Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.08.2004, RV/0920-W/04

Wurde das Studium zum frühest möglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Zivildienstes begonnen?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk betreffend Familienbeihilfe ab entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw. beantragte mit Schreiben vom die Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn ab Februar 2003.

Als Grund führte er an, dass sein Sohn seinen Zivildienst am beendet habe und ab Oktober 2003 mit einem Studium beginne. Zwischenzeitlich gehe der Sohn keiner Erwerbstätigkeit nach.

Das Finanzamt erließ am mit folgender Begründung einen Abweisungsbescheid:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. e Familienlastenausgleichsgesetz besteht für volljährige Kinder für die Zeit nach Beendigung des Präsenz- bzw. Zivildienstes nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn eine nachfolgende Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wird. Da Ihr Sohn seinen Zivildienst mit beendet hat, aber lt. Ihrem Schreiben erst zu einem späteren Termin (Wintersemester 2003) die Berufsausbildung aufnehmen wird, kann Ihnen die Familienbeihilfe nicht bereits ab gewährt werden. Gegebenenfalls ist bei Studienbeginn die Familienbeihilfe mit einer entsprechenden Inskriptionsbestätigung neu zu beantragen.

Der Bw. erhob am gegen den Abweisungsbescheid vom fristgerecht Berufung und führt dazu aus:

"...Er beendete am seinen Zivildienst und möchte ab Oktober 2003 sein Studium an der Universität beginnen. Im Rahmen der Studienberatung bezüglich der in Frage kommenden Studienrichtungen wurde meinem Sohn geraten, erst im Wintersemester 2003 erstmals zu inskribieren, da ein Quereinstieg im Sommersemester, also gleichsam im 2. Semester Probleme hinsichtlich Einführungs- und Grundlagenvorlesungen und Übungen, für die diese Grundlagen notwendig sind, mit sich bringen werden. Die Wahrscheinlichkeit, Übungen aufgrund fehlender Grundlagen nicht positiv abschließen zu können oder aufgrund limitierter Plätze gar nicht zugelassen zu werden, wäre grundsätzlich gegeben. Dies würde sich in einer höheren Studiendauer mit den bekannten negativen Folgen, u.a. einer längeren Dauer der Zahlung der Studiengebühr, niederschlagen."

Der Bw. übermittelte am an das Finanzamt ein Schreiben, in dem er um weitere Zuerkennung der Familienbeihilfe ersuchte. Diesem Schreiben legte er ein Antwortschreiben des Vorsitzenden der Studienkommission Psychologie auf die von ihm gerichteten Anfrage vor.

Der Inhalt dieses Antwortschreibens lautet:

"Zu Ihrer Anfrage betreffend den günstigsten Zeitpunkt des Studienbeginns teilen wir Ihnen mit, dass die meisten Lehrveranstaltungen nach dem jetzt gültigen Studienplan aufbauend sind. Bei einem Beginn im SS 03 hätten Sie eine Verzögerung von 1 Semester in Kauf nehmen müssen. Es ist daher ratsam, im WS zu beginnen."

Über Anfrage des Finanzamtes teilte Herr Dr.Sch., Universität Wien, Institut für Psychologie, Folgendes mit:

"Bezüglich Ihrer telefonischen Anfrage, ob es möglich sei, das Diplomstudium der Psychologie an der Universität Wien auch in der vorgegebenen Mindeststudienzeit zu absolvieren, wenn man im Sommersemester beginnt, ist folgendes festzuhalten:

1) Dies ist möglich.

2) Es können Lehrveranstaltungen (z.B. bestimmte Vorlesungen ohne Voraussetzungen) absolviert werden.

3) Eine Verzögerung im Studium ist aber insofern gegeben, als bestimmte Lehrveranstaltungen aufbauend sind und es keinen Sinn macht, den Teil 2 vor dem Teil 1 zu absolvieren."

Das Finanzamt erließ am eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO.

Die Berufung wurde mit folgender Begründung abgewiesen:

"Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) 1967 für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl.Nr. 305 genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.

Neben den schon erwähnten Gründen anerkennt das FLAG 1967 auch Studienbehinderungen im Lehr- und Prüfungsbetrieb der Universität als Grund für eine Verlängerung der Studienzeit. Liegen daher bei den Universitäten im Studien- und Prüfungsbetrieb besondere Umstände vor, die es dem einzelnen Studierenden ohne sein Verschulden unmöglich machen, den Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit zu absolvieren, stellen diese sohin für den Studierenden im Sinne des FLAG 1967 ebenfalls ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Ausmaß von drei Monaten dar, das grundsätzlich zur Verlängerung des Familienbeihilfenbezuges um ein Semester führt.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG besteht für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung (Hochschulstudium) nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

Nach vorliegendem Sachverhalt hat Ihr volljähriger Sohn P. in der Zeit vom bis seinen Zivildienst geleistet und sein Psychologiestudium an der Universität Wien erst mit Beginn des Wintersemesters 2003 mit der Begründung, dass ein Quereinstieg im Sommersemester 2003 wesentliche Probleme mit sich gebracht hätte, die letztendlich zu einer längeren Studiendauer geführt hätten, begonnen. Diesen Ausführungen wird jedoch entgegengehalten, dass - laut schriftlicher Mitteilung der Universität Wien vom - eine Absolvierung des Diplomstudiums auch bei einem Quereinstieg im Sommersemester 2003 in der vorgesehenen Mindeststudienzeit möglich ist; in diesem Semester bereits entsprechende Prüfungen abgelegt werden können und sich eine Verzögerung im Studium nur insofern ergeben könnte, als bestimmte Lehrveranstaltungen aufbauend sind und daher erst zu einem späteren Zeitpunkt absolviert werden können. Studienbehinderungen im Lehr- und Prüfungsbetrieb der Universität im Sinne der obgenannten gesetzlichen Bestimmungen können jedoch bei Vorliegen einer entsprechenden Bestätigung der Universität auf den hiefür vorgesehenen Formularen (Beih 14-14c) zu einer Verlängerung des Beihilfenbezuges um ein Semester führen.

Da somit aufgrund vorstehender Ausführungen im strittigen Zeitraum ein Beihilfenanspruch nicht festgestellt werden konnte, war wie im Spruch angeführt zu entscheiden."

Der Bw. stellte am den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz und führt darin aus:

"Ich möchte in diesem Zusammenhang speziell darauf hinweisen, dass die Universität Wien in ihrer schriftlichen Mitteilung, die Sie in ihrer Berufungsvorentscheidung zitieren, von einer durchaus möglichen Verzögerung im Studium spricht, die sich ergeben kann, da bestimmte Lehrveranstaltungen aufbauend sind und daher erst zu einem späteren Zeitpunkt absolviert werden können. Zwar kann auf entsprechende Bestätigung eine Verlängerung des Beihilfenbezuges um ein Semester erreicht werden, allerdings führt die aus Gründen des Quereinstieges verlängerte Studiendauer zwangsläufig zu der Entrichtung der beträchtlichen Studiengebühr für zusätzliche Semester, die nur aufgrund des Quereinstieges zurückgelegt werden müssen."

Über die Berufung wurde erwogen:

Der unabhängige Finanzsenat teilt vollinhaltlich die in der Berufungsvorentscheidung vom zum Ausdruck kommende Rechtsansicht. Es wird daher auf die ausführliche Begründung dieser Berufungsvorentscheidung verwiesen.

Insbesondere wird hervorgehoben, dass in der Bestätigung des Instituts für Psychologie ausdrücklich festgehalten wird, dass auch bei einem Quereinstieg die Mindeststudienzeit eingehalten werden kann. Damit ist aber klargestellt, dass der Sohn des Bw. das Studium nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Zivildienstes begonnen hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Studienverzögerung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at