Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 19.08.2004, RV/0417-F/02

Festsetzung einer Zwangsstrafe zur Erzwingung der Abgabenerklärungspflicht

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2000 entschieden: Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Zwangsstrafe wird gemäß § 111 BAO mit 200,00 € festgesetzt.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt den Bw. auf, die Einkommensteuererklärung für 2001 bis zum einzureichen.

Ein in der Folge eingebrachtes Fristverlängerungsansuchen wies das Finanzamt mit Bescheid vom ab, gewährte jedoch zugleich eine Nachfrist bis zum .

Da der Bw. diese Frist nicht einhielt, wurde er mit Bescheid vom an die Einreichung der Steuererklärung für 2001 erinnert. Er wurde gleichzeitig - unter Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe von 2.000,00 S (145,35 €) - aufgefordert, das Versäumte bis längstens nachzuholen.

Nachdem die betreffende Steuererklärung auch in der Folge nicht eingereicht wurde, drohte das Finanzamt nach Erlassung weiterer Aufforderungen, Erinnerungen und Festsetzung einer Zwangsstrafe mit Bescheid vom eine weitere Zwangstrafe in Höhe von 300,00 € an, sollte die Einkommensteuererklärung nicht bis zum eingereicht werden. Ein weiteres Fristverlängerungsansuchen des Bw. wurde als verspätet mit Bescheid vom 8. August zurückgewiesen.

Am wurde eine Einkommensteuererklärung ohne jegliche Angaben über Einkünfte und ohne Beilagen eingereicht, die nicht als Erklärungseingang gewertet wurde, weshalb mit Bescheid vom die angedrohte Zwangsstrafe von 300,00 € festgesetzt wurde.

Der Bw. erhob gegen den Bescheid vom Berufung, wobei er sinngemäß vorbrachte, sein Buchhalter habe sich am telefonisch bei der Sachbearbeiterin nach dem Verfahrensstand erkundigt und sich um eine neuerliche Fristverlängerung bemüht. Begründet wurde der Fristverlängerungsantrag mit einem unaufschiebbaren Termin des Buchhalters am selben Tag in Innsbruck, weshalb er den vom Bw. erhaltenen Auftrag zur Erstellung der Einkommensteuererklärung nicht erfüllen könne. Die Sachbearbeiterin habe jedoch darauf beharrt, dass eine weitere Zwangsstrafe nur vermieden werden könne, wenn ihr die Erklärung am vorgelegt werde. Der Bw. habe daher seine Erklärung am selben Tag eingereicht. Er habe - entgegen den Bescheidausführungen - auch Angaben über seine Einkünfte gemacht. So sei er beim Bundesheer gewesen und habe Arbeitslosengeld bezogen. Sein Buchhalter habe zudem seine Provisionseinnahmen der Sachbearbeiterin am ziffernmäßig telefonisch mitgeteilt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, die am eingereichte Einkommensteuererklärung hätte keinerlei Angaben über Einkünfte und keine Beilagen enthalten, weshalb sie nicht als Erklärungseingang gewertet werden konnte. Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liege dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung seien unter anderem das steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen und die Höhe der allfälligen Steuernachforderungen zu berücksichtigen. Gegenständlich wäre die Einkommensteuererklärung 2000 bis zum einzureichen gewesen. Die Nichteinreichung der Abgabenerklärung samt den dazugehörigen Beilagen innerhalb einer Frist von eineinhalb Jahren rechtfertige jedenfalls die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 300,00 €, zumal im Berufungsschriftsatz keinerlei Gründe für eine derartige Verzögerung vorgebracht worden seien. Überdies sei auch die Einkommensteuererklärung 2001 verspätet eingereicht worden, sodass eine besondere Sorgfalt in der Einhaltung steuerlicher Verpflichtungen bisher nicht erblickt werden könne.

Mit Schreiben vom beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Inhaltlich wurde im Wesentlichen das im Berufungsschriftsatz vom erstattete Vorbringen wiederholt. Ergänzend wurde ausgeführt, es sei offenkundig, dass sein pflichtwidriges, passives Verhalten nicht fortgesetzt werde. Auch seien die Vermögensverhältnisse des Bw. bei der Festsetzung der Zwangsstrafe nicht berücksichtigt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 111 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.

Gemäß § 111 Abs. 2 BAO muss der Verpflichtete, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Gemäß § 111 Abs. 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 2.200,00 Euro nicht übersteigen.

Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Gemäß § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

Im gegenständlichen Fall ist die Verhängung der Zwangsstrafe sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach strittig. Der Bw. vertritt zum einen den Standpunkt, er habe die vom Finanzamt geforderte Leistung (Einreichung der Einkommensteuererklärung 2000) vor Festsetzung der Zwangsstrafe erbracht. Weiters wird beanstandet, das Finanzamt habe bei Verhängung der Zwangsstrafe weder die Vermögensverhältnisse des Bw. berücksichtigt, noch den Umstand, dass der Bw. sein bisheriges pflichtwidriges, passives Verhalten nicht fortgesetzt habe.

Die Einreichung von Abgabenerklärungen durch den Abgabepflichtigen kann mit Hilfe von Zwangsstrafen erzwungen werden. Dies ergibt sich aus § 111 Abs. 1 BAO iVm der allgemeinen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 sowie der Verpflichtung zur Einreichung von Abgabeerklärungen gemäß § 133 ff BAO.

Durch die Abgabenerklärung soll die Behörde in die Lage versetzt werden, Kenntnis über abgabenrechtlich bedeutsame Sachverhalte zu erhalten, um ihren gesetzlichen Auftrag der sachgerechten Abgabenfestsetzung und -erhebung erfüllen zu können. Den Abgabepflichtigen trifft insofern eine Mitwirkungspflicht, als er die für eine Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihm bekannten Beweismittel anzugeben hat.

Der Bw. brachte vor, er habe - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid - in der Einkommensteuererklärung angeführt, er sei beim Bundesheer gewesen und habe Arbeitslosengeld bezogen. Sein Buchhalter habe zudem seine Provisionseinnahmen der Sachbearbeiterin am ziffernmäßig telefonisch mitgeteilt.

Mit diesen Angaben hat der Bw. seiner Erklärungspflicht nicht vollständig entsprochen. Der Bw. hätte in seiner Erklärung die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Differenz zwischen den Provisionseinnahmen und den zur Einnahmenerzielung nötigen Ausgaben) ziffernmäßig darlegen und zum Beweis der Richtigkeit dieser Angabe eine Einnahmen-Ausgabenrechnung beilegen müssen (§ 44 Abs. 4 EStG 1988). Da er dies verabsäumt hat, war die Behörde dem Grunde nach zur Verhängung einer Zwangsstrafe berechtigt.

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liegt nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde (). Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit also unter Angemessenheit in bezug auf berechtigte Interessen der Partei und nach Zweckmäßigkeit also unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben zu treffen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung bekannt sind. Dazu zählen zB das steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen (Neigung zur Verschleppung und zur Verzögerung, wiederholte Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen, begründeter Verdacht der Fortsetzung des pflichtwidrigen Verhaltens, erwiesener hoher Grad beharrlicher Passivität oder Renitenz), der Umfang und die Vordringlichkeit des Verfahrens sowie die Höhe der allfälligen Steuernachforderung oder auch die Aussichtschancen auf den Erfolg des Zwangsmittels unter Berücksichtigung der bisherigen Aktenlage (vgl. Stoll, BAO, Kommentar, 1200, sowie Madelberger, ÖStZ 1987, 249 ff). Weiters kann auch der Grad des Verschuldens (erkennbare Nachlässigkeit oder Bewusstheit und Absicht des Nichterfüllens behördlicher Aufträge) berücksichtigt werden (vgl. Stoll, ebenda; Ritz², Bundesabgabenordung, Kommentar, § 111 Rz 10).

Gegenständlich lag das Einkommen des Bw. im Jahr 2000 unter der Besteuerungsgrenze, sodass das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgabe durch die verspätete Erklärungsabgabe nicht beinträchtigt sein konnte. Zu beanstanden ist jedoch das steuerliche Verhalten des Bw.. Der Bw. hätte, in Entsprechung von § 134 Abs. 1 BAO in der Fassung zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides, die Einkommensteuererklärung 2000 bis zum einzureichen gehabt. Tatsächlich ist jedoch erst am , nach wiederholten Aufforderungen, Fristerstreckungen, Festsetzungen von Zwangsstrafen und der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen eine vollständige Erklärung beim Finanzamt eingelangt. Auch der Einwand des Bw., das Finanzamt habe bei Verhängung der Zwangsstrafe nicht berücksichtigt, dass das bisherige pflichtwidrige, passive Verhalten nicht fortgesetzt worden sei, entspricht nicht den Tatsachen. So wurde der Verpflichtung zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2001 wiederum erst nach Aufforderung und Festsetzung einer Zwangsstrafe entsprochen.

Anzumerken ist weiters, dass auch das Vorbringen des Bw. - sein Buchhalter habe sich am telefonisch bei der Sachbearbeiterin um eine neuerliche Fristverlängerung bemüht, da er auf Grund eines unaufschiebbaren Termines am selben Tag in Innsbruck den vom Bw. erhaltenen Auftrag zur Erstellung der Einkommensteuererklärung nicht erfüllen konnte - nicht als Änderung des bisherigen pflichtwidrigen steuerlichen Verhaltens des Bw. gewertet werden kann. In Anbetracht der mehr als ausreichend bemessenen Zeitspanne, innerhalb welcher der Bw. Gelegenheit zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht hatte, ist dieses Vorbringen keineswegs als äußeres unüberwindbares Hindernis zu betrachten.

Betreffend die Höhe der verhängten Zwangsstrafe ist im § 111 Abs. 3 BAO geregelt, dass die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 2.200,00 € nicht übersteigen darf. Unter einer einzelnen Zwangsstrafe im Sinne der genannten Bestimmung ist die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung - gegenständlich der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2000 - festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen. Im Rahmen des Ermessens ist daher auch auf den Umstand Bedacht zu nehmen, dass der Bw. auf Grund des Versäumnisses der Abgabe der Erklärung 2000 bereits durch die mit Bescheid vom verhängte Zwangsstrafe in Höhe von 150,00 € belastet wurde.

Bei Abwägung der obig dargelegten Interessen des Bw. und des öffentlichen Interesses an der termingerechten Einreichung von Steuererklärungen räumt der unabhängige Finanzsenat der Zweckmäßigkeit den Vorrang gegenüber der Billigkeit ein, insbesondere aufgrund der fortgesetzten Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen und des erwiesenen hohen Grades beharrlicher Passivität. Unter Berücksichtigung, dass das Einkommen des Bw. sowohl 2000 als auch 2001 unter der Besteuerungsgrenze lag, sowie des Umstandes, dass bereits für die Erbringung derselben Leistung eine Zwangsstrafe von 150,00 € festgesetzt wurde, wurde die Zwangsstrafe jedoch von 300,00 € auf 200,00 € reduziert. Bezüglich des Einwandes, dass Finanzamt habe bei der Verhängigung des Zwangsstrafe nicht auf die Vermögensverhältnisse des Bw. Bedacht genommen, wird festgestellt, dass sich die Vermögensverhältnisse des Bw. im Jahr 2002 konsolidiert haben (das steuerpflichtige Einkommen im Jahr 2002 betrug 33.996,46 €), sodass eine Gesamtbelastung von 350,00 € (das sind 15,9 % des gesetzlich festgelegten Höchstbetrages) nicht als unbillig betrachtet wird.

Aus den oben angeführten Gründen war der Berufung daher teilweise Folge zu geben.

Feldkirch,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zwangsstrafe
Abgabenerklärungspflicht
Erzwingung einer nichtvertretbaren Leistung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at