Aufhebung der angefochtenen Bescheide gemäß § 289 Abs. 1 BAO, Ermessensübung
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ: |
---|
RV/0317-I/04 |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze | |
---|---|
Stammrechtssätze | |
RV/0310-I/04-RS1 | Sind die Einwendungen und Behauptungen zum Sachverhalt, die im Zuge des Berufungsverfahrens erhoben worden sind, zum Großteil bereits im Prüfungsverfahren vorgebracht worden, aber wegen der nicht durchgeführten Schlussbesprechung nicht mehr erörtert und abgeklärt worden, so erscheint es geboten von dem in § 289 Abs. 1 BAO eingeräumten Ermessen auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide Gebrauch zu machen und die fehlenden Ermittlungen, die allein in einem Vorhalteverfahren nicht durchgeführt werden könnten, von der Abgabenbehörde erster Instanz nachholen zu lassen. |
RV/0310-I/04-RS2 | Eine Schätzung mit Hilfe eines Sicherheitszuschlages ist eine Methode, die der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen dient, von denen anzunehmen ist, dass sie zu niedrig ausgewiesen wurden (VwGH, , 96/13/0210). Werden - wie im gegenständlichen Fall - die Einnahmen kalkulatorisch geschätzt, so darf kein zusätzlicher Sicherheitszuschlag verhängt werden, denn unter der Annahme, dass der Prüfer von der Richtigkeit seiner kalkulatorischen Schätzung überzeugt ist, ist davon auszugehen, dass das vom Prüfer errechnete Ergebnis den richtigen Betriebsumsatz darstellt, sodass kein Raum für einen zusätzlichen Sicherheitszuschlag besteht () |
Entscheidungstext
Bescheid
Der unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. L und die weiteren Mitglieder Dr. W, Dr. R und Mag. G am über die Berufung der Bw., vertreten durch die BFG-GmbH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck, vertreten durch Mag K, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für 1998 bis 2000, sowie Umsatz- und Körperschaftsteuer für 1998 bis 2000 vom und Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für den Zeitraum 1998 bis 2000 vom entschieden:
Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.), eine GmbH, betreibt ein Sanitär- und Heizungsinstallationsunternehmen. Im Jahr 2001 wurde vom Finanzamt Innsbruck eine abgabenbehördliche Prüfung für die Jahre 1998 bis 2000 durchgeführt. Aufgrund der Prüfung ergaben sich nur betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2000 Feststellungen die zu einer Kürzung der erklärten Vorsteuern von 7.966 S führten.
Aufgrund des Schreibens des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZl. 123, wurde das Finanzamt Innsbruck "im Strafverfahren gegen A und andere wegen § 33 Abs. 1 und 2 FinStrG in Tateinheit mit dem Verbrechen des Amtsmissbrauches gemäß §§ 12, 302 StGB" gemäß § 197 FinStrG beauftragt, ua. auch die Abgabepflichtige iSd § 99 FinStrG zu überprüfen. "In Anbetracht des Umfanges der Erhebungen und des Umstandes, dass Beamte des Finanzamtes Innsbruck von den gegenständlichen Vorwürfen betroffen" seien, wurde ersucht, Beamte anderer Finanzdienststellen und erforderlichenfalls Beamte der Bundespolizeidirektion Innsbruck beizuziehen.
Das Finanzamt K. führte daraufhin bei der Bw. eine die Jahre 1998 bis 2000 umfassende Wiederholungsprüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG durch. Prüfungsbeginn war am .
In einem umfangreichen Vorhalt vom wurde die Bw. vom Prüfer um Überprüfung und Aufklärung der aufgrund einer Umsatzverprobung festgestellten Kalkulationsdifferenzen von rd. 8.228.000 S (1998:1.502.000 S; 1999: 2.539.000 S, 2000: 4.187.000 S) sowie zu einer Reihe weiterer aufgezeigten formellen und materiellen Fehler der Bücher und Aufzeichnungen aufgefordert. Zur Ermittlung des kalkulatorischen Umsatzes teilte der Prüfer den Gesamtumsatz in einen Material- und Leistungsanteil (Arbeitsleistung) auf. Den Materialanteil am Umsatz errechnete er, indem er einen Rohaufschlag von 25% auf den Wareneinsatz annahm. Zur Berechnung des Leistungsanteiles ermittelte er - ausgehend von einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden - die von den Dienstnehmern in den einzelnen Jahren insgesamt geleisteten Arbeitstunden und multiplizierte sie mit den in den Berufungsjahren verrechneten Regiestundensätzen. Dabei nahm er an, dass von der von den Dienstnehmern insgesamt geleisteten Arbeitszeit bei Gesellen und Hilfsarbeitern 90%, bei Lehrlingen im ersten Lehrjahr 30%, im zweiten Lehrjahr 50% und im dritten Lehrjahr 70% der geleisteten Arbeitsstunden zu Regiesätzen an Kunden verrechnet werden konnte. Beim geschäftsführenden Gesellschafter nahm er an, dass dieser im Jahr 1998 zu 60% und in den Jahren 1999 und 2000 zu 80% seiner normalen Arbeitszeit produktiv (an Kunden verrechenbar) tätig war.
Vom (damaligen) steuerlichen Vertreter wurde bei einer am durchgeführten Vorbesprechung eine Gegenkalkulation vorgelegt in der er in den Jahren 1998 und 1999 von einem Rohaufschlag auf den Materialaufwand von 20% und für das Jahr 2000 von 15% ausging. Bei der Kalkulation des Leistungsumsatzes wurden bei den Arbeitsstunden die vom Prüfer nicht berücksichtigten Krankenstände in Abzug gebracht, weiters nahm er an, dass von der von den Gesellen und Hilfskräften insgesamt geleisteten Arbeitszeit den Kunden nur 85% in Rechnung gestellt werden konnte und gelangte so zu einer Kalkulationsdifferenz von insgesamt rd. 1,7 Mio. S (1998: 120.000 S, 1999: 720.000 S, 2000: 850.000 S).
Aufgrund eines im März 2003 erfolgten Wechsels der steuerlichen Vertretung kam es mit dem neu bestellten Vertreter am zu einer erstmaligen Besprechung mit dem Prüfer in der er bis Mitte April 2003 zu den von der Bw. bzw. dem damaligen steuerlichen Vertreter nicht geklärten Fragen und den vom Prüfer festgestellten Kalkulationsdifferenzen eine Stellungnahme in Aussicht stellte.
In einem Schreiben vom bat der steuerliche Vertreter um Verständnis, dass zur Bearbeitung der offenen Fragen noch ca. 2-3 Wochen benötigt würden. Als Begründung führte er im wesentlichen aus, im Zusammenhang mit der Aufklärung der in der Fragenzusammenstellung aufgeworfenen Kalkulationsdifferenzen seien umfangreiche Erhebungen durchzuführen. Insbesondere müssten Erhebungen über die Höhe der durchschnittlichen Rabattierungen auf die Listenpreise der Großhändler durchgeführt, Kalkulationsunterlagen für größere Bauvorhaben ausgehoben, gesichtet und überprüft werden.
Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem steuerlichen Vertreter mit, dass die Nachfrist zur Kenntnis genommen werde und der als Schlussbesprechungstermin vorgesehen sei. Am wurde die Bw. zur Schlussbesprechung am schriftlich geladen. In der Vorladung wurde darauf hingewiesen, dass sich die Abgabepflichtige durch ihren Steuerberater vertreten lassen könne, weiters wurde um sofortige Mitteilung ersucht, wenn die Abgabepflichtige aus wichtigen Gründen (z.B. Krankheit oder Urlaubsreise) nicht zur Schlussbesprechung kommen könne, damit allenfalls der Termin verschoben werden könne.
Am teilte der steuerlichen Vertreter dem Prüfer telefonisch mit, er könne den Schlussbesprechungstermin am nicht wahrnehmen, da er in der betreffenden Woche auf Urlaub sei und ersuchte den festgesetzten Termin auf die Woche nach dem zu verschieben oder auf den 15. oder vorzuverlegen. Gleichzeitig kündigte er die Stellungnahme zu den strittigen Prüfungspunkten - insbesondere zu den Kalkulationsdifferenzen - für die 20 Woche (12-) an.
Am teilte das Finanzamt dem steuerlichen Vertreter mit, dass dem telefonischen Ansuchen auf Verschiebung des auf den festgesetzten Schlussbesprechungstermins nicht zugestimmt werden könne.
In einem Schriftsatz vom führte der steuerliche Vertreter dazu im Wesentlichen aus, er sei seit dem Jahr 1991 Parteienvertreter und in dieser Funktion laufend mit Terminvereinbarungen mit Behördenvertretern konfrontiert. Es sei im Laufe seiner Steuerberatungstätigkeit noch kein einziges Mal vorgekommen, dass ein Schlussbesprechungstermin nicht einvernehmlich festgelegt, bzw. einer höflichen Bitte um Verlegung nicht entsprochen worden sei. Die Abweisung des Ansuchens verwundere ihn um so mehr, da in der Vorladung speziell die Urlaubsreise als wichtiger Grund zur Terminverschiebung erwähnt sei. Wie bereits im Telefonat mit dem Prüfer ausgeführt, befinde er sich in der Woche der angesetzten Schlussbesprechung mit seiner Frau auf Urlaub und werde diesen bereits seit Weihnachten geplanten Urlaub, wegen der Schlussbesprechung nicht verschieben. Die Anführung einer Urlaubsreise in der Vorladung als wichtigen Grund für eine Terminverschiebung bei gleichzeitiger Abweisung seines Ansuchens um Terminverschiebung aus diesen Grund, sei geradezu grotesk. Er habe das Mandat seiner Mandantin erst am übernommen und sei am mit 15 Seiten Prüfungsfeststellungen konfrontiert worden. Selbstverständlich habe er einige Zeit benötigt, um sich in die Materie einzuarbeiten. Wie vereinbart habe er sämtliche Prüfungspunkte behandelt und auch eine arbeits- und zeitintensive Kalkulation erstellt. Das Ergebnis seiner Arbeit liege nun vor. Die Verlegung des Schlussbesprechungstermins sei sowohl nach vorne als auch nach rückwärts möglich. Der Verlegungswunsch sei daher nicht eine Verschleppung des Verfahrens, sondern ausschließlich durch seinen seit Monaten geplanten Urlaub bedingt. Weder der Geschäftsführer seiner Mandantin noch er würden der Vorladung am nachkommen, da er sich auf Urlaub befinde und der Geschäftsführer seiner Mandantin nicht ohne Parteienvertreter zu dieser Schlussbesprechung kommen würde. Trotz allem erneuere er seine Bitte, die Schlussbesprechung außerhalb seiner Urlaubswoche anzusetzen. Er habe bereits mögliche Termine zur Auswahl offeriert, stehe aber selbstverständlich für jeden anderen möglichen Termin außerhalb seiner Urlaubswoche zur Verfügung.
Mit gleichem Datum brachte der steuerliche Vertreter eine über 20 Seiten umfassende Stellungnahme ein, in der er auf die einzelnen Fragen des Prüfers einging und legte eine durch ein Konvolut von Unterlagen belegte Kalkulation vor, nach der sich der kalkulatorische Umsatz weitgehend mit dem erklärten Umsatz der Jahre 1998-2000 deckte. Der steuerliche Vertreter bediente sich dabei des gleichen Kalkulationsschemas wie der Prüfer, errechnete aber - an Hand von Rechnungen und Kalkulationsunterlagen - einen Materialaufschlag von 11% und einen durchschnittlich verrechenbaren Stundensatz pro Arbeiter von 360 S. Daneben ergaben sich auch Abweichungen bezüglich der Anzahl der insgesamt geleisteten und verrechenbaren Arbeitsstunden.
Nachdem - entsprechend der Ankündigung des steuerlichen Vertreters - weder dieser noch der Geschäftsführer der Bw. zur Schlussbesprechung am erschienen ist, ist die Betriebsprüfung ohne Erörterung der Stellungnahme und der Kalkulation der Bw. beendet worden.
Nach den Feststellungen des Prüfers im Betriebsprüfungsbericht vom bestanden sowohl formelle als auch materielle Mängel der Aufzeichnungen und Bücher die eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Prüfungsjahre notwendig machten.
An formellen Mängeln führte er unter Tz. 21 des Betriebsprüfungsberichtes im Wesentlichen an:
Es gebe keine Inventuren. Nach den Angaben des Geschäftsführers würden die Inventurwerte jedes Jahr geschätzt.
Die Abgabepflichtige habe keine Aufzeichnungen bezüglich der halbfertigen Arbeiten.
Die den Kunden erstellten Angebote seien nicht aufbewahrt worden. Nach den Angaben des Geschäftsführers seien sie nach Erledigung des Auftrages weggeworfen worden.
Es seien keine Material- und Stundenaufzeichnungen vorgelegt worden. Zur Aufklärung der Prüfungspunkte seien nur die Stundenaufzeichnungen für ein größeres Projekt nachgereicht worden.
Es komme zu jährlichen Erlösberichtigungen mittels Gutschriften, meist mit dem Vermerk "laut Vereinbarung"; bezüglich dieser Vereinbarungen gebe es aber keine Unterlagen, Schriftverkehr oder Erklärungen. Zu diesem Prüfungspunkt seien zwar mehrere Stellungnahmen abgegeben worden, deren Angaben aber nicht verifiziert werden konnten.
Diverse Kundenkonten, bei denen nur Anzahlungen verbucht worden seien, seien in der Form bereinigt worden, indem die Anzahlungen als Erlös verbucht worden seien.
Es komme zu nachträglichen Rechnungsberichtigungen und neuem Ausdruck von Rechnungen. Im Rechnungsausgangsbuch sei ersichtlich, dass Rechnungen nicht fortlaufend ausgestellt, Rechnungsnummern mehrmals verwendet, Eintragungen unkenntlich gemacht und Rechnungsnummern fehlen würden. Auch seien Rechnungen verspätet fakturiert worden.
Zur Vorlage bei Behörden, Ämtern und Versicherungen seien Rechnungen ausgestellt aber nicht als Erlös erfasst worden.
Zu den festgestellten Kalkulationsdifferenzen führte der Prüfer unter Tz. 22 des Bp-Berichtes im Wesentlichen aus:
Eine von der Betriebsprüfung durchgeführte Umsatzverprobung, gestützt auf die Auskünfte des Geschäftsführers der Abgabepflichtigen und die vorgelegten Unterlagen, ergebe für die einzelnen Jahre erhebliche Erlösdifferenzen. Sowohl dem steuerlichen Vertreter als auch der Abgabepflichtigen sei die Berechnung im Zusammenhang mit den aufzuklärenden Prüfungspunkten ausgehändigt worden. Der am nachgereichten Kalkulation bzw. der schriftlichen Stellungnahme habe nur dahingehend entsprochen werden können, als in der vom Prüfer vorgenommenen Kalkulation, die Ansätze für Urlaub und Krankenstände der einzelnen Beschäftigten, die produktive Arbeitszeit des Dienstnehmers MS und die anzusetzenden Urlaubstage des Geschäftsführers abgeändert worden seien. In der vorgenommenen Kalkulation sei nur die normale Wochenarbeitszeit von 38,5 Std. der "gemeldeten Arbeitnehmer" sowie des Geschäftsführers angesetzt worden, abzüglich der Tage für Urlaub, Krankenstände und Schulzeiten bei den Lehrlingen. Eventuell angefallene Überstunden seien nicht zum Ansatz gebracht worden. Aus den am erstmals vorgelegten Stundenaufzeichnungen der Arbeiter (Arbeitsausweise) gehe hervor, dass noch zusätzliche Arbeiter zum Einsatz gekommen seien. Diese Arbeiter seien jedoch nicht bei der Abgabepflichtigen "angemeldet" gewesen.
Aufgrund der unten (verkürzt) dargestellten Umsatzverprobung nahm der Prüfer nachfolgende Erlöszuschätzung in Höhe der festgestellten Kalkulationsdifferenzen vor:
Materialumsatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1998 | 1999 | 2000 | |
Wareneinsatz: | 8.754.659
S | 7.874.779
S | 12.841.273
S |
Rohaufschlag: | 25% | 25% | 25% |
Materialumsatz: | 10.943.324
S | 9.843.474
S | 16.051.591
S |
Fremdleistungen: | 189.814
S | 246.035
S | 214.326
S |
kalk.
Materialumsatz: | 11.033.138
S | 10.089.509
S | 16.265.917
S |
Leistungsumsatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1998 | 1999 | 2000 | |
produktive
Arbeitszeit: | 10.380
Std. | 11.860
Std. | 16.082
Std. |
durchschn.Stundensatz: | 389
S | 426
S | 464
S |
kalk.
Leistungsumsatz: | 4.042.515
S | 5.047.233
S | 7.460.225
S |
Kalkulationsdifferenz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1998 | 1999 | 2000 | |
kalkulatorischer
Umsatz: | 15.175.653
S | 15.136.742
S | 23.726.142
S |
berein. Umsatz lt.
Erkl.: | -13.715.912
S | -13.017.015
S | 19.977.710
S |
Kalkulationsdifferenz (gerundet) | 1.459.000
S | 2.119.000
S | 3.748.000
S |
Als verdeckte Gewinnausschüttung wurden die Kalkulationsdifferenzen zuzüglich der Umsatzsteuer von 20 % angesehen.
Neben der Zuschätzung der Kalkulationsdifferenz setzte der Prüfer einen Sicherheitszuschlag von 3% der erklärten Erlöse an. Dazu führte er unter Tz. 23 des Bp-Berichtes aus, die in den Prüfungsjahren verbleibenden Unsicherheiten, speziell im Zusammenhang mit den vorgenommenen Erlösberichtigungen, den Installationsarbeiten für die Gesellschafterin M, den nur für ein Bauprojekt vorgelegten Arbeitsausweisen, welche zusätzliche Arbeitnehmer aufzeigen und den formellen Beanstandungen, würden in Form eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 3% der erklärten Erlöse abgegolten. Als gewinnwirksam erachtete der Prüfer 23,35% des netto Sicherheitszuschlages. Diesen errechnete er an Hand des Verhältnisses des kalkulatorischen Umsatzes zum Material- und Personalaufwand.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers, nahm die Verfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1998-2000 wieder auf und erließ neue Sachbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für 1998-2000, alle mit Ausfertigungsdatum . Bereits am erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid für Kapitalertragssteuer für die Jahre 1998-2000.
Mit Eingabe vom stellte die Bw. den Antrag auf Mitteilung der fehlenden Bescheidbegründung und führte dazu im Wesentlichen aus, die Steuernachforderung von insgesamt 505.618 € gründe sich nahezu ausschließlich auf Umsatzdifferenzen, welche die Betriebsprüfung ihr als so genannte "Schwarzumsätze" vorwerfe. Begründet würden die Feststellungen der Umsatzdifferenzen ausschließlich mit einer vom Betriebsprüfer erstellten Kalkulation. Im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens sei eine fundiert ausgearbeitete Gegenkalkulation erstellt worden, welche jedoch mit Ausnahme unwesentlicher Kleinigkeiten, nicht gewürdigt worden sei. Aufgrund des bedauerlichen Umstandes, dass die Finanzbehörde dem Wunsch einer Vor- bzw. Zurückverlegung des Schlussbesprechungstermins nicht nachgekommen sei, habe die Kalkulation des Prüfers nicht erörtert werden können. Der Bp-Bericht biete keinerlei Information darüber, wie der vom Prüfer angewandte, realitätsfremde Rohaufschlag auf den Materialeinsatz von 25% ermittelt worden sei und woraus der Prüfer ableite, dass sämtliche Arbeitsstunden zum Regiestundensatz verrechnet werden könnten. Es sei für sie nicht erkennbar, aus welchen Erwägungen heraus die Behörde die Kalkulation des Prüfers ihrer Kalkulation vorgezogen habe. Sie sei der Berechnungsmethode des Prüfers nahezu vollständig gefolgt, habe jedoch den Aufschlag auf den Materialeinsatz und den durchschnittlichen Erlös je produktiver Arbeitsstunde anhand der tatsächlichen Betriebsführung ermittelt, sowie die Produktivität der Mitarbeiter nach eingehender Sachverhaltserforschung angesetzt.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Mitteilung einer fehlenden Bescheidbegründung mit dem Hinweis ab, dass die rechtliche Würdigung im erforderlichen Ausmaß dargestellt worden sei.
Bereits vor Abweisung dieses Antrages erhob die Bw. mit Schreiben vom gegen die oben genannten Bescheide Berufung und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat. In der Begründung führte sie zusammenfassend aus:
Sie sei bis zum von der Steuerberatungskanzlei "B" vertreten worden. Offensichtlich wegen des Umstandes, dass diese Kanzlei laut Medienberichten mit dem Finanzamtsskandal in Zusammenhang gebracht werde, sei die Wiederholungsprüfung auf rechtlicher Grundlage des § 99 FinStrG durchgeführt worden. Die steuerliche Vertreterin habe das Mandat erst am übernommen. Nachdem die vom Prüfer am gefaxten Prüfungspunkte samt eingearbeiteten Stellungnahmen teilweise für eine Beantwortung nicht ausreichend konkret erschienen, habe am eine Vorbesprechung mit dem Prüfer stattgefunden, in der alle noch offenen Punkte herausgearbeitet worden seien. In der Stellungnahme vom sei auf alle vom Prüfer bekannt gegebenen noch offenen Punkte Bezug genommen worden. Die steuerliche Vertreterin habe sich im Zeitraum vom (Bekanntgabe aller noch offenen Punkte) bis zum (Stellungnahme) in einem objektiv kurzen Zeitraum von nur 1 1/2 Monaten in dieses umfangreiche Verfahren mit einem Streitwert von knapp 7 Mio. S eingearbeitet und die Grundlagen für eine erforderliche Schlussbesprechung geschaffen. Deswegen sei es nicht verständlich, warum die Behörde stur auf einem Schlussbesprechungstermin beharrte, welcher von ihrer Seite sowohl vor- als auch rückverlegt werden hätte können. Da aus Verschulden der Behörde keine Erörterung der Prüfungsfeststellungen, insbesondere der Kalkulation stattfinden konnte, müssten die gegensätzlichen Standpunkte nun im kostenintensiven Rechtsmittelverfahren erörtert werden.
Es gebe für den gesamten Prüfungszeitraum Inventuren der Warenvorräte. Die vom Prüfer zitierte angebliche Aussage des Geschäftsführers, "die Inventuren werden jedes Jahr geschätzt; jedes Jahr gleich" sei dem Geschäftsführer nicht erinnerlich. Ein Blick in die Jahresbilanzen zeige, dass die Warenvorräte keineswegs gleich seien, sondern höchst unterschiedliche Werte aufweisen. Die Inventuren seien im Original an die Kanzlei B übergeben, dort telefonisch angefordert, aber bis heute nicht übermittelt worden.
Es gebe für den gesamten Prüfungszeitraum Aufstellungen über die halbfertigen Arbeiten. Die Bewertung sei gemeinsam mit der Kanzlei B erfolgt, die auch die Originalaufzeichnungen verwahre. Diese Aufstellungen seien angefordert und teilweise für die Jahre 1999 und 2000 übermittelt worden.
Für den Prüfungszeitraum gebe es vereinzelt Angebote. Die Bw. habe die Angebote nur in jenen Fällen aufbewahrt, in welchen sie diese für wichtig in Bezug auf allfällige Reklamationen oder ähnliches erachtete.
Material- und Stundenaufzeichnungen würden vorliegen. Der Prüfer erwähne ja selbst, dass derartige Unterlagen betreffend eines nachkalkulierten Auftrages nachgereicht worden seien.
In der am abgehaltenen Besprechung sei vom Prüfer ein taxativer Katalog an Aufklärungswünschen zu den "Erlösberichtigungen" bekannt gegeben worden. Der gesamte Katalog dieser Aufklärungswünsche sei in der Stellungnahme vom vollständig beantwortet worden.
Ihr würden keine Vorhaltungen vorliegen, um welche Anzahlungen es sich handle, die durch Erlösbuchungen bereinigt worden seien.
Es sei ein Spezifikum des Bau- und Baunebengewerbes, dass im nachhinein über Abrechnungen diskutiert, gefeilscht und verhandelt werde. Die Rechnungsprüfung mit dafür vorgesehenen Prüffristen sei im Bau- und Baunebengewerbe ein alltägliches Geschäft. Bedingt durch derartige Nachverhandlungen gebe es eben Rechnungsberichtigungen und neue Rechnungsausstellungen, welche oftmals von Kunden eingefordert würden. Die Ausstellung einer berichtigten oder neuen Rechnung stelle keine Verletzung einer abgabenrechtlichen Vorschrift das, sondern sei sogar geboten, wenn sich die in der Rechnung dokumentierten Umstände in umsatzsteuerlich relevanter Weise ändern würden.
Das vom Prüfer als "Rechnungsausgangsbuch" bezeichnete Heft, sei ein Relikt aus jener Zeit, in der sie keine ausgereifte EDV-Ausstattung besaß. Aus Gewohnheit sei über einen gewissen Zeitraum dieses Heft weitergeführt worden, erhebe jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dieses Heft besitze für die EDV-gestützte Buchhaltung keinerlei Relevanz und diene auch nicht der Vorerfassung der Ausgangsrechnungen. Die Ausgangsrechnungen würden in der EDV erstellt, verwaltet und monatlich vollständig zur Verbuchung dem Steuerberater übergeben. Das als "Rechnungsausgangsbuch" bezeichnete Heft diene nicht der edv-mäßigen Verbuchung und stelle daher auch keine Grundaufzeichnung dar. Im übrigen würden sich aus diesem Heft keine Anhaltspunkte ergeben, dass Rechnungen ausgefertigt, aber nicht verbucht worden wären. Eine derartige Feststellung habe der Prüfer nicht getroffen. Eintragungen in diesem Heft seien für die Prüfung der ordnungsgemäßen Erhebung der Abgaben daher irrelevant.
Ihr würden auch keine Vorhalte vorliegen, welche Rechnungen verspätet fakturiert worden seien. Eine Erwiderung könne deshalb nicht erfolgen.
Ihr sei auch nicht vorgehalten worden, welche Rechnungen zur Vorlage bei Behörden, Ämtern und Versicherungen ausgestellt und nicht als Erlös erfasst worden wären. Den Vorwurf der Ausstellung von Schein- bzw. Gefälligkeitsrechnungen weise sie aufs Schärfste zurück.
Im übrigen werde darauf hingewiesen, dass in der Besprechung mit dem Prüfer am nicht erwähnt worden sei, dass Inventuren, Aufstellungen der halbfertiger Arbeiten, Aufklärungen zu Kundenkonten, etc. fehlen würden, sodass eine frühere Auseinandersetzung mit diesen Punkten nicht erforderlich schien. Aus der obigen Darstellung sei ersichtlich, dass im gegenständlichen Fall keine Buchführungsmängel vorlägen, die der Behörde eine Schätzungsbefugnis einräumen würden.
Zu der vom Prüfer durchgeführten Kalkulation wendete sie im Wesentlichen ein:
Sie habe im Prüfungszeitraum durchschnittlich 10 Arbeiter und teilweise noch Leiharbeitskräfte beschäftigt. Es sei völlig realitätsfern anzunehmen, der Geschäftsführer eines Installationsunternehmens könne neben der Aufsicht über durchschnittlich 10 Monteure 60% bis 80% produktiv (im Sinne von verrechenbar) arbeiten. Selbstverständlich sei der Geschäftsführer zu 60% bis 80% auf Baustellen tätig. Diese Arbeit sei jedoch nicht verrechenbar, sondern beschränke sich auf die Überwachung und Anweisung der Mitarbeiter, die Organisation von Materiallieferungen, die Teilnahme an Baubesprechungen und ähnliches. Insofern sei diese Arbeit auf den Baustellen zwar für den Geschäftsführer gefühlsmäßig produktiv, weil sie zum Fortgang der Arbeiten beitrage, jedoch sei diese Zeit nicht an Kunden verrechenbar. In der Gegenkalkulation habe sie daher die verrechenbare Zeit des Geschäftsführers mit 20% angesetzt.
Die vom Prüfer angeführten zusätzlichen Arbeiter, welche aus den vorgelegten Arbeitsausweisen hervorgehen würden und vom Prüfer als "nicht gemeldete Arbeiter" qualifiziert würden, seien Leiharbeitskräfte. Diese Leiharbeitskräfte seien aus der Buchhaltung ersichtlich und seien auch in der Kalkulation des Prüfers berücksichtigt worden. Es handle sich bei diesen Arbeitern um buchhalterisch und kalkulatorisch erfasste Arbeitskräfte und keineswegs um Schwarzarbeiter, welche eine Umsatzhinzuschätzung rechtfertigen würden.
In der vom Prüfer erarbeiteten Kalkulation seien für sämtliche verrechenbare Stunden die in der EDV verankerten Regiestundensätze angewandt worden. Es sei vollkommen realitätsfremd anzunehmen, dass ein Installationsunternehmen im Bereich des Baunebengewerbes für sämtliche der geleisteten Arbeitsstunden Regiestundensätze zur Abrechnung bringen könne.
In der Kalkulation des Prüfers sei für den gesamten Materialeinsatz ein Aufschlag von 25% angesetzt worden. Es sei ebenfalls vollkommen realitätsfern anzunehmen, ein Installationsunternehmen könne mit Ausnahme von kleineren Sonderaufträgen, einen Materialaufschlag von 25% ins Verdienen bringen.
Gleichzeitig mit der Berufungsschrift legte die Bw. eine weitere Gegenkalkulation vor. In dieser ermittelte sie einen Rohaufschlag auf das eingesetzte Material von 14,82% und einen durchschnittlichen Regiestundensatz von 348,26 S. Auch nach dieser Gegenkalkulation betrug die Abweichung zu den erklärten Umsätzen im Jahr 1998 nur 0,25%, 1999 0,43% und im Jahr 2000 1,9%. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass die Bw. nur die durchschnittlichen Rohaufschläge und Stundensätze für das Jahr 2000 ermittelt und diese auch als Grundlage für die Kalkulation der Jahre 1998 und 1999 herangezogen hat.
Die Bw. führte dazu aus, eine korrekte und nachvollziehbare Nachkalkulation eines gesamten Jahres stelle einen immensen Arbeitsaufwand dar, deshalb sei für das gegenständliche Verfahren vorerst nur das Jahr 2000 nachkalkuliert worden. Dieses Jahr sei deswegen ausgewählt worden, da für dieses Jahr die betragsmäßig höchste Umsatzdifferenz vorgeworfen werde. Sie erklärte sich aber auch bereit, wenn es für erforderlich erachtet wird, die übrigen Jahre nachzukalkulieren. Zur Berechnung des kalkulatorischen Umsatzes teilte sie den Gesamtumsatz des Jahres 2000 in drei Umsatzträger auf, nämlich in Großbauten (43,57% des erklärten Umsatzes), Privatbauten (34,54% des erklärten Umsatzes) und Regien und Reparaturen (21,89% des erklärten Umsatzes) und ermittelte für jeden Umsatzträger gesondert den Materialaufschlag und die durchschnittlich verrechneten Stundensätze. Von den Großaufträgen wurden 6, von den Privatkunden 9 und von der Kategorie Regiearbeiten und Reparaturen 20 Aufträge nachkalkuliert, deren Berechnungsgrundlagen (Rechnungen, Aufträge, Kalkulationsblätter udg.) der Berufung beigelegt wurden. Nach Angaben der Bw. repräsentieren die nachkalkulierten Aufträge insgesamt 40% der Gesamterlöses des Jahres 2000.
Daneben führte die Bw. an Hand von Betriebs- und Vergleichskennzahlen einen inneren und äußeren Betriebsvergleich durch, der die Plausibilität ihrer Gegenkalkulation bestärken sollte.
Die Berufung wurde vom Finanzamt Innsbruck am ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung unmittelbar der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Der Prüfer nahm in einer Stellungnahme vom zu den Ausführungen der Bw. Stellung, in der er zusammenfassend festhielt, dass die Einwendungen der Bw. nicht stichhaltig bzw. noch aufklärungsbedürftig seien.
Der Senat hat erwogen:
Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist die Abgabenbehörde zur Schätzung der Grundlagen für die Abgabenberechnung berechtigt, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Welche Bücher und Aufzeichnungen Abgabepflichtige in welcher Form zu führen haben, richtet sich nach den Bestimmungen der §§ 124 bis 131 BAO.
Ist eine Schätzung zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei abgehalten werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein, und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen. Ziel der Schätzung muss stets die sachliche Richtigkeit des Ergebnisses sein, das heißt, sie soll der Ermittlung derjenigen Besteuerungsgrundlagen dienen, die aufgrund des gegebenen, wenn auch nur bruchstückhaften Sachverhaltes und trotz unzureichender Anhaltspunkte die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (vgl. Stoll, BAO Kommentar, Band 2, Seite 1903 ff).
Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Entsprechend der amtswegigen Ermittlungspflicht iSd § 115 Abs. 1 BAO ist es primär Aufgabe des Finanzamtes, durch eine entsprechende Gestaltung des Ermittlungsverfahrens möglichst einwandfreie und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlagen zu ermitteln ().
Dieser Aufgabe ist das Finanzamt im streitgegenständlichen Fall nur unzureichend nachgekommen.
Die Bw. ist in ihrer Stellungnahme vom , die als Grundlage für die Schlussbesprechung dienen sollte, durchaus sachlich und detailliert auf die noch offenen Fragen des Prüfers eingegangen und hat eine auf konkrete Unterlagen (Rechnungen, Aufträge, Kalkulationsblätter udg.) gestützte Gegenkalkulation vorgelegt. Dem Senat erscheint es daher in Anbetracht der durchaus begründeten Einwendungen der Bw. äußerst befremdend, dass das Finanzamt nicht bereit war, den auf den festgesetzten Schlussbesprechungstermin zu verschieben, zumal das Finanzamt - worauf die Bw. zu Recht hinweist - in der Ladung zur Schlussbesprechung, eine Urlaubsreise als wichtigen Grund für eine Verhinderung und eine Verschiebung des Schlussbesprechungstermins anführt. Der Einwand des Prüfers in der Stellungnahme zur Berufung, der festgesetzte Termin sei deshalb nicht verlegt worden, weil im Vorgehen des steuerlichen Vertreters eine "Verzögerungstaktik" gesehen worden sei, erscheint nicht berechtigt, zumal der steuerliche Vertreter auch einer Vorverlegung des Schlussbesprechungstermins zugestimmt hätte. In Erfüllung des Auftrages der Erforschung der materiellen Wahrheit im Sinne des § 115 BAO wäre es im streitgegenständlichen Fall jedenfalls angebracht gewesen, den Schlussbesprechungstermin auf einen Zeitpunkt zu verlegen, zu dem es auch dem steuerlichen Vertreter möglich gewesen wäre daran teilzunehmen, um die sachliche Richtigkeit der Einwendungen und der Kalkulation der Bw. prüfen und erörtern, sowie notwendige ergänzende Ermittlungen durchführen zu können. Aber auch im Betriebsprüfungsbericht und den im Anschluss an die Betriebsprüfung ergangenen Bescheiden ist das Finanzamt auf die wesentlichen Einwendungen der Bw. nicht näher eingegangen.
Die Bw. hat mehrmals (in der Stellungnahme vom , im Antrag auf Mitteilung der fehlenden Bescheidbegründung vom und in der Berufungsschrift vom ) zu Recht eingewendet, dass weder aus den Vorhaltungen im Prüfungsverfahren noch aus dem Prüfungsbericht oder der Bescheidbegründung ersichtlich sei, woraus der Prüfer den der Schätzung zu Grunde gelegten Rohaufschlag auf den Materialeinsatz von 25% abgeleitet hat. Auch für den Senat ist aus den Unterlagen des Prüfers nicht ersichtlich, wie der der Kalkulation zu Grunde gelegte Rohaufschlag ermittelt worden ist. Der Prüfer hat dazu keine tragfähigen und nachvollziehbaren Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Die Bw. hat zwar den in ihrer Stellungnahme vom mit 11,1% bzw. in der im Berufungsverfahren vorgelegten Gegenkalkulation mit 14,82% angesetzten Materialrohaufschlag auf konkrete Bauprojekte gestützt, zu denen unter Angabe der Ein- und Verkaufspreise, des Materialeinsatzes und der Arbeitsleistung einzelne Kalkulationsblätter vorgelegt worden sind. Ob die darin angeführten Angaben zutreffen, insbesondere die Einkaufspreise mit den tatsächlichen Einkaufspreisen übereinstimmen, kann aber nur durch Einsichtnahme in die Materialeinkaufsrechnungen der Bw. überprüft werden. Auch wäre zu erheben, ob die vorgelegten Kalkulationsblätter bereits in den Berufungsjahren als Grundlage der Anbotstellung oder erst im Prüfungsverfahren für Zwecke der von der Bw. vorgelegten Kalkulation erstellt worden sind, zumal die Kalkulationsblätter (wie aus dem angeführten Ausdrucksdatum ersichtlich ist) erst im Zuge des Prüfungsverfahrens ausgedruckt worden sind und auf Euro lauten, obschon im Prüfungszeitraum die Verrechnung noch in Schilling erfolgte.
Falls sich die Angaben in den Kalkulationsblättern als richtig erweisen sollten, so wäre weiters zu prüfen, ob sich die von der Bw. zur Berechnung des Materialrohaufschlages herangezogenen Bauprojekte als repräsentativ erweisen oder ob von der Bw. verstärkt Projekte mit einem geringen Rohaufschlag als Grundlage für die Gegenkalkulation herangezogen worden sind.
Der Prüfer nahm in seiner Kalkulation an, dass im Prüfungszeitraum die gesamte produktive Arbeitszeit der Monteure und Hilfskräfte zu Regiestundensätzen an die Kunden verrechnet werden konnte. Bereits im Prüfungsverfahren (Stellungnahme vom , Pkt. B-1.2) als auch im Berufungsverfahren (Berufungsschrift Pkt. 3.1.3.) wendete die Bw. ein, es sei realitätsfremd anzunehmen, dass für sämtliche geleistete Arbeitsstunden der Regiestundensatz verrechnet werden könne und versuchte dies auch an Hand eines konkreten Projektes mit einem Auftragsvolumen von rd. 2 Mio. S nachzuweisen. Danach wäre der Erstellung des Angebotes ein Partiestundensatz (1 Monteur und 1 Hilfskraft) von 750 S zu Grunde gelegt worden, durch Preisnachlässe von insgesamt 10% bei der Vergabe des Auftrages und aufgrund des Umstandes, dass nach den vorgelegten Zeitaufzeichnungen mehr Arbeitsstunden geleistet worden sein sollen, als der Kalkulation zu Grunde gelegt worden seien, hätte sich letztlich ein Partiestundensatz von 578 S ergeben. Der Prüfer habe jedoch seiner Kalkulation einen Regiestundensatz pro Partie im Jahr 2000 von 860 S (Monteur: 520 S, Hilfskraft 340 S) zu Grunde gelegt.
Auch wenn alleine aufgrund eines Projektes keine verlässliche Aussage über den durchschnittlich verrechneten Stundensatz getroffen werden kann, so erscheint es prima vista nicht unglaubwürdig, dass nicht bei allen Aufträgen die Regiestundensätze verrechnet werden konnten. Bei größeren Aufträgen, bei denen die Auftraggeber in der Regel mehrere Anbote einholen, mag es durchaus sein, dass die Anbieter bereits bei der Erstellung des Anbotes nicht den vollen Regiestundensatz der Kalkulation zu Grunde legen, auch ist es nicht ungewöhnlich, dass es im Zuge der Auftragsvergabe zu Preisnachlässen der Anbieter kommt. Zudem mag es - wie von der Bw. aufgezeigt - gelegentlich auch vorkommen, dass bei Festpreisauftragsummen die projektierte Gesamtarbeitszeit überschritten wird, was ebenfalls zu einer Minderung des Erlöses pro Arbeitsstunde führt.
Für eine sachgerechte Schätzung wäre daher zu erheben, inwieweit der durchschnittlich erzielte Erlös pro produktiver Arbeitsstunde von den Regiestundensätzen abweicht.
Zudem ist nach den der Berufung beigelegten Rechnungen nur in einem Fall (Re. v. , ReNr. 20100003) - wie vom Prüfer in seiner Kalkulation angenommen - im Jahr 2000 für Monteurleistungen ein Stundensatz von 520 S verrechnet worden, in allen übrigen vorgelegten Rechnungen ist bei Regieleistungen im Jahr 2000 für Monteure ein Stundensatz von 420 S bzw. 460 S und für Hilfsarbeiten von 320 S bzw. 340 S in Rechnung gestellt worden.
Es wäre daher auch zu prüfen, welcher durchschnittlicher Regiestundensatz im Jahr 2000 tatsächlich zur Verrechnung kam. Soweit aus den vorgelegten Rechnungen entnommen werden kann, dürfte der Regiestundensatz für Monteurleistungen erst gegen Ende des Jahres 2000 von 420 S bzw. 460 S auf 520 S angehoben worden sein. Auch hier wären entsprechende Ermittlungen durchzuführen.
Nach Angaben des Prüfers liegen Arbeitszeitaufzeichnungen von Arbeitern vor, die in den Büchern der Bw. nicht als Dienstnehmer erfasst seien, zudem seien nach den Arbeitszeitaufzeichnungen Überstunden geleistet, nach den Angaben in der Lohnverrechnung aber keine ausbezahlt worden. Der Prüfer schloss daraus, dass Dienstnehmer "schwarz" beschäftigt und Überstunden "schwarz" ausbezahlt worden seien. Die Bw. wendete dazu ein, es habe sich hier um Leiharbeitskräfte gehandelt, deren Aufwand in den Büchern erfasst worden sei. Auch diese Behauptung wäre durch entsprechende Erhebungen abzuklären.
Die Bw. bestreitet nicht nur die behaupteten Kalkulationsdifferenzen, sondern stellt auch die vom Prüfer angeführten formellen Fehler (Tz. 21 des Bp-Berichtes) in Abrede und geht in der Berufung auf die behaupteten Vorwürfe zum Teil unmittelbar ein. Inwieweit diese Einwendungen zu Recht bestehen, kann nur aufgrund ergänzender Erhebungen festgestellt werden. Die Bw. bringt u.a. vor, ihr sei nicht vorgehalten worden, bei welchen Kundenkonten Anzahlungen ohne Abrechnung als Erlös verbucht worden seien, welche Rechnungen verspätet verbucht oder zur Vorlage bei Behörden, Ämtern und Versicherungen ausgestellt aber nicht verbucht worden seien.
In Wahrung des Parteiengehörs wäre der Bw. bekannt zu geben, in welchen konkreten Fällen es zu den vom Prüfer erhobenen Vorwürfen gekommen ist, um ihr Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Auch wäre die Stellungnahme des Prüfers zur Berufung, soweit hier konkrete Feststellungen oder Annahmen getroffen worden sind, der Bw. zur Kenntnis zu bringen.
Ganz allgemein hat das Finanzamt auf Angaben, Mitteilungen, Beweise und Berechnungen der Bw., die geeignet erscheinen, zur Frage der Schätzung dem Grunde nach, zu den Sachverhaltsannahmen und zu den der Schätzung dienenden Annahmen und Berechnungen sachdienliche Aufklärung zu leisten, einzugehen. Die Behörde hat sich mit ihnen konkret auseinanderzusetzen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Seite 1946).
Nach § 289 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wenn die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 275) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären ist, diese durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen erachtete es der Senat für angezeigt, die angefochtenen Bescheide unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufzuheben.
Der Senat machte von dem ihm eingeräumten Ermessen auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide insbesondere deshalb Gebrauch, da im gegenständlichen Fall die fehlenden Ermittlungen einen Umfang annehmen, die allein in einem Vorhalteverfahren nicht durchgeführt werden können. Es ist daher zweckmäßig diese Ermittlungen von der Abgabenbehörde erster Instanz nachholen zu lassen. Weiters sind auch die Einwendungen und Behauptungen zum Sachverhalt, die im Zuge des Berufungsverfahrens erhoben worden sind, zum Großteil bereits im Prüfungsverfahren vorgebracht worden, aber wegen der nicht durchgeführten Schlussbesprechung nicht mehr erörtert und abgeklärt worden, sodass es der Senat für geboten erachtet, diese vom Finanzamt bisher nicht geprüften Einwendungen erstmals von ihm prüfen und würdigen zu lassen.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber die Pflicht zur Sachverhaltsermittlung auch schon vor der Reform des Rechtsmittelverfahrens vorrangig dem Finanzamt auferlegt hat, da auch schon § 276 Abs. 3 BAO "alt" ausdrücklich die Berufungsvorlage erst nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen anordnete. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das mit Wirkung ab reformierte Verfahren dem UFS als Rechtsmittelbehörde die Rolle eines unabhängigen Dritten zuweist. Will der UFS dieser Rolle gerecht werden, muss er sich im Wesentlichen auf die Funktion eines Kontroll- und Rechtsschutzorgans beschränken (vgl. Beiser, SWK 3/2003, S 102 ff).
Nicht zuletzt war im gegenständlichen Berufungsfall auch darauf Bedacht zu nehmen, dass die Bw. zusätzlich einen vom Finanzamt zu verantwortenden und damit auch primär von ihm zu sanierenden Begründungsmangel rügt, indem sie um nachvollziehbare Darstellung der Kalkulation und damit der Bemessungsgrundlagen der angefochtenen Bescheide ersuchte.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom hat die Bw. ihre Berufung gegen die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für 1998 bis 2000 näher begründet. Es erübrigt sich auf diese Einwendungen im Einzelnen einzugehen, da auch die bekämpften Wiederaufnahmebescheide nach § 289 Abs. 1 BAO aufzuheben waren, zumal erst die ergänzenden Ermittlungen zeigen werden, ob bzw. bzw. aus welchen Gründen eine Wiederaufnahme der Verfahren zu verfügen sein wird.
Für das weitere Verfahren bleibt anzumerken, dass es der Senat nicht für sachgerecht erachtet, neben der vom Prüfer durchgeführten kalkulatorischen Schätzung, in der der gesamte Umsatz auf Grund einer Nachkalkulation im Schätzungsweg ermittelt worden ist, einen weiteren Sicherheitszuschlag anzusetzen.
Wie bereits eingangs ausgeführt, ist es Ziel der Schätzung, Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die der Wirklichkeit am nächsten kommen. Dabei ist jene Methode zu wählen die im Einzelfall den tatsächlichen Gegebenheiten (den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar2, Rz 12 zu § 184 BAO). Eine Schätzung mit Hilfe eines Sicherheitszuschlages ist eine Methode, die der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen dient, von denen anzunehmen ist, dass sie zu niedrig ausgewiesen wurden (VwGH, , 96/13/0210). Werden - wie im gegenständlichen Fall - die Einnahmen kalkulatorisch geschätzt, so darf kein zusätzlicher Sicherheitszuschlag verhängt werden, denn wie in der Berufung zu Recht eingewendet wird, ist unter der Annahme, dass der Prüfer von der Richtigkeit seiner Aufschlags- und Stundensätze überzeugt ist, davon auszugehen, dass das vom Prüfer errechnete Ergebnis den richtigen Betriebsumsatz darstellt, sodass kein Raum für einen zusätzlichen Sicherheitszuschlag besteht ().
Sollten sich die vom Finanzamt behaupteten formellen bzw. materiellen Fehler der Bücher und Aufzeichnungen als richtig erweisen und damit die Schätzungsbefugnis nach § 184 BAO gegeben sein, so ist dabei zu beachten, dass die Schätzungsbefugnis nur so weit reicht, als die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen nicht anders erfolgen kann. Nach Ansicht des Senates wäre daher zu prüfen, ob die vom Prüfer durchgeführte Globalschätzung der Einnahmen als die geeignetste Methode der Schätzung erachtet wird, zumal diese Methode - wie gerade der Berufungsfall deutlich zeigt - vielfachen Gefahren der Fehlerhaftigkeit ausgesetzt ist. Um diesen Gefahren zu begegnen, ist im Gesetz im Sinne eines Subsidiaritätsprinzips die Einschränkung der Schätzung auf das Notwendige angeordnet ().
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Behörde im Rahmen des weiteren Verfahrens auf alle von der Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen hat, auch wenn ihre Richtigkeit erst durch weitere Erhebungen geklärt werden muss.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist noch anzumerken, dass der Senat trotz rechtzeitigen Antrages von einer mündlichen Verhandlung absehen kann, wenn eine Berufungserledigung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz nach § 289 Abs. 1 BAO erfolgt. Im Hinblick darauf wurde im vorliegenden Fall von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 284 Abs. 3 BAO Abstand genommen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Insbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Ermessensübung Ermittlungsmängel Zurückverweisung Kassation Schätzung Sicherheitszuschlag Kalkulation Aufhebung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at