Berufungsentscheidung - Zoll (Senat), UFSZ2L vom 08.06.2004, ZRV/0305-Z2L/03

Verjährung nachzuerhebender Eingangsabgaben

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
ZRV/0305-Z2L/03-RS1
Ein Erzeugnis aus Milchpulver mit Zusatz an Milchsäurebakterien von ca. 150,000.000 je Gramm kann auf Grund seines geringen Gehaltes an Mikroorganismen nicht als eine Kultur von Mikroorganismen des Kapitels 30 der Kombinierten Nomenklatur angesehen werden; derartige Erzeugnisse stellen vielmehr lebensmittelrechtlich "saure Milcherzeugnisse" (des Kapitels 04 des Zolltarifs) dar.
ZRV/0305-Z2L/03-RS2
Der Verwendungszweck einer Ware ist nur ausnahmsweise, nämlich nur dann, wenn er der Ware innewohnt, und insbesondere dann, wenn sich dieser ausdrücklich aus dem Wortlaut der Nomenklatur oder aus den Erläuterungen ergibt, als Einreihungskriterium heranzuziehen.
ZRV/0305-Z2L/03-RS3
Ausgehend von der Prämisse, dass der Eintritt der Verjährung im Abgabenverfahren, und zwar in jeder Verfahrensphase, von Amts wegen( d.h. losgelöst vom jeweiligen bzw. bisherige Parteivorbringen) zu beachten ist, ist in jedem Fall die Rechtsfrage zu klären, ob zum relevanten Zeitpunkt der (erstinstanzlichen) bescheidmäßigen (Nach-)erhebung der betreffenden Abgaben hinsichtlich derselben bereits Verjährung eingetreten ist und damit die Abgabenvorschreibung infolge sachlicher Unzuständigkeit der Behörde rechtswidrig ist oder nicht.
ZRV/0305-Z2L/03-RS4
Die Anwendung der 10-jährigen Verjährungsfrist setzt voraus, dass es sich um hinterzogene Eingangsabgaben handelt und dass diese im Zusammenhang mit einem im Zusammenhang mit einem ausschließlich von einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgenden Finanzvergehen entstanden sind. Ob eine Abgabe hinterzogen ist, stellt dabei eine Vorfrage i.S.d. § 116 Abs,1 BAO dar: Dies bedeutet, dass zwar für die Annahme der 10 Jahre betragenden Verjährungsfrist weder die (formelle) Einleitung eines Finanzstrafverfahrens noch ein rechtskräftiger Schuldspruch im Finanzstrafverfahren notwendig ist, dass aber jedenfalls die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände von der Abgabenbehörde nachzuweisen sind.
ZRV/0305-Z2L/03-RS5
Wenn aus dem ermittelten Sachverhalt und den dazu gesammelten Beweisen im Zusammenhang mit den betreffenden Abgabenansprüchen keine eindeutigen, d.h. ausdrücklichen und nachprüfbaren Feststellungen darüber, ob die in rede stehenden Abgaben hinterzogen worden sind (und damit das gesetzliche Erfordernis des Vorliegens einer vorsätzlichen Begehung der Tat i.S.d. § 8 Abs.1 FinStrG erfüllt ist), zu entnehmen sind, kann nicht von einer 10-jährigen Verjährungsfrist ausgegangen werden, sondern hat die 3-jährige Verjährungsfrist Anwendung zu finden.
ZRV/0305-Z2L/03-RS6
Kann nicht widerlegt werden, dass ein Wirtschaftsbeteiligter gegenüber den Zollbehörden im Zusammenhang mit der (beabsichtigten) Einfuhr einer Ware die herrschende Gesetzesunschärfe hinsichtlich der Einreihung dieser Ware in eine bestimmte Position des Zolltarifs legal nützt, um in den Genuss einer geringeren Abgabenbelastung zu gelangen, so kann diesem Wirtschaftsbeteiligten nicht der Vorwurf einer auf Hinterziehung von Eingangsabgaben gerichteten Vorsatzes gemacht werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr.Andreas Hartl und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr.Alois Winklbauer und Siegfried Köhldorfer über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Dr. Peter CSOKLICH, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom , GZ. 100/42092/2001-5, betreffend eine Nachforderung gem. Art.220 Abs.1 Zollkodex i.H.v. insgsamt € 814.776,42 hinsichtlich der für im Zeitraum vom bis in 19 über die Zollämter Wien, Nickelsdorf und Drasenhofen stattgefundenen Einfuhren von "Microkult" und "Neukult" nach Art.201 Abs.1 lit.a) und 3 Zollkodex i.V.m. § 2 Abs.1 ZollR-DG entstandenen Eingangsabgabenschuldigkeiten, entschieden:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtene Berufungsvorentscheidung wird aufgehoben.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 85c Abs. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht der Beschwerdeführerin jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 85c Abs. 7 ZollR-DG steht der Berufungsbehörde der ersten Stufe das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit an die Bf gerichtetem Abgabenbescheid i.S.d. § 198 BAO vom , Zl.100/42092/2001, stellte das Hauptzollamt Wien (als gem. § 5 Abs.3 AVOG-DV zuständige Zollbehörde erster Instanz) unter Berufung auf den Art.201 Abs.1 lit.a) i.V.m. Art.220 Abs.1 sowie Art.221 Abs.1 Zollkodex fest, dass für 22 im Zeitraum von November 1995 bis März 1996 bei den Zollämtern Wullowitz, Nickelsdorf, Drasenhofen und Wien in den freien zollrechtlichen Verkehr der Gemeinschaft (Art.4 Zi.16 lit.a) Zollkodex) übergeführte, für die Firmen S GmbH und I GmbH (als Empfänger) bestimmte, aus Tschechien und Ungarn stammende Importsendungen von "Microkult", "Neukult" und "Acilat" Eingangsabgabenschuldigkeiten von zusammen ATS 14,576.316,00, davon ATS 12,343.136,00 an Zoll und ATS 124,246,00 an Einfuhrumsatzsteuer, nachzuerheben seien, wobei die Bf als Anmelderin (Art.64 Zollkodex) gem. Art.201 Abs.3 Zollkodex diesen Betrag schulde und gem. Art. 221 Abs.1, 222 Abs.1 Zollkodex i.V.m. § 73 ZollR-DG binnen 10 Tagen zu entrichten habe. Begründet wurde diese Abgabennachforderung an die Bf vom Hauptzollamt Wien im wesentlichen mit dem Hinweis auf das Ergebnis von (zu Zl.100/83.273/95-Str.IV/Md/Hö) durchgeführter zollstrafrechtlicher Ermittlungen, von denen es -laut Aktenlage- am Kennntis erlangt hatte: Darnach seien die Produkte "Neukult STT 100" und "Microkult" aus Tschechien und Ungarn unter der Warennummer 3002 90 50 002 sowie das Produkt "Acilat m 95" unter der Warenummer 3821 00 00 002 aus Tschechien unter Vorlage verbindlicher Zolltarifauskünfte (Art.12 Zollkodex) von der Bf als Anmelderin (=indirekte Vertretung gem. Art.5 Abs.2 Zollkodex) zollfrei in das Zollgebiet eingeführt worden: Zufolge ihrer stofflichen Beschaffenheit seien die genannten Produkte jedoch in die Warennummer 0405 bzw. 0402 einzureihen gewesen. Aus diesem Grunde habe das Bundesministerium f.Finanzen am zu den Zln.ZT-4200/131 u.132-III/7/96 jene verbindlichen Zolltarifauskünfte- mit Wirkung des Zeitpunktes deren Ergehens- gem. Art.12 Abs.4 Zollkodex zurückgenommen. Es seien die auf den betreffenden 22 Warensendungen lastende Eingangsabgaben daher bereits seinerzeit kraft Gesetzes in richtiger Höhe entstanden und würden diese sowie der Differenzbetrag zwischen diesen und den mit den Abfertigungen tatsächlich erhobenen Eingangsabgaben nunmehr gem. Art.220 Abs.1, 221 Abs.1 Zollkodex der Bf als gem. Art.201 Abs.3 in Betracht kommender Abgabenschuldnerin zur Entrichtung mitgeteilt.

Gegen diesen Abgabenbescheid brachte die Bf mit an das Hauptzollamt Wien gerichteter Berufung vom gem. Art.243 Abs.1 und 2 lit.a), 245 Zollkodex i.V.m. § 85a Abs.1 Zi.1 ZollR-DG fristgerecht einen Rechtsbehelf erster Stufe ein, den Rechtsanwalt Dr.Peter Csoklich als Bevollmächtigter der Bf (§ 83 BAO) mit Schriftsatz vom gem. § 250 Abs.1 BAO dahingehend inhaltlich ergänzte, dass er die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. die Neufestsetzung der Abgaben mit ATS 0.- beantragte und als Berufungsgründe unrichtige rechtliche Beurteilung, mangelhafte Tatsachenfeststellungen und Verfahrensfehler geltend machte: Insbesondere wurde darin zum einen unter Hinweis auf § 74 Abs.2 ZollR-DG Verjährung eingewendet und zum anderen behauptet, dass keine unrichtige Tarifierung vorliege; außerdem sei bei der Heranziehung der Bf als Abgabenschuldnerin das der Zollbehörde bei der aus mehreren Gesamtschuldnern zu treffenden Auswahl zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden; im übrigen hätte nach dem Wortlaut des § 72a ZollR-DG die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer zu unterbleiben gehabt.

In der mit datierten (der Bf am zugestellten) Berufungsvorentscheidung zu Zl.100/42092/2001-5 gab das Hauptzollamt Wien gem. § 85b ZollR-DG der Berufung mit der Maßgabe teilweise statt, dass es die Abgabennachforderung um ATS 1,255.814,00 -dies entspricht dem Betrag der im Jänner 1996 über das Zollamt Wullowitz in 3 Sendungen für die Fa.I GmbH als Empfängerin eingeführten Waren ("Acilat m 95"), welche das Hauptzollamt Wien (lt. Bescheidbegründung) als bereits verjährt erkannte- auf ATS 11,211.568,00 reduzierte, im übrigen aber die Berufung als unbegründet abwies, wobei es seine Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen begründete: Die deutschen Staatsangehörige UWD und AB hätten durch falsche Angaben bewirkt, dass für die Firmen S GmbH und I GmbH unrichtige verbindliche Zolltarifauskünfte (kurz.VZTA) ausgestellt worden seien und damit für die genannten Unternehmen als Warenempfänger Butter und Milchpulver zollbegünstigt als "Kulturen zur Zubereitung von Mikroorganismen" der Warennummer 3821 bzw. 3002 in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingebracht worden seien; beide Unternehmen seien dabei von der Bf (als Anmelderin) jeweils indirekt vertreten gewesen. Da zum einen die verfahrensgegenständlichen Waren auf Grund ihrer stofflichen Beschaffenheit in die Warennummer 0404 bzw. 0402 einzureihen seien und zum anderen die VZTA mit Wirkung ihres seinerzeitigen Ergehens zurückgenommen worden seien, sei (im erstinstanzlichen Abgabenbescheid) die Kraft Gesetzes in richtiger Höhe entstandene Zollschuld mitzuteilen und der Differenzbetrag nachzuerheben gewesen, wobei hinsichtlich jener Abfertigungen, bei denen die S GmbH als Warenmepfängerin aufscheine, "nach wie vor" davon auszugehen gewesen sei, dass es sich dabei um hinterzogene Abgaben handle und dadurch die zehnjährige Verjährungsfrist des § 74 Abs.2 ZollR-DG zum Tragen komme, weil das Strafverfahren hinsichtlich jener Fakten, für die UWD "verantwortlich zeichne", vor den "deutschen Gerichten" anhängig und eine diesbezügliche Verfahrenseinstellung "bis dato" nicht erfolgt sei. Auch könne von einer falschen Handhabung des Auswahlermessens bezüglich der Inaspruchnahme der Abgabenschuldner nicht gesprochen werden, weil die Fa.S GmbH inzwischen liquidiert und gelöschrt worden sei und somit die Bf die einzige Zollschuldnerin sei, bei der die Abgaben einbringlich seien, sodass diesfalls der Grundsatz der Zweckmäßigkeit dem der Billigkeit vorgehe. Bezüglich der Einreihung der in Rede stehenden Waren sei zunächst festzustellen, dass diese anlässlich der Abfertigungen anhand der -damals vorhandenen- VZTA vorgenommen worden sei. Da diese aber auf Grund falscher Produktbeschreibungen erschlichen und auf diese Weise unrichtige Warennummern festgestellt worden seien, hätten diese gem. Art.12 Abs.4 Zollkodex zurückgenommen werden müssen. Außerdem hätten die von der Technischen Untersuchungsanstalt durchgeführten Untersuchungen zu jenen Ergebnissen geführt, welche schließlich der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelelgt worden seien. Hinsichtlich der Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer sei dem diesbezüglichen Rechtsbehelfsvorbringen entgegenzuhalten, dass die Fa.S GmbH bereits im Jahre 1997 gelöscht worden sei und daher zum Vorschreibungseitpunkt (Mai 2001) mangels Vorsteuerabzugsberechtigung im Sinne der umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften die im § 72a ZollR-DG normierten Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt habe.

Gegen diese Berufungsvorentscheidung richtet sich die gegenständliche, am und damit rechtzeitig durch den oben bereits genannten Vertreter eingebrachte Beschwerde i.S.d. Art.243 Abs.1 und 2 lit.b), 245 Zollkodex i.V.m. § 85c Abs.1 ZollR-DG, in der im wesentlichen die bisher vorgebrachten Berufungspunkte wiederholt und zum Teil näher ausgeführt bzw. ergänzt wurden: So wurde insbesondere bezüglich des Verjährungseinwandes zum einen vorgebracht, dass im gegenständlichen Fall eine durch ein ausschließlich von einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgendendes Finanzvergehen verursachte Abgabenschuld, für die dann die 10-jährige Verjährungsfrist zum Tragen käme, nicht vorliege, zumal UWD, auf den sich die Zollbehörde bezüglich ihrer Abgabenhinterziehungsfeststellung berufe, bisher noch von keinem (deutschen oder österreichischen) Gericht wegen eines derartigen Delikts verurteilt worden sei, und habe zum anderen das Hauptzollamt Wien bislang keinerlei konkrete Begründung dafür angeführt, warum es dennoch vom Vorliegen eines derartigen (qualifizierten) Finanzvergehens ausgehe. Im übrigen greife die Verlängerung der Verjährungsfrist von 3 auf 10 Jahren nur dann Platz, wenn durch das Finanzvergehen der Abgabenbetrag nicht früher habe ermittelt werden können: Dies könne im vorliegenden Fall aber keineswegs zutreffen, zumal dem Hauptzollamt Wien nach der Aktenlage bereits im Jahr 1997 die Höhe der angeblich hinterzogenen Abgaben bekannt gewesen sei. Bezüglich der Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer werde die Rechtsansicht vertreten, dass es -entgegen dem vom Hauptzollamt Wien eingenommenen Rechtsstandpunkt- bezüglich der Anwendung des § 72a ZollR-DG nicht auf den Zeitpunkt der Vorschreibung bzw. Nacherhebung, sondern lediglich darauf ankomme, ob der Empfänger zum Entstehungszeitpunkt der Abgabenschuld zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei: Dies sei hinsichtlich der Fa.S GmbH im Zeitraum zwischen November 1995 und März 1996, also der Zeit, in der die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten entstanden seien, zweifellos der Fall gewesen. Bezüglich der Tarifierung der in Rede stehenden Produkte werde (abermals) auf das -bisher von der Zollbehörde ignorierte- Erfordernis der biologischen und bakteriologischen Untersuchung von Warenproben hingewiesen und dazu ein dem entsprechender (an die Fa.S GmbH. adressierter) Sachverständigen-Befund ("Analysenbericht Nr.69 vom ") des Instituts für Milchforschung und Bakteriologie der Universität für Bodenkultur in Wien vorgelegt, zumal sich das Hauptzollamt Wien zum einen bisher ausschließlich auf (von der Technischen Untersuchungsanstalt der Finanzlandesdirektion f.Wien, NÖ.u.Bgld. stammende) Ergebnisse über lediglich chemische Untersuchungen gestützt habe und zum anderen diese -in Bezug auf die bakteriologische Zusammensetzung der in Rede stehenden Produkte- nicht einmal aussagekräftigen Untersuchungsergbnisse lediglich auf Vermutungen gestützt (und sohin rein spekulativ) auf die rechtsbehelfsverfahrensgegenständlichen Sendungen "übertragen" habe. Im übrigen werde -entgegen der in der Berufungsvorentscheidung diesbezüglich zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung der Zollbehörde- weiterhin auf dem Rechtsstandpunkt beharrt, dass bei Nacherhebungen das Naheverhältnis des Spediteuers zur Zollschuld grundsätzlich geringer sei als das des Warenempfängers, sodass auch im gegenständlichen Fall bei pflichtgemäßer Ermessenausübung i.S.d. § 20 BAO die betreffenden Abgaben zwar entweder dem (angeblichen) Straftäter oder (bzw. und) der Empfängerin, nicht aber der Bf, welche an der Begehung der (von der Zollbehörde angenommenen) Finanzdelikte jedenfalls gar nicht beteiligt gewesen sei, vorzuschreiben gewesen seien.

Der Senat hat über diese Beschwerde Nachstehendes erwogen:

Unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Erkenntnisstandes, also der Sachlage, wie sie sich dem Unabhängigen Finanzsenat zur Zeit darstellt (vgl. Erkenntnis des ), sind die beschwerdegegenständlichen Produkte "Microkult" und "Neukult" auf Grund ihrer -auch in den von der Bf selbst vorgelegten Analysen - aufgezeigten-Beschaffenheit und Zusammensetzung in das Kapitel 04 und nicht in das Kapitel 30 des Zolltarifs einzureihen. Denn laut im "mikrobiologischen Befund" des Instituts für Milchforschung und Bakteriologie der Universität für Bodenkultur in Wien vom dokumentierten Untersuchungsergebnis weisen die 3 untersuchten Warenproben eine Keimanzahl von lediglich 148.000.000, 159.000.000 sowie 86.000.000 je Gramm an milchsäurebildenden Bakterien auf. Die "Einreihungsverordnung" der Kommission (VO (EG Nr.1160/98 vom zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur) stellt hingegen zu Waren-Nr.0403 90 13 fest, dass ein Erzeugnis aus Milchpulver mit Zusatz an Milchsäurebakterien von ca.150.000.000 je Gramm auf Grund seines geringen Gehaltes an Mikroorganismen nicht als eine Kultur von Mikroorganismen angesehen werden kann. Dazu hat die TUA (in deren dem Unabhängigen Finanzsenat am zur Kenntnis gelangten Stellungnahme vom an das Hauptzollamt Wien) übrigens die Auffassung vertreten, dass Mikroorganismenkulturen, die -wie auch die beschwerdegegenständlichen Produkte "Microkult" und "Neukult"- ausschließlich aus Milch bzw. Milcherzeugnissen hergestellt werden, lebensmittelrechtlich als "saure Milcherzeugnisse" (der Position 0403 9059) anzusehen sind; hingegen weisen (lt. gültiger VZTA-Entscheidungen aus dem Jahre 2001) Mikroorganismenkulturen der Position 3002 9050 01 wesentlich höhere Keimzahlgehalte (bei pulverförmigen Trägerstoffen im Bereich 10 000 000 000) auf. (Die 3 von der TUA erstellten Untersuchungsbefunde zu AB 1843, 1844 und 1845 enthalten allerdings keine Angaben über die Keimanzahl an milchsäurebildenden Bakterien bzw. hat die TUA in diesem Zusammenhang eingeräumt, eine derartige mikrobiologische Untersuchung an den ihr zur Verfügung gestandenen Untersuchungsmustern gar nicht vorgenommen zu haben, und kann diesen Befunden demnach in diesem Punkt auch nur beschränkte Beweiskraft zugemessen werden.)

Allerdings ist auf Grund der Tatsache, dass die in Rede stehenden Produkte bereits im Zeitraum von November 1995 bis März 1996 in das Zollgebiet der Gemeinschaft importiert worden sind, die obzitierte VO (EG) aber erst im Juni 1998 erlassen worden ist, diese, der Bestimmung des Art.214 Zollkodex zufolge, hier (noch) nicht anwendbar, sondern es kann auf die gegenständlichen 19 Importfälle allenfalls nur die im oberwähnten Zeitraum bereits in Geltung gestandene VO (EWG) Nr.2275/88 der Kommission vom herangezogen werden, wonach ein Milcherzeugnis, bestehend aus Milchpulver, das 50 000 000 bis 100 000 000 lebende Milchsäurebakterien je Gramm enthält, gemäß den allgemeinen Vorschriften Ziffer 1 sowie nach dem Wortlaut der Positionen 0403 10 und 0403 10 11 im wesentlichen als Milcherzeugnis der Position 0403 angesehen werden kann, aber keine Kultur von Mikroorganismen der Position 3002 darstellt: Dazu ist festzustellen, dass 2 der 3 untersuchten Warenproben eine um ca. 50% höhere Keimanzahl als das laut der eben zitierten VO jedenfalls in das Kapitel 04 einzureihende "Milcherzeugnis" aufweisen. (Damit ist zwar nicht bereits gesagt, dass die in Rede stehenden Waren jedenfalls in das Kapitel 30 einzureihen sind; allerdings spricht die dort sich in Bezug auf die Keimanzahl nach oben hin nicht exakt festlegende Entscheidung dafür, dass zum damaligen Zeitpunkt eine "Gesetzesunschärfe" bestanden hat , welche von einem Wirtschaftsbeteiligten quasi legal "ausgenützt" werden konnte, um sich Eingangsabgaben zu "ersparen".)

Für den Unabhängigen Finanzsenat ist aus den ihm zur Verfügung stehenden Verwaltungsakten keineswegs ableitbar, dass bei der Anmeldung der in Rede stehenden 19 Einfuhren von "Microkult" und "Neukult" für die Fa. S GmbH unter Stützung auf die jeweiligen, vom Bundesministerium f. Finanzen seinerzeit ausgestellten verbindlichen Zolltarifauskünfte i.S.d. Art.12 Zollkodex vom , Zl. AT/282/95-01-01 (für "Neukult") und vom , Zl. AT/443/95/01-01 (für "Microkult"), unrichtige Angaben gemacht worden sind: Sowohl "Neukult" als auch "Microkult" entsprachen nämlich im wesentlichen sehr wohl den anlässlich der Beantragung der verbindlichen Zolltarifauskunft vom Antragsteller gemachten Angaben, und zwar sowohl hinsichtlich Zusammensetzung als auch hinsichtlich der Verwendung: Beide als "milchsäurebildende Mikrokultur in Pastenform" beschriebenen Produkte sollten laut (den Anträgen beigelegter "Produktbeschreibung") mindestens 100.000.000 Keime je Gramm an milchsäurebildenden Bakterien enthalten und in der Milchindustrie zur direkten Beimpfung in die Käsereimilch oder Sahne zwecks Herstellung von bestimmten Käsetypen Verwendung finden. Dies trifft laut vorliegender Ermittlungsergebnisse zu, zumal zum einen die in 2 der 3 untersuchten Proben festgestellte Anzahl an milchsäurebildenden Keimen den Angaben in den Anträgen auf verbindliche Zolltarifauskunft entspricht und zum anderen weder die gerichtlich bestellte Gutachterin Simonetta Cosimi in ihrem der Staatsanwaltschaft Triest vorgelegten Sachverständigengutachten vom noch Univ.Prof.DI Dr.Wolfgang Kneifel von der Universiät f.Bodenkultur in Wien in seiner Stellungnahme vom noch Herr Dipl.Ing. Edelbauer (TUA) am die Verwendung der in Rede stehenden Substanzen als Betriebskultur zur Inokulation bei der Herstellung zu Käse gänzlich ausschließen. Die TUA schließt zudem die Möglichkeit der Vermarktung der in Rede stehenden Erzeugnisse als Milchstreichfett bzw. als Butter, also als Endprodukte ohne weitere Verarbeitung, praktisch aus und widerspricht damit eindeutig dem der angefochtenen Eingangsabgabennachforderung zugrundeliegenden Sachverhaltsannahme, die eingeführten Mengen an "Microkult" und "Neukult" seien großteils ohne weitere Verarbeitung als "Butter" oder "Milchstreichfett" in Italien in Verkehr gesetzt worden. (Ergänzend dazu wird auf die Ausführungen Alexanders in Witte "Zollkodex-Kommentar", Linde-Verlag, RZ.39 und 41, verwiesen, wonach der Verwendungszweck ohnedies nur ausnahmsweise, nämlich nur dann, wenn er der Ware innewohnt, und insbesondere dann, wenn sich dieser ausdrücklich aus dem Wortlaut der Nomenklatur oder aus den Erläuterungen ergibt, als Einreihungskriterium heranzuziehen ist.) Im übrigen vermochten weder das Hauptzollamt Wien noch das Bundesministerium f.Finanzen dezitiert anzugeben, um welche "unrichtigen Angaben" es sich handelt, welche sowohl laut den erwähnten Zurücknahmebescheiden nach Art.12 Abs.4 Zollkodex als auch laut Abgabennachforderungsbescheid nach Art.201, 220 Abs.1 Zollkodex bzw. Berufungsvorentscheidung nach Art.243 Zollkodex der "Antragsteller" gemacht haben soll, zumal gerade dieser Umstand hauptsächlich zur Begründung des angefochtenen Abgabenbescheides herangezogen worden ist.

Es ist richtig, dass -nach dem jetzt vorliegenden Erkenntnisstand sowie der gegenwärtig herrschenden Rechtslage- die in Rede stehenden Produkte in eine Warennummer des Kapitels 04 einzureihen wären, und es entspricht auch der Aktenlage, dass das Bundesministerium f. Finanzen mit Bescheiden vom , Zl.ZT-4200/131-III/7/96, und vom , Zl.ZT-4200/132-III/7/96, u.a. die verbindlichen Zolltraifauskünfte AT/443/95/01-01 (betreffend "Microkult") und AT/282/95/01-01 (betreffend "Neukult"), auf welche sich die Bf als Anmelderin der beschwerdegegenständlichen 19 Einfuhrfälle bezüglich der Einreihung in den Zolltarif berufen hat, gem. Art.12 Abs.4 Zollkodex ex tunc "wegen unrichtiger Angaben des Antragstellers" (rechtskräftig) zurückgenommen hat, sodass grundsätzlich der Tatbestand des Art. 201 Abs.1 lit.a) u.Abs.3 i.V.m. Art.220 Abs.1 Zollkodex u.m. § 2 Abs.1 ZollR-DG, unter den im angefochtenen Nachforderungsbescheid der ermittelte Sachverhalt subsumiert worden ist, vorliegt.

Diesbezüglich ist jedoch auch die Bestimmung des Art.221 Abs.3 und 4 Zollkodex zu beachten. Danach darf die Mitteilung an den Zollschuldner nach Ablauf einer Frist von 3 Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen, außer die Zollschuld ist auf Grund einer Handlung entstanden, die zu dem Zeitpunkt, als sie begangen wurde, strafbar war. Dazu bestimmt der § 74 Abs.2 ZollR-DG, dass die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Eingangsabgaben 10 Jahre beträgt, wenn im Zusammenhang mit diesen Abgabenansprüchen ein ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgendes Finanzvergehen begangen wurde. Unter der Prämisse, dass der Eintritt der Verjährung im Abgabenverfahren (also in jeder Verfahrensphase) von Amts wegen (d.h. losgelöst vom jeweiligen bzw. bisherigen Vorbringen der Parteiein) zu beachten ist, ist im gegenständlichen Fall die Rechtsfrage zu klären, ob zum relevanten Zeitpunkt der (erstinstanzlichen, nach der Aktenlage am erfolgten) gem. § 198 BAO durchgeführten bescheidmäßigen Vorschreibung bzw. Nacherhebung i.S.d. Art.220 Abs.1, 221 Abs.1 Zollkodex der beschwerdegegenständlichen Eingangsabgabenschuldigkeiten hinsichtlich derselben bereits Verjährung eingetreten ist und damit die streitgegenständliche Nachforderung infolge sachlicher Unzuständigkeit der Behörde (vgl. ) rechtswidrig ist oder nicht. Ausgehend von der aktenkundigen Tatsache, dass die beschwerdegegenständlichen Eingangsabgabenschuldigkeiten im Zeitraum zwischen dem und dem gem. Art.201 Abs.1 lit.a) und Abs.2 Zollkodex, nämlich jeweils mit der Annahme der betreffenden (insgesamt 19, von der Bf als Anmelderin unterfertigten) Warenanmeldungen durch die Zollstellen Wien, Drasenhofen und Nickelsdorf entstanden sind, würde daher unter der Annahme, dass hierauf die dreijährige Verjährungsfrist zum Tragen kommt, zum (oberwähnten) Nacherhebungszeitpunkt hinsichtlich sämtlicher nachgeforderter Beträge bereits Verjährung eingetreten sein und wäre somit die Mitteilung derselben an die Bf als Zollschuldnerin dem Wortlaut des Art.221 Abs.3 Zollkodex zufolge nicht mehr zulässig (gewesen). Lediglich dann, wenn auf den Sachverhalt die (im § 74 Abs.2 ZollR-DG) normierte 10-jährige Verjährungsfrist anzuwenden und demnach zum relevanten Vorschreibungszeitpunkt die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen ist, konnte im gegenständlichen Fall nach dem Art.221 Abs.4 Zollkodex die Nacherhebung rechtmäßig auch noch nach Ablauf jener Dreijahresfrist erfolgen. Allerdings setzt die Anwendung der 10-jährigen Verjährungsbestimmung voraus, dass es sich um hinterzogene Eingangsabgaben handelt und dass diese weiters im Zusammenhang mit einem ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgenden Finanzvergehen entstanden sind. Ob eine Abgabe gem. §§ 33 oder 35 FinStrG "hinterzogen" ist, stellt dabei eine Vorfrage i.S.d. § 116 Abs.1 BAO dar (siehe dazu Riitz in "Bundesabgabenordnung-Kommentar", Orac-Verlag, RZ 1-4 zu § 116). Dies bedeutet, dass zwar für die Annahme der 10 Jahre betragenden Verjährungsfrist weder die (formelle) Einleitung eines Finanzstrafverfahrens noch ein rechtskräftiger Schuldspruch im Finanzstrafverfahren notwendig ist, dass aber jedenfalls die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände von der Abgabenbehörde nachzuweisen sind (vgl. ). Das Hauptzollamt Wien ist in seinem (erstinstanzlichen) Abgabenbescheid vom hierauf überhaupt nicht eingegangen und hat in der nunmehr in Beschwerde gezogenen Berufungsvorentscheidung vom diesbezüglich ebenfalls lediglich erwähnt, es sei "nach wie vor davon auszugehen", dass es sich bei den diesbezüglichen Abgaben um hinterzogene handle, da "das Strafverfahren" hinsichtlich dieser Fakten, für die UWD "verantwortlich" zeichne, vor "deutschen Gerichten anhängig" bzw. eine Verfahrenseinstellung bisher nicht erfolgt sei. Es konnte aber selbst das Hauptzollamt Wien im durchgeführten Vorhalteverfahren (Vorhalte vom , vom und vom ) nicht konkretisieren, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse und Beweiswürdigungen es zu der Annahme, es lägen diesfalls hinterzogene Eingangsabgaben vor, gekommen ist, und hat lediglich auf nicht verifizierbare Beweise sowie auf den Inhalt seiner Anzeige vom an die Staatsanwaltschaft Wien gegen UWD verwiesen. Dem Unabhängigen Finanzsenat gelangte indessen durch den am vom Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz übermittelten Zollstrafakt zu Zl.100/83.273/95-Str.IV/Md/H, sowie auf Grund der Mitteilung des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom zur Kenntnis, dass einerseits das bei der Staatsanwaltschaft Wien (unter der Zl.61 St 76 208/96 anhängig gewesene) Verfahren gegen den Genannten mittlerweile gem. § 412 StPO abgebrochen worden ist und andererseits eine strafrechtliche Verfolgung desselben hinsichtlich des gegen ihn in Deutschland anhängigen Gerichtsverfahrens wegen Verjährung ebenfalls nicht durchgeführt werden konnte. Aus diesem Grunde (Verjährung der dem UWD vorgeworfenen Finanzdelikte) ist seitens der Staatsanwaltschaft Wien auch ein ursprünglich geplantes Ersuchen an die deutschen Strafbehörden um Übernahme des Strafverfahrens schließlich ebenfalls unterblieben. Auch gegen andere in die Angelegenheit involvierte Personen sind in der Folge entweder von vornherein Finanzstrafverfahren nicht durchgeführt oder aber eröffnete Strafverfahren wieder eingestellt worden: So wurde zu den am vom Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde 1.Instanz wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs.12 sowie des Verdachts des Finanzvergehens nach § 116 Marktordnungsgesetz der Staatsanwaltschaft Wien neben UWD auch angezeigten Ing. LR, Ing. FT und JB, wie dies die Staatsanwaltschaft Wien am dem Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde 1.Instanz mitgeteilt hat, gem. § 201 FinStrG eine Erklärung gem. § 90 Abs.1 StPO abgegeben. Über den Geschäftsführer der italienischen Fa.D s.r.l. ebenfalls in die Angelegenheit verstrickten LG liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob es gegen den Genannten oder auch gegen andere in den Fall verwickelte Personen zu einer strafrechtlichen Verfolgung gekommen ist.

Da den Akten im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Abgabenansprüchen, die Produkte "Microkult" und "Neukult" betreffend, keine eindeutigen (d.h. ausdrückliche und nachprüfbare) Feststellungen (vgl. VwGH v., 92/14/0036, u.v., 96/17/0453) darüber, ob die in Rede stehenden Eingangsabgaben hinterzogen worden sind (und damit das gesetzliche Erfordernis des Vorliegens einer vorsätzlichen Begehung der Tat i.S.d. § 8 Abs.1 FinStrG erfüllt ist), zu entnehmen sind, ist im vorliegenden Fall sohin nicht von einer 10-jährigen Verjährungsfrist gem. Art.220 Abs.3 und 4 Zollkodex i.V.m. § 74 Abs.2 ZollR-DG auszugehen, sondern hat die im Art.220 Abs.3 Zollkodex normierte 3-jährige Verjährungsfrist Anwendung zu finden. Zumal nicht widerlegt werden kann, dass der Wirtschaftsbeteiligte gegenüber den Zollbehörden im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einfuhr von "Neukult" und "Microkult" die zum damaligern Zeitpunkt bestehende "Gesetzesunschärfe" hinsichtlich der Anzahl der Milchsäurebakterien als Voraussetzung für eine Einreihung in die Position 3002 9050 legal genützt hat, um in den Genuss einer geringeren Abgabenbelastung zu gelangen. Wenn darüber hinaus -abgesehen von der zwischenzeitlich durch Verordnung der EU-Kommission festgelegten Untergrenze- maßgebende Untersuchungsanstalten den Einsatz der verfahrensgegenständlich untersuchten Proben als milchsäurebildende Mikrobenkultur- auch aus heutiger Sicht- nicht grundsätzlich ausschließen, wenngleich als unüblich bezeichnen, so kann auch dem Wirtschaftsbeteiligten nämlich nicht der Vorwurf eines auf Hinterziehung von Eingangsabgaben gerichteten Vorsatzes gemacht werden, sodass die 10-jährige Verjährungsfrist schon an der subjektiven Tatseite scheitert.

Somit steht für den Unabhängigen Finanzsenat fest, dass im gegenständlichen Fall die hier zutreffende, drei Jahre betragende Verjährungsfrist (gerechnet ab den jeweiligen im Zeitraum von November 1995 bis März 1996 gelegenen Zollschuldentstehungszeitpunkten) zum Zeitpunkt der Mitteilung des Nacherhebungsbetrages an die Bf als Zollschuldnerindas war nach der Aktenlage im Mai 2001, bereits abgelaufen und die Abgabenvorschreibung daher jedenfalls unzulässig gewesen ist. Da das Hauptzollamt Wien als zuständige Rechtsbehelfsbehörde erster Stufe (Art.243 Abs.2 lit.a), 245 Zollkodex i.V.m. § 85b Abs.2 u.3 ZollR-DG) in seiner Berufungsvorentscheidung vom dies verkannt hat, hat es diese mit einer relevanten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Es erübrigt sich daher -auch aus Gründen der Verwaltungsökonomie -ein (näheres) Eingehen auf die übrigen Beschwerdepunkte. Doch wird der Vollständigkeit halber diesbezüglich zum einen auf die in der Frage der tarifarischen Einreihung als im Grunde rechtsrichtig zu beurteilenden Begründungsausführungen der Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom und zum anderen auf die in seinem Parteivorhalt vom zum Ausdruck gebrachten Rechtsstandpunkte des Unabhängigen Finanzsenates verwiesen.

Weiters konnte der Unabhängige Finanzsenat auf Grund der ihm am zugekommenen (mit datierten) Erklärung der Bf sowohl von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (§ 85c Abs.5 ZollR-DG) Abstand nehmen wie auch gem. § 183 Abs.3 BAO von der Aufnahme der gestellten Beweisanträge absehen.

Linz,

Der Vorsitzende:

Hofrat Dr.Andreas Hartl

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 201 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 220 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 221 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 221 Abs. 4 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 20 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 74 Abs. 2 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
VO 1160/98, ABl. Nr. L 160 vom S. 20
VO 2275/88, ABl. Nr. L 200 vom S. 10
Schlagworte
Einreihungsverordnungen der Kommission
Mikroorganismenkultur
Milcherzeugnis
Milchsäurebakterien
verbindliche Zolltarifauskunft
Gesetzesunschärfe
Verwendungszweck als Einreihungskriterium
Verjährungsfrist
hinterzogene Eingangsabgaben
Nacherhebung
Vorfrage
Verweise





Witte, Zollkodex-Kommentar, Linde-Verlag, Rz 39 und 41 zu Art. 20
Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar, Orac-Verlag, Rz 1-4 zu § 116

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at