Sonstiger Bescheid, UFSL vom 21.04.2004, FSRV/0041-L/02

Angebliche Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt infolge einer Amthilfe durch Steuerfahndungsbeamte

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Folgerechtssätze
FSRV/0041-L/02-RS1
wie FSRV/0040-L/02-RS1
Eine Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nicht vor, erweist sich das Verwaltungshandeln als eine Vollziehung der der Justiz gesetzlich eingeräumten Hoheitsgewalt. Entscheidend für die Zurechnung von Vollzugsmaßnahmen zu vor den Verwaltungsbehörden nicht bekämpfbaren Akten richterlicher Hoheitsgewalt ist dabei die Übereinstimmung des von dem Vollzugsorganen gesetzten Handelns mit dem Wortlaut des richterlichen Befehls, wobei die rechtliche Zurechnung zur Justizgewalt auch nicht schon dadurch unterbrochen wird, dass den Organen im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen sind (vgl. ; , 97/01/1084, 1085, 1087; , 99/13/0084, 0085).

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Vorsitzende des Finanzstrafsenates Linz 2 als Organ des unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat über die Beschwerde der C H, vertreten durch Saxinger Chalupsky Weber & Partner Rechtsanwälte GmbH, Europaplatz 7, 4020 Linz, vom wegen angeblicher Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am durch Beamte der Prüfungsabteilung Strafsachen beim Finanzamt Linz, dieses vertreten durch Dr. Josef Breiteneder als Amtsbeauftragten, bzw. als Organe des Finanzamtes Perg (nunmehr Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) als Finanzstrafbehörde erster Instanz, dieses vertreten durch Hofrat Dr. Michael Schmidt als Amtsbeauftragten

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Aktenlage ist zu entnehmen, dass mit Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom zu GZ 18 Ur 1123/01i die zuständige Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes Linz in der Strafsache gegen A H, D H und S P wegen des Verdachtes der betrügerischen Krida nach § 156 StGB die Durchsuchung der Firmenräumlichkeiten der H A GmbH in M sowie der Wohnräumlichkeiten des A H in A, des D H in G und LJ und des S P in N zum Zweck der Auffindung und Sicherstellung einer Software der Firma H Cr GmbH für die Erzeugung von Maschinen für Gesteinsaufbereitung, welche nunmehr von der Firma H A GmbH genutzt werden sollte, angeordnet hat, wobei mit der Durchführung der Amtshandlung Beamte des Gendarmerieposten Perg betraut wurden.

Am ordnete demnach die Untersuchungsrichterin die Durchsuchung einer weiteren Wohnung des D H an und ergänzte den obigen Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl dahin, dass die Hausdurchsuchung auch für die Daten (Pläne, Schriftverkehr in elektronischer und schriftlicher Form etc.) sowie die von den drei Beschuldigten benützten Notebooks angeordnet wurde.

Laut Aktenlage ist weiters beim Landesgericht Linz gegen A H, C H und W O unter der GZ. 16 Ur 53/01 bzw. 16 Vr 306/01 ein komplexes Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes einer Hinterziehung von Einkommensteuer nach § 33 Abs.1 FinStrG in Höhe von rund 19 Mio. ATS anhängig, da - so der Verdacht - ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung der C H an der Firma HSB gegenüber der zuständigen Abgabenbehörde, dem Finanzamt Perg (nunmehr Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) verheimlicht worden sei.

Aus diesem Grunde hatte bereits am im Auftrag des Landesgerichtes Linz durch Beamte der Prüfungsabteilung Strafsachen beim Finanzamt Linz [in weiterer Folge: PASt Linz] eine Hausdurchsuchung in den Wohnräumlichkeiten der Familie H sowie im Firmenbereich stattgefunden, wobei offenbar auch Beamte des Bezirksgendarmeriekommandos Perg [in weiterer Folge: BGKPerg] eingebunden waren (siehe der diesbezügliche Einsatzplan der PASt Linz vom ). Dem BGKPerg war daher die Vertrautheit der Fahndungsbeamten der PASt Linz mit den persönlichen und wirtschaftlichen Umständen der komplexen Firmengruppe der Familie H bekannt.

Als daher nunmehr die Beamten des Gendarmerieposten Perg mit der Durchführung der neuerlichen Hausdurchsuchungen im gerichtlichen Strafverfahren gegen A H, D H und S P beauftragt worden waren, ersuchte das BGKPerg mittels Telefax vom die PASt Linz um Amtshilfe in Form einer Beistellung von Hilfspersonal (siehe Handakt der PASt Linz betreffend AHE Gendarmerie Perg, A H, AZ. 38/2000, Bl. 1 f), welche offenbar tatsächlich gewährt wurde.

So nahm die Finanzbeamtin L R am in der Zeit von 08.00 Uhr bis 10.25 Uhr an der Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten der Familie H in A durch vier Gendarmeriebeamte teil, wobei diverse Unterlagen in den Büros von A H, C H sowie ein Einzelzettel betreffend eine Provisionszahlung im Wohnzimmer der Familie H beschlagnahmt wurden (siehe das gesonderte Hausdurchsuchungsprotokoll gemäß § 144 StPO, Gerichtsakt, Bl. 137 a f).

Über Antrag der Staatsanwaltschaft wurde am der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom 16. bzw. dahin ergänzt, dass die aufgefundenen Gegenstände gemäß § 143 StPO in Beschlag genommen wurden.

In der spruchgegenständlichen Beschwerde vom an den Vorsitzenden des Berufungssenates behauptet die Einschreiterin C H nunmehr im Ergebnis eine rechtswidrige Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und beantragt die Feststellung, dass die Durchsuchung der Wohnung der Familie H in A durch Organe der Finanzstrafbehörde bzw. die Beschlagnahme von Gegenständen am sie in ihrem Recht auf Nichtdurchführung einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und auf Unverletzlichkeit seines Eigentums bzw. des Hausrechtes verletzt hätte.

Obwohl mit der Durchführung der Hausdurchsuchungen ausdrücklich und ausschließlich die Beamten der Gendarmerie Perg betraut gewesen wären, hätte auch eine Beamtin der Finanzstrafbehörde - konkret L R von der PASt-Linz - eine Durchsuchung der privaten Wohnung der Beschwerdeführerin unter Berufung auf nicht näher dargelegte "finanzstrafbehördliche Ermittlungen" durchgeführt. Auf deren Veranlassung wären auch zahlreiche Unterlagen und Gegenstände im Eigentum der Beschwerdeführerin beschlagnahmt worden, die in keinem erkennbaren, mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit dem im Hausdurchsuchungsbefehl angegebenen Zweck der Durchsuchung stünden. Die Hausdurchsuchung und Beschlagnahme erfolgte offensichtlich in Zusammenhang mit einem finanzstrafbehördlichen Verfahren, wenngleich ein begründeter Verdacht hiefür nicht bestünde bzw. ein solcher der Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt worden sei.

In einer Stellungnahme zur Beschwerde an den Vorsitzenden des Berufungssenates führt die PASt Linz aus, dass am auf Grund eines schriftlichen Hausdurchsuchungsbefehles des Landesgerichtes Linz in den Wohnräumlichkeiten des Beschwerdeführers Hausdurchsuchungen durchgeführt worden wären, wobei mit der Durchführung der Amtshandlung Beamte des Gendarmeriepostens Perg betraut worden seien. Die Gendarmerie Perg habe um Assistenzleistung ersucht, wobei für jeden Einsatzort ein Beamter der PASt Linz vorgesehen wurde.

Die Unterstützung durch Beamte des Finanzamtes Linz sei deswegen sinnvoll erschienen, weil durch die PASt Linz bereits am - ebenfalls im Auftrage des Landesgerichtes Linz zu GZ. 16 Ur 53/01 bzw. 16 Vr 306/01 - eine Hausdurchsuchung in den Wohnräumlichkeiten der Familie H sowie im Firmenbereich durchgeführt worden sei und daher die Örtlichkeiten sowie der Sachverhalt bereits vertraut gewesen wären.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass die Durchsuchungen wegen "nicht näher dargelegter finanzstrafbehördlicher Ermittlungen" erfolgte, sei nicht richtig. Lediglich in einem Gespräch zwischen der Beamtin L R und Frau C H sei davon die Rede gewesen, dass bereits Unterlagen im Zuge "finanzstrafbehördlicher Ermittlungen" (Hausdurchsuchung am ) beschlagnahmt worden seien, welche beim Finanzamt Perg verwahrt würden.

Die Beamten der PASt Linz wären im Rahmen ihrer Assistenzleistung (sozusagen als Sachverständige für buchhalterische Belange und Belegwesen) vorwiegend damit befasst gewesen, die zu beschlagnahmenden Unterlagen dahingehend zu prüfen, ob diese als Beweismittel in Betracht kommen könnten. Aus personellen Gründen seien auch in kleinem Umfang Durchsuchungshandlungen gesetzt worden, wobei dies aber immer unter der Leitung der Gendarmeriebeamten geschehen sei.

Einer der von der Hausdurchsuchung Betroffenen, nämlich X H, hat - neben einer Beschwerde an den Vorsitzenden des Berufungssenates wegen angeblicher rechtswidriger unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auch gegen den Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom , ergänzt durch die Gerichtsbeschlüsse vom 29. und Beschwerde an die Ratskammer des Landesgerichtes Linz ua deswegen erhoben, weil bei den Hausdurchsuchungen Beamte der PASt Linz anwesend gewesen seien.

Diese Beschwerde hat die Ratskammer des Landesgerichtes Linz mit Beschluss vom abgewiesen (AZ. 23 Ur 1132/01z, ON 26) und dabei zur Begründung der Entscheidung - auszugsweise - angeführt:

"Insoweit weiters gerügt wird, dass bei den Hausdurchsuchungen Beamte der Finanzstrafbehörde (PASt) anwesend waren, ist darauf zu verweisen, dass zu 18 Ur 1178/01b des Landesgerichtes Linz ein Finanzstrafverfahren gegen A H, C H und W O anhängig ist, in dem die genannten Beschuldigten eine verdeckte Gewinnausschüttung in unbekannter Höhe sowie eine Abgabenhinterziehung in der Höhe von S 19 Millionen vorgeworfen wird. Beamte der PASt können ebenso wie Beamte der Gendarmerie als Organe der Strafrechtspflege tätig werden. Dies ist im Bereich der Wirtschaftskriminalität insbesondere dann sinnvoll, wenn wie hier, die Beamten der PASt bereits Erfahrungen aus einem Parallelverfahren haben, in dem sie über Auftrag des Gerichtes bereits Hausdurchsuchungen vollzogen hatten (18 Ur 1178/01b)."

X H hat überdies in diesem Zusammenhang beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Beschwerde wegen einer Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Beamte des Gendarmerieposten Perg infolge der Durchsuchung der Wohnungen in LJ und in A bzw. der Beschlagnahme von Gegenständen erhoben, weil der gerichtliche Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl lediglich die Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten des D H in LJ bzw. der Wohnräumlichkeiten des A H in A umfasse. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom , GZ. VwSen-420325/5/KI/Rd, als unzulässig zurückgewiesen, da das Einschreiten der Gendarmerieorgane auf gerichtlichen Befehl ergangen ist und es sich somit um keine verwaltungsbehördlichen Zwangsakte gehandelt habe.

Die gegenständliche Beschwerde der C H an den Vorsitzenden des Berufungssenates war Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Amtsbeauftragten des Finanzamtes Linz und Ing. Mag. Franz Waldl für die Vertreter des Beschwerdeführers vor dem Vorsitzenden am .

Dabei wurde nach Durchsicht der gegebenen Aktenlage (der vorgelegte diesbezügliche Handakt zum Amtshilfeersuchen der PASt Linz, AZ. 38/2000 bzw. ENr. 646003/02) einvernehmlich festgehalten, dass unter dem Vorbringen in der Beschwerde "... zahlreiche Unterlagen und Gegenstände beschlagnahmt ..." die im Handakt der PASt Linz als beschlagnahmt angeführten Beweismittel zu verstehen seien. Diese Gegenstände befänden sich nicht im Gewahrsame der PASt Linz, sondern waren bzw. sind Objekte des gegenständlichen gerichtlichen Ermittlungsverfahrens zu GZ. 18 Ur 1123/01 i, in welchem der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom (genannter PASt-Akt, Bl. 3 ff) ergangen ist.

Der hinter den Beschwerden stehende Vorwurf - so der Beschwerdevertreter - sei auch der gewesen, dass angeblich - so die Hausdurchsuchungsprotokolle - in Erfüllung des gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehles zusätzlich Gegenstände beschlagnahmt worden seien, die für den dort genannten Ermittlungszweck (betrügerische Krida gemäß § 156 StGB) gar nicht gebraucht worden wären, sondern für weitere Ermittlungen, nämlich wegen des Verdachtes der Erpressung gemäß § 144 StGB, Verwendung gefunden hätten.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, wonach Gegenstände als Beweismittel für Finanzvergehen beschlagnahmt worden seien, verwies der Amtsbeauftragte des Finanzamtes Linz auf den Umstand, dass die Entscheidung, was tatsächlich beschlagnahmt worden ist, nicht von den Beamten der PASt Linz getroffen worden sei. Allenfalls wären von gerichtlich beschlagnahmten Unterlagen (ergänze: nachträglich) Kopien angefertigt worden.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

In Auftrag welches Finanzamtes Organe der PASt Linz angeblich eine selbständige Hausdurchsuchung durchgeführt hätten, wird von der Beschwerdeführerin nicht explizit ausgeführt, erschließbar wird jedoch eine Verbindung zum Finanzamt Perg (nunmehr Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) herzustellen getrachtet, welches - siehe oben - als Privatbeteiligter nach § 200 FinStrG im gerichtlichen Finanzstrafverfahren vor dem Landesgericht Linz ua gegen C H tätig ist. Im Sinne dieser Argumentation ist daher das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr Partei im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

Erweist sich jedoch das Vorbringen der Beschwerdeführerin als nicht zutreffend und war das beschwerdegegenständliche Handeln der Beamten der PASt Linz nicht dem Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr zuzurechnen, verbleibt hilfsweise eine Zuständigkeit des Finanzamtes Linz, bei welchem die genannte Prüfungsabteilung eingerichtet ist, zur Wahrnehmung der Funktion einer Amtpartei im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

Welcher Standpunkt zutrifft, ist naturgegebenermaßen vorab vor der Würdigung der Beweislage nicht bekannt.

Es war daher zur Wahrung deren Rechte beiden Finanzämtern im gegenständlichen Verfahren Parteistellung zuzuerkennen gewesen.

Gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG bedarf die Durchführung einer Hausdurchsuchung eines mit Gründen versehenen Befehles des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 leg.cit. unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Die schriftliche Ausfertigung dieses Bescheides ist den anwesenden Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung zuzustellen.

Ist der Betroffene nicht anwesend, so ist der Bescheid nach § 23 des ZustellG zu hinterlegen. Wurde jedoch der Befehl vorerst mündlich erteilt, weil die Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung an die mit der Durchsuchung beauftragten Organe wegen Gefahr in Verzug nicht abgewartet werden konnte, so ist die Ausfertigung innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.

Derartige Hausdurchsuchungen, das sind Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen, dürfen gemäß Abs. 2 der Gesetzesstelle nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich da selbst Gegenstände befinden, die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Abs. 4 der Gesetzesstelle führt ergänzend aus, dass die Befugnis zur Hausdurchsuchung den Organen der Finanzstrafbehörden und Abgabenbehörden bzw. des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausnahmsweise auch ohne Befehl zusteht, wenn wegen Gefahr in Verzug weder die Einholung eines schriftlichen noch eines mündlichen Befehles möglich ist. In diesem Fall sind den anwesenden Betroffenen die Gründe für die Durchsuchung und für die Annahme von Gefahr in Verzug mündlich bekannt zu geben und in einer Niederschrift festzuhalten.

Wäre also in einem derartigen Fall mangels Gefahr in Verzug die Einholung eines derartigen wenngleich lediglich mündlichen Befehles möglich gewesen, erwiese sich die Ausübung verwaltungsbehördlicher unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt wie die zwangsweise vorgenommene Durchsuchung von Räumlichkeiten als rechtswidriger Eingriff in die Rechte des Betroffenen.

Unstrittig ist, dass im gegenständlichen Fall weder eine schriftliche noch eine mündliche Anordnung eines Spruchsenatsvorsitzenden vorgelegen hat, Hinweise auf eine allenfalls vorliegende Gefahr in Verzug im Sinne der zitierten Gesetzesstelle sind ebenfalls nicht vorhanden.

Gemäß § 152 Abs. 1 FinStrG ist gegen die Ausübung einer derartigen unmittelbaren finanzstrafbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig, über welche gemäß § 62 Abs. 4 FinStrG der Vorsitzende (hier: der Sachbearbeiter) desjenigen Berufungssenates, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse oder sonstige Bescheide des Spruchsenates zu entscheiden hätte, dem gemäß § 58 Abs. 2 leg.cit. unter den dort genannten Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde.

Keine Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt hingegen vor, erweist sich das Verwaltungshandeln als eine Vollziehung der der Justiz gesetzlich eingeräumten Hoheitsgewalt. Entscheidend für die Zurechnung von Vollzugsmaßnahmen zu vor den Verwaltungsbehörden nicht bekämpfbarer Akten richterlicher Hoheitsgewalt ist dabei die Übereinstimmung des von dem Vollzugsorganen gesetzten Handelns mit dem Wortlaut des richterlichen Befehls, wobei die rechtliche Zurechnung zur Justizgewalt auch nicht schon dadurch unterbrochen wird, dass den Organen im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen sind (vgl. ; , 97/01/1084, 1085, 1087; , 99/13/0084, 0085 u.a.).

In ähnlicher Weise wäre nach Ansicht des Vorsitzenden auch die Rechtsfrage zu lösen, wie eine allfällige Abgrenzung zwischen dem relevanten Handeln der Beamten des BGKPerg als um Amtshilfe ersuchende Dienststelle und dem der PASt Linz im Rahmen des Amtshilfe leistenden Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde vorzunehmen wäre:

Hätte - im Falle dass die gegenständlichen Durchsuchungen nicht als Akte richterlicher Hoheitsgewalt zu qualifizieren wären - das in Bewertung stehende Amtshandeln der Beamten der PASt Linz lediglich in einer Assistenzleistung bei polizeilichen Hausdurchsuchungen im Innenverhältnis zwischen den Polizei- und Finanzbehörden bestanden, welche unter der Leitung und auf Anordnung von Kriminalbeamten (beispielsweise in erklärter gerichtlicher Vollmacht) durchgeführt worden sind, wobei einzelne Finanzbeamte zur Durchführung der polizeilichen Hausdurchsuchung als Hilfspersonal abgestellt wurden, erwiese sich eine tatsächliche Überschreitung des richterlichen Befehles durch die Ausgestaltung der Anordnungen der Gendarmerieorgane gegenüber den Amtshilfe leistenden Finanzbeamten, welche sich auch gegenüber den Betroffenen augenscheinlich lediglich als Erfüllungsgehilfen polizeilicher Ermittlungen im gerichtlichen Auftrag ausgewiesen haben, zwar als allfälliger Umstand einer Überprüfung des Amtshandelns der Gendarmeriebeamten durch den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Hinblick auf eine durch die Gendarmerieorgane möglicherweise erfolgte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, nicht jedoch als finanzstrafbehördliche Zwangsmaßnahme, welche einer Überprüfung durch den unabhängigen Finanzsenat als Finanzstrafbehörde II. Instanz unterliegen würde.

Hätte hingegen - immer unter der Prämisse, dass die gegenständlichen Durchsuchungen nicht als Akte richterlicher Hoheitsgewalt zu qualifizieren wären - eine Amtshilfe der Organe der PASt Linz darin bestanden, dass eine selbständige Hausdurchsuchung aufgrund des Ersuchens des BezGendkdo Perg vorgenommen worden wäre, wären grundsätzlich auch die rechtlichen Voraussetzungen einer solchen erforderlich gewesen (wozu auch ein entsprechender Hausdurchsuchungsbefehl im Sinne des § 93 FinStrG gehörte), deren Nichtbeachtung zu einer finanzstrafbehördlicher Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt geführt hätte.

Gemäß Art. 22 B-VG sind alle Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet (und natürlich auch berechtigt). Konnten daher die Beamten der PASt Linz zu Recht von der Annahme ausgehen (und Gegenteiliges ist der Aktenlage nicht zu entnehmen und wurde auch nicht behauptet), dass das Amtshilfeersuchen des BGKPerg in Entsprechung der gerichtlichen Anordnung im Rahmen der Ermittlungen zu GZ. 18 Ur 1123/01 i ergangen ist, und verblieb die von ihnen beanspruchte Assistenzleistung im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches, erweist sich das Handeln der einschreitenden Fahndungsbeamten insoweit als rechtlich korrekt, ist doch die Zusammenarbeit und Hilfeleistung der Ermittlungsdienste im Bereich der Wirtschaftskriminalität - selbstverständlich unter Einhaltung allfälliger Geheimhaltungsbestimmung - in Anbetracht der Komplexität der Materie ein gebotenes kriminaltaktisches Instrument.

Selbst aber für den Fall, dass derartige Assistenzleistungen keine Amtshandlungen im Rahmen des gesetzmäßigen Wirkungsbereiches eines Finanzamtes als Finanzstrafbehörde, welchem die Amtshandlungen der Organe eine Prüfungsabteilung Strafsachen zuzurechnen sind, darstellen würden, änderte dies aber nichts dem Faktum, dass Amtshilfe geleistet worden ist, und an der Rechtsfolge, dass derartige Handlungen, welche sich als Hilfsdienste für eine ersuchte Behörde erweisen, dieser Behörde, hier nach der Überzeugung der hilfeleistenden Organe dem Landesgericht Linz, zuzurechnen sind, es sei denn, die relevanten Handlungen wären von derartiger Qualität, dass sie nicht mehr als behördliches Wirken im Rahmen des Amtshilfeauftrages - nach Ansicht der Finanzbeamten in Vollziehung des richterlichen Befehles - zu begreifen wären.

Ob diese gegenständlichen Handlungen den durch den richterlichen Befehl gesteckten Ermächtigungsrahmen überschritten haben oder nicht, ist eine Beweisfrage.

Ebenso läge eine Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor, hätte das Verwaltungshandeln der Organe der PASt Linz in den Anordnungen der polizeilichen Einsatzleiter zur Leistung von Hilfediensten keine Deckung gefunden, wobei wiederum eine bloße Verletzung von Förmlichkeiten noch nicht ausreichte, die Assistenzleistung der Finanzbeamte als in diesem Sinne eigenständiges Handeln zu bewerten.

Hätten daher Beamte der PASt Linz am tatsächlich ohne weitere Rechtsgrundlage eine Durchsuchung der Räumlichkeiten in A vorgenommen, wären dies tatsächlich rechtswidrige verfahrensfreie Verwaltungsakte gewesen.

Aufklärung bringt ua der vorgelegte Handakt der PASt Linz, aus welchem das bereits erwähnte Amtshilfeersuchen des BGKPerg vom an die PASt Linz ersichtlich ist des Inhaltes, pro Einsatzort, also auch bei der Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten in A, einen Fahndungsbeamten zur Unterstützung zu entsenden, was offenbar geschehen ist.

Bei der Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten in A hat - wie von der Beschwerdeführerin eingeräumt - die Finanzbeamtin L R tatsächlich nicht - wie ursprünglich behauptet - Gegenstände beschlagnahmt bzw. beschlagnahmen lassen, die nicht Objekte des gerichtlichen Ermittlungsverfahrens zu GZ. 18 Ur 1123/01 i gewesen waren bzw. sind, in welchem der genannte Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom des Landesgerichtes Linz ergangen ist. Die bei den Amtshandlungen sichergestellten Gegenstände befinden sich auch nicht - so die Außerstreitstellung am - im Gewahrsame der PASt Linz.

Hat aber die Mitwirkung der Finanzbeamten und konkret der L R an den Hausdurchsuchungen selbst nach der nunmehrigen Darstellung der Beschwerdeführerin nicht zur Beschlagnahme anderer Gegenstände geführt, war offenkundig bei lebensnaher Betrachtung ihr Handeln auch lediglich auf die Auffindung der laut ihnen zur Kenntnis gebrachten gerichtlichen Anweisungen gesuchten Beweisgegenstände im diesbezüglichen gerichtlichen Strafverfahren ausgerichtet.

Die damit (anders als das ursprüngliche Beschwerdevorbringen) nahtlos in Einklang zu bringende diesbezügliche Stellungnahme der PASt Linz, wonach die Finanzbeamten hilfsweise für die Gendarmeriebeamten vorwiegend mit der Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen auf ihre Eignung als Beweismittel im gerichtlichen Strafverfahren beschäftigt gewesen seien und lediglich in kleinem Umfang unter der Anleitung der Gendarmeriebeamten Durchsuchungshandlungen (ergänze: nach gerichtlichen Beweismitteln im gegenständlichen Verfahren) gesetzt worden seinen, überzeugt daher. Die Finanzbeamten haben sich daher bei ihrer Tätigkeit auch nicht - wie von ihnen auch bestritten - auf nicht näher dargelegte finanzstrafbehördliche Ermittlungen berufen. Eine von außen erkennbare behördliche Tätigkeit einer Abgaben- oder Finanzstrafbehörde in dem Sinn, dass eine solche Zwangsmaßnahmen gesetzt hätte, liegt somit nicht vor.

In der Gesamtschau haben daher offenbar keine Hausdurchsuchungen stattgefunden, welche Finanzstrafbehörden (allenfalls in Durchführung eines dem Gericht zuzurechenden Amtshilfeersuchens) zuzuordnen sind, sondern Hausdurchsuchungen, welche dem Landesgericht Linz zuzuordnen sind und bei welchen Finanzbeamte als unselbständige Erfüllungsgehilfen der Gendarmeriebeamten Hilfsdienste geleistet haben.

Unzweifelhaft ist auch, dass nach dem erklärten Willen des Gerichtes die Wohnräumlichkeiten in A durchsucht werden sollten, was auch geschehen ist.

Das von der Beschwerdeführerin kritisierte Handeln der Finanzbeamten ist daher der Justizgewalt zuzurechnen, weshalb keine ausgeübte unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt.

In diesem Sinne ist überdies auch - wie ausgeführt - die Entscheidung der Ratskammer des Landesgerichtes Linz ergangen.

Selbst aber wenn die von den Gendarmeriebeamten zu verantwortenden Durchsuchungen der Wohnräumlichkeiten in A nicht der Justizgewalt zuzurechnen wäre, ergäbe sich zur Entscheidung die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, weil - so die Ansicht des unabhängigen Finanzsenates - in Anbetracht der konkreten Fallgestaltung in diesem Fall das Handeln der Finanzbeamtin im Rahmen ihrer Hilfstätigkeit einer ausgeübten unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt der Beamten des Gendarmerieposten Perg zuzurechnen wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht dem Beschwerdeführer aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Linz,

Der Vorsitzende:

Dr. Tannert

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Hausdurchsuchung
Amtshilfe
Assistenzleistung
Prüfungsabteilung Strafsachen
Zurechnung zur Justizgewalt
Beschwerde
unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt
verfahrensfreier Verwaltungsakt
Ratskammer
unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt
unabhängiger Verwaltungssenat
Zurückweisung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at