Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 27.04.2004, RV/0734-L/02

Börsenumsatzsteuerpflicht des Verpflichtungsgeschäftes trotz Umwandlungsbeschluss

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0734-L/02-RS1
Der Generalversammlungsbeschluss eines Alleingesellschafters auf Umwandlung einer GmbH in ein Einzelunternehmen wird erst durch die Eintragung im Firmenbuch rechtswirksam. Wird ein Anbot auf Abtretung eines GmbH-Anteiles angenommen, so liegt ein rechtswirksames börsenumsatzsteuerpflichtiges Verpflichtungsgeschäft dann vor, wenn die Annahme des Anbotes noch vor der Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch erfolgte. Das Unterbleiben des Erfüllungsgeschäftes steht der Festsetzung von Börsenumsatzsteuer nicht entgegen ( Zl. 89/15/0125).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. F. X. Berndorfer, gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr vom betreffend Börsenumsatzsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Ing. S war alleiniger Gesellschafter der P GmbH. Das voll eingezahlte Stammeinkapital betrug S 500.000.-. Mit dem notariell bekräftigten Anbot vom bot er dem Bw an, einen (einer voll eingezahlten Stammeinlage von S 250.000.- entsprechenden) Geschäftsanteil um einen Abtretungspreis von S 250.000.- zu erwerben. Mit notarieller Annahmeerklärung vom nahm der Bw dieses Anbot an.

Mit Bescheid vom wurde für das gegenständliche Rechtsgeschäft (Anteilsabtretung) Börsenumsatzsteuer in Höhe von S 6.250.- festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid brachte der Vertreter des Bw fristgerecht Berufung ein und beantragte den angefochtenen Bescheid dahin gehend abzuändern, dass keine Börsenumsatzsteuer festgesetzt werde. In eventu beantragte er zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung an die erste Instanz.

In der Begründung führte der Vertreter aus, dass Ing. S zum Zeitpunkt der Anbotstellung alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der P GmbH war. Am habe er mit Notariatsakt einen Generalversammlungsbeschluss auf Umwandlung gemäß § 2 ff UmwG gefasst und beantragt, das Unternehmen auf den Alleingesellschafter Ing. S zu übertragen. In Unkenntnis dieses Generalversammlungsbeschluss beabsichtigte der Bw ebenfalls am durch die notarielle Annahmeerklärung das Anbot vom 17. August anzunehmen.

Durch den Beschuss auf Umwandlung sei mit der Annahmeerklärung ein rechtlich unmöglicher Vertrag zustande gekommen. Die rechtliche Unmöglichkeit bestehe darin, dass der Verkauf einer nicht mehr existierenden Sache zufolge § 878 ABGB als nichtig anzusehen sei. Bereits zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung sei es rechtlich unmöglich gewesen, wirksam Anteile an der GmbH zu erwerben. Da somit ein Abtretungsvertrag zwischen Ing. S und dem Bw nie rechtswirksam zustande gekommen bzw. absolut nicht sei, liege auch der Abschluss eines Anschaffungsgeschäftes über Wertpapiere nicht vor. Die Behörde hätte daher Börsenumsatzsteuer nicht festsetzten dürfen.

Weiters bemängelte der Vertreter, dass die Behörde ihrer Verpflichtung, das Parteiengehör zu wahren, nicht nachgekommen sei. So sei es dem Bw nicht möglich gewesen, den Nachweis der Nichtigkeit des Abtretungsvertrages zu erbringen.

Außerdem sei die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft. Der Sachverhalt, von dem die erstinstanzliche Behörde ausgehe, sei nicht vollständig angeführt und eine rechtliche Beurteilung fehle. Auf die für die Beurteilung der Börsenumsatzsteuerpflicht maßgeblichen Normen der §§ 17 KVG sei nicht Bezug genommen worden. Der angefochtene Bescheid sei daher begründungslos und unüberprüfbar.

Auf Vorhalt des Finanzamtes gab Ing. S. bekannt, dass die notarielle Annahmeerklärung des Bw vom am Freitag, dem in seinem Büro mittels eingeschriebenen Brief eingelangt sei, er aber erst nach einem Kurzurlaub am Montag, dem davon Kenntnis erlangt habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Behauptung des Bw, wonach die gegenständliche Anteilsabtretung wegen Unmöglichkeit der Leistung nichtig gewesen sei, stellte das Finanzamt klar, dass der Bw fristgerecht mittels Notariatsakt die Annahme des Abtretungsangebotes erklärt habe. Entgegen der Ansicht des Vertreters werde eine Umwandlung nicht schon mit dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss, sondern erst durch die Eintragung im Firmenbuch rechtswirksam. Erst zu diesem Zeitpunkt sei die GmbH beendet. Eine Unmöglichkeit der Leistung sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses deshalb nicht gegeben gewesen, weil es den (nunmehr) beiden Gesellschaftern freigestanden wäre, durch Generalversammlungsbeschluss den Umwandlungsbeschluss wieder aufzuheben.

Mit Eingabe vom beantragte der Vertreter die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, weshalb die Berufung wiederum als unerledigt gilt.

Das Finanzamt legte die Berufung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vor. Da die Berufung zum noch unerledigt war, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung nach § 260 BAO in Verbindung mit § 323 Abs.10 BAO (in der Fassung nach dem AbgRmRefG BGBl I 2002/97) auf den unabhängigen Finanzsenat über.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zur behaupteten unrichtigen rechtlichen Beurteilung

Nach § 17 Abs.1 KVG unterliegt der Börsenumsatzsteuer der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen wurden.

Nach § 18 Abs.1 KVG sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind.

Die Börsenumsatzsteuerpflicht entsteht durch den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, der die Verpflichtung zur Übertragung der Wertpapiere begründet. Das dingliche Erfüllungsgeschäft - die Übereignung der Wertpapiere bzw. die Rechtsabtretung - ist für die Besteuerung in der Regel ohne Bedeutung. Auch wenn das Geschäft nicht Ausführung gelangt, weil es nach Abschluss wieder aufgehoben oder storniert worden ist, entfällt die Steuerpflicht nicht (s. Brönner/Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz, Rdn 2 zu § 18).

Die Börsenumsatzsteuerpflicht knüpft also an das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft an (s. ). Das Verpflichtungsgeschäft unterliegt auch dann der Steuer, wenn das Erfüllungsgeschäft unterbleibt. Der Bw bringt daher in der Berufung vor, dass bereits das Verpflichtungsgeschäft nichtig sei, weil er eine nicht mehr existierende Sache (GmbH-Geschäftsanteil) erworben habe.

Wie in der Berufungsvorentscheidung zutreffend festgestellt wurde, erfolgt die Umwandlung einer GmbH in ein Einzelunternehmen nicht bereits mit dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss, sondern wird erst mit der Eintragung im Firmenbuch vollzogen. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht die GmbH weiterhin. Eine nicht mehr existierende und daher nicht mehr veräußerbare Sache (GmbH-Geschäftsanteil) lag somit zum Zeitpunkt des rechtsgültigen Abschlusses des Verpflichtungsgeschäftes (Annahme des Anbotes) noch nicht vor. Das Verpflichtungsgeschäft kann nicht deshalb als ungültig oder gar nichtig angesehen werden, weil der Veräußerer das Erfüllungsgeschäft durch den Gesellschafterbeschlusses auf Umwandlung der Gesellschaft vereitelt hat. Wie in der Berufungsvorentscheidung zutreffend ausgeführt wird, hätten die (nunmehr) beiden Gesellschafter, durch Generalversammlungsbeschluss den Umwandlungsbeschluss wiederum aufheben können.

Da im berufungsgegenständlichen Fall somit ein (gültiges) Anschaffungsgeschäft über Wertpapiere im Sinne des § 17 KVG abgeschlossen wurde, erfolgte die Festsetzung von Börsenumsatzsteuer zu Recht.

Zu den behaupteten Verfahrensmängel

In der Berufung wird eingewendet, dass es dem Bw durch die Verletzung des Parteiengehörs nicht möglich gewesen, den Nachweis der Nichtigkeit des Abtretungsvertrages zu erbringen.

Dazu wird nochmals darauf hingewiesen, dass nach Ansicht der Berufungsbehörde, ein (gültiges) Anschaffungsgeschäft über Wertpapiere vorliegt und daher die Festsetzung der Börsenumsatzsteuer zu Recht erfolgte. Die behauptete Verletzung des Parteiengehörs war daher unwesentlich und hatte auf die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides keinen Einfluss.

Zur behaupteten fehlenden Begründung ist festzuhalten, dass im angefochtenen Bescheid der steuerbegründende Sachverhalt angegeben ist (Annahmeerklärung vom zum Abtretungsanbot vom ). Ebenso sind die sich daraus ergebende Rechtsfolge (für das angeführte Rechtsgeschäft wird Börsenumsatzsteuer i.H.v. S 6.250.- vorgeschrieben) ersichtlich. Da der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht zweifelhaft war, war auch die Begründung ausreichend.

Dass das berufungsgegenständliche Rechtsgeschäft nichtig gewesen sei, wurde erst in der Berufung vorgebracht. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte das Finanzamt davon noch keine Kenntnis und konnte daher darauf nicht eingehen. In der Berufungsvorentscheidung ist die Abgabenbehörde erster Instanz auf das Berufungsvorbringen eingegangen und hat die Vorschreibung von Börsenumsatzsteuer ausführlich begründet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Begründungsmängel im erstinstanzlichem Verfahren im Rechtsmittelverfahren saniert werden; daher kann zB die Begründung einer Berufungsvorentscheidung einen erstinstanzlichen Begründungsmangel sanieren (s. Ritz, Kommentar zur BAO, Anm.16 zu § 93 mit Hinweis auf die Erkenntnisse des Zl. 93/16/0117, und vom , Zl. 81/15/0091).

Aus den angeführten Gründen liegt weder die behauptete unrichtige rechtliche Beurteilung noch die behaupteten Verfahrensmängel vor. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Linz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 17 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 18 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
Schlagworte
Anbot und Annahme
Verpflichtungsgeschäft
Erfüllungsgeschäft
Umwandlungsbeschluss
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at