch, dass die Frage der Geschäftsführereigenschaft nicht mehr für die Entscheidung in diesem Fall relevant ist.

Es war daher sprchgemäß zu entcheiden.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Haftung
Geschäftsführer
Fehlen liquider Mittel

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at