Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.09.2004, RV/1198-W/04

Vorsoll und Nachforderung keine Spruchbestandteile

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/1198-W/04-RS1
wie RV/0108-K/03-RS1
Der Ausspruch über die Differenz zwischen dem Vorsoll und der Abgabenhöhe ("bisher war vorgeschrieben") in einem Umsatzsteuerbescheid bringt keinen normativen Willen der Behörde zum Ausdruck. Eine Berufung gegen diesen Bescheidteil richtet sich daher nicht gegen den Spruch des Bescheides und ist somit auch nicht geeignet, eine Änderung desselben herbeizuführen. Eine Berufung diesen Inhalts ist nicht mit derartigen Mängeln behaftet, dass ein Mängelbehebungsverfahren in die Wege zu leiten wäre.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der B.KEG, in W., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Zurückweisung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2002 machte die Berufungswerberin (Bw.) zu den nachstehend angeführten Positionen folgende Angaben:


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Bemessungsgrundlage in Euro und Cent
Lieferungen, sonstige Leistungen
164.579,60
Eigenverbrauch
150,00
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch
164.729,60
zu versteuern mit 20% Normalsteuersatz
164.729,60
Umsatzsteuer
32.945,92
abziehbare Vorsteuern
10.502,91
Zahllast
22.443,00
Hierauf entrichtete Vorauszahlungen bzw. durchgeführte Gutschriften
22.413,00
Restschuld
30,00

Auf Basis dieser Erklärung erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid vom , in welchem die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 mit € 22.443,01 festgesetzt wurde. Als bisher vorgeschriebene Umsatzsteuer wurde ein Betrag von € 13.856,36 ausgewiesen. Auf Grund der festgesetzten Abgabe und des bisher vorgeschriebenen Betrages ergab sich laut Bescheid eine Nachforderung in Höhe von € 8.586,65. Dieser Betrag war bereits fällig gewesen.

Die Bw. erhob mit Schreiben vom gegen obigen Bescheid Berufung, weil ihrer Ansicht nach die Vorschreibung des Rückstandes in Höhe von € 8.586,65 aus folgenden Gründen zu Unrecht erfolgt sei:

"1.) Wir haben für den Zeitraum 1-12/2002 nicht EURO 13.856,36, sondern wie nachstehend angeführt EURO 17.875.43 bezahlt.


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am
1.729,83
für
1/02
1.401,39
für
2/02
2.621,47
für
3/02
1.288,80
für
4/02
1.245,15
für
5/02
2.283,08
für
6/02
2.048,42
für
7/02
1.281,86
für
8/02
1.039,70
für
9/02
88,38
für
10/02
197,87
für
11/02
1.388,60
für
11/02
1.261,79
für
12/02
= EURO 17.876,43

2.) Lt. Buchungsmitteilung ... vom wurde ein Guthaben von EURO 2.672,94 für die Deckung der SonderUSt und anderer Beträge an USt verwendet. Dieser Betrag wäre dem von uns entrichteten Gesamtbetrag hinzuzurechnen.

3.) Bei der Erstellung der USt-Erklärung für 2002 wurden durch einen Rechenfehler irrtümlich 10.502,91 angeführt. Richtig ist jedoch, dass die gesamte Vorsteuer für das Jahr 2002 um 1.032,00, also insgesamt € 11.534,91, ausmacht und die festgestellte USt daher € 21.411,01 beträgt. Somit ist auch der Rückstand um diesen Betrag weniger. ..."

Nach dem im Akt befindlichen Ausdruck betreffend die der Abgabeninformationssystemdatenbank entnommenen Umsatzsteuerdatenaufstellung betragen die entrichteten Vorauszahlungen bzw. vorangemeldeten Überschüsse (Minusvorzeichen) sowie die durchgeführten Gutschriften (Plusvorzeichen):


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Zeitraum
Betrag
01/02
1.729,83
02/02
- 3.779,00
03/02
2.621,47
04/02
1.942,53
05/02
- 901,14
06/02
2.283,08
07/02
2.048,42
08/02
1.281,86
09/02
1.039,70
10/02
1.477,01
11/02
2.850,81


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12/02
1.261,79
(in Summe € 13.856,36)

Mit Schreiben vom wurde das in der Berufung gestellte Begehren wiederholt.

Auf Grund der Berufung wurde der Umsatzsteuerbescheid vom mit Bescheid vom insoweit geändert, als ein zusätzlicher Vorsteuerbetrag in Höhe von € 1.032,00 berücksichtigt wurde, sodass die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 nunmehr - entsprechend dem Begehren in Punkt 3.) der Berufung - mit € 21.411,01 festgesetzt wurde.

Hinsichtlich der Anrechnung der bisher vorgeschriebenen Umsatzsteuer (Vorsoll) wies das Finanzamt die Berufung mittels Bescheid mit gleichem Datum als unzulässig zurück. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, in einem Umsatzsteuerbescheid werde stets die für ein bestimmtes Jahr insgesamt geschuldete Umsatzsteuer festgesetzt ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe diese Umsatzsteuer bereits durch Vorauszahlungen entrichtet worden sei. Das im Bescheid mit den Worten "bisher war vorgeschrieben" ebenfalls angeführte "Vorsoll" habe lediglich Informationscharakter und sei nicht Spruchbestandteil des Bescheides im Sinne des § 198 Abs. 2 BAO, nur der Spruch eines Bescheides sei aber rechtsmittelfähig.

Verfahrensgegenständlich ist die gegen diesen Zurückweisungsbescheid vom von der Bw. eingebrachte Berufung vom , in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, "dass (die Bw.) weder den festgesetzten Gesamtbetrag für Lieferungen, den festgesetzten Eigenverbrauch = Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, den Steuersatz von 20% noch die Vorsteuern mit Ausnahme eines Mehrbetrages von € 1.032,00 in der Summe beeinsprucht (hat). (Ihre) Berufungsausführung ... bezog sich ausschließlich auf die im Bescheid angeführte Abgabenschuld von € 8.586.65. ..."

Mit ausführlich begründeter Berufungsvorentscheidung vom wurde unter Bezugnahme auf die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur und Literatur die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet abgewiesen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag werden die Berufungsausführungen vom vollinhaltlich aufrecht erhalten. Ergänzend wird ausgeführt, mit dem Bescheid vom 6. (richtig: 16.) Juni 2003 "wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 mit € 22.443,01 bzw. in der Folge mit Bescheid des Finanzamtes vom 5. (richtig: 6.) November 2003 mit € 21.411,01 richtigerweise festgesetzt, jedoch die Höhe der von (der Bw.) an das Finanzamt geleisteten Steuerbeträge nur mit 13.856,00 bemessen, sodass sich ein Rückstand an Umsatzsteuer für das Jahr 2002 in der Höhe von € 7.554,00 ergab, der vom Finanzamt zur Zahlung vorgeschrieben wurde. Richtigerweise (wurde) jedoch von (der Bw.) eine Steuerleistung an USt in der Höhe von € 17.876,45 für das Jahr 2002 erbracht. ..."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO ist eine Berufung dann zurückzuweisen, wenn sie unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Berufung ist unter anderem dann gegeben, wenn sie sich nicht gegen den Spruch eines Bescheides richtet. Nur der Spruch des Bescheides erzielt eine normative Wirkung und ist der Rechtskraft fähig; daher kann auch nur der Spruch eines Bescheides angefochten werden (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 959 mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mittels Erkenntnis vom , 2001/14/0203, über einen völlig identen Rechtsfall abgesprochen. Der Gerichtshof hat in diesem Erkenntnis die Ansicht vertreten, das Vorsoll stelle keinen Spruchbestandteil dar. Wörtlich hat er ausgeführt:

"Der angefochtene Bescheid geht davon aus, dass Teile des Spruches der gemäß § 200 Abs. 2 BAO erlassenen Umsatzsteuerbescheide ..., mit denen inhaltlich die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide übernommen worden sind, unrichtig sind, und zwar der Ausspruch über die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Finanzamt den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Worte "bisher war vorgeschrieben" oder "... ergibt sich eine Nachforderung" der in Rede stehenden Bescheidteile erkennen lassen, dass diese Teile nicht zum Spruch des Bescheides gehören. Der Aussage über das Vorsoll und die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe kommt jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt wird. Dieser Teil der Bescheide bringt in einem solchen Fall keinen normativen Willen der Behörde zum Ausdruck. Im Übrigen erwähnt auch § 198 Abs. 2 BAO das "Vorsoll" nicht."

Im gegenständlichen Fall wird in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid sowie im darauf folgenden Vorlageantrag zum Ausdruck gebracht, dass - abgesehen von dem (auf den dem Finanzamt übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. eingezahlten Abgabenbeträgen beruhenden) Vorsoll und der im Umsatzsteuerbescheid ausgewiesenen Nachforderung, welche als Differenz zwischen der festgesetzten Abgabe (Umsatzsteuer) und dem Vorsoll errechnet wird - keine der (Spruch)Positionen des Umsatzsteuerbescheides 2002 bestritten wird und der Bescheid die Umsatzsteuer in richtiger Höhe festsetzt.

Damit ist nach den oben wiedergegebenen rechtlichen Ausführungen kein Spruchbestandteil eines Abgabenbescheides mit Berufung bekämpft worden. Folglich ist der Zurückweisungsbescheid zu Recht ergangen. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Im Übrigen wird ergänzend darauf hingewiesen, dass die Bw. in ihrem Berufungsschriftsatz vom zwar von ihr getätigte Überweisungen bzw. Zahlungen auf ihr Abgabenkonto aufgelistet hat, Umsatzsteuervoranmeldungen, welche zu einem Überschuss an Vorsteuer und damit zu Gutschriften am Abgabenkonto geführt haben, die sich auf das Vorsoll mindernd ausgewirkt haben, sowie Überrechnungen auf ein anderes Abgabenkonto aber nicht berücksichtigt hat.

Zur Überprüfung der Höhe des Vorsolls bietet - worauf bereits in der Berufungsvorentscheidung vom hingewiesen wurde - die Beantragung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO die taugliche und wirksame Handhabe.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 275 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Vorsoll
Nachforderung
Unzulässigkeit einer Berufung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at