Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.08.2004, RV/0589-W/03

überwiegende Kostentragung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0589-W/03-RS1
Trägt ein Elternteil nicht überwiegend die gesamten Unterhaltskosten für ein Kind, dann steht kein Anspruch auf Familienbeihilfe zu.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Tulln betreffend Gewährung der Familienbeihilfe ab August 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die getroffenen Feststellungen sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom beantragt der Bw. die Auszahlung der (erhöhten) Familienbeihilfe für sein nicht haushaltszugehöriges Kind ab dem Monat August 2002 mit der Begründung, er komme überwiegend für den Geldunterhalt auf.

Nach Angaben des (studierenden) Kindes im Zuge einer Vorsprache beim Finanzamt erfolge die überwiegende Kostentragung durch die Mutter, weil diese neben dem Geldunterhalt auch Naturalien zuwende.

In Beantwortung eines Ergänzungsvorhaltes gab das studierende Kind seine monatlichen Unterhaltskosten mit Schreiben vom bekannt. Diese unterlagen aufgrund besonderer Ausgaben (Hausstandsgründung, Urlaub, Lernmittel) starken Schwankungen. Die gesamten Kosten beliefen sich (Monat Oktober) auf zumindest € 944,68.

Mit der Begründung, es läge keine überwiegende Kostentragung seitens des Bw. vor, weil dem monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von € 457,00 tatsächliche Unterhaltskosten von mehr als € 914,00 gegenüberstehen, wies das Finanzamt den Antrag ab.

In der dagegen erhobenen Berufung führt der Bw. aus, das Einkommen der Kindesmutter reiche für eine überwiegende Kostentragung durch diese nicht aus. Demzufolge müsste ein beträchtlicher Teil (ca. € 300,00 monatlich) aus für die Familienbeihilfe nicht relevanten Quellen stammen. Der Berufung waren Überweisungsbelege für den Streitzeitraum in Höhe von € 457,84 (monatlich) beigelegt.

Unter Hinweis auf den von der Kindesmutter nachweislich geleisteten Kostenbeitrag (€ 470,00 monatlich) wies das Finanzamt die Berufung ab.

In seiner Berufung wendet der Bw. die betragsmäßig geringere Unterhaltsverpflichtung der Kindesmutter ein. Die Weitergabe der bezogenen Familienbeihilfe dürfe aber nicht in den Vergleich für den Anspruch auf Familienbeihilfe mit einbezogen werden.

Diesfalls würde jede beliebige Erhöhung der Kostenbeiträge zur Gewährung der Familienbeihilfe und damit zu einer geringeren wirtschaftlichen Belastung führen.

In einem den Vorlageantrag ergänzenden Schriftsatz teilt der Bw. mit, der tatsächliche Geldunterhalt der Kindesmutter würde nach Angaben des Kindes in einem Rechtsstreit lediglich € 255,00 betragen (der diese Angaben enthaltende Schriftsatz wurde vorgelegt).

Dem Bw. wurde in Bezug auf die Höhe der Unterhaltskosten Parteiengehör gewährt. In seiner Replik gibt der Bw. die im Gerichtsverfahren (wegen Feststellung des Erlöschens des Unterhaltsanspruchs und Leistung) festgestellte Höhe der monatlichen Unterhaltskosten mit € 875,00 an und verweist auf die im Urteil enthaltene Feststellung, dass die bezogene Familienbeihilfe von der Kindesmutter an das Kind weiterzureichen ist. Demzufolge kann die Weitergabe der Familienbeihilfe keine Unterhaltsleistung darstellen.

Mit einem weiteren Vorhalt wurden dem Bw. die tatsächlichen Unterhaltskosten (soweit diese nicht ohnehin mit jenen im Gerichtsverfahren festgestellten ident waren) näher dargestellt und die aufgrund eines Gerichtsurteiles vom rückwirkend für den Streitzeitraum mit € 315,00 festgestellte Unterhaltsverpflichtung vorgehalten. In Beantwortung des Vorhaltes führt der Bw. aus über die tatsächliche Höhe der gesamten Unterhaltskosten keine Angaben machen zu können. Ein inzwischen rechtskräftiges Gerichtsurteil gehe von einer Unterhaltsverpflichtung von € 50,00 zuzüglich Weiterreichung der Familienbeihilfe der Kindesmutter aus und lege jene des Vaters mit € 315,00 fest (Schreiben vom , wonach ohne Einbeziehung der Familienbeihilfe, "der größte Posten" der Unterhaltskosten vom Bw. getragen würde).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs 2 FLAG 1967 hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Für die Beurteilung, ob eine Person die Unterhaltskosten überwiegend trägt, sind einerseits die Höhe der gesamten Unterhaltskosten für das Kind und andererseits die Höhe der von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge maßgebend.

Das Finanzamt hat in einem ordentlichen Verfahren unter Wahrung des Parteiengehörs die Höhe der gesamten Unterhaltskosten ermittelt und zutreffend ausgeführt, dass der Bw. diese Kosten nicht überwiegend trägt. Dies wird vom Bw. auch nicht bestritten. Demzufolge ist die Berufung bereits aus diesem Grund abzuweisen.

Die nachträglich rückwirkende Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Bw. durch Gerichtsurteil steht dieser Beurteilung ebenfalls nicht entgegen.

Der Bw. vertritt die Auffassung, die Beurteilung, ob eine Person die Unterhaltskosten überwiegend trägt, sei anhand eines Vergleiches der Höhe der Geldunterhaltsverpflichtung, der jeweiligen um den Anspruch auf Familienbeihilfe konkurrierenden Personen vorzunehmen. Ein bestehender Bezug von Familienbeihilfe sei außer Ansatz zu lassen.

Mit dem im § 2 Absatz 2 FLAG verwendeten Begriff Unterhaltskosten sind nicht der gesetzliche, notwendige, angemessene oder der gerichtlich festgelegte Unterhalt angesprochen, sondern die tatsächlichen Unterhaltskosten. Ob zu deren Tragung eine Verpflichtung bestand ist ebenso unerheblich (vgl. ARD-HB 1985, 5 "Haushaltszugehörigkeit oder überwiegende Kostentragung als Anspruchsvoraussetzung"; ), wie die Herkunft der hierfür benötigten Mitteln.

Die Tragung tatsächlicher Unterhaltskosten kann demzufolge auch in freiwilligen und zweckgebundenen (z.B. für Möbel anlässlich der Hausstandsgründung) Geldzuwendungen oder in der Übernahme von Kosten der Freizeitgestaltung (etwa Urlaubskosten) bestehen.

Ein sich auf die Geldunterhaltsverpflichtung beschränkender Vergleich entspricht deshalb nicht dem § 2 Absatz 2 FLAG.

Grundsätzlich stellt die Weitergabe der Familienbeihilfe eine (weitere) Unterhaltsleistung dar und ist deshalb bei der Beurteilung, ob eine überwiegende Kostentragung gegeben ist, nicht außer Ansatz zu lassen (vgl. , 90/69 und 1149/57).

Mit Aufhebung des zweiten Halbsatzes des § 12 a FLAG durch den VfGH (Erk , G 7/02) kann im Bereich des Unterhaltsrechts für Zwecke der steuerlichen Entlastung der Familienbeihilfenbezug die zu bemessende Unterhaltsverpflichtung mindern.

Eine Änderung des § 2 Absatz 2 FLAG war damit nicht verbunden. Vielmehr stellt diese Bestimmung, wie bereits oben angesprochen, nicht auf die rechtliche Unterhaltsverpflichtung, sondern nur auf das Ausmaß der tatsächlichen Übernahme von Unterhaltskosten ab.

Das vom Bw. angezogene Argument, die Weitergabe der Familienbeihilfe sollte nicht als Unterhaltsleistung berücksichtigt werden, führt lediglich zu einem Vertauschen der Position mit dem jeweiligen anderen Elternteil (weil der Familienbeihilfenbezug nunmehr die zu bemessende Unterhaltsverpflichtung des Bw. mindern würde), ist also als Zuteilungsregel nicht tauglich. Überdies stünde einer solchen Vorgangsweise die Unmöglichkeit im Familienbeihilfenrecht entgegen, den Bezieher der Beihilfe zur Weitergabe der Bezüge an den Unterhaltsberechtigten zu verhalten.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
überwiegende Kostentragung
Verweise




Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at