Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 17.08.2004, RV/0084-I/04

Säumniszuschlag bei unerledigtem Antrag auf Aussetzung der Einhebung einer anderen als der zuschlagsbelasteten Abgabe

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Säumniszuschlag - Steuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid gemäß § 295 Abs. 1 BAO vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2000 mit 1.137.037,20 € fest. Unter Berücksichtigung des bisher vorgeschriebenen Betrages ergab sich eine Nachforderung von 370.191,35 €, welche zum fällig gestellt wurde.

Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag setzte das Finanzamt gegenüber dem Berufungswerber Anspruchszinsen 2000 in Höhe von 33.419,40 € fest. Dieser Vorschreibung, welche ebenfalls am fällig wurde, liegt die Nachforderung (Differenzbetrag) laut obigem Einkommensteuerbescheid zugrunde.

Da die Einkommensteuernachzahlung bis zum genannten Fälligkeitstag nur teilweise, die Anspruchszinsen aber zur Gänze nicht entrichtet wurden, gelangten mit Bescheid vom erste Säumniszuschläge in Höhe von 2 % der aushaftenden Abgaben zur Vorschreibung. Die Bemessungsgrundlage für den Säumniszuschlag von der Einkommensteuer 2000 betrug 314.255,93 €, jene für die Anspruchszinsen 2000 33.419,40 €.

In der fristgerechten Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid wurde vorgebracht, dass der Berufungswerber mit Schreiben vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 berufen und einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung dieser Abgabe im Teilbetrag von 611.250 € gestellt habe, welcher "bis heute" unerledigt geblieben sei. Hätte das Finanzamt die Aussetzung bewilligt, wäre zum "keine Abgabenschuldigkeit und keine Säumnis, sondern im Gegenteil ein Guthaben am Steuerkonto gegeben, weshalb keine Grundlage für die Festsetzung von Säumniszuschlägen besteht". Bei "dieser Gelegenheit" werde nochmals um Erledigung des Aussetzungsantrages vom (eingegangen am ) ersucht.

Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom keine Folge. Begründend führte es dazu im Wesentlichen aus, dass die strittigen Säumniszuschläge zu Recht vorgeschrieben worden seien, weil die zuschlagsbelasteten Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden seien. Dem Berufungswerber sei entgegenzuhalten, dass die Regelung des § 212a BAO das Ziel verfolge, den Steuerpflichtigen nicht generell einseitig mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels zu belasten. Eine Aussetzung der Einhebung käme daher nur dann in Betracht, wenn ein Bescheid zu einer Nachforderung geführt habe und der Steuerpflichtige als Folge einer Berufungs(vor)entscheidung eine Verminderung der Abgabenschuld erwarte. Da die Aussetzung der Einhebung nur insoweit zum Tragen komme, als der Bescheid eine Nachforderung zum Ergebnis habe (), sei der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung schon der Umstand entgegengestanden, dass der in Berufung gezogene Einkommensteuerbescheid 2001 vom zu einer Gutschrift von 68.691,58 € geführt habe. Eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage, warum der Aussetzungsantrag hinsichtlich der Einkommensteuer 2001 noch unerledigt sei, erübrige sich daher. Zudem könnte eine sich aus der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung ergebende Gutschrift "nicht schon mit deren Beantragung, sondern erst mit der Bekanntgabe des maßgeblichen Verfügungsbescheides Wirksamkeit entfalten".

Im fristgerechten Vorlageantrag wurde ergänzend vorgebracht:

"...Mit Antrag vom ...ist die Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO für einen Betrag von € 611.250,- beantragt worden. Nach § 212a Abs. 9 BAO iVm § 230 Abs. 6 BAO und § 217 Abs. 4 lit b BAO dürfen Säumniszuschläge nicht festgesetzt werden, solange die Aussetzung der Einhebung für Abgaben beantragt worden ist. Die Finanzverwaltung hat über den gestellten Aussetzungsantrag vom bis heute nicht bescheidmäßig abgesprochen. Die säumniszuschlagshemmende Wirkung des Aussetzungsantrages ist somit bis heute für den beantragten Aussetzungsbetrag aufrecht. Solange die Behörde nicht bescheidmäßig über den Aussetzungsantrag abgesprochen hat, kann eine Tatbestandswirkung nicht unterstellt werden. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass dem Aussetzungsantrag stattzugeben ist: In der Abgabenerklärung für das Jahr 2001 ist der halbe Durchschnittsteuersatz für die erklärten Auslandsausschüttungen nach § 37 Abs. 4 EStG beantragt worden; die Nichtgewährung des halben Durchschnittsteuersatzes führt also zu einer von der eingereichten Abgabenerklärung abweichenden höheren Einkommensteuer und somit zu einer Nachforderung im Sinne des § 212a BAO (siehe dazu Stoll, BAO-Kommentar, § 212a Abschnitt 4, S 2269f). Nach dem Rechtsstaatsprinzip ist ein effizienter Rechtsschutz in Abgabensachen geboten (, VfSlg 11.196). Es muss dem Steuerpflichtigen also möglich sein, sich gegen jegliche Abgabenvorschreibung effizient zur Wehr zu setzen. Dazu dienen unter anderem Anträge auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO. Es liegt in der Verantwortung der Abgabenbehörde, Aussetzungsanträge rasch zu behandeln, um den erforderlichen Rechtsschutz zu gewähren. Die Säumigkeit der Behörde in der Behandlung von Aussetzungsanträgen darf nach dem Ingerenzprinzip dem Steuerpflichtigen nicht zur Last fallen. Die Säumniszuschlagssperre nach § 212a BAO iVm § 230 BAO und § 217 BAO darf somit nicht durch die Nichtbehandlung von Aussetzungsanträgen umgangen werden. Jedes andere Gesetzesverständnis ist mit dem Gebot der Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen nach Art. 7 B-VG und mit dem Gebot eines effizienten Rechtsschutzes auch in Abgabensachen nach dem Rechtsstaatsprinzip (VfGH aaO) nicht zu vereinbaren.

Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass die Gewährung des halben Durchschnittsteuersatzes für Auslandsausschüttungen geboten ist, um eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung...zu vermeiden (siehe dazu ausführlich Beiser, GesRZ 2003, 187ff). Die bisherige Verweigerung des halben Durchschnittsteuersatzes erscheint angesichts der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH (Beiser aaO) als nicht zumutbar und absolut unverständlich..."

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die gegenständlichen Säumniszuschläge infolge (teilweiser) Nichtentrichtung der Einkommensteuer 2000 und Anspruchszinsen 2000 zum Fälligkeitstermin zu Recht festgesetzt wurden oder nicht. Der Berufungswerber vertritt dazu die Meinung, die gegenständlichen Säumniszuschläge seien deshalb nicht verwirkt, weil das Finanzamt über seinen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 2001 bisher noch nicht entschieden habe.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem BGBl I 142/2000 mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht durch eine später endende Zahlungsfrist oder Nachfrist (§ 217 Abs. 2 bis 6 BAO) oder als Folge eines fristgerecht gestellten Zahlungserleichterungsansuchens oder Ansuchens um Aussetzung der Einhebung (§ 218 BAO) hinausgeschoben wird.

Was jene anteiligen Anspruchszinsen betrifft, für die der Abgabenanspruch in der Zeit vom bis laufend entstanden ist (vgl. in Analogie zu den Stundungszinsen ), ist für die rechtliche Beurteilung des Berufungsfalles § 217 BAO in der durch das Bundesgesetz BGBl I 142/2000 novellierten Fassung maßgeblich (vgl. § 323 Abs. 8 erster Satz BAO).

Der Standpunkt des Berufungswerbers, sein noch unerledigter Antrag vom auf Aussetzung der Einhebung der mit Bescheid vom vorläufig festgesetzten Einkommensteuer 2001 im Teilbetrag von 611.250 € stünde der Festsetzung von Säumniszuschlägen von der Einkommensteuer 2000 und Anspruchszinsen 2000 entgegen, erweist sich sowohl vor dem Hintergrund der Regelungen des § 217 BAO in der Fassung BGBl I 142/2000 als auch im Hinblick auf das vor dieser Novellierung gültige Säumniszuschlagsrecht als unberechtigt.

Es trifft zwar zu, dass ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 230 Abs. 6 BAO einbringungshemmende Wirkung hat, welche bis zur bescheidmäßigen Erledigung des Antrages unabhängig davon besteht, wie dieser erledigt wird.

Weiters hat der Aussetzungsantrag, soweit ihm einbringungshemmende Wirkung zukommt, gemäß § 217 Abs. 4 lit b BAO auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung, wobei allerdings die Antragstellung bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht berührt (vgl. Stoll, BAO, 2275).

Soweit aber im Streitfall die Rechtslage vor dem Bundesgesetz BGBl I 142/2000 für das Hinausschieben der Säumniszuschlagsverpflichtung aufgrund des gegenständlichen Aussetzungsantrages maßgeblich ist, ergibt sich aus § 218 Abs. 4 BAO eindeutig, dass die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages im Falle der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung (nur) für den von der Bewilligung betroffenen Teil der Abgabe hinausgeschoben wird.

Auch aus dem Wortlaut des § 230 Abs. 6 iVm § 217 Abs. 4 lit b BAO ist unzweifelhaft abzuleiten, dass sich die vollstreckungshemmende bzw. säumniszuschlagsverhindernde Wirkung eines Aussetzungsantrages nur auf die davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz BAO betroffenen Abgaben bezieht.

§ 212a Abs. 1 bezieht sich auf Abgaben, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt. § 212a Abs. 2 lit. b bezieht sich auf Abgaben, die angefochten wurden, obwohl der Bescheid nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht. § 212a Abs. 3 letzter Satz betrifft jenen vom Abgabepflichtigen ermittelten Abgabenbetrag, der nicht wesentlich von dem Betrag nach § 212a Abs. 1 abweicht.

Aus den vorzitieren Bestimmungen folgt für den Streitfall, dass der vom Berufungswerber eingebrachte Antrag auf Aussetzung der Einkommensteuer 2001 bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwar die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages von dieser Abgabe hinausschiebt, aber hinsichtlich der Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2000 mangels jeglichen rechtlichen Zusammenhanges keine säumniszuschlagsvermeidende Wirkung entfaltet.

Da der Berufungsentscheidung keine hypothetische Fallkonstellation, sondern der tatsächliche Sachverhalt zu Grunde zu legen ist, vermag auch der Einwand der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 2001 hätte zum hier maßgeblichen Fälligkeitstag zu einem Guthaben auf dem Abgabenkonto des Berufungswerbers geführt. Fehlte es nämlich an einem solchen Guthaben im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einkommensteuer 2000 und Anspruchszinsen 2000, so konnten diese Abgaben nicht entsprechend den Verrechnungsregeln des § 215 BAO entrichtet werden. Dabei kam es nicht auf Gutschriften an, welche das Finanzamt nach Auffassung des Berufungswerbers hätte durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften (vgl. , 88/14/0041). Bloß am Rande wird dazu noch bemerkt, dass das Abgabenkonto des Berufungswerbers am Fälligkeitstag der zuschlagsbelasteten Abgaben einen Negativsaldo von rund 1,9 Millionen € aufwies, sodass ein verrechnungsfähiges Guthaben selbst dann nicht bestanden hätte, wenn die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 2001 im begehrten Teilbetrag erfolgt wäre.

Wie bereits erwähnt, erstrecken sich die Rechtswirkungen des gegenständlichen Aussetzungsantrages (Vollstreckungshemmung, Hinausschieben von Säumnisfolgen) nur auf die für die Aussetzung in Betracht kommende Abgabe bzw. auf den vom Aussetzungsantrag betroffenen Teil dieser Abgabe, sohin auf die Einkommensteuer 2001 im Teilbetrag von 611.250 €. Folglich ist der Argumentation des Berufungswerbers, die Säumigkeit der Abgabenbehörde dürfe nicht ihm zur Last fallen, von vornherein der Boden entzogen. Die strittigen Säumniszuschlagsvorschreibungen stellen auch keinen Verstoß gegen das Gebot eines effizienten Rechtsschutzes in Abgabensachen dar, zumal es der Berufungswerber in der Hand gehabt hätte, einer in der Nichterledigung des in Rede stehenden Aussetzungsantrages allenfalls zu erblickenden Säumnis des Finanzamtes mit einem Devolutionsantrag gemäß § 311 BAO zu begegnen.

Die im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit zu beurteilende Frage, ob die ausländischen Kapitalerträge des Berufungswerbers in ihren ertragsteuerlichen Auswirkungen inländischen Kapitalerträgen gleichgestellt und bei der Veranlagung für das Jahr 2001 analog zu § 37 Abs. 8 EStG 1988 in der Fassung BGBl I 71/2003 mit einem Steuersatz von 25 % zu besteuern sind (vgl. insb. , Lenz), ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, sondern im Berufungsverfahren betreffend die Einkommensteuer 2001 zu prüfen. Eine nähere Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen im Vorlageantrag erübrigt sich daher.

Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 218 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Säumniszuschlag
Aussetzungsantrag
Hemmungswirkung
Hinausschieben von Säumnisfolgen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at