Verschulden bei Entrichtung am Fälligkeitstag und Gutschrift nach Ablauf der Respirofrist
Rechtssätze
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RV/1735-W/03-RS1 | Erfolgt die Gutschrift am Konto der empfangsberechtigten Kasse nach Ablauf der Respirofrist, so ist dennoch kein grobes Verschulden gegeben, wenn die Überweisung einer Abgabe spätestens am Fälligkeitstag beauftragt wird. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch WT Ges. DKfM Dr. Franz Burkert & Co, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 1. Bezirk vom betreffend Säumniszuschläge 2003 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Nebengebührenbescheid vom setzte das Finanzamt Säumniszuschläge in Höhe von € 135,76 und € 131,46 fest, da die Einkommensteuer 2001 in Höhe von € 6.787,79 und die Einkommensteuer Juli bis September 2003 in Höhe von € 6.573,00 nicht innerhalb der dafür zur Verfügung stehenden Fristen entrichtet wurden.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom führte die Bw. unter Beibringung eines Einzahlungsbeleges und eines Kontoauszuges aus, dass den angeschlossenen Belegen zufolge die Bank am beauftragt wurde, die entsprechenden Abgaben zu überweisen und die Zahlung auch mit weg gegangen sei, die Zahlung jedoch beim Finanzamt erst am mit schuldbefreiender Wirkung gut geschrieben worden sei. Da es sich um den ersten Säumniszuschlag handle, wird ersucht, die Vorschreibung im Gesamtbetrag von € 167,66 ersatzlos zu stornieren.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab und führte dabei unter Hinweis auf § 211 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BAO aus, dass es sich bei Abgabenschulden um Geldschulden und daher um Bringschulden handle, bei denen gemäß § 905 ABGB der Schuldner die Kosten und die Gefahr der Überweisung trage und die seitens der Bw. getätigte Überweisung erst am zu einer Gutschrift auf dem Konto des Finanzamtes geführt habe. Die dreitägige Respirofrist habe bereits am 21. August geendet, die Gutschrift sei daher um zwei Tage verspätet erfolgt.
In dem dagegen rechtzeitig eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom brachte die Bw. ergänzend vor, dass die Einkommensteuernachzahlung 2001 und die Einkommensteuer 07-09/2003 mit einer Zahlungsfälligkeit am zusammen (inklusive Anspruchszinsen) im Betrag von € 13.583,97 mit Valuta von der Bank an das Finanzamtskonto überwiesen worden seien. Es komme daher der 1. Absatz der Seite 2 der Berufungsvorentscheidung ("Erfolgt in den Fällen des Absatz 1 lit. d [§ 211 BAO] die Gutschrift auf dem Postscheckkonto oder dem sonstigen Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat gemäß § 211 Absatz 2 BAO die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben...") zu tragen, da der Gesamtbetrag mit der Republik zur Verfügung gestanden sei. Wo sich das Geld vom 19. bis befunden habe, entziehe sich ihrer Kenntnis, es sehe jedoch so aus, dass es sich bei der Buchung vom mit Wert auf dem Abgabenkonto um einen Buchungsfehler handle, welcher keinesfalls der Bw. angelastet werden könne. Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO gelten Abgaben bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet.
Erfolgt in den Fällen des Abs. 1 lit. c die Auszahlung oder Überweisung durch das Abgabepostamt oder in den Fällen des Abs. 1 lit. d die Gutschrift auf dem Postscheckkonto oder dem sonstigen Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch
innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht
einzurechnen (§ 211 Abs. 2 BAO).
Wie in der Berufungsvorentscheidung zutreffend ausgeführt wird, gilt eine Abgabe bei Überweisung auf ein Postscheckkonto gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO erst am Tag der Gutschrift als entrichtet. Somit hat bei dieser Entrichtungsart der Abgabepflichtige für eine rechtzeitige Überweisung und dafür, dass der Abgabebetrag am Fälligkeitstag dem Konto des Abgabengläubigers gutgeschrieben werden kann, Sorge zu tragen. Etwaige Verzögerungen in der Weiterleitung des Geldbetrages durch das Kreditunternehmen fallen in Entsprechung des Bringschuldcharakters des Abgabenbetrages somit dem Abgabepflichtigen zur Last. Da der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen kann bzw. an einzelnen Tagen, wie Samstagen, Sonn- und Feiertagen nicht möglich ist, ist ein Säumniszuschlag dann nicht verwirkt, wenn innerhalb von drei Tagen nach Fälligkeit die Gutschrift erfolgt, wobei in den Fristenlauf Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen sind.
Das Vorbringen der Bw., wonach sie die Überweisung nachweislich am Fälligkeitstag und damit fristgerecht veranlasst habe, führte dazu, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Überzeugung gelangt ist, dass eine nach § 217 Abs. 7 BAO zu würdigende Fallkonstellation gegeben ist, zumal von keinem groben Verschulden auszugehen ist, wenn sich die Abgabepflichtige für die Überweisung ihrer Abgaben eines Kreditinstitutes bedient und die Gutschrift trotz Überweisung am Fälligkeitstag nicht innerhalb der Respirofrist am Konto der empfangsberechtigten Kasse einlangt.
Der Berufung war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Respirofrist Säumniszuschlag verspätete Gutschrift grobes Verschulden rechtzeitige Überweisung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at