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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSK vom 07.07.2004, FSRV/0003-K/02

Einleitung, Finanzstrafverfahren, Verdacht, Abgabenhinterziehung

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat in der Finanzstrafsache gegen die Bf., vertreten durch die Eidos Wirtschaftsberatung GmbH, wegen Einleitung des Finanzstrafverfahrens 2002 gemäß § 83 Abs.1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Beschuldigten vom 13.Feber 2002 gegen den Bescheid vom des Finanzamtes Villach über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG

zu Recht erkannt: Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Einleitungsbescheid gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Villach als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen die Beschwerdeführerin (Bf.) zur SN xxxxx ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass diese im Amtsbereich des Finanzamtes Villach vorsätzlich a.) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 1991 bis 1995 Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat, obwohl sie in diesem Zeitraum eine unternehmerische Tätigkeit nicht ausgeübt hat, wodurch mit Bescheid festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von ATS 97.711,-- verkürzt festgesetzt wurde,

b.) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen für die Monate Oktober bis Dezember 1996 in Höhe von ATS 2.791,-- eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkte,

c.) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch das Ausstellen von Rechnungen über von ihr nicht erbrachte Leistungen dazu beigetragen hat, dass der Geschäftsführer der Firma N. GmbH in den Jahren 1991 bis 1995 unberechtigterweise Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat, wodurch mit Bescheid festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von ATS 186.567,-- verkürzt festgesetzt wurden,

d.) durch das Ausstellen von Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen dazu beigetragen, dass der Geschäftsführer der N. GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen, für die Monate Oktober 1996 in Höhe von ATS 19.300,-- und für Dezember 1996 in Höhe von ATS 19.500,-- eine Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt hat,

e.) dazu beigetragen hat, dass durch den Geschäftsführer der N. GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 entsprechenden Lohnkonten, eine Verkürzung von Lohnsteuer 1993 in Höhe von ATS 97.648,--, für 1994 in Höhe von ATS 151.212,--, für 1995 in Höhe von ATS 107.107,-- und für 1996 in Höhe von ATS 125.546,-- und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für 1993 in Höhe von ATS 12.549,--, für 1994 in Höhe von ATS 16.920,-- für 1995 in Höhe von ATS 14.720,-- und 1996 in Höhe von ATS 11.649,-- bewirkt wurde und hiedurch zu Punkt a.) eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG , zu Punkt b.) eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, zu Punkt c.) eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 11 FinStrG, zu Punkt d.) eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 11 FinStrG und zu Punkt e.) eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 11 FinStrG, begangen habe.

Begründend wurde auf Feststellungen im Zuge einer bei der Firma N. GmbH für die Jahre 1993 bis 1995 durchgeführten Betriebsprüfung hingewiesen. Demnach habe die Bw. in diesem Zeitraum Rechnungen gegenüber der Firma N. GmbH gelegt, ohne die zur Verrechnung gelangten Leistungen tatsächlich erbracht zu haben. Dadurch habe die Firma N. GmbH Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht. Die verrechneten Arbeiten, nämlich Buchhaltungsarbeiten, Belegorganisation und Schreibarbeiten wären tatsächlich vom Gatten der Bf. erbracht worden, welcher zugleich bei der Firma N. GmbH als Buchhalter angestellt sei. Die Beschuldigte habe demnach lediglich den Ehegatten im Rahmen ihrer ehelichen Beistandspflicht unterstützt. Aufgrund dieser Feststellungen wären beim Ehegatten der Bf. die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit zu erhöhen gewesen und der N. GmbH als Haftende vorzuschreiben.

Den Feststellungen liegt zugrunde, dass der zwischen der N. GmbH und der Bf. im Jahre 1991 abgeschlossene Werkvertrag lediglich eine vage Umschreibung der geschuldeten Tätigkeiten enthält und in den Rechnungen die erbrachten Leistungen ebenfalls bloß vage umschrieben sind. Grundaufzeichnungen über erbrachte Leistungen fehlen. Eine nennenswerte Kontrolle erbrachter Leistungen sei nicht erfolgt. Die Bf. habe die in den Rechungen ausgewiesenen Beträge in den Jahren 1991 bis 1996 besteuert und Vorsteuern geltend gemacht. Ertragsteuerlich sei diese Vorgangsweise ohne Konsequenzen geblieben.

Es bestehe daher der Verdacht, dass die abgerechneten Leistungen nicht von der Bf. selbst, sondern vom Ehegatten der Bf. erbracht wurden. Dadurch wurde vermieden, dass sich diese Beträge beim Ehegatten ertragsteuerlich ausgewirkt haben. Insgesamt habe diese Vorgangsweise zu einer steuerlich günstigeren Variante geführt. Die Beschuldigte habe durch diese Vorgangsweise auch bewusst dazu beigetragen, dass die N. GmbH zu Unrecht Vorsteuern geltend gemacht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde der Beschuldigten vom 13.Feber 2002, in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Die Bf. sei aufgrund des Werkvertrages vom für die N. GmbH unternehmerisch tätig geworden. Die Annahme der Strafbehörde I. Instanz, sie habe lediglich im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht gehandelt sei unzutreffend. Die Klientenbetreuung für einen Dritten und eheliche Beistandspflicht bedeute einen Widerspruch in sich, welcher dadurch verstärkt werde, dass die Abgeltung über Jahre von dritter Seite erfolgt sei. Zivilrechtlich bestehe die Beistandspflicht im Erwerb des Ehepartners, wobei damit die Selbständigkeit des Ehepartners gemeint sei. Ihr Gatte sei jedoch nicht selbständig tätig. Nicht berücksichtigt sei der Vermögenseinsatz der Bf. in Höhe von ATS 1,1 Mio.. Für eine Mitarbeit auf Basis ehelicher Lebensgemeinschaft fehle es an Beweisen. Das in lit. a zur Last gelegte Finanzvergehen erweise sich daher als unzutreffend. Nicht verständlich sei der Vorwurf (lit. b), sie habe es unterlassen Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen, weil unter lit. a ihr eine unternehmerische Tätigkeit abgesprochen worden sei. Beides schließe jedoch einander aus. Hinsichtlich der unter lit. c. bis e. zur Last gelegten Vergehen wird darauf verwiesen, dass die Bf. keinen Einfluss auf die Lohnverrechnung der N. GmbH habe. Mit Eingabe vom bringt die Bf. einen weiteren Schriftsatz ein, welcher im anhängigen abgabenrechtlichen Verwaltungsgerichtshofverfahren vorgelegt wurde.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt .

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Absatz 1 oder 2 bewirkt , wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten nach § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich sondern für gewiss hält.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Mit undatiertem Werkvertrag aus dem Jahre 1991 wurde vereinbart, dass die Bf. im Auftrag der Kanzlei Dateneingabearbeiten auf ihrer EDV Anlage durchführe, zu deren Ausübung sie aufgrund ihres Gewerbescheines berechtigt sei, wobei sie sich verpflichte sämtliche durch diese Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen streng geheim zu halten. Die Auftraggeberin (N. GmbH) stellte die Software zur Verfügung. Die Bf. legte im Zeitraum Abrechnungen für ihre Tätigkeiten, die aus Rechnungen und Stundenberichten bestanden. Die von der Bf. an die N. GmbH überreichten Stundenberichte enthielten lediglich Aufzeichnungen über erbrachte Arbeitszeit. Angaben zu den Klienten und über die Art der Tätigkeiten enthielten sie nicht.

Am änderten bzw. konkretisierten die Vertragsparteien den Werkvertrag dahingehend, dass die erbrachten Leistungen in die vier Tätigkeitsbereiche Buchhaltungsorganisation, Schreibarbeiten, Sortiertätigkeiten und Zustellungs- bzw. Abholdienst aufzuschlüsseln sind. Am wurde das Werkvertragsverhältnis von der N. GmbH aufgelöst.

Dem Einleitungsbescheid der Finanzstrafbehörde I. Instanz lag der Bericht des Finanzamtes vom über das Ergebnis der Prüfung der Aufzeichnungen in den Jahren 1993 bis 1996 bei der Bf., Schreibbüro, zugrunde. Die Abgabenbehörde gelangte im Zuge der Prüfung zum Ergebnis, dass die Bf. eine unternehmerische Tätigkeit nicht ausgeübt hat (Tz. 12 des Berichtes). Demnach sei sie lediglich Erfüllungsgehilfin ihres Ehegatten, welcher als Sachbearbeiter bei der Firma N. GmbH angestellt sei. Die Bf. habe keine eigenwirtschaftlichen Interessen verfolgt, ihr Handeln sei vom familiären Zusammenwirken geprägt. Es würden lediglich Hilfstätigkeiten erbracht. In Tz.17 des Berichtes stellte der Prüfer fest, dass eine Einkunftsquelle nicht vorliege, weil der überwiegende Teil der Tätigkeit vom Ehegatten erbracht werde. Dem Beweisverlangen, einen Nachweis der Befähigung zur Erbringung der zur Verrechnung gelangten Leistungen (insb. Datenerfassungsarbeiten, Schreibarbeiten, Belegerfassungsarbeiten) sei die Bf. im Prüfungsverfahren nicht nachgekommen. Die Abgabepflichtige sei im Prüfungsverfahren nicht in der Lage gewesen, eine konkrete Beschreibung ihrer Tätigkeit zu erbringen. Sie habe demnach im Beweisverfahren nicht mitgewirkt und sei der Aufforderung ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen nicht nachgekommen.

Die Abgabenbehörde nahm die Umsatzsteuerverfahren 1991 - 1995 wieder auf und erließ neue Sachbescheide. Gegen diese Bescheide erhob die Bf. im Abgabenverfahren Berufung.

Im folgenden abgabenbehördlichen Berufungsverfahren gelangte die Abgabenbehörde II. Instanz mit Erkenntnis vom in einem aufwändig geführten Beweisverfahren zur Ansicht, dass nicht die Bf. selbst, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit der Ehegatte der Bf. die verrechneten Leistungen erbracht habe. Sie habe keinen Einfluss darauf, ob die von der N. GmbH aufgetragenen Tätigkeiten erledigt würden oder nicht. Sie führe keine selbständige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit aus und ist somit nicht als Unternehmerin anzusehen. In den Entscheidungsgründen stellte die Abgabenbehörde II. Instanz fest, dass der Gatte der Bf. seit 1991 im Unternehmen der N. GmbH angestellt sei. Im Erkenntnis der Abgabenbehörde II. Instanz konnten Feststellungen darüber, welcher Art genau die Tätigkeiten des Ehegatten waren nicht getroffen werden, weil genaue Arbeitsaufzeichnungen über die verrechneten Leitungen fehlen.

Nach der Einleitung des Finanzstrafverfahrens erfolgte am eine neuerliche Prüfung des Unternehmens der Bf. für die Jahre 1997 bis 2001. Nunmehr wurde der Bf. die Unternehmereigenschaft zuerkannt und die Betriebseinnahmen 1997 bis 2001 in Höhe von insgesamt ATS 1,320.600,-- (1997: ATS 260.000,--; 1998: ATS 273.300,--; 1999: ATS 244.250,--; 2000: ATS 309.150,--; 2001: ATS 233.900,--) erhoben.

Als Betriebsgegenstand wurde wie bereits 1991 "Schreibbüro" in Form eines Einzelunternehmens festgestellt. Die Vorsteuern wurden in Anlehnung an die Bestimmung des § 14 UStG mit 1,8% geschätzt (vgl. Tz. 15 des Berichtes vom ). Der Gewinn wurde gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Betriebsausgaben wurden bei der Gewinnermittlung in Anlehnung an die Pauschalierungsverordnung nach § 17 EStG mit 12% geschätzt, weil die Abgabepflichtige Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht hat, deren überwiegende betriebliche Veranlassung (z. Bsp.: KFZ Kosten, Garagierung) bzw. das Ausmaß der betrieblichen Nutzung (z. Bsp.: Telefonkosten) nicht nachgewiesen werden konnte.

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt.

Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, sofern genügend Verdachtsgründe für die Einleitung wegen eines Finanzvergehens gegeben sind, das Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Der Ermittlungstätigkeit der Prüfungsabteilung Strafsachen lag ein Bericht der Prüfungsabteilung aus dem Jahr 1997 und das Erkenntnis der Abgabenbehörde II. Instanz vom zugrunde. Aufgrund des Abschlusses eines Werkvertrages zwischen der Bf. und der N. GmbH über Datenerfassungs- und Schreibarbeiten im November 1991 habe die Bf. Leistungen gegenüber der N. GmbH verrechnet, zu deren Erbringung sie tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt.

Ein derartiger Verdacht, der die Finanzstrafbehörde zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens verpflichtet, kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (s. Erk. vom , Zl. 89/16/0201, Erk. v. , Zl. 90/14/0207 und Erk. v. , Zl. 90/14/0260).

Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe gegeben sind, geht es nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde bekannt gewordenen Umstände für einen Verdacht ausreichen oder nicht.

Gemäß § 161 Abs.1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder das Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen.

Die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz kann auch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz verfügen, wenn sie umfangreiche Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens für erforderlich hält.

Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung, wobei die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz ermächtigt ist, zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen Erhebungen zu tätigen ().

Im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens Einsicht in den Bericht des Finanzamtes gemäß § 151 Abs. 3 BAO über die Prüfung der Aufzeichnungen bei der Bf. vom genommen. Darin wurde nunmehr für die Jahre 1997 bis 2001 eine unternehmerische Tätigkeit der Bf. nicht in Frage gestellt und die bereits dargestellten Feststellungen getroffen.

Fest steht daher in gegenständlichem Sachverhalt, dass Leistungen erbracht und verrechnet wurden. Tatsache ist jedoch auch, dass die Bf. zur Erbringung von Schreibarbeiten bzw. Datenerfassungsarbeiten gegenüber Dritten seit 20. November 1991berechtigt war (vgl. Gewerbeschein des zuständigen Magistrates vom ). Die Bf. war ab 1991 somit berechtigt, das Gewerbe "Schreibbüro" auszuüben. Feststellungen über die Fähigkeiten der Bf. hinsichtlich der jeweils beschriebenen Tätigkeiten sind dem Einleitungsbescheid nicht zu entnehmen. Eine zeitnahe Einvernahme der Bf. und ihres Gatten zu den Prüfungsfeststellungen im Jahr 1997 ist bis zur Einleitung des Strafverfahrens im Jahr 2002 nicht erfolgt. Maßgebend für die Beurteilung des Sachverhaltes ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Finanzstrafbehörde II. Instanz.

Wenn im Abgabenverfahren bei unverändertem Auftrags- und Arbeitsgebiet auf Basis eines Werkvertrages (Schreibbüro, Datenerfassung und Buchhaltungsorganisation) zuerst die Unternehmereigenschaft für die Jahre 1991 bis 1995 verneint, anschließend für die Jahre 1997 bis 2001 aber die Unternehmereigenschaft anerkannt wird, bedarf es nach Ansicht der Finanzstrafbehörde II. Instanz weiterer Feststellungen für den ausreichend begründeten Verdacht einer Abgabenhinterziehung (Umsatzsteuer) in den Jahren 1991 bis 1995.

Zusammenfassend bewertet, besteht nach Ansicht der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz derzeit kein begründeter Verdacht einer Abgabenhinterziehung. Wenn das Finanzamt im Abgabenverfahren bei gleicher Sachlage die Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuerrechts widersprüchlich beurteilt, reicht die Feststellung, die Bf. sei nicht unternehmerisch tätig gewesen für sich allein nicht aus, um den Verdacht der Abgabenhinterziehung (Umsatzsteuer) ausreichend zu begründen. Es bedarf daher weiterer Ermittlungen und zusätzlicher Feststellungen um den Verdacht einer Abgabenhinterziehung zu begründen.

Es sind daher nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde noch Ermittlungen und Vorerhebungen zu pflegen, weswegen der bekämpfte Bescheid aufzuheben und die Sache zur weiteren Überprüfung an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zurückzuverweisen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Klagenfurt,

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 82 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Schlagworte
Verdacht auf Abgabenhinterziehung
Einleitung
Finanzstrafverfahren
Anmerkung
Wobei überdies hinsichtlich der Fakten a.) und b.) des bekämpften Einleitungsbescheides schon in Anbetracht der fehlenden Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde I. Instanz zur Ahndung des vermuteten schweren Betruges nach §§ 146 f StGB (zur Qualifizierung der vorsätzlichen Täuschung des Fiskus über die Unternehmereigenschaft eines Nichtunternehmers, der mit Bereicherungsvorsatz diesen zur Auszahlung unrechtmäßiger Vorsteuerguthaben verleitet, siehe ua Reger/Hacker/Kneidinger, Das Finanzstrafgesetz, Rz 5 zu § 22) mit einer Bescheidaufhebung (vgl § 82 Abs.3 lit.b FinStrG) vorzugehen gewesen wäre.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at