Beschwerde gegen Einleitungsbescheid wegen Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen, da kein Verschulden
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 5, Hofrat Dr. Peter Binder, in der Finanzstrafsache gegen EH, Arbeiter, geb. , 4030 Linz, H-Straße, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Finanzamtes Linz, vertreten durch ORat. Dr. Christian Kneidinger, vom , SN 046-2003/00248-001,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 046-2003/00248-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Linz dadurch vorsätzlich zum Finanzvergehen des CO beigetragen habe, dass er als steuerlich Verantwortlicher keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht habe und somit unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate April und Mai 2003 iHv. 1.900,00 € bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und dadurch ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:
Sein Betätigungsfeld während der von November 2002 bis zum bestehenden Angestellten-Tätigkeit bei CO habe jedenfalls keine steuerrechtlichen Belange seines Dienstgebers mitumfasst und habe er überdies auch keinerlei Zugang zu den entsprechenden betriebswirtschaftlichen Daten der Firma gehabt. Dies sei bereits auch in dem gegen ihn beim Finanzamt Linz laufenden Finanzstrafverfahren vorgebracht worden. Ein Verschulden iSd. FinStrG seinerseits sei somit ausgeschlossen und werde daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr zukommenden Verständigungen bzw. Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Gemäß Abs. 3 leg.cit. ist von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen, wenn
a) die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann,
b) die Tat kein Finanzvergehen bildet;
c) der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Rechtfertigungs-, Schuldausschließungsgründe oder Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe vorliegen,
d) Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern, oder
e) wenn die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde.
Ob im konkreten Einzelfall die Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen, ist aus der Summe der vorhandenen Anhaltspunkte zu beurteilen. Es genügt jedoch, wenn gegen den Beschwerdeführer ein Verdacht besteht. Das heißt, es müssen hinreichende Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Verdächtige als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt, und nicht wirklich sicher ist, dass ein im Abs. 3 lit. a bis e angeführter Grund für eine Abstandnahme von der Einleitung des Strafverfahrens vorliegt.
Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Vermutungen allein reichen für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht aus. Nicht jedoch ist es in diesem Verfahrensstadium schon Aufgabe der Finanzstrafbehörde, das Vorliegen eines Finanzvergehens konkret nachzuweisen oder auch Ergebnisse des durch die Einleitung erst in Gang gesetzten förmlichen Strafverfahrens vorwegzunehmen, weil diese Fragen erst im anschließenden Untersuchungsverfahren einer (endgültigen) Klärung zuzuführen sind.
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
Eine Abgabenverkürzung ist dann bewirkt, wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden (§ 33 Abs. 3 lit. a FinStrG).
Als unmittelbarer Täter iSd. angeführten Finanzvergehens (vgl. § 11 FinStrG) kommt dabei nicht nur der Abgabepflichtige selbst, sondern grundsätzlich (auch) derjenige in Betracht, der auf Grund der ihm obliegenden und sich beispielsweise auch aus einem Angestelltenverhältnis (zum Abgabepflichtigen) ergebenden Geschäfts- bzw. Tätigkeitsbereiche im Unternehmen auch zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen, wie beispielsweise zur Erstellung und Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen (UVAs) bzw. zur Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen (UVZ), zuständig und auch faktisch in der Lage ist. Dafür ist keinesfalls eine formelle Vertretungsbefugnis im Abgabeverfahren erforderlich (vgl. z.B. Zl. 82/16/0154).
Nach der Aktenlage zur angeführten SN und StNr.12 war der Bf. zumindest vom bis zum (einziger) kaufmännischer Angestellter des am (Datum des Entstehens der Gewerbeberechtigung laut Veranlagungsakt zur angeführten StNr.) von CO gegründeten Einzelunternehmens, Unternehmensgegenstand: Künstler- und Partnervermittlung sowie Werbe- und Begleitagentur, mit dem Sitz in 4020 Linz, G.7. Mit Ausnahme eines am beim Finanzamt Linz eingegangenen Schreibens (Ansuchen um Zuteilung einer StNr., unterfertigt von CO, Inhaber) sowie einer Kraftfahrzeugsteuererklärung für 2001 wurden seitens der genannten Einzelfirma, die vom bis zum steuerlich von der Steuerberatungsgesellschaft W&P, vertreten wurde, keinerlei Abgabenerklärungen abgegeben. Weiters wurden laut Abgabenkonto zur angeführten StNr. auch keinerlei UVZ entrichtet.
Im Zuge der von der Abgabenbehörde im Mai 2003 unter der ABNR.34 hinsichtlich des Zeitraumes 02/2002 - 02/2003 durchgeführten UVA-Prüfung (vgl. Pkt. 1 der vom Bf. "für den Abgabepflichtigen" unterzeichneten Niederschrift), gab der auch schon den Prüfungsauftrag unterfertigende Bf. an, dass er in der Firma die Geschäfte führe und in allen Belangen zeichnungsberechtigt sei. Insbesondere nehme er die Abrechnungen für die vom Unternehmen des Abgabepflichtigen angebotenen bzw. durchgeführten Shows (Auftritte von GoGo-Girls bzw. Table Dance und Oben Ohne-Bedienung) vor. Nach Abrechnung mit den Künstlern bzw. Mädchen und dem Abzug aller Kosten würde der verbleibende Gewinnanteil mit den vorhandenen Belegen an den sich vielfach in den Niederlanden aufhaltenden Firmeninhaber übermittelt. Da dem Prüforgan keinerlei Belege (als Grundlage für die Abgabenbemessung) vorgelegt werden konnten - diese befänden sich laut Bf. bei CO - erfolgte gemäß § 184 BAO an Hand der Angaben von EH eine Schätzung der Bemessungsgrundlagen für die prüfungsgegenständlichen UVZ (Umsätze 20% 02/2002 - 12/2002: 60.500,00 €, Vorsteuer: 1.100,00 €; Umsätze 20% 01/2003 - 02/2003: 11.000,00 € bei Vorsteuer von 200,00 €) und wurden diese (vgl. § 21 Abs. 3 UStG 1994) am mit 11.000,00 € (02-12/02) bzw. 2.000,00 € (01-02/03) bescheidmäßig festgesetzt.
Im Juni 2003 wurde der Abgabenbehörde die Endigung der Gewerbeberechtigung von CO bekannt gegeben.
Am erging seitens des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz zur SN 2003/00248-001 an den Bf. eine Strafverfügung gemäß § 143 FinStrG, wonach er schuldig sei, vorsätzlich im Bereich des Finanzamtes Linz dadurch zum Finanzvergehen des CO beigetragen zu haben, dass er als steuerlicher Verantwortlicher keine UVAs eingerecht habe, somit unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von UVZ für die Monate 02-12/2003 und 01-02/2003 iHv. insgesamt 13.000,00 € bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung als Beitragtäter nach §§ 33 Abs. 2 lit. a iVm. 11 FinStrG begangen zu haben.
Am wurde seitens der Abgabenbehörde die UVZ für 04-05/03 mit 1.900,00 € festgesetzt (§ 21 Abs. 3 UStG 1994).
Gegen die angeführte Strafverfügung wurde vom Bf. form- und fristgerecht das Rechtsmittel des Einspruches (§ 145 Abs. 1 FinStrG) erhoben. In dem nach den Bestimmungen der §§ 115 bis 142 leg.cit. bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt noch nicht iSd. § 136 FinStrG erledigten Finanzstrafverfahren erster Instanz erklärten die Zeugen TA, Geschäftsführer der Tanzbar CS, CD und MM, dass Ansprechpartner (Buchung, Abwicklung und Bezahlung) in der mit der AP (Bezeichnung der Firma des CO im Geschäftsverkehr) bestehenden Geschäftsbeziehung stets allein der Bf. gewesen sei. CD sagte überdies aus, dass der Bf. ihm gegenüber erwähnt habe, vor dem August 2003 ein (nunmehr geschlossenes) Geschäft im G, Linz, gehabt zu haben und sich sein Partner nach Schwierigkeiten ins Ausland abgesetzt habe.
Überdies liegen im bisherigen Finanzstraf- bzw. Abgabenakt (StNr.12) zahlreiche vom Bf. erstellte bzw. unterfertigte Rechnungen über von der AP z.B. gegenüber der WM, 4931 Mettmach-St. Johann im Kalenderjahr 2003 ausgeführte Aufträge, zwei ebenfalls von EH (als Empfänger) unterfertigte Kasseneingangsbelege sowie ein Kontoführungsblatt zu dem in den Firmenunterlagen angeführten und am von CO eröffneten PSK-Konto56, in dem der Bf. als zur Vornahme sämtlicher Dispositionen berechtigter Zeichnungsberechtigter angeführt ist, vor.
Aus all diesen bisher vorliegenden Beweismitteln, die allesamt darauf hindeuten, dass EH praktisch in allen Geschäfts- und Unternehmensbelangen seines Arbeitgebers dispositions- und auch allein abschlussbefugt und auch über den ja von ihm abgewickelten Geschäftsgang hinreichend informiert war, konnte die Finanzstrafbehörde erster Rechtstufe zu Recht den in diesem Verfahrensstadium erforderlichen Verdacht, der Bf. sei als Angestellter der von CO betriebenen Firma in dem vom angefochtenen Bescheid angesprochenen Tatzeitraum (auch) für die Erfüllung der abgabenrechtlichen, sich insbesondere aus § 21 UStG 1994 ergebenden Verpflichtungen zuständig gewesen, und habe, indem er für die Voranmeldungszeiträume April und Mai 2003 weder UVAs eingereicht noch die sich aus den abgabenbehördlichen Feststellungen ergebenden UVZ (vgl. § 21 Abs. 1 1. Unterabsatz UStG 1994 iVm. § 1 der VO BGBl. II 1998/206 idF. BGBl. II 2002/462) entrichtet habe, objektiv tatbildmäßig iSd. § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG gehandelt, ableiten.
Der entsprechende, hinsichtlich der abgabenrechtlichen Pflichtverletzung dolus eventualis (vgl. § 8 Abs. 1 FinStrG) und lediglich hinsichtlich des Taterfolges die qualifizierte Schuldform der Wissentlichkeit erfordernde Tatvorsatz ergibt sich im Anlassfall schon daraus, dass das Wissen um die Steuerpflicht der vom Unternehmen ausgeführten Umsätze generell als auch um die Verpflichtung zur (zeitgerechten) Bekanntgabe der je Voranmeldungszeitraum geschuldeten UVZ gegenüber der Abgabenbehörde bzw. um die Folgen einer Unterlassung der Bekanntgabe/Entrichtung für den Abgabengläubiger im normalen Geschäftsleben als allgemein und insbesondere auch dem Bf., der in den von ihm für das Unternehmen ausgestellten Rechnungen jeweils die Umsatzsteuer in zutreffender Höhe ermittelt und auch ausgewiesen hat und der überdies vor seiner Tätigkeit für CO längere Zeit im Betrieb seiner Gattin, KH, die bis Ende 2001 ebenfalls eine Künstlervermittlung bzw. Showagentur betrieben hat und die u.a. eine finanzstrafrechtliche Vorstrafe wegen § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (Tatzeitraum 02-03/98 und 03-12/00) aufweist, angestellt war, hinreichend bekannt angenommen werden kann.
Es war daher, da nach dem bisherigen Erhebungsstand hinreichende Umstände für die Begehung des bezeichneten Finanzvergehens durch den Bf. vorliegen und auch das Beschwerdevorbringen nicht ausreicht, um diesen Verdacht wirksam zu entkräften, spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Ob der somit zu bestätigende Tatverdacht laut Bescheid vom zu der gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG erforderlichen Überzeugung, der Bf. habe das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen iSd. § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG tatsächlich auch begangen, führen wird, bleibt dem nunmehr von der Finanzstrafbehörde erster Instanz nach den Bestimmungen der §§ 115 - 142 leg.cit. durchzuführenden Untersuchungsverfahren, vorbehalten.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 82 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Tatverdacht Täterbegriff bei Abgabenhinterziehung Vorsatz bei UVZ-Verkürzung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
EAAAC-35888