keine Aussetzung der Besteuerung bei einer im Erbweg erworbenen Darlehensforderung
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ: |
---|
RV/0377-I/03 |
RV/0378-I/03 |
RV/0379-I/03 |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze | |
---|---|
Stammrechtssätze | |
RV/0380-I/03-RS1 | Beim Übergang einer Darlehensforderung im Erbwege ist Gegenstand des Erwerbes des Erben ein schuldrechtlicher Anspruch gegenüber dem Darlehensnehmer, nicht jedoch eine mit einem Nutzungsrecht (des Darlehensnehmers) belastete Vermögenssubstanz. Die Anwendung des § 30 ErbStG ist, ungeachtet der Darlehenskonditionen, daher ausgeschlossen. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch die Höllwarth + Höllwarth Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. & CoKEG, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden: Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die Erbschaftssteuer (gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 4 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes) und deren Bemessungsgrundlage betragen: steuerpflichtiger Erwerb: 334.695,75 €, Erbschaftssteuer: 32.642,93 €. Die Fälligkeit der Abgabe bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der am verstorbene Vater der Bw., K.S., war am Stammkapital der A.GmbH zu 25 % beteiligt. Die A.GmbH ist Alleingesellschafterin der B.GmbH, welcher K.S. anlässlich der Errichtung eines neuen Betriebsgebäudes (im Jahr 1993) einen Betrag von 17,000.000 S auf unbestimmte Zeit als zinsenloses Darlehen überlassen hatte. Eine Vertragsurkunde war nicht errichtet worden. Am unterzeichnete K.S. die Erklärung, der Y.Bank hinsichtlich eines Kredites von 2,155.000 S, den die Y.Bank der B.GmbH gewährt hatte, den Vorrang vor seinem Darlehen einzuräumen. Eine weitere Nachrangigkeitserklärung gab K.S. am gegenüber der X.Bank in Bezug auf deren "derzeitige oder künftige Forderungen gegenüber der B.GmbH" ab. Zum Zeitpunkt des Todes des K.S. haftete das von ihm gewährte Darlehen noch in voller Höhe aus. Die Darlehensschulden der B.GmbH bei der X. Bank beliefen sich zum Bilanzstichtag auf rund 6,500.000 S, während auf dem Konto der B.GmbH bei der Y.Bank zum genannten Stichtag ein Guthaben bestand. Darüber hinaus bestanden Bankgarantien (der Y.Bank) aus Haftrücklässen in einer Größenordnung von 10,000.000 S.
Im Abhandlungsprotokoll vom ist festgehalten, dass es der B.GmbH "derzeit sowohl aus rechtlichen als auch aus wirtschaftlichen Gründen" nicht möglich sei, das Darlehen oder Teile davon zurückzuzahlen, ohne dass die Banken hiefür ihre Zustimmung erteilten.
Am gaben die Witwe und die vier Kinder des K.S. auf Grund des Testamentes vom zu je einem Fünftel des Nachlasses unbedingte Erbserklärungen ab. Am selben Tag wurde ein Erbteilungsübereinkommen geschlossen. Von der unter den Nachlassaktiva ausgewiesenen Darlehensforderung gegenüber der B.GmbH sollte die Bw. danach einen Teilbetrag von 3,000.000 S erhalten.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt der Bw. von einem steuerpflichtigen Erwerb von 426.924,63 € (5,874.610,97 S; das ist ein Fünftel des Wertes des Reinnachlasses nach Abzug der Freibeträge) die Erbschaftssteuer vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde eingewendet, der Erblasser habe in seinem Testament über alle wesentlichen Teile seines Vermögens im Wege von Vorausvermächtnissen verfügt, sodass lediglich das restliche Aktivvermögen sowie die zu übernehmenden Passiva der quotenmäßigen Verteilung unterlägen. Dies habe das Finanzamt bei der Berechnung der Erbschaftssteuer nicht berücksichtigt. Die Darlehensforderung gegenüber der B.GmbH sei auf Grund der seinerzeitigen Vereinbarung von der Schuldnerin "unter Beachtung des Geschäftsganges und ohne Gefährdung der Liquidität" zu begleichen. Ein Zinsanspruch bis zur Tilgung bestehe nicht. Da somit bis zur Tilgung die Nutzung des Vermögens nicht den Erben zustehe, werde gemäß § 30 ErbStG "die Aussetzung der Besteuerung hinsichtlich dieses Vermögens bis zur jeweiligen Rückzahlung" beantragt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung dahin teilweise Folge, dass die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer unter Berücksichtigung der Vorausvermächtnisse neu berechnet wurde. Der auf die Bw. entfallende Anteil an der Darlehensforderung gegenüber der B.GmbH wurde mit 3,000.000 S angesetzt. Dem Antrag auf Aussetzung der Besteuerung (hinsichtlich dieser Darlehensforderung) wurde nicht entsprochen; § 30 ErbStG komme vor allem nur in jenen Fällen zur Anwendung, in denen das erworbene Vermögen mit einem Fruchtgenussrecht oder einem Wohnrecht belastet sei.
Hierauf stellte die Bw. am den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) 1955, BGBl. Nr. 141/1955, kann der Steuerpflichtige beim Erwerb von Vermögen, dessen Nutzung einem anderen als dem Steuerpflichtigen zusteht, verlangen, dass die Besteuerung bis zum Erlöschen des Nutzungsrechtes ausgesetzt bleibt. Auf Verlangen des Finanzamtes hat der Steuerpflichtige für die Steuer Sicherheit zu leisten.
Durch die im § 30 ErbStG vorgesehene Aussetzung der Besteuerung soll der Erwerber eines mit einem Nutzungsrecht belasteten Vermögens für die Zeit, für die er infolge einer solchen Belastung aus dem Vermögen keinen Nutzen ziehen kann, auf seinen Antrag von der Leistung der Erbschaftssteuer befreit werden. § 30 ErbStG kommt etwa zur Anwendung, wenn das erworbene Vermögen mit einem Fruchtgenussrecht oder einem Wohnrecht belastet ist (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 1 und Rz 2 zu § 30).
Das Darlehen ist ein Realkontrakt, der dadurch zu Stande kommt, dass vertretbare Sachen in das Eigentum des Empfängers mit der Abrede übertragen werden, die gleiche Menge gleicher Art und Güte zurückzugeben (siehe § 983 ABGB), wobei die Valuta meist in Geld bestehen. Dem Darlehensnehmer wird demnach kein "Nutzungsrecht" am Vermögen des Darlehensgebers eingeräumt, vielmehr erwirbt er Eigentum an den ihm vom Darlehensgeber überlassenen Sachen (mit der schuldrechtlichen Verpflichtung auf Rückgabe der gleichen Menge gleicher Art und Güte). Umgekehrt verliert der Darlehensgeber hinsichtlich der als Darlehen hingegebenen Sachen die Stellung eines Eigentümers. Er erwirbt mit der Zuzählung des Darlehens lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch (auf Rückgabe der gleichen Menge gleicher Art und Güte). Im Falle des Überganges einer Darlehensforderung im Erbwege ist Gegenstand des Erwerbes des Erben somit nicht ein mit einem Nutzungsrecht (des Darlehensnehmers) belastetes Vermögen. Die Anwendung des § 30 ErbStG ist, ungeachtet der Darlehenskonditionen, daher ausgeschlossen.
Zur Berechnung der Erbschaftssteuer (unter Berücksichtigung der Vorausvermächtnisse) wird auf die Berufungsvorentscheidung verwiesen.
Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe bleiben gegenüber der Berufungsvorentscheidung unverändert.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck,
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 30 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte | Darlehensforderung Darlehen Nutzungsrecht Vermögenssubstanz |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at